Einführung
Quelle: Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv Berlin war nicht erst seit dem Mauerbau eine geteilte Stadt. Spätestens seit der Berlin-Blockade der Jahre 1948/49 existierten zwei Verwaltungen und zwei Währungen. Beide Stadthälften nahmen für sich in Anspruch, das "echte" Berlin zu sein, was auch an den Filmemachern der Nachkriegszeit nicht spurlos vorüberging. Wie sich die Darstellung Berlins im Dokumentarfilm der Bundesrepublik und der DDR aufgrund von wichtigen politischen Ereignissen der Systemauseinandersetzung des Kalten Krieges, der deutsch-deutschen und speziell der Berliner Nachkriegsgeschichte veränderte, welches Bild Berlins gezeichnet werden sollte und wie Dokumentarfilmer die Unvollständigkeit Ost- und West-Berlins repräsentierten bzw. sie zu überdecken versuchten, zeigt folgender Artikel. Er betrachtet anhand ost- und westdeutscher Dokumentarfilme, wie sich die Darstellung der beiden Berliner Stadthälften zwischen 1945 und Anfang der 1970er-Jahre veränderte.
Als wichtige politische Zäsuren wurden die Berlin-Blockade 1948/49, der Mauerbau 1961 und das Vier-Mächte-Abkommen über Berlin 1971 gesetzt und Auftragsproduktionen der jeweiligen Regierungen untersucht. Im Westen beinhaltet dies Filme des Senders Freies Berlin (SFB), da dieser als öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt der ARD die meisten Berlin-Dokumentationen produzierte, und Dokumentarfilme des ZDF, der Berlin-Information sowie der Landesbildstelle Berlin. In der DDR handelt es sich um DEFA-Produktionen und Filme des Deutschen Fernsehfunks (DFF). Mit Ausnahme der ersten Zäsur 1948/49 – hier wurden überwiegend kurze Filme produziert – wurden nur "längere Dokumentarfilme" ab 30 Minuten Länge genau analysiert, da die Menge der Filme sonst nur sehr schwer überschaubar gewesen wäre. Dennoch wurden auch kürzere Filme gesichtet und in die Untersuchung einbezogen, jedoch nicht mit Hilfe von Sequenzprotokollen analysiert. Da sich zu Beginn der 1960er-Jahre das Fernsehen gegenüber dem Kino durchgesetzt hatte, wurden für den Zeitraum ab Anfang der 1970er-Jahre nur Fernseh-Produktionen ausgewertet, vorher auch Kinofilme. Die Dokumentarfilme können vom Propagandafilm bis zur Alltagsbeobachtung reichen, ausschlaggebend ist nur, dass sie möglichst keine fiktionalen Elemente enthalten.. Insgesamt wurden für die Untersuchung um die 40 Filme gesichtet und mit einbezogen, davon zwölf durch Sequenzprotokolle und -analysen detailliert betrachtet. Es wurden nach den oben genannten Kriterien repräsentative Filme für die drei Zäsuren ausgewählt, da bei der Fülle an Material nicht jeder Film genau betrachtet werden konnte. Es handelt sich bei den West-Filmen um eine Produktion der britischen Besatzungszone aus dem Jahre 1948, "Westwärts schaut Berlin", die West-Berliner Filme "Das ist die Berliner Luft" von Eva Kroll aus dem Jahre 1950, "Berlin, die Stadt die jeder liebt" von Karl Anton (1958), Matthias Waldens "Die Mauer" aus dem Jahre 1961, "Stunden des Boulevard", ein Film von Richard Frankenberg für das ZDF (1970), und schließlich "Berlin, Gedanken über die Zukunft einer Stadt" von Rüdiger Proske (1973). Für die DDR wurden aus den 1950er-Jahren die beiden Filme "Botschafter des Friedens" vom Team des DEFA-"Augenzeugen" (1948) und "Immer bereit" von Kurz Maetzig (1950), "Gruß aus Berlin" von Wolfgang Reichardt für den DFF (1960) und "Schaut auf diese Stadt" von Karl Gass (1962) zur Zweiten Berlin-Krise und "Entscheidungen am Tor" (1970) von Klaus Alde und Michael Engelberger sowie "Berliner Miniaturen" von Rainer Pavel (1971) ausgesucht.
Blockade/Luftbrücke
Ost- und West-Dokumentarfilm 1948/49 1946 wurde die DEFA von der Militäradministration in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) zugelassen und seitdem besaß sie das Monopol für die Filmproduktion in der SBZ und späteren DDR. Hauptthema der Filme war zu Beginn der Wiederaufbau des zerstörten Deutschlands in Abgrenzung zum Nationalsozialismus. Das Stichwort der "antifaschistisch-demokratischen Umwälzung" spielte, wie in allen Bereichen der SBZ und DDR, auch im Dokumentarfilm, der von Beginn an als rein politischer Film gesehen wurde, eine wichtige Rolle. Nachdem in West-Berlin ab 1949/50 nicht nur die Wochenschau sondern auch Kulturfilme vor den Spielfilmen im Kino liefen, ordnete der Ost-Berliner Magistrat sofort an, neben dem "Augenzeugen", der DEFA-Wochenschau, auch einen dokumentarischen Beifilm zu zeigen. Die Filmkunst der DDR, die unmittelbar nach Kriegsende noch recht differenziert war, wandelte sich bis Ende der 1950er-Jahre in weiten Teilen in eine staats- und parteitreue Auftragskunst. Dies galt vor allem für den Dokumentarfilm, der zu dieser Zeit hauptsächlich die beiden deutschen Staaten und den Kalten Krieg thematisierte. Anstatt zu zeigen, wie die Realität in der SBZ und später auch in der DDR aussah, war es vielen Regisseuren des DEFA-Studios für Dokumentarfilm von Anfang an wichtiger darzustellen, wie es ihrer Ansicht nach sein sollte. So stellten vor allem die Filme der 1950er-Jahre bereitwillig den sozialistischen Aufbau dar und verschwiegen Fehlentscheidungen und Mängel. In der Bundesrepublik wurden von der Adenauer-Regierung solche Aspekte als Begründung herangezogen, um die Aufführung zahlreicher DEFA-Produktionen im West-Deutschland der 1950er-Jahre zu verbieten. Die westdeutsche Filmproduktion lag aufgrund alliierter Verbots- und Kontrollverordnungen 1945 zunächst brach. Zum Zweck der "antifaschistischen und demokratischen Umerziehung des deutschen Volkes" wurden in den ersten Nachkriegsjahren vor allem "amerikanische, britische, französische und sowjetische Filme gezeigt" , wobei es auch darum ging, den Import dieser Produktionen zu sichern. Filme und Filmpolitik fielen in den Bereich der Kulturpolitik. Diese war im besetzten Deutschland das Ergebnis konkreter, detaillierter Planung der Besatzungsmächte. Die britische Kulturpolitik war zwar nicht identisch mit der amerikanischen, doch dienten beide in erster Linie der Selbstdarstellung und Propaganda. Auch Frankreich setzte in der französischen Besatzungszone eigene kulturpolitische Vorstellungen um. Berlin-Filme
"Babylon" in Ost-Berlin (© Bundesarchiv, Bild 183-S90867, Foto: Gustav Köhler)
Das Kino "Babylon" in Ost-Berlin im Jahr 1949. (© Bundesarchiv, Bild 183-S90867, Foto: Gustav Köhler)
Das Kino "Babylon" in Ost-Berlin im Jahr 1949. (© Bundesarchiv, Bild 183-S90867, Foto: Gustav Köhler)
Ende der 1940er-/Anfang der 1950er-Jahre wurden in der DDR sehr wenige Filme ausschließlich über Berlin gedreht. Viel mehr dokumentierten die Filmemacher Veranstaltungen, die in Berlin stattfanden, wie beispielsweise das Pfingsttreffen der Freien Deutschen Jugend (FDJ) 1950, und gingen in diesem Zusammenhang auch auf Berlin ein. Die Kultur und Gesellschaft Ost-Berlins wurden dabei ausführlich, politische Entscheidungen und vor allem wirtschaftliche Gegebenheiten jedoch nur am Rande erwähnt. Die Filme zeigen immer wieder das "alte Berlin", das heißt den Lustgarten, den Gendarmenmarkt, die Friedrichstraße oder die Straße Unter den Linden, die alle im Osten lagen. Damit vermittelten die Regisseure einen Anspruch auf die gesamte Stadt, da nach der Auffassung der SED Ost-Berlin die wichtigsten Orte der früheren Verwaltung und Regierung Berlins in seiner Hälfte vereinte. Das Brandenburger Tor spielte hierbei eine besondere Rolle, als Wahrzeichen der Stadt, das im Ostteil stand. Zusätzlich sieht man aber auch Neubauten außerhalb der Innenstadt und wieder aufgebaute Sportstätten, wie beispielsweise das Walter-Ulbricht-Stadion in Mitte, die Modernität und Fortschrittlichkeit demonstrieren sollten. Außerdem – so suggerierten die Filme – sei Ost-Berlin aufregend, lebendig und für Touristen anziehend, was durch Sätze wie: "Sie kamen aus Dresden, sie kamen aus Halle, sie kamen aus Stralsund, sie kamen aus Erfurt. Mit bewunderungswürdiger Energie, mit Schwung und Freude hatte die Jugend ihr Treffen vorbereitet und organisiert" , oder die Heraushebung der vielen Jugendlichen, die in der Stadt seien und mit anpackten, gezeigt wird. Für Touristen attraktiv zu sein war in der unmittelbaren Nachkriegszeit neben der Restaurierung der von den Bombenangriffen zerstörten Gebäude ein Indikator für die Fortschrittlichkeit einer Stadt. Auch Aufnahmen von Kranzniederlegungen am sowjetischen Mahnmal im Treptower Park durften in den Berlin-Dokumentarfilmen der 1940er- und 1950er-Jahre nicht fehlen. Sie symbolisieren die demonstrative Dankbarkeit der DDR-Bevölkerung gegenüber der Sowjetunion für die Befreiung vom Nationalsozialismus und betonen die Zugehörigkeit zum Machtgebiet der UdSSR. Die Blockade Berlins und die Luftbrücke der Westalliierten werden in den DEFA-Filmen nicht erwähnt. Möglicherweise beschränkten sich die Filme gerade deshalb auf gesellschaftliche und kulturelle Ereignisse, um die politische Situation im geteilten Berlin nicht ansprechen zu müssen. Überhaupt wird West-Berlin kaum thematisiert, in den wenigen, kurzen Szenen aber werden die West-Berliner Politiker und die Bundesrepublik für die Spaltung der Stadt verantwortlich gemacht, der Westteil wird zudem als militaristisch und rückständig dargestellt. Der Film "Botschafter des Friedens" , ein Bericht über Konzerte des Alexandrow-Ensembles in Berlin, unterstellt West-Berlin sogar, keine kulturellen Veranstaltungen zu bieten, wohingegen Ost-Berlin mit Unterstützung der UdSSR für Ost- wie West-Berliner für kulturell hochwertige Veranstaltungen sorge.
"Parent" in West-Berlin (© Bundesarchiv, Bild N 1648 Bild-RF02513, Foto: Manfred Beier)
Das Kino "Parent" in West-Berlin im Jahr 1954. (© Bundesarchiv, Bild N 1648 Bild-RF02513, Foto: Manfred Beier)
Das Kino "Parent" in West-Berlin im Jahr 1954. (© Bundesarchiv, Bild N 1648 Bild-RF02513, Foto: Manfred Beier)
Um auch Ost-Berliner in die Kinos des Westens zu locken, sah der West-Berliner Kulturplan unter anderem vor, Kinokarten im Wechselkurs 1:1 zu verkaufen oder die "Grenzkinos", jene Filmstätten, die in unmittelbarer Nähe der Sektorengrenze lagen, finanziell zu unterstützen. Berlin-Filme wurden also nicht nur für die Bewohner West-Berlins gedreht, sondern auch für die des Ostteils der Stadt. Während die Historikerin Gabriele Clemens meint, dass es in den westlichen Besatzungszonen wiederholt abgelehnt wurde, antikommunistische Propaganda in den Medien zu zeigen, bestätigen die für diese Untersuchung gesichteten Filme dies jedoch nicht: Viele Szenen sind deutlich gegen die sowjetische Besatzungsmacht gerichtet. Zu dieser Feststellung kommt auch Peter Zimmermann: "Seit Beginn des Kalten Krieges ging es in vielen 'Reeducation-Filmen' nicht mehr in erster Linie um antifaschistische Erziehung und 'Vergangenheitsbewältigung', sondern um Werbung für kapitalistische Marktwirtschaft, parlamentarische Demokratie und das eigene Land [...] und zugleich um antikommunistische Propaganda." Die Schwerpunkte der West-Filme 1948/50 liegen in den Bereichen Politik und Wirtschaft, über die gesellschaftliche Situation in Berlin und über kulturelle Themen berichten sie kaum. So wird immer wieder betont, dass sich 'Berlin' nicht unterkriegen lasse und durchhalte, dementsprechend sei die Stadt ein Symbol des Wiederaufbaus, fortschrittlich und modern. Oft wird dies mit den Marshallplan-Hilfen in Verbindung gebracht. An der Teilung der Stadt sei eindeutig die Sowjetunion schuld. Sie gefährde den Wiederaufbau und sei für Hunger und Not verantwortlich, was mit Aussagen unterstrichen wird wie: "Behinderung von Verkehr und Handel zwischen Ost und West und gewaltige Reparationsentnahmen der Russen aus der laufenden Produktion ihrer Zone erschwerten den Wiederaufbau Berlins und der gesamtdeutschen Wirtschaft. Die hungernde Ostzone ernährte außerdem eine ganze russische Armee" . West-Berlin stehe hingegen für Demokratie und Freiheit und wird als Vorposten des Westens bezeichnet. Auffällig ist jedoch, dass meist von Berlin allgemein die Rede ist und nur sehr selten zwischen Ost- und West-Berlin unterschieden wird. Die Regisseure sahen die Stadt offenbar noch nicht als geteilt an. Zusätzlich zu den wirtschaftlichen und politischen Darstellungen gehen die West-Berlin-Filme nach der Blockade immer mehr auch auf gesellschaftliche und kulturelle Gegebenheiten ein. Berlin wird, wie schon in den 1920er-Jahren, als Kulturmetropole dargestellt, und dem Zuschauer wird der Eindruck vermittelt, West-Berlin bestehe, vor allem am Kurfürstendamm, hauptsächlich aus Geschäften und Vergnügungsangeboten, es handele sich also um eine Konsum- und Wohlstandsstadt. Ein weitaus wichtigerer Punkt ist jedoch die Betonung der Internationalität Berlins. West-Berlin sei wieder in die Weltgemeinschaft aufgenommen worden, und da es stellvertretend für die Bundesrepublik stand oder zumindest eng an sie gebunden war, galt dies somit auch für den Westen Deutschlands. Entsprechende Aussagen sind allerdings auch auf der Ost-Seite zu finden, da die Wiederaufnahme in die Weltgemeinschaft in der Nachkriegszeit eines der Hauptanliegen beider deutscher Staaten war.
Mauerbau
BRD- und DDR-Dokumentarfilm 1958–1961 Die Redaktionen der öffentlich-rechtlichen Sender der ARD legten unmittelbar nach ihrer Entstehung im Sommer 1950 großen Wert auf eine eigene Handschrift der Autoren und Regisseure. Doch verloren auch dort bald einige teilweise sehr bekannte Regisseure ihre Anstellung, weil sie zu kritische Filme machten. Selbst in einem demokratischen Staat wie der Bundesrepublik, konnten Filmemacher bei einem öffentlich-rechtlichen Sender also nicht immer frei ihre Meinung äußern, ohne ihre Anstellung zu riskieren. Dies mag, wie auch die Vorgaben der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK), durchaus zu Selbstzensur geführt haben, ist jedoch in diesem Rahmen schwer nachzuweisen. Die Argumentations- und Repräsentationsmuster vereinheitlichten sich laut Matthias Steinle in den 1950er- und 1960er-Jahren und bezogen sich im West-Berliner Dokumentarfilm auf das Wirtschaftswunder als Gründungsmythos der Bundesrepublik. Zudem prangerten sie vor allem die Militarisierung der ostdeutschen Gesellschaft an. Die Bundesregierung reagierte auf die bis zum Mauerbau anhaltende zweite Berlin-Krise mit einer groß angelegten Berlin-Kampagne, sodass Ende der 1950er-Jahren viele Filme über und in Berlin gedreht wurden. In einem Entwurf über die künstlerisch-ideologische Perspektive des VEB DEFA Studio für Wochenschau und Dokumentarfilme im Siebenjahrplan für 1959–1965 hieß es: "Jeder Dokumentarfilm soll eine politisch-agitatorische Auseinandersetzung mit dem Klassengegner sein. [...] Nach wie vor werden ein besonderes Gewicht die Themen haben, die sich mit der Auseinandersetzung des Militarismus in Westdeutschland und der Revanche-Politik beschäftigen. Daneben ist größter Wert zu legen auf die Themen, die sich mit unserem sozialistischen Aufbau befassen." Alle Filme wurden einer "politischen Kritik", also Zensur unterzogen, denn Kunst und Kultur hatten der jeweils verordneten Politik zu dienen. In der DDR zeichneten sich, ähnlich der Entwicklung in der Bundesrepublik, Ende der 1950er-/Anfang der 1960er-Jahre Standardisierungen ab, indem hier stark auf den Antifaschismus als Gründungsmythos der DDR zurückgegriffen und West-Berlin als "Agentenzentrale" dargestellt wurde.
"International" in Ost-Berlin (© Bundesarchiv, Bild N 1648 Bild-KD04869, Foto: Manfred Beier)
Das Kino "International" in Ost-Berlin im Jahr 1964. (© Bundesarchiv, Bild N 1648 Bild-KD04869, Foto: Manfred Beier)
Das Kino "International" in Ost-Berlin im Jahr 1964. (© Bundesarchiv, Bild N 1648 Bild-KD04869, Foto: Manfred Beier)
Auch in der DDR setzte sich zu Beginn der 1960er-Jahre das Fernsehen durch, und von Beginn an war es Gegenstand der Lenkung durch die SED. Dabei oblag die administrative Lenkung dem Staatlichen Komitee für Rundfunk, die politische Linie gab die Abteilung Agitation des Zentralkomitees der SED vor. Nach dem Bau der Mauer waren im Dokumentarfilmstudio der DEFA erste Anzeichen eines Stilwandels zu erkennen. Dieser ging weg von polemischer Propaganda gegen den Westen oder klassischen Aufbaufilmen hin zu Alltagsbeobachtungen sowie Einzel- und Gruppenportraits. Nach Vorgabe der Kulturabteilung des ZK der SED sollten die Filmschaffenden ein breites Spektrum aus dem "sozialistischen Aufbau und den historischen Kämpfen der revolutionären Arbeiterbewegung in Vergangenheit und Gegenwart zu ihrem Hauptanliegen" machen. Auch der thematische Plan für 1960/61 des DEFA Studios für Wochenschau und Dokumentarfilm legte stärkeren Wert auf Themen über das "sozialistische Leben", weg von der vordergründigen Propaganda gegen den Militarismus in Westdeutschland. Dieser Plan entsprach in seinen Grundzügen den Beschlüssen des V. Parteitags der SED vom Juli 1958. Berlin-Filme Viele West-Berliner Filme sind "Hommages" an Berlin aus der Perspektive des Westteils der geteilten Stadt, die den Charme der Stadt und die Aufbauleistung loben. Indem die West-Berliner Selbstverständnis, Selbstbewusstsein und vor allem Selbsterhaltungswillen demonstrierten, sind die westlichen Berlin-Filme jener Zeit zugleich Zeugnisse der Abgrenzung der unabhängigen 'Insel im Meer des Kommunismus'.
"Zoo-Palast" in West-Berlin (© Bundesarchiv, Bild N 1648 Bild-KD03853, Foto: Manfred Beier)
Das Kino "Zoo-Palast" in West-Berlin im Jahr 1959. (© Bundesarchiv, Bild N 1648 Bild-KD03853, Foto: Manfred Beier)
Das Kino "Zoo-Palast" in West-Berlin im Jahr 1959. (© Bundesarchiv, Bild N 1648 Bild-KD03853, Foto: Manfred Beier)
West-Berlin wird gerade auch zu Zeiten des Mauerbaus als zur freien Welt gehörend dargestellt, es erhalte Unterstützung von den westlichen Alliierten, wobei sowohl den Bewohnern der Insel-Stadt als auch den USA, Großbritannien und Frankreich bewusst sei, dass West-Berlin ohne diese Unterstützung nicht lebensfähig wäre. Einerseits wirke die Stadt anziehend, was andererseits eben nur durch die westliche Unterstützung ermöglicht werde. Deshalb könne sich der Westen auf West-Berlin verlassen und umgekehrt. Die Bedrohung West-Berlins war im August 1961 unmittelbar, und die Bewohner wussten, dass sie ohne die Hilfe der Bundesrepublik und der Westalliierten ihren Teil der Stadt nicht verteidigen konnten. Um das internationale Flair und die Weltoffenheit, die West-Berlin immer noch habe, zu unterstreichen, wird häufig der Tempelhofer Flughafen gezeigt, an dem Gäste aus aller Welt empfangen werden. Doch mehr noch wird das kulturelle Angebot der Stadt, West-Berlin als Zentrum der Wissenschaft und als Wirtschaftsstandort angesprochen, wobei vor allem auch die Konsummöglichkeiten in West-Berlin hervorgehoben werden. Dies ging so weit, dass Matthias Walden in dem Dokumentarfilm "Die Mauer" einen geflohenen NVA-Soldaten über Berlin als "Schlaraffenland" sprechen ließ. In dieser Sequenz steht West-Berlin zudem stellvertretend für Westdeutschland und wird nicht Ost-Berlin – gewissermaßen in einem Vergleich auf "Augenhöhe" –, sondern der DDR gegenüber gestellt. In anderen Sequenzen bekommt der Zuschauer den Eindruck vermittelt, vor dem Mauerbau habe der Westteil der Stadt die gesamte DDR mitversorgt. Hier ist die angesprochene Konzentration auf das Wirtschaftswunder klar zu erkennen. Die Feststellung Matthias Steinles, dass "in bundesdeutschen Selbstdarstellungen [...] die DDR bzw. damals noch 'Zone' trotz offizieller Einheitsrhetorik kaum erwähnt wird" , kann zumindest für die Berlin-Filme widerlegt werden, denn darin geht es häufig um die DDR oder um Ost-Berlin. Wie bereits Ende der 1940er-/Anfang der 1950er-Jahre ist hierbei zu erkennen, dass sich der Berlin-Film vom allgemeinen BRD-Dokumentarfilm unterscheidet. "Die Mauer" beispielsweise klammert Ost-Berlin und sein Regime nicht aus, sondern versucht, die Gegensätzlichkeit der Systeme, die in Berlin aufeinander prallen, darzustellen, noch ganz unter dem schockierenden Eindruck der unerwarteten Abriegelung der Grenze. Dies geschieht durch Aufnahmen weinender Frauen, von Kindern, die am Stacheldraht spielen, oder von Menschen, die versuchen, über die Mauer hinweg miteinander zu kommunizieren. Unterlegt mit melancholischer und meist dramatischer Musik werden die ohnehin schon emotionalisierenden Bilder noch verstärkt. In "Gruß aus Berlin" , einer dokumentarischen Schau des DDR-Fernsehens von 1958, wurden die Beschlüsse des V. Parteitags der SED umgesetzt, und der Film bezieht sich ausschließlich auf das kulturelle Leben in Berlin. Bei "Schaut auf diese Stadt" hingegen, dem offiziellen Film zur Rechtfertigung des Mauerbaus, dessen Titel ein berühmtes Zitat des West-Berliner Oberbürgermeisters Ernst Reuter aufnimmt und in seiner Intention geradezu umkehrt, handelt es sich noch um einen Dokumentarfilm, der die "Machenschaften" Westdeutschlands und West-Berlins aufzudecken versucht. Die Filme ab Mitte der 1950er-Jahre betonten immer mehr die Architektur und Kultur der Stadt, beispielweise durch Aufnahmen der Stalinallee oder immer noch anhand des "alten Berlin". Erwähnt werden außerdem der Wohnungsbau in Vierteln wie Friedrichshain oder Prenzlauer Berg. Auch hier ist der Wiederaufbau und die Erhaltung einiger historischer Bauten als ein zentrales Thema der DDR-Nachkriegszeit zu erkennen. Mehr noch als auf Architektur gehen die Filme Ende der 1950er-Jahre auf das kulturelle Leben in Ost-Berlin ein. Tatsächlich wurden viele Theater in Berlin-Mitte nach dem Krieg wieder aufgebaut und bestanden in beachtlicher künstlerischer Qualität weiter oder wurden durch Neugründungen ergänzt. Das Deutsche Theater wurde zum führenden Theater der DDR, das Berliner Ensemble, das Maxim Gorki Theater und die Komische Oper wurden neu gegründet, weshalb gerade sie in mehreren Filmen vorgestellt werden. Der Zuschauer sollte sich ein Bild von den neuen Theatern machen können und Ost-Berlin als kulturelle "Hochburg" sehen. Karl Gass hingegen wollte nach eigener Aussage in seinem Film "Schaut auf diese Stadt" die Zustände in West-Berlin beschreiben. Dass ihm der Mauerbau "in die Quere" gekommen sei, habe er nicht wissen können, folglich handle der Film größtenteils von West-Berlin und von den Verbrechen, die dort stattgefunden hätten und die er in seinem Film aufgearbeitet habe. Es ging Gass dabei, wie man an mehreren Stellen sehen kann, um Schmuggel, Spionage und Hetze gegen die DDR und die übrigen Warschauer Pakt-Staaten von Seiten der Bundesrepublik. Die Abriegelung der Grenze am 13. August 1961 habe er dann zwangsläufig erwähnen müssen, so Gass. Die Unterlagen des DEFA-Studios für Wochenschau und Dokumentarfilm aus dem Jahre 1961 zeigen jedoch eindeutig, dass "Schaut auf diese Stadt" ein Auftragsfilm der SED war und dass Gass ihn keinesfalls bereits vor dem Mauerbau fast fertig gestellt hatte. Im Gegenteil, er fing mit der Arbeit erst Anfang 1962 richtig an. Der Mauerbau wird gleichwohl nur sehr kurz gezeigt, wohl auch, weil die DDR durch den Bau massive Legitimationsprobleme gegenüber der eigenen Bevölkerung hatte. Insofern dürfte die SED daran interessiert gewesen sein, diese Szenen so knapp wie möglich abzuhandeln. Durch Beifall klatschende Menschenmassen wird jedoch die Zustimmung des Volkes zum Bau der Mauer suggeriert, Beethovens IV. Symphonie unterstreicht musikalisch den "Sieg" der DDR über den Westen. Auch die Ost-Berliner Filme nehmen Anteil an dem Schicksal der Bewohner der Bundesrepublik/West-Berlins. Sie nehmen sie gewissermaßen in Schutz und beschuldigen die westlichen Regierungen, für eine unerträgliche Situation in der geteilten Stadt gesorgt zu haben. So wird West-Berlin als sehr konservativ und rückständig bezeichnet und eine Kontinuität zum Nationalsozialismus behauptet. Oft geschieht dies durch nicht klar benannte und in suggestiver Absicht zusammen geschnittene Sequenzen aus der NS-Zeit und der Gegenwart. Insgesamt sind bei den DDR-Filmen kaum Szenen explizit über Ost-Berlin zu finden, was daran gelegen haben kann, dass die SED keine Werbung für die Stadt machen wollte, aus Angst die Menschen würden dann massenweise nach Ost-Berlin kommen und über die noch nicht abgeriegelte Grenze in den Westen fliehen.
Vier-Mächte-Abkommen
DDR- und BRD-Dokumentarfilm um 1970 Durch den Bau der Mauer konzentrierte sich die DDR nach 1961 mehr und mehr auf ihre eigene Gesellschaft. Dies wirkte sich auch im Dokumentarfilm aus. Die Regisseure konzentrierten sich insbesondere auf die Arbeiterklasse, entsprechend den Vorgaben der Bitterfelder Konferenz von 1958. Als Leitlinie der Kulturpolitik galt es fortan, den arbeitenden Menschen in den Mittelpunkt der künstlerischen Werke zu stellen. Künstler sollten in Betriebe gehen und zusammen mit den Arbeitern Kunst anfertigen und diese fördern. Obwohl die Kulturpolitik der SED nach der endgültigen Schließung der innerdeutschen Grenze ab 1963 zu Dezentralisierung, mehr Eigenverantwortlichkeit und Förderung von Kritik neigte , harmonierten die meisten Dokumentarfilme noch bis weit in die 1960er-Jahre mit der restriktiven Politik der SED. Nach dem 11. Plenum des SED-Zentralkomitees 1965, dem sogenannten "Kahlschlag-Plenum", wurde dieser Spielraum ohnehin wieder radikal eingeschränkt. Gleichwohl kam es ab Mitte der 1960er-Jahre gleichwohl zu einer ästhetischen und thematischen Neuorientierung im Dokumentarfilm der DDR. Dies lag unter anderem daran, dass nun Regisseure in den Studios arbeiteten, deren Leben bisher stark von den Erfahrungen des "Aufbaus des Sozialismus" geprägt waren. Sie waren in der DDR groß geworden und gehörten somit der ersten Nachkriegsgeneration an. Zudem wurden durch den Mauerbau Planstellen frei, da viele Regisseure der DEFA in West-Berlin gewohnt hatten und dort auch geblieben waren. Diese Entwicklung wird als der Beginn der zweiten Phase des Dokumentarfilms der DDR bezeichnet. Sie reichte bis zum Beginn der 1980er-Jahre. Nach dem Machtwechsel von Walter Ulbricht zu Erich Honecker 1971 fand wiederum eine leichte Öffnung der Kulturpolitik statt, was auch im Bereich des Films neue Möglichkeiten eröffnete. Thematisch beschäftigte sich der Dokumentarfilm zu Beginn dieses Jahrzehnts immer noch vorrangig mit der Arbeitswelt. Zum dominierenden Filmtyp der 1960er- und 1970er-Jahre wurden Langzeitbeobachtungen. Die jüngere Generation der DDR-Dokumentaristen, die nach 1960 zu filmen begannen, hat sich vor allem in den 1970ern zunehmend für die Kleinstadt und das Dorf interessiert, die Großstadt trat in den Hintergrund. Dies ist eine Erklärung, warum Anfang der 1970er-Jahre so wenige abendfüllende Dokumentarfilme über Berlin gedreht wurden. Dennoch gab es wiederholt Berlin-Filme, die aber portraitierten kaum die Hauptstadt als Ganzes, sondern eher Straßen oder Stadtteile. 1966 wurde die Deutsche Film- und Fernsehakademie (DFFB) im Westen Berlins gegründet, die maßgeblich dafür verantwortlich war, dass die 68er-Bewegung in Berlin auf Film festgehalten wurde. Viele der Filme bezogen einen deutlichen Standpunkt, bemühten sich in ihrer Machart aber um Objektivität. Das Material ist oft nur durch wenige Zwischentitel und Texte gegliedert, die Protagonisten dürfen ausreden und das Bild ist dem Text untergeordnet. Die Entdeckung des Alltags als Thema, Alltagsbeobachtungen als Methode sind die wesentlichen Merkmale des Dokumentarfilmes zwischen 1960 und 1980. Hierbei war eine Sensibilisierung der Regisseure für Alltagsbeobachtungen nötig, die ein Ergebnis der Politisierung war und dem Dokumentarfilm neue Themen erschloss. Bei den politischen Filmemachern der 1970er-Jahre ist eine Interessenverschiebung von Filmen über Arbeit und Arbeitskämpfe hin zu solchen über Bürgerinitiativen festzustellen. Um 1970 entstanden auch die ersten Filme zum Thema Wohnen. Die regionale Filmarbeit wurde in den 1970er-Jahren zunehmend attraktiv, da Filmemacher sich intensiver vor Ort umsahen, um die Menschen, die sie filmten, besser kennen zu lernen. Zudem wollten die Regisseure die Ergebnisse ihrer längeren Beschäftigungen nicht mehr nur in einem einzelnen Film, sondern in zyklischen Produktionen zeigen. Zu diesen regionalen Dokumentarfilmen gehören ebenfalls solche über einzelne Stadtviertel. Berlin-Filme Anfang der 1970er-Jahre entstanden in der DDR Berlin-Filme, die die kulturellen Aspekte Ost-Berlins ansprachen. Es ging zwar immer noch um das "alte Berlin", die Berliner Mitte, aber auch um den Fernsehturm und das Brandenburger Tor. Einige Filme konzentrieren sich dann auf kleinere Museen und einzelne Künstlergruppen. Der DFF-Film "Berliner Miniaturen" beispielsweise beschäftigt sich mit altem Handwerk aus Berlin und kleineren Museen der Stadt (wie dem Hugenotten- oder dem Märkischen Museum). Die Musik in diesem Film ist sehr beschwingt und verleiht ihm einen unbeschwerten Eindruck, als ob weder die Mauer noch wirtschaftliche oder politische Probleme die Atmosphäre in Ost-Berlin trübten. Zudem betonen die Filme immer wieder die Naturverbundenheit und den Erholungswert Ost-Berlins, unterstrichen mit Aufnahmen aus Wäldern und an Seen in der Umgebung und von den verschiedenen Springbrunnen Ost-Berlins. Doch mit Filmen wie "Unter den Linden", einer von der DEFA produzierten dreiteiligen Fernsehserie, wurden auch wieder historische Kompilationsfilme gefertigt. Ihr Hauptaugenmerk legten diese Filme auf die Geschichte Berlins, vor allem die Geschichte Ost-Berlins und der Arbeiterbewegung, aber auch auf die Entwicklung der Theater und Museen in der Stadt. Die Berlin-Filme der DDR Anfang der 1970er-Jahre sind geprägt durch den Kommentar, wobei oft der Originalton im Hintergrund zu hören ist. Damit heben sich die Berlin-Filme von anderen Produktionen des DDR-Dokumentarfilms ab, unterschieden sich auch inhaltlich von jenen. West-Berlin wird zu dieser Zeit überhaupt nicht mehr erwähnt, der harte, propagandistische Ton Anfang der 1960er-Jahre verstummt, und die Filmemacher setzen sich nur noch mit ihrem Teil der Stadt auseinander. Hauptthemen der West-Filme Anfang der 1970er-Jahre sind Kultur, Architektur, Wohnen und Konsum. Der Zuschauer hört kaum Musik, der Kommentar ist bestimmend. Dieser ist zusätzlich oft sehr kompakt und nicht immer kann der Rezipient gut folgen, zumal die Schnitte oft sehr schnell sind. Es macht den Anschein als ob das Publikum durch Eindrücke und nicht gleich verarbeitbaren Kommentar emotionalisiert werden sollte. Dem (West-)Berliner Senat gelang es Ende der 1960er-Jahre phasenweise nicht, die gesetzliche Ordnung auf den Straßen aufrecht zu erhalten, und so drohte Berlin das erste Mal in seiner Nachkriegsgeschichte zum Negativsymbol zu werden. Dem steuerten viele Filme gegen, indem sie positive Ereignisse wie den Bau neuer Stadtviertel, Autobahnen oder Einkaufszentren hervorhoben. Zugleich machten sie dadurch auch Werbung für Berlin, was ihren Regisseuren häufig zum Vorwurf gemacht wurde. Durch die Studentenbewegung erlebte die Stadt eine gewisse Stigmatisierung, da die Kämpfe zwischen linksorientierten Studierenden und einer überwiegend antikommunistisch eingestellten Öffentlichkeit in West-Berlin besonders heftig waren. Die Studentenbewegung wird in einigen der Berlin-Filme zwar thematisiert, doch wird keinesfalls die Gewaltbereitschaft der Demonstranten betont, sondern eher Verständnis gezeigt. Viele der Regisseure, die zudem oft selbst in Berlin lebten, sympathisierten mit der 68er-Bewegung. Ein neues Thema ist nun die wirtschaftliche Verflechtung West-Berlins mit der DDR, die seit dem Abschluss des Vier-Mächte-Abkommens neben dem kulturellen Angebot West-Berlins und der Neuen Ostpolitik zu einem wichtigen Anliegen der Dokumentarfilmer wird. Immer häufiger drehen sich Sequenzen um dieses Thema. Auch hier bedingen als die politischen Entwicklungen gewisse Konjunkturen von Schwerpunkten und Themen aller Dokumentarfilme. Dementsprechend wird auch die Mauer Anfang der 1970er-Jahre erheblich seltener thematisiert als unmittelbar nach ihrem Bau.
Fazit
Ein Hauptanliegen der West-Filme vor dem Mauerbau ist die Thematisierung des Danks für die Hilfe der Westalliierten beim Wiederaufbau der Stadt und vor allem für die Unterstützung gegenüber der Sowjetunion. Im Gegenzug wird die Sowjetunion, später dann die SED, für Hunger, Not und Elend in Ost-Berlin und der DDR verantwortlich gemacht. Der Schwerpunkt der West-Filme der 1940er-Jahre liegt eindeutig auf den Themen Politik und Wirtschaft, das kulturelle Angebot Berlins wird, ganz im Gegensatz zu späteren Filmen, kaum erwähnt. Zwischen den beiden Stadthälften wird in keinem der Filme vor 1961 explizit unterschieden, meist geht es um Berlin insgesamt, welcher Teil gemeint ist, erschließt sich dem Zuschauer durch Zusätze und Erklärungen. In den DEFA-Filmen Ende der 1940er-/Anfang der 1950er-Jahre wird Ost-Berlin als "Stadt des Friedens" bezeichnet, und die meisten Filme beschreiben sehr ausführlich die Gesellschaft Ost-Berlins und das kulturelle Angebot der Stadt. Häufig spielt Architektur eine Rolle, wobei immer dieselben Gebäude und Straßen gezeigt werden, hierbei geht es, wie in den West-Filmen auch, um Modernität und Wiederaufbau nach dem Krieg. Unangenehme Themen wie Blockade und Luftbrücke werden weitestgehend ausgelassen, stellten sie dem Osten doch kaum ein positives Zeugnis aus. Schon bei den ersten Filmen der Nachkriegszeit – und das änderte sich bis 1961 nicht – war die Betonung der Internationalität Berlins sowohl in den Ost- als auch in den West-Dokumentarfilmen ein sehr wichtiger Punkt. Dies entsprach dem Bedürfnis aller Deutschen, nach den Gräueltaten des Zweiten Weltkrieges wieder in die Weltgemeinschaft aufgenommen zu werden. Bei den Filmen der Jahre 1958–1962 aus der Bundesrepublik und der DDR können einige Gemeinsamkeiten festgestellt werden: Betont wird, wie gesagt, die Internationalität der jeweiligen Stadthälfte, was unter anderem durch Aufnahmen an den Flughäfen Schönefeld und Tempelhof unterstrichen wird. Die Produktionen aus unterschiedlichen politischen Systemen verwandten in diesem Fall sehr ähnliche Ausdrucksmittel. In allen Filmen wird der jeweils andere Stadtteil als minderwertig und andersartig, dessen Regierung somit als gefährlich dargestellt. Beide Seiten akzeptieren die Teilung der Stadt vor dem Mauerbau nicht, und die West-Filme betonen unmittelbar danach, dass die Trennung nur temporär sein könne. Bei den DEFA-Filmen vermitteln hingegen – auftragsgemäß – den Eindruck, als seien die Regisseure zufrieden mit dieser Maßnahme, da die DDR dem Westen so Einhalt geboten habe. Der Bau der Mauer änderte zwangsläufig die Darstellung Berlins in den West-Filmen. Auch wenn die Stadt schon vor dem Mauerbau faktisch getrennt war, veränderte dieser Einschnitt in das Leben der Mensch in Ost- und West-Berlin die Ausdrucksweise der Filme. Nach 1961 beruhigte sich die Lage in Berlin, und die beiden Stadthälften konzentrieren sich auch im Film auf sich selbst, bis hin zur Negierung/Nichtbeachtung des jeweils anderen Teils. Mit dem Vier-Mächte-Abkommen über Berlin zehn Jahre später ändert sich der Blickwinkel, wird der Osten in den West-Filmen wieder beachtet, durch die Neue Ostpolitik sogar positiv. Die Dokumentaristen der DDR hingegen verzichteten aus naheliegenden Gründen jedoch weiterhin darauf, West-Berlin in ihren Filmen zu thematisieren. Bilder über die Mauer und Absperrungen an der Grenze und deren Auswirkungen auf die Berliner Bevölkerung gingen in den West-Filmen in den 1960ern stark zurück. In den Kommentaren der 1970er-Jahre wurde die Mauer nun als alltäglich geschildert, die Darstellung der Teilung Berlins und die Sequenzen über die DDR wurden milder, einige Regisseure befassten sich mit der Möglichkeit, Handels- und Verkehrsbeziehungen zwischen Berlin und dem 'östlichen' Umland auszuweiten. Dies entsprach ganz der Linie der Neuen Ostpolitik der Bundesregierung. In den Ost-Filmen wird Anfang der 1970er-Jahre West-Berlin nicht mehr berücksichtigt, wichtige Themen sind die (Kultur-)Geschichte Berlins, die Museen und Theater Ost-Berlins, wobei auch auf kleinere Museen und einzelne Künstlergruppen aufmerksam gemacht wird. Insgesamt ähnelten sich die Dokumentarfilme aus Ost und West über Berlin von 1945 bis zum Mauerbau in ihrer Machart und den Themenschwerpunkten oft. Der Mauerbau markiert sowohl bei den westlichen als auch bei den DDR-Filmen eine extreme Zäsur, die den Blickwinkel und die Aussagen über Berlin veränderte, weg von politischen Themen des Kalten Kriegs hin zu Konsum und Kultur im jeweils eigenen Stadtteil. Erst Anfang der 1970er-Jahre zeigten sich zumindest die West-Filme wieder offen für die Berichterstattung über Ost-Berlin und die DDR.