Seit der Leipziger Buchmesse im März 2024 sind vier neue Bücher im Angebot der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) erschienen, geschrieben von Autoren und Autorinnen der Redaktion Deutschland Archiv. Alle kosten 4,50 Euro im
1. "Deutschland Archiv 2022/23". Ein Lesebuch zur Zeitenwende
Dieser Band enthält 61 ausgewählte Beiträge, die in der Zeit von Januar 2022 bis Februar 2024 online im Deutschland Archiv der bpb erschienen sind, unter anderem zum Thema Krieg und Frieden, eingeleitet von Wolf Biermann. Weitere Themen sind die Vielschichtigkeit des 9. November, Jüdinnen in Deutschland nach 1945, Rechtsextremismus und Antisemitismus, Frauen in der DDR, Waffendeals von SED und Stasi, Medientransformation nach dem Mauerfall und die anhaltende Debatte zum Zustand der deutschen Einheit.
Autoren und Autorinnen sind: Ilko-Sascha Kowalczuk, Anna Schor-Tschudnowskaja, Bernd Greiner, Hermann Wentker, Thomas Nielebock, Martina Fischer, Uwe Hassbecker, Sonia Combe, Sabine Kebir, Robert Gerwarth, Christoph Kreutzmüller, Jeanine Meerapfel, Wolfgang Templin, Hélène Camarade, Robert Ide, Sharon Adler, Ingo Hasselbach, Gabriele Stötzer, Gleb Albert, Elfriede Jelinek, Andreas Förster, Cyrill Buffet, Jessica Bock, Christian Bäucker, Stefan Wolle, Angela Schmole, Holger Bahl, Martin Sabrow, Anja Schröter, Eberhard Aurich, Basil Kerski u.a.m.
Das Online-Portal www.deutschlandarchiv.de der bpb, hervorgegangen 2011 aus der wissenschaftlichen Zeitschrift Deutschland Archiv, ist ein publizistisches Forum zur deutsch-deutschen und gesamtdeutschen Geschichte im europäischen Kontext. Dieser Band ist als Doppelband erschienen, umfasst 640 Seiten und kostet im bpb-Shop und den bpb-Medienzentren 4,50 Euro. Hier der Externer Link: Bestelllink.
2. "Jena Paradies". Die letzte Reise des Matthias Domaschk.
Im April 1981 steigt Matthias Domaschk in Jena in einen Zug nach Berlin. Der 23-Jährige will zu einer Geburtstagsfeier – die ausgerechnet am selben Wochenende stattfindet wie der Parteitag der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Jedenfalls, so der Entschluss der Sicherheitsbehörden, sollen Domaschk und sein Begleiter Berlin unter keinen Umständen erreichen. Zwei Tage später ist Matthias Domaschk tot, gestorben im Stasi-Untersuchungsgefängnis in Gera.
Fotos von Matthias Domaschk (unten rechts) in seinem Jenaer Freundeskreis 1976/77. (© Ch. Links Verlag)
Fotos von Matthias Domaschk (unten rechts) in seinem Jenaer Freundeskreis 1976/77. (© Ch. Links Verlag)
Der langjährige ARD- und Spiegel-Journalist Peter Wensierski rekonstruiert die letzten Stunden vor dem wahrscheinlichen Suizid und beschreibt, wie der junge Mann von den Autoritäten gebrochen wurde. Anhand des Schicksals von Matthias Domaschk zeichnet er das Bild einer unangepassten Jugend, die sich in erster Linie nach einem freien und selbstbestimmten Leben sehnte, wie junge Menschen auf der ganzen Welt beeinflusst von Jazz, Rockmusik und Beat-Literatur, von den DDR-Autoritäten jedoch als „dekadent“ verhasst und bekämpft wurden. So zeigt der Fall auf schockierende Art und Weise, mit welchen Maßnahmen die Staatsmacht jede Form der jugendkulturellen Abweichung unnachgiebig verfolgte. Vorgestellt und diskutiert wurde der 366-seitige
3. "Der Krieg um die Ukraine und der Frieden in Europa". Ein geopolitischer Essay
Es gibt gute Gründe, Antworten auf die russländische Aggression gegen die Ukraine mit der Frage nach geopolitischen Bezügen zu verbinden. Der Politologe Jerzy Maćków greift in seinem 240-seitigem und mit vielen Karten ausgestattetem Buch in der bpb-Schriftenreihe die zu Beginn des 20. Jahrhunderts formulierte Heartland-Theorie des britischen Geografen Halford John Mackinder auf, der zufolge die Kontrolle des „Herzlandes“ (Heartland), des euroasiatischen Territoriums, das sich von Osteuropa („Eastern Europe“) über Russland bis nach China erstreckt, entscheidend ist für die potenzielle Weltherrschaft.
Bei der Premiere des Ukraine-Buchs von Prof. Jerzy Maćków (r.) in der bpb Berlin am 28.2.2024. Mit auf dem Podium der Danziger Politologe Basil Kerski (l.), der Berliner Philosoph Wolfgang Templin (2.v.l.) und Anna Delius aus der Projektgruppe Mittel-, Ost- und Südosteuropa der bpb. (© bpb / hk)
Bei der Premiere des Ukraine-Buchs von Prof. Jerzy Maćków (r.) in der bpb Berlin am 28.2.2024. Mit auf dem Podium der Danziger Politologe Basil Kerski (l.), der Berliner Philosoph Wolfgang Templin (2.v.l.) und Anna Delius aus der Projektgruppe Mittel-, Ost- und Südosteuropa der bpb. (© bpb / hk)
Der Autor geht der Frage nach, inwieweit diese Theorie die geopolitische Aufladung des russländischen Angriffskriegs gegen die Ukraine erklären und dabei helfen kann, die Interessenlagen der beteiligten Mächte und Akteure zu dechiffrieren: zunächst die ukrainische, dann die des Aggressors Russland und seines Verbündeten Belarus, aber auch die der USA, Polens, Deutschlands, der kaukasischen Staaten, der Staaten Südost- und Nordosteuropas sowie Chinas, Indiens, des Iran und der Türkei.
In seinem streitbaren Essay erörtert Maćków deren jeweilige geostrategische Selbstverortung sowie das Ausbleiben einer wirksamen EU-Politik gegenüber Russland und der Ukraine, fragt nach den Konsequenzen für den Kriegsverlauf wie nach den Vorzeichen für eine künftige stabile europäische Sicherheits- und Friedensordnung. Mehr von Jerzy Maćków über seine
4. "9/11 Santiago - Flucht vor Pinochet". Kinder des chilenischen Exils in Deutschland
Am 11. September 1973 stürzte General Augusto Pinochet mit einem Putsch die Regierung des sozialistischen, demokratisch gewählten Präsidenten Salvador Allende in Chile. Der Filmemacher Thomas Grimm hat intensive Gespräche mit den heute erwachsenen Exilkindern geführt, die damals mit ihren Eltern in die Bundesrepublik und die DDR flohen. Film und Buch widmen sich den Folgen von Gewaltherrschaft, Exil und Integration sowie der lebenslangen Suche nach Identität. Dem Sturz der Regierung folgte eine Welle des Terrors gegen die Mitglieder der Volksbewegung Unidad Popular, der Gewerkschaften und gegen linke Journalisten. Zehntausende wurden verhaftet, brutal gefoltert und über 3.000 Menschen ermordet. Hunderttausende flohen ins Ausland, oft Familien mit kleinen Kindern.
Filmstill aus dem Dokumentarfilm "9/11 Santiago - Flucht vor Pinochet". (© Zeitzeugen TV)
Filmstill aus dem Dokumentarfilm "9/11 Santiago - Flucht vor Pinochet". (© Zeitzeugen TV)
Die Kinder des chilenischen Exils berichten von ihrer Flucht und dem Leben in der Emigration. So Claudia, die nach dem Putsch mit ihrem kleinen Bruder ein halbes Jahr im Untergrund in Valparaíso überlebte: Ihr Exil begann 1974 in Hamburg. Im selben Jahr fand Camilo mit seiner Familie Zuflucht in Ost-Berlin. Sein Vater gehört zu den Tausenden, die im Estadio Nacional inhaftiert und gefoltert wurden. 17 Jahre dauerte das Terrorregime Pinochets. Die Kinder wuchsen in Deutschland auf, es wurde ein Teil von ihnen. Wie geht es ihnen heute in Deutschland beziehungsweise nach der Rückkehr in die (fremde) Heimat?
Zitierweise: Deutschland Archiv: "Druckfrisch. Neue Bücher von Autorinnen und Autoren aus dem Deutschland Archiv", in: DA-online, 28.3.2024, Link: www.bpb.de/546961. Weitere bpb-Buchneuerscheinungen im
Ergänzend:
Veranstaltungshinweis am 24. April 2024 in der bpb Berlin: