Zu Beginn des 21. Jahrhunderts gab es in der Schweiz, konzentriert auf die Regionen Zürich, Genf und Tessin, diverse russische Stützpunkte aus dem Finanz-, Banken-, Versicherungs- und Handelsbereich. An der Spitze und am längsten im Geschäft stand die Russische Kommerzialbank in Zürich, eine Tochtergesellschaft der staatlichen Sowjetischen Aussenhandelsbank AG und späteren Gazprombank AG, beide mit Hauptsitz in Moskau. Ihr Tätigkeitsfeld umfasste hauptsächlich die Finanzierung und Versicherung von Handelsgeschäften zwischen der Schweiz und Russland via direkte Kreditvergabe und später auch durch Zessionskredite, Forfaitierungen und Leasing inklusive.
Auch Investitionskredite zur Finanzierung von mittel bis langfristigen Projekten mit russischem Hintergrund wurden gewährt, zumeist in Verbindung mit einer Ausfallversicherung oder Garantie einer bundesdeutschen Bank. Zu einem guten Teil wurden diese Kredite, wenn es sich um grössere Summen handelte, in Form eines Konsortialkredits syndiziert, also zusammengeschlossen beziehungsweise gebündelt. Aber das wohl bedeutendste Geschäftsfeld war der Handel mit Gold und anderen Edelmetallen, den Moskau nicht ohne Grund in Zürich angesiedelt hatte. Dazu später mehr.
Aus dem Versicherungsbereich kam die Garant Versicherungsgesellschaft in Wien, eine gemeinsame Tochtergesellschaft der staatlichen russischen Versicherung Ingostrakh, Moskau, und der Garant-Eurasco AG in Wien, an welcher auch die Zürich Versicherung beteiligt war. Nach Vorliegen der erforderlichen Genehmigungen der zuständigen Schweizer Behörden wurde auch die Vermögensverwaltung für die zumeist russische und teilweise auch ukrainische Kundschaft mit in die Geschäftspalette aufgenommen.
Die Russische Kommerzialbank AG wie die Gazprombank (Schweiz) AG arbeiteten vor allem im Konsortialkreditgeschäft eng zusammen mit ihren Schwesterinstituten in Frankfurt, London, Paris, Luxemburg und Singapur, die auch mit einer gemeinsamen Repräsentanz in New York vertreten waren.
Die Bankbeziehungen zwischen Russland und der Ukraine waren zu dieser Zeit zunächst politisch bedingt sehr zurückhaltend und beschränkten sich auf die zwischen Banken üblichen grundlegenden Korrespondenzbeziehungen: die Eröffnung von Konten und Depots, die gegenseitige Vertretung an anderen Bankplätzen, insbesondere dort, wo ebenfalls russische Banken vertreten und aktiv waren, sowie die Ausbildung von russischen Mitarbeitern der Gruppe.
Als Russland und die Ukraine mit Hilfe der Schweiz noch erfolgreiche Geschäftspartner waren: Der Swiss-Ukrainian Business Summit am 16. Oktober 2008 in Kiew
Schon am Vortag, dem 15. Oktober, waren viele Teilnehmer, vor allem aus Russland und der Schweiz, angereist. Das Tagungshotel Regency Kiew platzte aus allen Nähten, und auch die umliegenden Hotels, ebenfalls nahe dem Zentrum gelegen, waren weitgehend ausgebucht.
Es war wohl der erste Event dieser Art mit namhafter Beteiligung der Schweiz als Mitveranstalter, das in Kiew stattfand und entsprechend groß war das Interesse der Teilnehmer bereits am Vorabend. Russland, die Ukraine und die Schweiz unter einem Dach, wer hätte das gedacht? Das war schon eine in dieser Form einmalige Zusammensetzung, die in den Medien ein grosses Echo fand. Entsprechend gross waren dann auch die Erwartungen der Teilnehmer an den Business Summit. Welche Neuigkeiten würde es zum Verhältnis Russland zur Ukraine geben und wie war die Rolle der Schweiz als einer der Veranstalter des Business Summit einzuordnen? Welche Rolle würde das Thema Gold und andere Edelmetalle spielen?
Dieser Handel war für Russland, wie auch für die Ukraine seinerzeit enorm wichtig, und beide Länder wurden sich diesbezüglich schnell ihrer gemeinsamen Interessen bewusst. Russland wie die Ukraine hatten aus verständlichen Gründen kein Interesse daran, diese diskrete Zusammenarbeit an die große Glocke zu hängen. Russland verfügte über unglaubliche Mengen an Gold und anderen Edelmetallen, musste aber bei der Akquisition, Transport, Marketing, Versicherung und Verkauf sehr vorsichtig sein. Denn auch zwischen Kiew und Moskau gab es in dieser Zeit diverse Felder einer diskreten Zusammenarbeit, die nicht unbedingt für die Öffentlichkeit bestimmt waren.
Das Thema Edelmetalle, überwiegend in Verbindung zu Russland, wurde eines der beherrschenden Themen beim Business Summit 2008 in Kiew. Vor allem professionelle Händler in Sachen Gold und anderen Edelmetallen benutzten die Informationsmöglichkeiten in Kiew, um die eigenen Vorstellungen zur möglichen Preisentwicklung mit den Ansichten der Kollegen am Summit zu vergleichen beziehungsweise zu überprüfen. Es bestand aber beim Summit auch die Möglichkeit, direkt vor Ort Absprachen zu treffen und geradewegs konkrete Geschäfte abzuschließen. Beim Abendessen im Hotel Regency konnten diese Themen in lockerer Atmosphäre weiter diskutiert werden und die durchaus unterschiedlichen Meinungen hierzu an der Hotelbar besprochen und ausgetauscht werden.
Anschließend gab es am Vorabend auch die Gelegenheit, mit der ebenfalls anwesenden Konkurrenz einen offenen Meinungsaustausch zu führen, der nicht selten zur späten Stunde noch zu einem Geschäftsabschluss führen konnte. Dieser Meinungsaustausch war aber auch deswegen von großer Wichtigkeit, weil solches «kollegiale» Verhalten den Informationsfluss im Interesse aller Beteiligten beflügelte. Denn auch in Kiew galt das Motto «Geschäft ist Geschäft», zu welcher Uhrzeit und an welchem Ort auch immer. Und um konkrete Geschäfte in Kiew abzuschließen, deswegen waren ja die meisten Teilnehmer aus Ost und West nach Kiew gereist.
Und die Auswertung des Vorabends am Summit unter den Teilnehmern am nächsten Tag (als alle wieder einigermaßen nüchtern waren) war für die Teilnehmer des Business Summit wichtig trotz oder wegen aller gebotenen Verschwiegenheit. Denn danach wusste man zumindest einigermaßen, wie es weitergehen würde und wo man vielleicht seine eigene Position noch ein wenig korrigieren bzw. anpassen sollte.
Das Geschäft der Russischen Kommerzial Bank AG in Zürich und deren Rechtsnachfolgerin Gazprombank (Schweiz) AG mit der Ukraine
Die Ukraine, als Neuling in Zürich und für das Ost-West Geschäft nahezu prädestiniert, war sich bewusst, dass gerade in Zürich der Tanz zwischen Kiew und Moskau viel Geschick und Diplomatie verlangen würde. Im neutralen Zürich war die Ukraine Neuling auf dem internationalen Parkett, wo sie als vorgesehenes Bindeglied zwischen Ost und West keine leichte Aufgabe zu erfüllen hatte. Und letztendlich sollten ja Geschäfte gemacht und auch Geld verdient werden.
Der auf dem internationalen Finanzparkett noch ziemlich unerfahrenen Ukraine standen damals auf westlicher Seite wohlwollende Banken und Versicherungen gegenüber, die aber, wenn es ums konkrete Geschäft ging, auch ihre Interessen zu wahren wussten. Anderseits gab das politische Moskau damals die unmissverständliche Parole aus, dass man die damals noch verbündete und auch befreundete Ukraine zu unterstützen habe, damit sie nicht in die Hände des «Klassenfeindes» fallen würde.
Im Bankbereich kooperierte die Ukraine in Zürich mit der Russischen Kommerzialbank und der späteren Gazprombank (Schweiz) AG , an deren Spitze mit Vladimir Goriounov und Andre Akimov zwei fachlich bestens ausgewiesene russische Banker standen. Beide hatten mehrere Jahre in London und Wien in leitender Position im Bankgeschäft gearbeitet. Goriounov und Akimov stammten aus der harten Schule des langjährigen russischen Zentralbankpräsidenten Viktor Geraschenko, der von seinen politischen Gegnern in Ost und West gerne mit dem Ehrentitel «the worst Zentralbanker of the world» ausgezeichnet wurde.
Für viele der aktiven russischen Banker, vor allem von der älteren Generation, war er das aber mit Sicherheit nicht, eher das Gegenteil. Die Russische Kommerzialbank verfügte neben in Russland auch in Westeuropa über ein dichtes Netz von Korrespondenzbanken, welches von den ukrainischen Bankpartnern gerne genutzt wurde. Umgekehrt profitierte die Russische Kommerzialbank von dem Beziehungsnetz der ukrainischen Banken. Das war eine für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit, die vor allem bei diskreten Dingen und Geschäften gerne genutzt wurde.
Möglichkeiten einer weitergehenden Zusammenarbeit offeriert die Russische Kommerzial Bank den Teilnehmern aus der Ukraine beim Business Summit in Kiew
Die Russische Kommerzial Bank in Zürich offeriert für die ukrainischen Teilnehmer beim Swiss Ukrainian Business Summit 2008 maßgeschneiderte Finanzierungsmöglichkeiten in Verbindung mit gemeinsamen Joint Ventures zwischen Ost und West. Für diese damals Schlagzeilen machende Idee war die Ukraine mit einer gesunden Mischung aus gross und klein genau der richtige Kandidat für Russland. Ein ständiges Problem im Ost-West- Geschäft war die Tatsache, dass die östlichen Partner oft Mühe hatten, mit den im Westen üblichen und zumeist auch gesetzlich vorgeschriebenen Eigenkapitalanforderungen mithalten zu können. Anderseits sollten die «sozialistischen Partner» im Joint Venture möglichst kapitalmässig gleich stark vertreten sein, wie die westlichen Partner.
Diese Problematik wurde dann oft dadurch gelöst, dass gemeinsame Tochtergesellschaften mit kleinem Kapital zwischengeschaltet wurden, an denen die Partner aus Ost-und West mit gleicher Quote beteiligt waren und zugleich ihre «erste Etage» in die Gremien delegierten. Das funktionierte dann so, dass bei einem bescheidenen Kapital der westliche Partner als Aktionär mit einem erstklassigen Konzernnamen ausgestattet wurde, während die östliche Seite mit ihrem vorhandenen Ost-West-Knowhow und dem gewünschten «sozialistischen Background» auftrat und punktete.
Ein konkretes Beispiel dafür, dass diese Konstruktionen funktionierten, war die Bildung der Eurasco Leasing AG in Frankfurt. An ihrem Kapital waren von deutscher Seite die Deutsche Leasing AG, eine Tochtergesellschaft der damaligen Dresdner Bank Gruppe, und die Deutsche Anlagen Leasing AG beteiligt, deren westliche Aktionäre zum Teil aus dem Bereich der deutschen Landesbanken stammten. Von russischer Seite waren verschiedene staatliche Unternehmen Aktionäre, die ebenfalls im Finanz- und Leasing-Geschäft tätig waren. Die Gremien dieser Joint Venture- Gesellschaften wurden von Ost und West jeweils hochkarätig besetzt, was der Bedeutung dieser Gesellschaften im Markt zum Ausgleich der geringen Kapitalausstattung sehr nützte.
Als zweites Beispiel für einen solch konkreten und erfolgreichen Joint Venture war die Bildung der Eurasco Trade Consulting, an welcher die Daimler Benz Gruppe damals maßgeblich zusammen mit potenten russischen Aktionären aus dem Handels- und Investmentbereich beteiligt waren, zu nennen.
Der Versicherungsbereich bot ebenfalls ein großes Feld der Zusammenarbeit, welches von den ersten Adressen aus Ost und West erfolgreich genutzt wurde. Ein konkretes Beispiel dieser Zusammenarbeit, die trotz aller Konkurrenzprobleme unter den Beteiligten sehr erfolgreich ablief, war die Kooperation zwischen der schweizerischen Zürich Versicherung und dem deutschen Allianz Konzern sowie der damaligen staatlichen sowjetischen Versicherung Ingostrakh. Zürich und Allianz waren im internationalen Versicherungsmarkt erbitterte Konkurrenten.
Zum Problem wurde zunächst, dass diese beiden interessierten Partner darauf bestanden, allein die westliche Seite in dem geplanten Joint Venture zu vertreten. Ingostrakh hatte zu diesem Zeitpunkt aber als dominierende, staatliche, russische Gesellschaft im Versicherungsgeschäft in Russland eine marktbeherrschende Monopolstellung. Trotzdem: Ingostrakh schaffte es, die Allianz und die Zürich Versicherung gemeinsam als Aktionäre für diese Joint Venture-Gesellschaft zu gewinnen. Das war schon einmalig.
Diese Joint Ventures funktionierten übrigens sehr gut und äusserst rentabel für Ost und West, seit sich am Horizont der Zerfall der Sowjetunion in ihre Gliedstaaten abgezeichnet hatte
Die russischen Bankgeschäfte in der Schweiz zwischen Illusionen und Machbarem, zwischen Gewinnstreben und den für die Banker aus dem Osten nicht immer einfach zu verstehenden Regeln und Bestimmungen der Schweizer Bankenaufsicht FINMA.
Die russischen Banken und bankähnlichen Finanzgesellschaften in der Schweiz waren in der Gruppe der ausländisch beherrschten Banken und bankähnlichen Finanzgesellschaften mit unter 50 eine kleine Minderheit. Umso mehr suchten sie die Kooperation mit den anderen schweizerischen Auslandsbanken in der Schweiz, vor allem im Konsortialkreditgeschäft, um ihre Platzierungskraft zu stärken. So wurden damals nicht ohne Erfolg kleinere Syndizierungen bis zu 100 Mio Schweizer Franken (CHF) von den russischen Banken in eigener Regie durchgeführt.
Je mehr sich die Verhältnisse zu und in Russland normalisierten, das war vor allem um die 90er Jahre der Fall, versuchten auch die großen Auslandsbanken in der Schweiz, in diesen Konsortialkrediten in der hervorgehobenen Position eines Lead- oder Assistent Leadmanagers mitzuwirken. Je höher das jeweilige Standing von Russland in den internationalen Kreditmärkten war, um o mehr konnten diese Kredite damals dann mithilfe eines entsprechenden großen Syndikats und attraktiven Konditionen im Markt verkauft werden.
Auch am Kapitalmarkt wurden die Ukraine und Russland als potentielle und konkrete Kunden mehr und mehr geschätzt. Nachdem sich im Konsortialkreditgeschäft allgemein die Durchführung grosser Summen in Form dieser Finanzierungsvarianten durchgesetzt hatten, wollten Moskau und Kiew nun auch die feinste Möglichkeit der Finanzierungsform nutzen, nach dem Motto: We want to go public.
Die Finanzierung von Projekten via einer Privatplatzierung und erst recht durch eine börsennotierte, öffentliche Anleihe galt damals wie heute in der Tat als die Krone einer Kreditaufnahme. Wer diese höchste Stufe im Finanzierungsstanding erreicht hatte, und der Weg zu diesem Ziel war nicht einfach, konnte den Lohn der hierfür geleisteten Arbeit in Form von grossen Emissionsbeträgen und günstigen Konditionen einstreichen. Die erste börsennotierte Anleihe eines sowjetischen Emittenten, und zwar der staatlichen Sowjetischen Aussenwirtschafts Bank in Moskau, belief sich auf einen Betrag von CHF 100 Mio und einer Laufzeit von 10 Jahren und wurde in der Schweiz bereits im Jahr 1988, also heute vor 35 Jahren aufgelegt. Sie wurde bei Fälligkeit problemlos zurückgezahlt.
Von solchen Erfolgen leben natürlich die betroffenen Banken und Banker, und sie gibt es nicht jeden Tag, daher kann der oft triste Banker-Alltag kann nach solchen Erfolgen ganz anders aussehen.
Das Schweizer Bankgeheimnis und das Informationsbedürfnis der für die Überwachung russischer Banken zuständigen russischen Aufsichtsbehörden
Aber dann kamen die Tücken und Probleme, die sich am einfachsten einordnen lassen in den Kategorien «Schweizer Bankgeheimnis» und das Informationsbedürfnis weniger der Schweizer Behörden, sondern der russischen Aufsichtsbehörden. Dabei waren solche Probleme vorgezeichnet, die Unterschiede in der Mentalität von Russen und Schweizern waren zu groß.
An diesem Konflikt ist manch gutes Geschäft gescheitert und mancher Banker machte, wenn auch nur für wenige Tage, Bekanntschaft mit den schweizerischen Gefängniszellen, wie zum Beispiel mein damaliger Kollege Sverre Hendseth, der Chef der Canadian Imperial Bank in der Schweiz. Ihm wurde zum Verhängnis, dass er an der Eröffnung seiner Bank teilnahm, obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Besitz der Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung der zuständigen Schweizer Behörden war. So streng waren damals die Sitten.
In der Schweiz war und ist die Zuständigkeit der Behörden für die Bankenaufsicht klar geregelt und nachvollziehbar. In Russland waren aber neben der gesetzlich vorgeschriebenen Bankenaufsicht, die zum Teil auch von der russischen Zentralbank vorgenommen wurde, auch politische Instanzen involviert, ohne dass es eine diesbezügliche Rechtsgrundlage gab. Da waren natürlich die Konfliktzonen bereits vorgezeichnet.
Ein typisches Beispiel hierfür, mit dem ich selbst konfrontiert wurde, war der Verlauf der Bewilligungspflicht für eine Kreditvergabe. Auch die russischen Banken haben ein Kreditreglement, in welchem geregelt ist, welches Gremium (Direktion, Geschäftsleitung oder Verwaltungsrat bzw. Aufsichtsrat) die definitive Genehmigung für das Kreditgeschäft und die Auszahlung des Kredites zu erteilen hat. Aber dann gab es damals noch das bei den westlichen Banken scherzhaft so genannte «Büro 7», welches auf der politischen Ebene tätig war. Und dessen Kompetenz- und Genehmigungsmöglichkeiten standen glasklar über den nach den internen Bank- reglements geltenden und vorgeschriebenen Bestimmungen.
In der Praxis lief das dann so: Das Kreditgesuch eines Bankkunden an seine russische Bank wurde, aus welchen Gründen auch immer, von der Geschäftsleitung der Bank abgelehnt. Die Direktion, die von dem Geschäft nicht voll überzeugt war, zog das Gesuch aber weiter an den Verwaltungsrat als oberste Instanz für Kreditbewilligungen, der es ebenfalls ablehnte. Dann kam der «Befehl» aus dem Büro 7: Der Kredit ist sofort, wie beantragt, ohne weitere Rückfragen und Verzögerungen an den Kunden auszuzahlen. Dieses Procedere führte dann auch oft dazu, dass diverse solcher Banken Pleite gingen, und nicht etwa wegen mangelnder Erfahrung und Ausbildung der russischen Kreditsachbearbeiter an der Front.
Der russische Präsident Medwedew bewahrt die Gazprombank (Schweiz) AG vor großen Problemen mit der Finma während seines Staatsbesuches in der Schweiz im September 2009.
Im Vorfeld des Staatsbesuches des russischen Präsidenten Dimitrij Medwedew untersuchte die FINMA das Geschäft der Zürcher Gazprombank (Schweiz) AG aufgrund ungünstiger Berichte der internen Revisionsgesellschaft. Es drohten gravierende Massnahmen der FINMA bis hin zur Infragestellung der Banklizenz. Es waren die üblichen Probleme, wenn sich das «Büro 7» in die Geschäftstätigkeit der Bank einmischte, ohne dass die rechtlichen Grundlagen oder die erforderliche Sachkenntnis hierfür gegeben oder vorhanden waren.
Es fanden dann im Vorfeld des Besuches von Präsident Medwedew vertrauliche und diskrete Gespräche zwischen der Bank und der Finma und den übergeordneten Schweizer Behörden statt, in die ich auftragsgemäss involviert war. Im Ergebnis verzichtete die Finma auf regulatorische Massnahmen gegen die Gazprombank (Schweiz) AG, die von sich aus eine stattliche Kapitalerhöhung vornahm und das Geschäftsreglement der Bank überarbeitete.
Der Staatsbesuch von Präsident Medwedew konnte dann «protokollgerecht» stattfinden und die Gazprombank (Schweiz) AG ihre Tätigkeit fortsetzen. Langfristig gesehen war das «Büro 7» aber doch stärker. Die Bank gab in diesem Jahr ihre Banklizenz zurück. Ein alleiniges Verschulden der russischen Geschäftsleitung hierfür konnte ich nicht feststellen.