„Ich hoffe, dass die Ukraine die BRD des 21. Jahrhunderts wird“
Mary Elise SarotteCornelius Dieckmann
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Wurde in Moskau 1990 ein Verzicht auf die Ausdehnung der Nato als westliches Sicherheitsbündnis vereinbart? Die Putin-Propaganda behauptet das immer wieder, mitunter auch um Russlands Krieg gegen die Ukraine zu begründen. Die amerikanische Historikerin Mary Elise Sarotte ist dem nachgegangen und hat zur Frankfurter Buchmesse 2023 ihre Forschungsergebnisse in deutscher Sprache veröffentlicht. Ihr Buch trägt den Titel „Nicht einen Schritt weiter nach Osten - Amerika, Russland und die wahre Geschichte der Nato-Osterweiterung“. Cornelius Dieckmann hat sie über den neuesten Forschungsstand interviewt, und über das Versäumnis des Westens, rechtzeitiger „für die Ukraine einen Platz in Europa zu definieren“.
Frau Professor Sarotte, hat der Westen Moskau 1990 versprochen, die Nato nicht nach Osten auszuweiten?
Das Szenario einer Nichterweiterung wurde vom Westen, genauer gesagt von den USA und der BRD, als Option erwogen und 1990 auch explizit mit Moskau erörtert. Aber was ist ein Versprechen? Das waren Verhandlungen auf höchster Ebene. Es ging um die deutsche Einheit, sozusagen das Ende des Zweiten Weltkriegs. Da verhandelten Profis. In so einer Situation vergisst nicht mal versehentlich jemand, eine mündliche Absprache in den Vertrag zu schreiben, weder George H. W. Bush noch Helmut Kohl noch Michail Gorbatschow. Am Ende zählt das, was schwarz auf weiß im Vertrag steht.
Und was steht im Vertrag?
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Der Zwei-plus-vier-Vertrag, den Moskau im September 1990 unterschrieb und 1991 ratifizierte, erlaubt es der Nato, die alte Frontlinie des Kalten Krieges, nämlich die innerdeutsche Grenze, zu überschreiten. Juristisch ist die Sache also eindeutig: Die Nato-Osterweiterung war rechtens. Was in den Gesprächsrunden zuvor als Versprechen verstanden werden könnte, ist eher eine psychologische Frage als eine historische.
Ihr Buch, für das Sie Tausende Dokumente ausgewertet und mehr als 100 Zeitzeugen interviewt haben, heißt aber „Nicht einen Schritt weiter nach Osten“. Das klingt wie eine Zusicherung.
Das Zitat ist aus einem Fragesatz, keiner Aussage. Es stammt vom damaligen US-Außenministers James Baker, der diese Formulierung im Februar 1990 in Moskau gegenüber Gorbatschow sowie dessen Außenminister Eduard Schewardnadse gebrauchte, um auszutesten, wie man Moskau entgegenkommen könnte. Wie gesagt: hypothetisch, mit Fragezeichen am Ende.
Dennoch hat sich darum eine jahrzehntelange Kontroverse entsponnen. Der Kreml behauptet, über den Tisch gezogen worden zu sein. Worum ging es bei dem Zitat genau?
Nach dem Mauerfall 1989 war die große Frage: Kommt jetzt die deutsche Einheit? Dafür brauchte der Westen die Sowjetunion. Sie lag zwar selbst schon im Sterben, hatte aber zwei Trümpfe. Erstens: ihre fast 400.000 Soldaten in der DDR. Zweitens: ihre unanfechtbaren Rechte als eine der vier Siegermächte im Zweiten Weltkrieg. Also führten die USA und die BRD Anfang 1990 Sondierungsgespräche mit Moskau, um auszutesten, was sie Gorbatschow anbieten könnten. In diesem Rahmen sagte Baker sinngemäß: Herr Gorbatschow, was hielten Sie davon, wenn Sie Ihre Hälfte Deutschlands loslassen und wir Ihnen dafür zusagen, dass die Nato nicht nach Osten erweitert wird? Kanzler Kohl nutzte am nächsten Tag fast die gleichen Worte. Und Gorbatschow meinte: Ja, hört sich gut an, darüber können wir reden. Ich paraphrasiere. Die exakten Zitate samt überprüfbarer Quellen stehen im Buch.
Kohls Außenminister Hans-Dietrich Genscher ging aber noch weiter als Baker.
Ja, er meinte sogar, Nato und Warschauer Pakt könnten sich auflösen und in einer neuen Sicherheitsorganisation verschmelzen, vielleicht einer KSZE-basierten Organisation. Man muss dazu sagen: Genscher sprach noch von einer Nichterweiterung der Nato, als das schon nicht mehr die Position seines Kanzlers war. Das ging so weit, dass Kohl ihm einen Brief schicken musste mit der Aufforderung, dies zu unterlassen, denn die Bundesregierung, „lieber Hans-Dietrich“, leite immer noch er. Ende Februar 1990 war Kohl nach Washington zu Bush gereist, der Baker wegen dessen „Nicht einen Schritt weiter nach Osten“-Erwägung bereits zurückgepfiffen hatte.
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Bush war dagegen, die Zukunft der Nato zum Gegenstand der Verhandlungen zur deutschen Einheit zu machen. Das erklärte er auch Kohl, der einverstanden war und sagte, dann müsse man Gorbatschow etwas anderes bieten – wahrscheinlich Geld. Bush erwiderte, nun, der Kanzler habe „deep pockets“, tiefe Taschen. Und so kam es: Gorbatschow akzeptierte den Zwei-plus-vier-Vertrag und kassierte Milliarden an Hilfsgeldern aus Bonn und Washington.
War es verhandlungspsychologisch nicht fahrlässig, in den Gesprächen ein zwar hypothetisches, aber doch klar formuliertes Szenario der Nicht-Erweiterung der Nato zu entwerfen?
Fahrlässig würde ich es nicht nennen. Herauszufinden, was die Gegenseite will, gehört zu Verhandlungen. Ein Aspekt, bei dem ich aber trotz jahrelanger Forschung noch ein Fragezeichen habe, ist, warum Genscher und andere Diplomaten noch von einer Nichtausdehnung sprachen, als die offizielle Position schon eine andere war. Wussten sie es nicht besser? Oder wussten sie es und dachten, es würde ihnen in den Verhandlungen helfen? Das ist ein Punkt, an dem man sich nicht wundern muss, wenn Missverständnisse entstanden sind. Aber deshalb gab es ja einen Vertrag.
QuellentextVerhandlung und Vertrag im Wortlaut
Im Frühjahr 1990 wurden Gespräche über die deutsche Einheit geführt. Mehrfach sprachen dabei amerikanische sowie bundesdeutsche Politiker und Diplomaten eine mögliche Nichtausdehnung der Nato an. Am 9. Februar 1990 etwa stellte US-Außenminister Baker dem sowjetischen Präsidenten Gorbatschow folgende Frage: „Was ist für Sie vorzuziehen: Ein vereinigtes Deutschland außerhalb der Nato, selbstständig und ohne amerikanische Streitkräfte, oder ein vereinigtes Deutschland, das Verbindungen zur Nato hat, mit Zusicherungen, dass die Jurisdiktion der Nato sich nicht einen Schritt weiter nach Osten von ihrer jetzigen Position verschiebt?“ Gorbatschow erwiderte, eine Nato-Ausdehnung sei „inakzeptabel“.
Davon war am ende der Verhandlungen jedoch keine Rede mehr im Zwei-plus-vier-Vertrag, unterzeichnet am 12. September 1990 in Moskau (Bild unten). Der Vertragsartikel 5, Absatz 3 lautet: „Nach dem Abschluß des Abzugs der sowjetischen Streitkräfte vom Gebiet der heutigen Deutschen Demokratischen Republik und Berlins (1994, Anm. d. Red.) können in diesem Teil Deutschlands auch deutsche Streitkräfteverbände stationiert werden, die in gleicher Weise militärischen Bündnisstrukturen (also der Nato) zugeordnet sind wie diejenigen auf dem übrigen deutschen Hoheitsgebiet, allerdings ohne Kernwaffenträger. (…) Ausländische Streitkräfte und Atomwaffen oder deren Träger werden in diesem Teil Deutschlands weder stationiert noch dorthin verlegt.“
Zur Präzisierung des letzten Satzes wurde zudem eine Protokollnotiz vereinbart und von allen Seiten unterschrieben, die festlegte, dass einzig die deutsche Regierung entscheide, wie eine „Verlegung“ definiert sei. „Insgesamt hatte Moskau nicht einmal, sondern zweimal einen rechtlich bindenden Vertrag unterzeichnet“, schreibt Mary Elise Sarotte, „der es Nato-Truppen erlaubte, die alte Grenzlinie des Kalten Kriegs zu überschreiten, solange die deutsche Regierung es erlaubte.“ Die Nato-Osterweiterung war damit besiegelt – mit Moskaus Unterschrift und juristisch einwandfrei.
Der Vertrag führte jedoch nicht zum Happy End. Putin führt heute einen brutalen Krieg in Europa. „Wir müssen wieder auf die neue Zeit warten, weil wir unsere Chance in den 90er Jahren verpasst haben“, steht über Ihrem Schlusskapitel – ein Zitat der belarussischen Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch. Worin lag die Chance?
Kalte Kriege sind nicht kurzlebig. Tauwetter muss man schätzen und nutzen. Aber weder der Westen noch Russland haben das ausreichend getan. Der wichtigste Grund dafür waren allerdings die schlimmen Fehler des Kremls unter Boris Jelzin Anfang und Mitte der 90er Jahre.
1993 ließ der russische Präsident das von ihm kurz zuvor aufgelöste Parlament beschießen, um seine anti-reformerischen Widersacher niederzuschlagen. Von 1994 an führte er Krieg in Tschetschenien.
Das war ein Wendepunkt, an dem Jelzin eine friedlichere Zukunft Europas verhinderte. Im Oktober 1993 war Russland dabei, eine Demokratie zu werden – und dann befahl Jelzin, die große demokratische Hoffnung des Westens, seiner Armee, das russische Parlament mit Panzern zu beschießen. Mehr als 100 Menschen starben, 800 wurden verletzt. Aber nach diesem Blutbad hielt der Westen noch an der Partnerschaft mit Jelzin fest. Er galt als alternativlos. Erst Ende 1994, Anfang 1995, als russische Truppen mit unglaublicher Brutalität den Tschetschenien-Krieg führten, fing ein Umdenken amerikanischerseits an.
Eine der Folgen war, dass die Nato sich 1999 mit der Aufnahme von Polen, Ungarn und Tschechien bis an Russlands Grenze erweiterte. War das nicht ein konsequenter und vernünftiger Schritt?
Doch, absolut. Ich will das ganz klar sagen: Ich halte die Nato-Osterweiterung für gut und richtig. Ich glaube an das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Diese Staaten hatten jedes Recht, beitreten zu wollen, genauso wie die Nato jedes Recht hatte, sie aufzunehmen. Womit ich ein Problem habe, ist die Art und Weise der Erweiterung.
Wie meinen Sie das?
Wir glauben heute fälschlicherweise, es habe nur die beiden Extremoptionen gegeben: Vollmitgliedschaft oder keine Mitgliedschaft. Artikel 5 oder gar nichts. Aber es gab Zwischenstufen, die von der Clinton-Regierung ernsthaft diskutiert wurden. Damals entstand die „Partnerschaft für den Frieden“, kurz PfP. Ich halte sie bis heute für eine gute Idee, die leider übergangen wurde. Sie existiert zwar bis heute noch, aber wurde kurz nach der Etablierung zur Seite geschoben.
Die PfP sah vor, dass Staaten mit der Nato zusammenarbeiten und sich langsam an Bündnis-Standards anpassen, ohne dass es ein Beitrittsversprechen oder einen Zeitplan gibt.
Ja. Und wenn es hart auf hart kommen würde, könnte man diese Länder schnell in die Nato holen – so wie es nach Russlands Überfall auf die Ukraine mit Finnland gehandhabt wurde. Der Vorteil dieses Zwischenprogramms war zudem, dass es Moskau eine gesichtswahrende Lösung bot. Das Konzept war so vielversprechend, dass alle Beteiligten der PfP beitraten: die Staaten des aufgelösten Warschauer Pakts, Russland, die Ukraine. Plötzlich schien ein Europa ohne harte Grenzlinie möglich.
In Ihrem Buch ist eine erstaunliche Karte aus dem Jahr 1994 abgedruckt, in dem das sichtbar wird: Die Mitgliedschaften in Sicherheitsorganisationen, von KSZE und Nato über NAKR bis PfP, überlappen einander geografisch viel stärker als im Kalten Krieg oder heute. Es gab keine definierte Frontlinie.
Diese Karte ist eine Vision eines künftigen Europas, das nicht sein sollte. Es hätte keine perfekte Welt geschaffen, aber eine bessere. Damals gab es drei ganz zentrale Sicherheitsbeziehungen, die der Westen hätte pflegen müssen. Es gelang ihm aber nur bei einer von dreien: der zu den mittelosteuropäischen Staaten, die 1999 Nato-Mitglieder wurden.
Welche waren die anderen beiden, die vernachlässigten Beziehungen?
Die zu Russland und die zur Ukraine. Der Westen brauchte Russland für die Abrüstung. Wir dürfen nicht vergessen, dass die 90er Jahre die Zeit der größten Abrüstung seit Beginn des Atomwaffenzeitalters waren. Heute ist es kaum vorstellbar, aber Moskau und Washington arbeiteten eng zusammen. Dass das nicht nachhaltig war, sieht man daran, dass heute, mehr als 30 Jahre nach dem Kalten Krieg, immer noch fast 90 Prozent der nuklearen Sprengköpfe unter Kontrolle von Washington und Moskau sind. Und nebenbei ließ der Westen die Ukraine im Stich.
Inwiefern?
Clinton hatte zunächst korrekt erkannt, dass Frieden in Europa von der Ukraine abhängen würde. Mit dem Zerfall der Sowjetunion war sie plötzlich zur drittstärksten Atommacht der Welt geworden, wegen der sowjetischen Raketen auf ihrem Territorium. Kommando und Kontrolle lagen zwar noch in Moskau, aber die Ukraine war im Besitz dieser Waffen, und es wohnten ja Ingenieure in der Ukraine. Der Westen wollte deshalb unbedingt, dass die Ukraine ihre Nuklearwaffen abgibt, das Land aber auch nicht auf der falschen Seite einer Trennlinie allein lassen und Russland ausliefern. Die vermeintliche Lösung war die Kombination von PfP und dem Budapester Memorandum von 1994:
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Die Ukraine trat ihre Atomwaffen ab, im Gegenzug sicherte Russland ihr territoriale Integrität zu. Heute sehen wir, was das wert war.
Vor allem Deutschland hat Russland unter Putin, der Jelzin zur Jahrtausendwende als Präsident beerbte, falsch eingeschätzt – erst unter Schröder, dann unter Merkel. Wussten Sie übrigens, dass Angela Merkel Ihr Buch gelesen hat?
Nein. Hat sie das?
Zumindest steht es in ihrem Altkanzlerinnenbüro im Regal. Merkel war es, die beim berüchtigten Nato-Gipfel 2008 in Bukarest die Mitgliedschaft der Ukraine auf unbestimmte Zeit verhinderte. Wie viel muss sie sich vorwerfen lassen?
Merkel hat das Problem nicht gelöst, aber auch nicht geschaffen. Was mich in meiner Forschung überrascht hat, war, wie früh über eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine geredet wurde. Das ging schon Anfang der 90er Jahre los. Die Quellen, die ich in einem dreijährigen Berufungsverfahren von der Clinton-Bibliothek habe deklassifizieren lassen, machen das klar. Der Berater für Nationale Sicherheit der USA, Tony Lake, schrieb zum Beispiel am 13. Oktober 1994 an Präsident Clinton, man könnte sowohl die Ukraine als auch die baltischen Staaten aufnehmen. Auf dem Dokument kann man noch sehen, dass Clinton, der Linkshänder war, einen großen linkshändigen Haken machte und vermerkte: „Looks good“.
Aber?
Man wollte Russland nicht brüskieren, also entschied man sich für Ambivalenz und parkte die Ukraine erst mal in der „Partnerschaft für den Frieden“. Als sich dann die Alles-oder-nichts-Methode der Nato-Osterweiterung durchsetzte, und die PfP somit nebensächlich wurde, wurde versäumt, für die Ukraine einen Platz in Europa zu definieren.
Sie meinen: lange vor Merkel.
Ja. Sie hat das Problem geerbt. Was westliche Politiker sich wirklich vorwerfen lassen müssen, ist, dass sie nicht stärker auf die Annexion der Krim 2014 reagierten. Denn damit hatte Putin ja eindeutig die territoriale Integrität der Ukraine zerstört, die Russland im Budapester Memorandum zugesichert hatte.
Wie kann der Ukraine-Krieg enden?
Ich habe Hochachtung vor den Ukrainern. Sie hätten im Februar 2022 kapitulieren können, stattdessen verteidigen sie mit erstaunlichem Mut ihr Land. Ich finde, wir im Westen müssen ihnen helfen, Grenzen zu etablieren, die sich dauerhaft militärisch verteidigen lassen. Ich wähle diese Worte sorgfältig. Ich sage nicht „international anerkannte Grenzen“ oder „die Grenzen von 1991“. Verstehen Sie mich nicht falsch: Beide wären ideal. Aber im Krieg lässt sich selten das Ideale erreichen. Wir müssen den Ukrainern helfen, die großen Kampfhandlungen zu Ende zu bringen und feste Grenzen zu etablieren. Und dann sollte die Ukraine so schnell wie möglich Nato-Mitglied werden, um weitere russische Angriffe oder sogar Eskalation zu vermeiden.
Gibt es dafür ein historisches Vorbild?
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Die Bundesrepublik Deutschland im Kalten Krieg. In enger Zusammenarbeit mit dem Westen konnte die BRD sich damals schützen – mehr noch, sie ist stark und stabil geworden. Meine Hoffnung ist, dass die Ukraine die BRD des 21. Jahrhunderts wird.
Sie waren 1989 Austauschstudentin in West-Berlin. Glaubten Sie damals an das, was später das „Ende der Geschichte“ genannt wurde – die Überwindung des Systemkonflikts?
Vor allem lernte ich ein tolles, bleibendes Gefühl kennen: Es kann immer alles anders werden. Als ich nach West-Berlin gekommen war, fand ich es unerträglich, dass es so etwas wie die Mauer gab. Wie konnten die Menschen nur damit leben? Nach ein paar Monaten hatte ich mich natürlich daran gewöhnt: Ah ja, da vorne ist die Mauer, da muss ich links abbiegen. Ich akzeptierte es schnell als selbstverständlich. Als die Mauer fiel, verstand ich, dass die Geschichte keiner singulären Laufbahn folgt. Es gibt immer mehrere Wege in die Zukunft.
Zitierweise: Mary Elise Sarotte, interviewt von Cornelius Dieckmann: „Nicht einen Schritt weiter nach Osten“, in: Deutschland Archiv, 17.10.2023, Link: www.bpb.de/541816. Erstveröffentlichung im Berliner Tagesspiegel vom 16. Oktober 2023, Online-Link https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/historikerin-zur-nato-osterweiterung-ich-hoffe-dass-die-ukraine-die-brd-des-21-jahrhunderts-wird-10560451.html. Alle Beiträge im Deutschland Archiv sind Recherchen und Sichtweisen der jeweiligen Autor:innen, sie stellen keine Meinungsäußerung der Bundeszentrale für politische Bildung dar. (hk)
Mary Elise Sarotte, Jahrgang 1968, gilt als eine führende Historikerin des Kalten Krieges. Sie studierte an der Harvard-Universität und wurde an der Yale-Universität promoviert. Sarotte, die fließend Deutsch spricht, ist Geschichtsprofessorin an der Johns Hopkins School of Advanced International Studies sowie derzeit Harvard-Gastprofessorin. Ihr Buch „Nicht einen Schritt weiter nach Osten: Amerika, Russland und die wahre Geschichte der Nato-Osterweiterung“ erschien 2023 in einer deutschen Fassung in München im Verlag C.H. Beck.
Cornelius Dieckmann ist Journalist beim Berliner Tagesspiegel mit Veröffentlichungen auch in zahlreichen anderen Zeitungen und Zeitschriften. Er studierte amerikanische Literatur an der Universität Cambridge.
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