Ab dem 21. Mai 1949 fahren die S-Bahnen in West-Berlin nicht mehr: Die Ost-Berliner Zeitungen sind sich einig – hier ist ein Putsch im Gange! Angezettelt habe ihn die Unabhängige Gewerkschaftsorganisation (UGO). Diese hat sich ein Jahr zuvor vom ostdeutschen FDGB, dem Freien Demokratischen Gewerkschaftsbund, abgespalten. Nun habe die UGO ihre in den Westsektoren lebenden Mitglieder zum S-Bahn-Streik aufgehetzt, weil diese in ganz Berlin zur ostdeutschen Reichsbahn gehöre.
Tatsächlich aber streiken die Westbeschäftigten, weil sie weiterhin in Ostmark bezahlt werden, die in den Westsektoren als Währung nicht mehr anerkannt ist. Die Verluste beim Umtausch von Ost- in West-Geld sind erheblich. Die Situation eskaliert dadurch, dass sich die Reichsbahn weigert, mit der UGO zu verhandeln. Die Westbeschäftigten aber akzeptieren den FDGB nicht als ihre Interessenvertretung. Mit dem erzielten Verhandlungsergebnis – 60 Prozent des Gehalts in West-, den Rest in Ostmark – sind sie nicht einverstanden und setzen den Streik fort. Während des Ausstands geraten die Streikenden mehrfach gewaltsam mit den von der Reichsbahn eingesetzten Streikbrechern aneinander. Ein Mann kommt sogar zu Tode. Noch bis Ende Juni 1949 wird gestreikt, und das Verhältnis zwischen Beschäftigten und Reichsbahnleitung bleibt dauerhaft gestört: Über tausend Westmitarbeitern wird in der Folgezeit mit wenig glaubwürdigen Begründungen gekündigt. Das Gehalt der bleibenden Westmitarbeiter wird weiterhin teils in Ostmark gezahlt. Für den verlustfreien Wechsel ist die West-Verwaltung zuständig.
Weiterführendes Material
Informationen zur politischen Bildung (IzpB):
Interner Link: Gemeinsame deutsche Nachkriegsgeschichte 1945–1990, 2024 .Christopher Kopper:
Interner Link: Kleine (Unternehmens-)Geschichte der Eisenbahn in Deutschland, APuZ, 8-9/2022 , 2011