Margot Friedländer wurde am 5. November 1921 als Tochter von Artur und Auguste Bendheim, geborene Gross, in Berlin geboren. Nach Beendigung der Schulzeit begann sie eine Lehre in einer Schneiderei. Ab 1940 musste sie in einem Rüstungsbestrieb Zwangsarbeit leisten. Seit der Trennung ihrer Eltern lebte sie mit ihrer Mutter und dem jüngeren Bruder Ralph zusammen. Die Bemühungen ihrer Familie, in die USA auszuwandern, scheiterten ebenso wie weitere Fluchtversuche.
Als Ralph am 20. Januar 1943 verhaftet wurde, stellte sich Auguste Bendheim der Gestapo, wurde gemeinsam mit ihrem Sohn nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Ihrer Tochter hinterließ sie eine Botschaft: „Ich habe mich entschlossen, zur Polizei zu gehen. Ich gehe mit Ralph, wohin auch immer das sein mag. Versuche, dein Leben zu machen.“ Die damals 21-jährige Margot tauchte unter und überlebte fünfzehn Monate lang in sechzehn verschiedenen Verstecken im Untergrund in Berlin, bis sie im April 1944 in die Fänge sogenannter Greifer:innen geriet – Jüdinnen und Juden, die gezwungen wurden, für die Nazis zu arbeiten –und nach Theresienstadt deportiert wurde.
Dort traf sie Adolf Friedländer wieder, den sie aus der Zeit im Jüdischen Kulturbund in Berlin kannte. Die beiden überlebten das Lager und emigrierten 1946 gemeinsam in die USA, nach New York. Margot Friedländer arbeitete dort als Reiseagentin und Änderungsschneiderin, Adolf Friedländer wurde stellvertretender geschäftsführender Direktor der Jüdischen Organisation „92nd Street Y“. Im Jahr 2004 folgte sie einer Einladung des Berliner Senats im Rahmen des „Besucherprogramms für verfolgte und emigrierte Berliner Bürger“ und kehrte zum ersten Mal in ihre Heimatstadt Berlin zurück. Über ihre Reise zu den Orten ihrer Jugend, der Verfolgung und des Überlebens im Untergrund hat der New Yorker Filmemacher Thomas Halacynski einen Dokumentarfilm gedreht. Sein Film „Don´t call it Heimweh“ eröffnete 2005 das Jüdische Filmfestival im Roten Rathaus. Seit 2010 lebt Margot Friedländer wieder in Berlin.
Margot Friedländer wurde vielfach für ihr Engagement ausgezeichnet, 2011 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande, 2016 erhielt sie den Verdienstorden des Landes Berlin, 2018 den Obermayer Jewish History Award und im Jahr 2021 die Jeanette-Wolff-Medaille der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit. 2018, erhielt sie, gemeinsam mit der Shoah-Überlebenden Inge Deutschkron, die Ehrenbürgerwürde des Landes Berlin und am 14. Mai 2019, im Beisein von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), den „Talisman“ der Deutschlandstiftung Integration für ihre Verdienste. Anlässlich des Holocaust-Gedenktags sprach Margot Friedländer am 27. Januar 2022 im Europaparlament. Margot Friedländer, deren berufliche Ausbildung in Deutschland zerstört wurde, wird 2022 die Ehrendoktorwürde Freien Universität Berlin verliehen.
Margot Friedländers Geschichte ist in mehreren Büchern dokumentiert, so in ihrer 2008 erschienenen Autobiografie „Versuche Dein Leben zu machen. Als Jüdin versteckt in Berlin“ (gemeinsam mit Malin Schwerdtfeger) und im Bildband „Ich lieb‘ Berlin – Margot Friedländer zum 100. Geburtstag. Ein Portrait“. 2015 erschien ein Hörbuch ihres Buchs „Versuche Dein Leben zu machen“ mit acht CDs, von Margot Friedländer selbst eingesprochen, 2021 der Bildband „Margot Friedländer zum 100. Geburtstag. Ein Portrait“ sowie im gleichen Jahr das Interviewbuch zu Margot Friedländers 100. Geburtstag „Ich tue es für Euch“. Der Untertitel: „Was wir von einer hundertjährigen Holocaustüberlebenden über Vergebung, Hoffnung und Toleranz lernen können.“ Darin wird Margot Friedländer von der früheren Justizministerin und jetzigen Antisemitismusbeauftragten von NRW, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), zu ihrem Leben als Jüdin in Deutschland während des Holocausts interviewt.
Außerdem hat Margot Friedländer in mehreren Dokumentarfilmen mitgewirkt: „Don’t call it Heimweh“ (Ein Film über Margot Friedländers Besuche in Berlin, von Thomas Halaczinsky, USA 2004), „Späte Rückkehr“ (von Thomas Halaczinsky, 2010), „Jahrhundertzeugen – Margot Friedländer“ (eine Graphic-Novel-Erzählung von Martin Priess und Michaela Kolster).
Interner Link: Zum Interview mit Margot Friedländer >>