Viele Regelungen des Urheberrechts machen nur dann Sinn, wenn man sie innerhalb eines Kreislaufs betrachtet, und nicht für sich. Da das Urheberrecht ursprünglich für gedruckte Texte entwickelt wurde, lässt sich dieser Kreislauf an ihrem Beispiel besonders gut darstellen. Alles beginnt mit dem Urheber (1), also dem Autor eines Textes. Das Urheberrecht begreift jedes Werk als untrennbaren Bestandteil der Persönlichkeit seines Urhebers, weshalb Urheber und ihre Werke nicht nur als Eigentum geschützt sind, sondern auch über das Persönlichkeitsrecht: Ein Urheber hat erstens Recht darauf, dass er als Urheber genannt wird, und er kann zweitens sein Werk auch nach der Veröffentlichung zurückziehen, wenn es grob entstellt wird oder er Angst um seinen guten Ruf haben muss.
Der Kreislauf setzt sich in Gang, wenn der Autor sein Werk veröffentlichen will. Dazu schließt er (wenn er sein Werk nicht selbst veröffentlicht) einen Vertrag mit dem Verlag (2) ab. Der Verlag bekommt dadurch das Recht, das Werk zu vervielfältigen, zu verkaufen, zu bewerben und so weiter. Dafür erhält der Autor ein vertraglich vereinbartes Honorar, das aus einer festen Summe und Anteilen an den Verkaufsgewinnen bestehen kann.
Der Verlag layouted, druckt und vermarktet das Buch daraufhin, in der Hoffnung, es an viele Leser (3) verkaufen zu können. Für das Lesen, den sogenannten Werkgenuss, braucht man keine weitere Erlaubnis mehr. Das ist immer erlaubt. Physische Bücher, die man einmal gekauft hat, darf man auch weiterverkaufen, ohne den Urheber zu fragen. Nach dem ersten Kauf tritt nämlich der sogenannte Erschöpfungsgrundsatz in Kraft. Dieser besagt, dass sobald ein physisches Werk einmal in Verkehr gebracht wurde, der Rechteinhaber kein Schutzrecht für das konkrete einzelne Expemplar mehr hat (die Rechte auf den Inhalt gelten natürlich weiter – man darf das Buch keinesfalls nachdrucken und verkaufen).
Öffentliche Einrichtungen wie Bibliotheken, Schulen oder Hochschulen (4) erwerben ebenfalls Kopien des Werkes. Die Nutzungslizenzen sind bei ihnen allerdings etwas anders gelagert. Sie dürfen für Forschung und Bildung Bücher verleihen, ihre Leser dürfen Kopien aus den Büchern machen, ohne dafür extra beim Urheber oder Verlag nachzufragen. Die Bibliotheken bezahlen für diese Nutzung Abgaben – genannt Bibliothekstantiemen.
Das Kopieren von urheberrechtlich geschützten Werken zum Privatgebrauch ist ebenfalls im gewissen Umfang erlaubt: die sogenannte Privatkopie. Erlaubt sind Kopien in begrenzter Zahl für enge Freunde und Familienmitglieder. Diese Kopien können auch von Werken gemacht werden, die man aus der Bibliothek ausgeliehen hat – die Vorlage muss also nicht ein eigenes Exemplar sein.
Allerdings achtet das Urheberrecht darauf, dass der Urheber und der Verlag für dieses Recht vergütet werden: Wer ein gutes und interessantes Buch verfasst (und dann gedruckt) hat, das oft ausgeliehen und oft kopiert wird, wird dafür entlohnt. So zahlen die Hersteller von Kopiergeräten (auch Faxgeräten, Scannern und anderen "Reprographiergeräten") und Speichermedien (auch USB-Sticks, CD- und DVD-Rohlinge und ähnliches) pauschal eine Abgabe für jedes verkaufte Gerät und Medium. Auch für Computer, CD-Brenner, Mobiltelefone, kurz alle Geräte, die zum Kopieren benutzt werden können, ist eine Gebühr fällig. Diese Abgabe legen die Hersteller in der Regel auf den Preis um, den die Verbraucher letztendlich bezahlen. Die professionellen Betreiber von Kopiergeräten (Copyshops, Bibliotheken, usw.) zahlen pro Gerät eine zusätzliche Abgabe, da man davon ausgehen kann, dass damit urheberrechtlich geschützte Werke kopiert werden.
Weil kein Autor oder Verlag nun aber allein bei jedem Copyshop, jeder Bibliothek und Universität vorbeigehen kann, um seinen Anteil an den Kopien und Ausleihen nachzurechnen, gibt es zentrale Einrichtungen, die alle Gebühren einsammeln und dann an die Urheber ausschütten: die Verwertungsgesellschaften (5). Im Falle von Büchern ist das die VG Wort. Mit ihr schließen die Urheber und die Verlage jeweils Verträge ab, dass die VG Wort in ihrem Namen Gebühren einsammeln darf. Die VG Wort schüttet dann jährlich – je nach Zahl der Kopien und Ausleihen – ihren Mitgliedern ihren Anteil des gesammelten Geldes aus.