Anfang 1947 macht ein neues Wort die Runde: „fringsen“. Was es bedeutet, weiß fast jeder. Es geht darum, all die Dinge zu stehlen, die man unbedingt zum Überleben braucht, die es aber auf legalem Wege nicht oder nicht in ausreichendem Maße gibt. So wird etwa der Diebstahl von Kohlen von langsam fahrenden Güterzügen in den kommenden Jahren fast zum „Volkssport“.
Ausgangspunkt ist die Silvesterpredigt des Kölner Kardinals Josef Frings. Frings hat in der gerade notdürftig reparierten, eiskalten Kirche St. Engelbert in Köln-Riehl über die zehn Gebote gesprochen. Die Gläubigen stehen dicht gedrängt. Wegen der großen Kälte haben sie Hüte und Mützen nicht abgenommen. Nur wenige Kerzen geben Licht. Frings, der die Kölner Elendsquartiere kennt, sagt zum Thema Stehlen: „Wir leben in Zeiten, da in der Not auch der Einzelne das wird nehmen dürfen, was er zur Erhaltung seines Lebens [...] notwendig hat, wenn er es auf andere Weise [...] nicht erlangen kann.“ Sein Publikum nimmt die Worte dankbar auf. Gerade der nahe gelegene Hafen in Köln-Niehl ist ein guter Ort, um beim Umladen der Kohlen vom Schiff auf den Zug etwas „abzuzweigen“. Noch weniger verwerflich scheinen Hamsterfahrten ins Umland, mit denen viele die Rationierung von Lebensmitteln umgehen, indem sie direkt bei den Bauern kaufen. Frings kritische Worte im Anschluss, man sei „in vielen Fällen weit darüber hinausgegangen“, überhören nicht nur die Deutschen. Auch die
Weiterführendes Material
Wolfgang Benz
Interner Link: : Infrastruktur und Gesellschaft im zerstörten Deutschland, Online-Dossier Nationalsozialismus,11.04.2005Informationen zur politischen Bildung (IzpB):
Interner Link: Gemeinsame deutsche Nachkriegsgeschichte 1945–1990, 2024 .