Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist zunächst in allen vier Besatzungszonen jegliche Vereinstätigkeit verboten. Kultur- und Sportgeschehen ruhen weitgehend. Für die meisten Menschen geht es in dieser Zeit ohnehin zuerst darum, das schiere Überleben zu regeln: Nahrung und Kleidung zu beschaffen, sich ein Doch über dem Kopf zu organisieren und zu erfahren, was mit vermissten Angehörigen passiert ist. Schon 1946 aber organisieren sich die ersten Sportgemeinschaften: Es wird wieder Fußball gespielt, zunächst auf lokaler Ebene. Voraussetzung für die Bildung überregionaler Verbände sind politische Weichenstellungen. Der (West)Deutsche Fußballverband (DFB) etwa wird im Juli 1949 neugegründet: Zwei Monate zuvor ist das Grundgesetz verabschiedet worden.
Sport I
Die Neuorganisation des Sports in der SBZ ist grundlegend. Die Aufgaben der bis 1945 existierenden Vereine übernehmen nun Betriebe und Einrichtungen wie Militär und Polizei. Sport, und gerade Leistungssport, findet nun in den Betriebssportgemeinschaften (BSG) statt.
Die BSG werden von den jeweiligen Betrieben finanziert; diese sind auch für die erforderliche Infrastruktur verantwortlich. Die Sportlerinnen und Sportler der verschiedenen Disziplinen gelten in erster Linie als Werktätige, die für Veranstaltungen und Wettkämpfe freigestellt werden, ihre sportliche Betätigung ist demgegenüber zweitrangig. Es gibt eine klare Abgrenzung gegenüber dem (kapitalistischen) Profisport, wie er in der Bundesrepublik betrieben wird – selbst wenn diese Abgrenzung zunehmend eher auf dem Papier steht, als dass sie dem Alltag der Sportlerinnen und Sportler entspricht. In der Bundesrepublik ist Sport ebenfalls nicht nur eine Sache von privat organisierten Vereinen: Einige Großbetriebe unterhalten seit Jahrzehnten eigene Werksvereine, und auch die Polizei sowie später die Bundeswehr errichten eigene Leistungssportzentren.
Der westdeutsche Meister ist im Juli 1949 vor 80.000 Zuschauerinnen und Zuschauern im Stuttgarter Neckarstadion ermittelt worden. Überraschend hat sich der VfR Mannheim gegen die favorisierte Borussia aus Dortmund behauptet. Zu den Meisterschaftsfeiern in Mannheim hat die ganze Stadt einen Tag frei bekommen, die Innenstadt ist bei der Begrüßung des heimkehrenden Teams ohnehin völlig verstopft.
Sehr zum Ärger der ostdeutschen Seite wird die Ost-West-Begegnung jedoch durch den DFB wegen terminlicher Probleme abgesagt. Weder Mannheim noch ersatzweise der Vizemeister Dortmund können zum angesetzten Termin in Chemnitz anreisen. Eine grobe „Verletzung des sportlichen Anstands“ sei dies, schimpft die BZ am Abend.
Die Angliederung an Großbetriebe hat durchaus Vorteile: So wechselt die BSG im erzgebirgischen Aue 1950 vom dort ansässigen Pneumatikwerk zur wesentlich mächtigeren Wismut AG, die für den Uranbergbau in der DDR zuständig ist. Innerhalb von nur vier Monaten schafft es dieser Betrieb, ein neues, größeres Stadion für den Verein zu bauen. Das Otto-Grotewohl-Stadion wird am 20. August 1950 in Anwesenheit des Ministerpräsidenten mit einem Freundschaftsspiel gegen die BSG Waggonbau Dessau eingeweiht (Endstand 3:3).
Sport II
Doch auch in der entstehenden Bundesrepublik läuft die Organisation des Fußballs auf überregionaler Ebene alles andere als reibungslos. Besonders schwierig ist die Nachkriegszeit für die Fußballvereine im Saarland. Hier versucht die französische Besatzungsmacht, die Region, wenn nicht an Frankreich anzugliedern, so doch zumindest ihre Integration ins Bundesgebiet zu verhindern. Das Saarland wird schon Ende 1946 aus der französischen Besatzungszone herausgenommen. Mit der Annahme einer eigenen Verfassung im Dezember 1947 gilt das Saarland zwar als autonomes Gebiet, steht jedoch faktisch unter französischem Protektorat. Ziel bleibt der wirtschaftliche Anschluss an Frankreich, die Kohle aus den saarländischen Gruben wird schon 1949 ausschließlich nach Frankreich geliefert.
Die USA und Großbritannien akzeptieren das französische Vorgehen zwar zunächst, sprechen sich aber dafür aus, dass eine endgültige Regelung der „Saarfrage“ erst nach Abschluss eines Friedensvertrages erfolgen kann. Zwischen der Bundesrepublik und Frankreich bleibt der Status des Saarlandes umstritten. Der Sonderstatus führt dazu, dass das Saarland sogar eine eigene Fußballnationalmannschaft hat, die an der Qualifikation zur Fußballweltmeisterschaft 1954 teilnimmt. Erst nachdem 1955 eine deutliche Mehrheit der saarländischen Bevölkerung für einen Beitritt zum Bundesgebiet votiert, wird das Saarland am 1. Januar 1957 Teil der Bundesrepublik Deutschland.
Auch für die Fußballer des FC Saarbrücken hat der saarländische Sonderstatus gravierende Folgen: Die Mannschaft ist zu gut für die unmittelbaren Nachbarn, Spiele in der Ehrenliga Saarland scheinen wenig sinnvoll. Reisen etwa nach Kaiserslautern oder Mannheim aber sind ab 1947 mit enormem Aufwand verbunden: An der Grenze zwischen dem Saarland und den westlichen Besatzungszonen der späteren Bundesrepublik finden strenge Kontrollen statt. So spielt der Fußballclub in der Saison 1948/49 als FC Sarrebruck in der zweiten französischen Liga und wird – allerdings nur inoffiziell – Tabellenzweiter; in offiziellen Statistiken taucht der Verein nicht auf. Um den sportlichen Anschluss nicht zu verlieren, organisiert der FC Saarbrücken von 1949 bis 1951 den Wettbewerb um den „Internationalen Saarlandpokal“. 1950 gewinnt der Club im Endspiel mit 4:0 gegen den französischen Erstligisten Stade Rennes.
Für den FC ist die saarländische Sonderstellung nicht nur wegen seiner Leistungen ärgerlich. Auch die bis zu 35.000 Fans, die zu den Heimspielen ins Stadion kommen, wollen ihren Verein ebenfalls am deutschen Ligabetrieb teilnehmen sehen. 1951 ist es dann endlich so weit und 1952, bei seiner zweiten Teilnahme an den deutschen Meisterschaften, wird Saarbrücken sogar Vizemeister. Das Team unterliegt erst im Endspiel gegen den VfB Stuttgart.
Sport III
60 Teilnehmer starten Anfang September 1949 zur ersten Ostzonenrundfahrt am Brandenburger Tor – und fahren gleich nach dem Start durch den zu West-Berlin gehörenden Bezirk Wedding, der unter französischer Besatzung stand. Das Neue Deutschland unkt, dass die West-Berliner Polizei sich wahrscheinlich zu Störmanövern werde hinreißen lassen, doch tatsächlich passiert nichts Gravierendes.
Sport IV
Besonders widersprüchlich und kaum einlösbar scheint dieser Anspruch im Bereich des Pferderennsports, dessen Veranstaltungen ja auch (und gerade) davon leben, dass sich die Reichen und Schönen blicken lassen. Die Galopprennbahn in Hoppegarten in Brandenburg, direkt an der Grenze zu Ost-Berlin, ist bis in die 1940er-Jahre hinein solch ein Ort – schon gegen Kriegsende aber flüchten die vermögenden Rennstallbesitzer mit ihren Pferden und Jockeys vor der anrückenden sowjetischen Armee Richtung Westen. Der Union-Klub, dem die Rennanlage gehört, wird direkt nach dem Krieg enteignet. Kurzzeitig überlegt die Sowjetische Militäradministration (SMAD), das Rennbahngelände zur landwirtschaftlichen
Originalbildunterschrift: "Galopprennen in Hoppegarten am 8. Mai 1948. 2. Rennen - Narzissen-Rennen: Die Siegerin "Meta" 2 (Gestüt Buschhof) mit Kaiser" (© Bundesarchiv, Vitanova, o. Angaben)
Originalbildunterschrift: "Galopprennen in Hoppegarten am 8. Mai 1948. 2. Rennen - Narzissen-Rennen: Die Siegerin "Meta" 2 (Gestüt Buschhof) mit Kaiser" (© Bundesarchiv, Vitanova, o. Angaben)
Nutzfläche umzuwandeln. Doch trotz des Mangels an Vollblutpferden und Reitern entscheidet man sich dagegen und versucht, einen regulären Rennbahnbetrieb aufzubauen. Tatsächlich kommen schon am 14. August 1949 weit über 10.000 Besucherinnen und Besucher nach Hoppegarten, um das Rennen um den „Großen Preis der sowjetischen Besatzungszone“ zu sehen.
Kultur I
Originalbildunterschrift: "Der Schriftsteller und diesjährige Goethepreisgewinner der Stadt Frankfurt, Thomas Mann mit Ehefrau Katja während des Festaktes in der Paulskirche in Frankfurt, aufgenommen am 27.07.1949." (© picture-alliance/dpa)
Originalbildunterschrift: "Der Schriftsteller und diesjährige Goethepreisgewinner der Stadt Frankfurt, Thomas Mann mit Ehefrau Katja während des Festaktes in der Paulskirche in Frankfurt, aufgenommen am 27.07.1949." (© picture-alliance/dpa)
An anderer Stelle ist eine direkte Konfrontation zwischen Ost und West kaum zu vermeiden: Sowohl die Stadt Weimar als auch Frankfurt am Main planen für den 28. August 1949, den 200sten Geburtstag Johann Wolfgang von Goethes, umfangreiche Feiern. Der Rückbezug auf die deutsche Klassik ist – angesichts des moralischen Versagens von Künstlerinnen und Künstlern im Nationalsozialismus – populär, und der „Dichterfürst“ gilt in der sowjetischen ebenso wie in den westlichen Besatzungszonen als sakrosankt.
Originalbildunterschrift vom 1. August 1949: "Thomas Mann in Weimar beim Verlassen des Goethehauses." (© Bundesarchiv, Zentralbild, Illus-Bilderdienst, Walter Heilig)
Originalbildunterschrift vom 1. August 1949: "Thomas Mann in Weimar beim Verlassen des Goethehauses." (© Bundesarchiv, Zentralbild, Illus-Bilderdienst, Walter Heilig)
Er reist im Juli 1949 in die Bundesrepublik und nimmt in der Frankfurter Paulskirche den Goethepreis entgegen. Von dort aus fährt er weiter nach Weimar, wo er mit dem Goethe-Nationalpreis ausgezeichnet wird. Die Reden, die der Geehrte zu beiden Anlässen hält, sind weitgehend identisch – und Thomas Mann betont mehrfach, dass seine Reise ganz Deutschland gelte. Dass er sich auf keine Seite ziehen lässt, macht er schon dadurch sichtbar, dass er am 28. August weder in Ost- noch in Westdeutschland ist, sondern in den USA. Dort äußert er seine Bedenken und seinen Unmut darüber, dass viele Deutsche darüber klagten, dass sie heute schlechter lebten als „unter Hitler“ – sich aber nicht fragten, wer Krieg und Elend verursacht habe.
Kultur II
In der Bundesrepublik gibt es durchaus negative Stimmen zu Thomas Mann – so nimmt man ihm seine anhaltende kritische Distanz Deutschland gegenüber übel.
Kultur III
v.l.: Heinrich Böll, Ilse Aichinger und Günther Eich 1951 während der Tagung der Gruppe 47. (© picture-alliance/dpa)
v.l.: Heinrich Böll, Ilse Aichinger und Günther Eich 1951 während der Tagung der Gruppe 47. (© picture-alliance/dpa)
Die Fremdheit zwischen jenen, die in die „innere Emigration“ gegangen waren und jenen, die aus Deutschland hatten flüchten müssen, war in den Nachkriegsjahren beträchtlich – das zeigt sich auch in der Zusammensetzung der „Gruppe 47“. Diese geht aus einem Treffen junger Menschen um die Schriftsteller Hans Werner Richter
Kultur IV
Ost- und westdeutsche Theater zeigen in den ersten Nachkriegsjahren gern Klassiker auf der Bühne – im sowjetischen Sektor etwa wird schon im September 1945 die Premiere einer Neuinszenierung von Lessings „Nathan der Weise“ gefeiert. Ebenfalls beliebt ist Thornton Wilders Drama „Unsere kleine Stadt“. Das Stück erlebt seine deutsche Erstaufführung fast zeitglich am Deutschen Theater in Ost-Berlin und in den Münchner Kammerspielen im August 1945.
Die österreichisch deutsche Schauspielerin, Regisseurin und Theaterleiterin Ida Ehre (links), Hamburg 1950er-Jahre. (© picture-alliance, United Archives, Siegfried Pilz)
Die österreichisch deutsche Schauspielerin, Regisseurin und Theaterleiterin Ida Ehre (links), Hamburg 1950er-Jahre. (© picture-alliance, United Archives, Siegfried Pilz)
zu einem führenden deutschen Theater. Dort inszeniert Wolfgang Liebeneiner 1947 das zeitkritische Drama „Draußen vor der Tür“ von Wolfgang Borchert. Dessen Untertitel lautet „Ein Stück, das kein Theater spielen und kein Publikum sehen will“. Dennoch findet die Geschichte eines traumatisierten Kriegsheimkehrers, der sich im Nachkriegsdeutschland nicht zurechtfindet, zunächst zahlreiche Zuschauerinnen und Zuschauer. Das westdeutsche Publikum ist beeindruckt – allerdings lässt das Interesse an diesem Stück (und vergleichbaren Stoffen) bereits 1949 nach.
Kultur V
Hildegard Knef bei den Dreharbeiten zu "Die Mörder sind unter uns" (1946, Regie: Wolfgang Staudte). Der Film wurde am 15. Oktober 1946 als erste DEFA-Produktion im Admiralspalast im sowjetisch besetzten Teil Berlins uraufgeführt. (© picture-alliance)
Hildegard Knef bei den Dreharbeiten zu "Die Mörder sind unter uns" (1946, Regie: Wolfgang Staudte). Der Film wurde am 15. Oktober 1946 als erste DEFA-Produktion im Admiralspalast im sowjetisch besetzten Teil Berlins uraufgeführt. (© picture-alliance)
Ähnlich verhält es sich mit den „Trümmerfilmen“, einem Genre, dessen Auftakt der in Potsdam gedrehte Film „Die Mörder sind unter uns“ von Wolfgang Staudte 1946 macht. Auch im Kino gibt es einen kurzen Boom von Filmen, die sich kritisch mit der unmittelbaren Gegenwart auseinandersetzen. Bald schon aber ist es damit vorbei: Insbesondere nach der Währungsreform im Juni 1948 möchten die Kinobesucherinnen und -besucher in Westdeutschland lieber unterhaltsame Filme sehen als solche, die den ohnehin noch meist grauen Alltag spiegeln. Insofern bewahrheitet sich – wenn auch mit Verzögerung – Borcherts Untertitel. In den westzonalen Kinos laufen insbesondere Filme aus amerikanischer Produktion. und wenige zeitkritische Neuproduktionen wie „... und über uns der Himmel“ (1947). Ergänzt wird dieses Angebot bis 1949 durch jene unterhaltenden Filme aus der Produktion von vor 1945, die die Alliierten für politisch unbedenklich halten, etwa Dreiviertel der Gesamtproduktion der NS-Zeit. „Die Frau meiner Träume“, ein 1943 gedrehter und 1944 uraufgeführter Farbfilm mit viel Musik und Marika Rökk, ist so ein Film. 1949 übernimmt die „Freiwillige Selbstkontrolle“ in der westdeutschen Filmwirtschaft die Überprüfung und Freigabe von Filmen aus der Zeit des Nationalsozialismus; zahlreiche Filme dürfen nun wieder ohne Auflagen gezeigt werden. Gerade der nationalistische Tenor vieler Filme wird in der Bundesrepublik ausgeblendet oder kaum wahrgenommen.
Nicht nur bleiben in der DDR viele dieser Filme weiter auf dem Index. Es entstehen hier, in den Filmstudios in Potsdam, zunächst einige Filme, die sich differenziert mit der jüngsten Vergangenheit und der schwierigen Gegenwart auseinandersetzen, wie „Irgendwo in Berlin“ (1946), „Ehe im Schatten“ (1947) und „Affaire Blum (1948).
Kultur VI
Auch in der bildenden Kunst muss ein Neuanfang gewagt werden. Viele der erfolgreichen Künstlerinnen und Künstler haben Deutschland nach 1933 verlassen müssen, ihre Werke wurden als „entartet“ diffamiert. Andere sind durch ihre Arbeit im Dienste der NS-Führung kompromittiert. Willy Baumeister ist einer von denen, deren Kunst verfemt worden ist und der seine Professur verloren hat, der sich aber dennoch entschieden hat, weiter in Deutschland zu leben. Nach dem Zweiten Weltkrieg gründet er, nun wieder Professor für Malerei in Stuttgart, einen Zirkel von Künstlerinnen und Künstlern, die sich die „Gegenstandslosen“ nennen.
Original Bildunterschrift: "Der deutsche Maler Willy Baumeister, einer der führenden Vertreter der abstrakten Kunst. (Undatierte Aufnahme). Er wurde am 22. Januar 1889 in Stuttgart geboren und starb ebenda am 31. August 1955." (© picture-alliance/dpa, Castagne)
Original Bildunterschrift: "Der deutsche Maler Willy Baumeister, einer der führenden Vertreter der abstrakten Kunst. (Undatierte Aufnahme). Er wurde am 22. Januar 1889 in Stuttgart geboren und starb ebenda am 31. August 1955." (© picture-alliance/dpa, Castagne)
Die abstrakte Kunst ist für sie ein Aufbruchssignal für den künstlerischen und moralischen Neuanfang. Mit dieser Einschätzung sind sie auf einer Linie mit den Kulturinitiativen der USA in Deutschland, die zuvor schon Ausstellungen abstrakter Kunst initiiert haben. Beim deutschen Publikum stößt diese Kunst auf Skepsis oder Ablehnung. Den „Freunden der gegenstandslosen Kunst soll man ihre Freude lassen. Aber die Künstler sollen ihr Wesen nicht für das Heil der Welt halten“, urteilt der in Konstanz erscheinende Südkurier im Mai 1950 über eine Ausstellung der Gruppe, die nun den Namen ZEN 49 trägt.
Fazit
Womit die Menschen in West- und Ostdeutschland ihre Freizeit verbringen, unterscheidet sich in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg wenig. In der SBZ wie in den Westzonen ist die Freude groß, als endlich wieder „richtige“ Fußballwettkämpfe stattfinden dürfen. Ob Kunstausstellungen oder Theater- und Filmaufführungen: Der Hunger nach Kultur und Ablenkung aus dem meist eher tristen Alltag ist groß. Kompromisse und Abstriche nimmt man in Ost wie West hin: Karge Bühnenbilder passen zu modernen Theaterstücken und kaum beheizte Kinosäle fallen angesichts des allgemeinen Mangels an Heizmaterial kaum ins Gewicht.
In den Fußballstadien wird improvisiert, wie auch bei anderen Sportveranstaltungen. Ganz selbstverständlich beziehen die Menschen allerdings die durch das NS-Regime errichtete Infrastruktur in ihre Freizeitgestaltung mit ein. In der zum Olympiagelände von 1936 gehörenden Waldbühne werden Boxkämpfe und politische Veranstaltungen abgehalten, nur den Namen Dietrich-Eckhart-Freilichtbühne (nach dem NS-Vordenker) benutzt man nicht mehr. Dass auch die eindeutig propagandistischen Filme aus der Zeit vor 1945 weiter gezeigt werden, verhindern zunächst die Alliierten; sobald die Aufsicht bei der westdeutschen FSK liegt, werden die Verbote gelockert. Das Publikum ist „seinen“ Stars ohnehin treu geblieben. So jubelt das West-Berliner wie das westdeutsche Publikum 1949 wieder der von den Nazis geförderten schwedischen Filmdiva Zarah Leander zu. Die ostdeutsche Presse kritisiert diese Begeisterung und weist ausführlich auf die bedeutende Rolle der Schauspielerin in der NS-Propaganda hin.
Dass sich Kultur und Sport in den entstehenden deutschen Staaten in unterschiedliche Richtungen entwickeln, wird schon in den ersten Nachkriegsjahren deutlich. Diese Unterschiede machen sich, was den Sport anbelangt, vor allem an organisatorischen Fragen fest, etwa bei der ausschließlichen Angliederung des Leistungssports an Betriebe und Institutionen in der DDR. In der bildenden Kunst werden – auch durch politische Vorgaben – sehr unterschiedliche Wege eingeschlagen. Eine Besonderheit des ostdeutschen Weges tritt gerade im Sport schon sehr früh zutage: Der stete Vergleich mit den Sportlerinnen und Sportlern im Westen bleibt die eigentliche Herausforderung. Das verdeutlicht exemplarisch der Sieg des „Eisernen Hans“ Robak gegen den westdeutschen Box-Champion Albert Westphal im Dezember 1953. Ein Star ist Robak schon vor diesem Kampf, durch den Sieg wird er zur ostdeutschen Legende.
Zitierweise: Elke Kimmel, "1949: Ablenkung in schwieriger Zeit – Sport, Kultur und Freizeit", in: Deutschland Archiv, 2.7.2024, Link: www.bpb.de/550071.