Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler, Azubis oder Dozentinnen und Dozenten, alle kommen in ihrer alltäglichen Arbeit oder Ausbildung unweigerlich mit dem Urheberrecht in Kontakt. Meist merken sie es nicht oder verdrängen es bewusst. Nur in den wenigsten Fällen sind sie sich über die rechtliche Situation im Klaren. Das liegt zum einen daran, dass frei verwendbares Informationsmaterial nur spärlich zur Verfügung steht, zum anderen an der komplizierten Rechtslage.
Lehrerinnen und Lehrer stehen so oft vor der Frage, ob es nun erlaubt ist für den Unterricht Texte aus Büchern zu kopieren, CDs abzuspielen, Materialsammlungen anzulegen oder aufgezeichnete Fernsehsendungen zu zeigen. Der folgende Artikel soll eine praktische Anleitung zum Umgang mit den Untiefen des Urheberrechts in diesen Fragen bieten. Bildungsprivilegien im Urheberrecht
Das Urheberrecht gewährt Urhebern das ausschließliche Recht zu entscheiden, ob und wie ihr Werk verwertet werden darf. Die Befugnis zur Verwertung kann dabei ganz oder teilweise an Dritte wie beispielsweise Verwertungsgesellschaften abgetreten werden, die im Namen der Urheber deren Rechte wahrnehmen.
Bild: dieSachbearbeiter.de, cc by-nc-nd/2.0/de (© Bild: dieSachbearbeiter.de, cc by-nc-nd/2.0/de )
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Das Recht zur Verwertung umfasst beispielsweise das Recht zu bestimmen, in welcher Form eine Vervielfältigung des Materials erlaubt ist, wie es verbreitet werden darf oder ob es öffentlich vorgeführt werden darf. Grundsätzlich ist eine Verwendung des Werkes ohne Einverständnis des Urhebers also nicht erlaubt.
Doch gilt das auch für die Nutzung in Schulen oder Einrichtungen der nicht-gewerblichen Aus- und Weiterbildung? Jedenfalls nicht uneingeschränkt. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass die Situation hier besonders bewertet – und geschützt – werden muss.
Im Urheberrecht gibt es deswegen sogenannte Schranken, die unter anderem dafür sorgen, dass manche im Rahmen der Bildung notwendige Nutzungen auch ohne Einverständnis der Rechteinhaber zulässig sind. Dabei gibt es jedoch keine speziellen Bildungsprivilegien. Vielmehr existieren eine Vielzahl von Einzelbestimmungen, die eben auch für den Bildungssektor Anwendung finden.
Was darf in der Schule kopiert werden?
Auch für Unterrichtszwecke dürfen urheberrechtlich geschützte Werke nicht beliebig kopiert werden. Einzelbestimmungen regeln konkret, ob und unter welchen Umständen dies ohne Zustimmung des Rechteinhabers gestattet ist.
Was das für die Praxis bedeutet, hat die Rechtsprechung mitunter genauer herausgearbeitet. Nach dem Urhebergesetz ist es zulässig, kleine Teile eines Werkes – man geht dabei von maximal 10 Prozent eines Buches aus – oder einzelne Artikel aus einer Zeitung oder Zeitschrift zu fotokopieren oder auszudrucken und jedem Schüler der Klasse zur Veranschaulichung im Unterricht zur Verfügung zu stellen. Ein ganzes Buch oder eine ganze Zeitschrift dürfen nur ausnahmsweise kopiert werden, wenn das Werk seit mindestens zwei Jahren vergriffen ist.
Diese Grundsätze gelten nur für Werke, die bereits veröffentlicht wurden. Es spielt dabei keine Rolle, ob es sich um ein gedrucktes Werk oder um eine Online-Veröffentlichung handelt. Zwar ist es verboten, umfangreiche Vorräte an solchem Material zusammenzustellen, einmal erstellte Kopien dürfen aber mehrfach verwendet werden.
Kopieren von Noten
Das Vervielfältigen von Noten ist im Urhebergesetz explizit geregelt. Es gilt der Grundsatz, dass die Kopie von "graphischen Aufzeichnungen von Werken der Musik" nur erlaubt ist, wenn eine Einwilligung der Rechteinhaber vorliegt. Eine Vervielfältigung ist jedoch möglich, wenn das Werk seit mindestens zwei Jahren vergriffen ist. Eigenhändiges Abschreiben der Noten ist explizit im Gesetz erlaubt.
Für die Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Noten im Schulunterricht gilt jedoch eine Sonderregelung. Die Verwertungsgesellschaft Musikedition hat mit der Kultusministerkonferenz einen Pauschalvertrag abgeschlossen, der es Lehrerinnen und Lehrern erlaubt, Noten auch ohne ausdrückliche Genehmigung der Rechteinhaber zu kopieren und diese ausschließlich im Unterricht einzusetzen. Die maximale Anzahl orientiert sich dabei an der Größe einer Klasse.
Material für den Unterricht online
Wie in Universitäten bereits üblich, gehen immer mehr Lehrerinnen und Lehrer dazu über, fremde Werke (vor allem Texte) zur Vorbereitung des Unterrichts online für die Schülerinnen und Schüler zur Verfügung zu stellen. Nach dem Gesetz ist das zulässig für "veröffentlichte kleine Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften", die der Veranschaulichung von Inhalten des Unterrichts dienen.
Die Bereitstellung von solchen Inhalten über das Intranet einer Schule fällt grundsätzlich nicht unter die Kopierprivilegien, sondern die urheberrechtlichen Regelungen zur "öffentlichen Zugänglichmachung". Dabei muss gewährleistet sein, dass die angesprochenen Werke in einem passwortgeschützten Bereich abgelegt werden, auf den nur eine abgrenzbare Anzahl von Schülerinnen und Schülern – zum Beispiel der Klassenverbund – und keine anderen Personen zugreifen können.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Lehrerinnen und Lehrer können selbst erstellte Materialien wie Folien für den Tageslichtprojektor, Stoffsammlungen, Lückentexte oder thematische Texte natürlich ebenfalls in das Intranet stellen. Als Urheberinnen und Urheber der Inhalte haben sie ja das ausschließliche Recht zu entscheiden, wie diese verwendet werden sollen.
Inhalte von Schulbüchern online stellen nicht erlaubt
Eine Ausnahme besteht bei der digitalen Bereitstellung allerdings für Schulbücher oder andere für den "Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmte Werke". Deren "öffentliche Zugänglichmachung" durch Speicherung und Veröffentlichung im Intranet ist grundsätzlich verboten und darf nur erfolgen, wenn der entsprechende Verlag einwilligt. Da die Schulbuchverlage ihre Bücher jedoch in einer oftmals sehr geringen Auflage produzieren, wird ein Verlag im Zweifel nur sehr selten einer solchen Veröffentlichung zustimmen.
Grauzone - Filme und Fernsehsendungen im Unterricht
Um Themen im Unterricht anschaulicher zu machen, greifen Lehrerinnen und Lehrer gerne auf multimediale Hilfsmittel zurück. Problematisch wird es allerdings dann, wenn eine DVD eines Kinofilmes oder zu Hause aufgenommene Sendungen aus dem Fernsehen der Klasse gezeigt werden.
Ob das ohne Zustimmung des jeweiligen Rechteinhabers zulässig ist, hängt davon ab, ob eine solche Vorführung im Unterricht im urheberrechtlichen Sinne "öffentlich" ist oder nicht. Denn ein urheberrechtlich geschütztes Werk wie einen Film wiederzugeben, ist nur dann zustimmungspflichtig, wenn sich diese Wiedergabe an eine Öffentlichkeit richtet.
"Öffentlich" in diesem Sinne ist eine Wiedergabe, wenn die Personen, an die sie gerichtet ist, nicht untereinander persönlich verbunden sind. Ausreichend ist auch, wenn alle Zuschauer persönliche Beziehungen zu dem haben, der den Film zeigt (also dem Lehrer). Mit anderen Worten, es kommt maßgeblich darauf an, ob zwischen den Schülern eines Klassenverbandes beziehungsweise im Verhältnis zwischen Schülern und Lehrern von persönlichen Beziehungen ausgegangen werden kann.
Es ist offensichtlich, dass die Antwort auf diese Frage je nach Konstellation unterschiedlich ausfallen kann. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass persönliche Beziehungen (unter anderem) durch intensives und dauerhaftes Beisammensein innerhalb eines bestimmten, nicht allzu großen Personenkreises entstehen.
Bei Schulklassen der Unter- oder Mittelstufe wird man in der Regel davon ausgehen können – bei Hochschulvorlesungen dagegen nicht. In den Kurssystemen der Oberstufe ist zumindest zweifelhaft, dass diese persönlichen Bindungen zwischen allen Schülern oder zum Lehrer bestehen.
Das Urheberrecht hält für diese sehr wichtige Frage leider keine praktikablen, einheitlichen Lösungen bereit. Die Antwort hängt stets vom Einzelfall ab. Gerichtliche Entscheidungen zum Schulunterricht fehlen bislang, die juristischen Experten sind sich in dieser Frage uneinig.
Immerhin vertreten die meisten Autoren die Ansicht, dass Wiedergaben für Schulklassen nicht öffentlich sind. Trifft dies zu, sind diese urheberrechtsfrei und damit erlaubt, auch ohne eine Vergütung zu bezahlen. Geht man hiervon aus, kommt es auch nicht darauf an, ob eine Original-DVD oder eine Aufzeichnung aus dem Fernsehen vorgeführt wird, die der Lehrer oder die Lehrerin ursprünglich für ihre private Nutzung hergestellt hat (eine so genannte 'Privatkopie').
Zusammengefasst: Die Frage, ob der Schulunterricht als öffentlich oder nicht-öffentlich zu bewerten ist, kann nicht eindeutig beantwortet werden. Nach wie vor fehlt es hier an Rechtssicherheit, da es keine ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmungen zur Vorführung von Werken im Schulunterricht gibt.
Plagiate, Copy & Paste und Texte aus dem Internet
Die Zeit wird knapp, das Thema ist zu schwer, die Recherche zu aufwendig – das sind Argumente, die Schülerinnen und Schüler gerne als Rechtfertigung benutzen, wenn sie sich ihr Geschichtsreferat für den nächsten Tag in wenigen Minuten aus dem Internet holen. Egal, ob bereits fertig gestellte Gesamttexte oder 'nur' einzelne Textblöcke – Plagiate findet man überall.
Doch was ist überhaupt ein Plagiat? Das Urheberrecht kennt das Plagiat nicht. Für die Hochschulrektorenkonferenz liegt ein Plagiat dann vor, wenn ein Text durch "unbefugte Verwertung unter Anmaßung der Autorschaft" verwendet wird. Ein Plagiat ist keine Kopie. Bei einer unerlaubten Kopie behauptet der oder die Kopierende gerade nicht, Autor oder Autorin des Werkes zu sein.
Allerdings kann auch ein Plagiat gegen das Urheberrecht verstoßen. Dies ist dann der Fall, wenn man behauptet, selbst Autor eines Werkes (insgesamt oder in Auszügen) zu sein, das man nicht selbst geschaffen hat. Diese so genannte Anmaßung der Urheberschaft ist ein Verstoß gegen das Urheberpersönlichkeitsrecht der eigentlichen Autorin oder Autors und stellt einen Eingriff in das "Recht auf Anerkennung der Urheberschaft" dar.
Lässt man sich dagegen von einem fremden Werk nur inspirieren und kreiert ein neues selbstständiges Werk, das die notwendige geistige Schöpfungshöhe erreicht, spricht man nicht mehr von einem Plagiat. Vielmehr handelt es sich um eine so genannte freie Benutzung eines fremden Werkes, die nicht gegen das Urheberrecht verstößt.
Besonders beliebt bei Schülerinnen und Schülern sind kompakte und zusammengefasste Informationen aus Textsammlungen oder Enzyklopädien. Aufgrund der eingesetzten Lizenz handelt es sich bei der Online-Enzyklopädie Wikipedia um einen Spezialfall. Texte aus dieser können ebenfalls unproblematisch per Kopieren und Einfügen (Copy & Paste) verwendet werden. Die dort eingestellten Texte unterliegen einer besonderen Lizenz (der "GNU Free Documentation Licence"), die es erlaubt, den Text derart beliebig zu kopieren, zu verwenden oder weiter zu verbreiten. Allerdings erlaubt die Lizenz in keinem Fall Plagiate, also sich selbst als Autor von Wikipedia-Texten auszugeben.
Fotos von Schülerinnen und Schülern
Das Kunsturhebergesetz bestimmt, dass Fotos von Personen – in diesem Fall also Schülerinnen und Schülern oder Lehrerinnen und Lehrern – nur mit Einwilligung verbreitet oder veröffentlicht werden dürfen. Das sollte man besonders beachten, wenn man Fotos auf der Homepage der Schule oder irgendwo anders im Internet veröffentlicht. Bei minderjährigen Schülerinnen und Schülern wird das Persönlichkeitsrecht besonders genau genommen. Es muss in solchen Fällen die Einverständniserklärung der Eltern eingeholt werden.
Etwas anderes gilt, wenn man ein Foto des Schulgebäudes einstellen möchte, auf dem einige Personen zu sehen sind. Eine Einwilligung ist dann nicht erforderlich, wenn die abgebildeten Personen nicht im Mittelpunkt des Fotos stehen. Auch bei einem Bild einer Schulversammlung mit mehreren hundert Teilnehmern muss nicht von jeder abgebildeten Person eine Einwilligung eingeholt werden. Allerdings gibt es je nach Größe der Abbildung der Personen schwierige Grenzfälle.
Die Schülerzeitung
Auch beim Herstellen einer Schülerzeitung müssen die Urheberrechte beachtet werden; es gelten keine Sonderregeln. Daran ändert sich nichts, wenn die Schülerzeitung ohne Gewinnabsicht produziert und verkauft wird oder sogar ganz verschenkt wird. Zudem ist das Urheberrecht nicht die einzige rechtliche Vorschrift, die man beachten muss, wenn man eine Schülerzeitung produziert und herausgibt. Dazu gehören zum Beispiel das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder die Pflicht, ein Impressum einzubauen.
Wenn es um Urheberrechte geht, muss all das beachtet werden, was auch bei einer richtigen Zeitung oder einer anderen Publikation zum Handwerkszeug gehört. Besonderes Augenmerk sollte auf der Vermeidung von urheberrechtlichen Problemen liegen.
Wenn zur optischen Aufwertung Fotos aus dem Internet genommen werden, muss sichergestellt sein, dass die Fotografin oder der Fotograf dem auch zugestimmt hat. Das gleiche gilt für übernommene Texte. Verstößt man gegen diese Bestimmungen, besteht theoretisch die Gefahr, dass die Urheberin oder der Urheber des Bildes nachträglich Lizenzgebühren verlangt und durch seine Anwältin oder seinen Anwalt eine teure Abmahnung an die Redaktion schickt. Es ändert nichts an den Problemen, wenn man nachträglich das Foto von der Homepage entfernt.
Hat der Urheber oder die Urheberin seine bzw. ihre Fotos zur Veröffentlichung freigegeben – etwa mit einer entsprechenden Lizenz –, kann man diese natürlich ohne Probleme verwenden. Auch Bilder oder Texte von Fotografen und Fotografinnen oder Autoren und Autorinnen, die seit mehr als 70 Jahren tot sind, können verwendet werden, da der Schutz nach dem Urheberrecht nach dieser Zeit abgelaufen ist: 'Einfache Lichtbilder' (Photos ohne besondere künstlerische Leistung) werden bereits 50 Jahre, nachdem sie gemacht oder veröffentlicht wurden, 'frei'.