Wir kannten Thomas seit den 1990er-Jahren – erst als guten Kollegen, später als Freund. Als er in der Behörde für die Stasi-Unterlagen forschte, kreuzten sich unsere Wege, immer wieder. Wir erinnern uns noch gut daran, als er uns in den Nullerjahren bei einer Tagung in Schwerin „rettete“: Donnerstagnacht sagte ein Referent ab, mit einem zentralen Vortrag, der fest eingeplant war. Wir riefen noch in der Nacht Thomas an und fragten, ob er sehr kurzfristig einspringen könnte. Er kam, wir holten ihn am Folgetag am Bahnhof ab, und er referierte wenig später mit Bravour.
So war er: stets aufgeschlossen für Neues, hilfsbereit, sach- und fachkundig, konstruktiv, fröhlich – und so gar nicht professoral. Sein primäres Forschungsfeld waren die deutschen Dinge, insbesondere die deutsche Vereinigung und die Transformationsjahre. Zuletzt war er ein allseits gefragter, weil fairer Gesprächspartner bei der Erforschung der unsäglichen, sexualisierten Verbrechen gegen Schutzbefohlene in den christlichen Kirchen.
Thomas Großbölting war Professor für Neuere Geschichte/Zeitgeschichte im Arbeitsbereich Deutsche Geschichte der Universität Hamburg und Direktor an der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (FZH). Zudem war er seit Ende 2022 geschäftsführender Direktor der Akademie der Weltreligionen und setzte sich für den interreligiösen Dialog in der Stadt Hamburg ein. Zuletzt versuchte er, das von der Schließung bedrohte, renommierte Hamburger Institut für Sozialforschung (HIS) zu bewahren. Wir sprachen noch vor Kurzem darüber und wollten ihm dabei helfen.
Nach Studien in Köln, Bonn und Rom hatte er in Münster das Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien abgeschlossen. Nach einer Vertretungsprofessur am Institut für Geschichte der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg leitete er von 2005 bis 2007 die Abteilung Bildung und Forschung bei der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (BStU). 2007 wurde er zum Professor für Geschichte der Neuzeit an die OvG-Universität Magdeburg berufen. Von 2009 bis 2020 hatte er die Professur für Neuere und Neuste Geschichte am Historischen Seminar der WWU Münster inne.
Thomas war der politischen Bildung und der bpb als geschätzter Autor, Ratgeber und herausragender Forscher eng verbunden – über Jahrzehnte: in der APuZ, in der Schriftenreihe, in vielen anderen Formaten unseres Hauses. Nun müssen wir ohne ihn auskommen. Thomas durfte nur 55 Jahre alt werden. Er hinterlässt seine Frau und vier Kinder. Wir werden ihn sehr vermissen.
Hans-Georg Golz (Leiter Fachbereich Print) und Thomas Krüger (Präsident)
Beiträge des Autors in der bpb:
Thomas Großbölting:
Thomas Großbölting,
Knut Andresen, Thomas Großbölting, Kirsten Heinsohn:
Thomas Großbölting, Video "Externer Link: Aufbruch und Entgrenzung in Deutschland seit 1989/90", bpb-Buchmesse-Interview 2021.
Thomas Großbölting, Video
Thomas Großbölting,
Thomas Großbölting,
Thomas Großbölting,
Thomas Großbölting, Buch
Thomas Großbölting, Buch Externer Link: Wiedervereinigungsgesellschaft. Aufbruch und Entgrenzung in Deutschland seit 1989, Schriftenreihe der bpb 2020 (vergriffen).
Thomas Großbölting, Buch