Im November 1947 beginnt im Nürnberger Justizgebäude einer der umfangreichsten und längsten Prozesse, die sich an den Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher anschließen. Von der Anklageerhebung bis zur Urteilsverkündung wird er 18 Monate dauern: der sogenannte Wilhelmstraßenprozess. Seine offizielle Bezeichnung lautet „The United States of America vs. Ernst v. Weizsäcker et. al.“. Insgesamt 21 hochrangige Beamte von verschiedenen NS-Behörden müssen sich verantworten. Das Gericht legt ihnen unter anderem die Vorbereitung und Durchführung eines Angriffskrieges, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Last. Die Angeklagten bekennen sich „nicht schuldig“, nur einer von ihnen – Ernst Wilhelm Bohle – wird später Reue zeigen.
Die Urteile werden am 11. April 1949 verkündet – überwiegend werden Strafen von unter zehn Jahren verhängt. Angesichts der von der Staatsanwaltschaft geforderten Todesstrafen sind dies außerordentlich milde Urteile. Zudem werden die Strafen im Zuge der Urteilsüberprüfung im Dezember 1949 weiter verringert und fast alle Verurteilten schon 1951 entlassen. Ernst von Weizsäcker wird bereits im Dezember 1950 auf freien Fuß gesetzt. Dennoch: Die deutsche Öffentlichkeit reagiert mit Unverständnis auf die als hart empfundenen Urteile. Die Wochenzeitung Die Zeit beschreibt die Haltung vieler Deutscher gegenüber der angeblichen „Siegerjustiz“: „Wer die Luft einer Diktatur nicht geatmet hat, wem das Klima des totalen Staates kein Begriff ist, der wird all dies schwer begreifen können.“
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