Als vor 30 Jahren die Mauer fiel, bot sich eine historische Chance zur Vereinigung von Bundesrepublik und DDR. Nach 40 Jahren waren die Unterschiede zwischen den beiden deutschen Staaten allerdings erheblich – auch wirtschaftlich. Die ostdeutsche Wirtschaft war von Mangel geprägt. Viele Konsumgüter waren nicht oder nur mit Beziehungen zu bekommen. Investitionen waren vernachlässigt worden und die Infrastruktur war marode. Die Unternehmen produzierten teils mit Anlagen, die ihre wirtschaftliche Lebensdauer deutlich überschritten hatten. Als im Sommer 1990 die Währungsunion in Kraft trat, verteuerten sich ostdeutsche Produkte schlagartig und die Absatzmärkte brachen weg. Viele Unternehmen waren nicht länger wettbewerbsfähig und mussten geschlossen werden, andere durchliefen schmerzhafte Sanierungsprozesse. 1991 lag die Wirtschaftskraft in den neuen Ländern bei nur einem Drittel ihres Niveaus im Westen. Bereits 1991 waren in den neuen Ländern über eine Million Menschen arbeitslos gemeldet. Bis Mitte der Nullerjahre nahm die Arbeitslosenquote zu und erreichte 2005 ihren Höchstwert von 18,7 Prozent. Die Politik musste gegensteuern, denn die wirtschaftlichen Divergenzen waren weder hinnehmbar noch mit der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland vereinbar. Auf Bundes- wie auf Landes- (und Gemeinde-) ebene mussten Mittel für den Aufbau Ost bereitgestellt werden. Nachfolgend werden die grundlegenden Entscheidungen und die daraus resultierenden Entwicklungen, insbesondere die Entwicklung der ostdeutschen Länderhaushalte, in den vergangenen 30 Jahren, kurz skizziert.
Vorweggenommen sei, dass die neuen Länder auch heute noch finanzschwach sind und die Steuereinnahmen je Einwohnerin/Einwohner nach wie vor deutlich hinter denen in den alten Ländern zurückbleiben. Gerade deshalb ist es bemerkenswert, dass die Haushalte im Osten heute vielfach besser aufgestellt sind als in vielen – nicht nur finanzschwachen – alten Ländern. Gleichzeitig ist dies kein Grund zur Entwarnung, denn die im Zuge des Transformationsprozesses angestoßenen Entwicklungen werden die neuen Länder weiter zu gravierenden Anpassungen zwingen.
Grundlegende Entscheidungen zum Aufbau Ost
Es war offensichtlich, dass – temporär, wie man damals glaubte – erhebliche Mittel in die neuen Länder fließen mussten. Wie diese aufgebracht werden sollten und welche Maßnahmen am besten zu ergreifen waren, wurde hingegen kontrovers diskutiert. Schließlich wurden für Transfers an private Haushalte und ähnliche Leistungen die Sozialversicherungen herangezogen. Bund, Länder und Gemeinden sollten hingegen verstärkt investieren. Außerdem wurden regionalpolitische Fördermaßnahmen beschlossen, insbesondere die Steuerförderung von privaten Investitionen. Investitionen waren auch dringend notwendig: Vor allem die Infrastruktur war marode, Ost und West waren verkehrstechnisch unzureichend verbunden, und das Straßennetz selbst war nicht darauf ausgelegt, dass Deutschland plötzlich nicht nur geografisch, sondern auch ökonomisch in der Mitte Europas lag.
Hinsichtlich der Finanzierung entschied sich die Politik dazu, auf Steuererhöhungen weitestgehend zu verzichten. Zu dieser Entscheidung trug wohl auch bei, dass der Finanzbedarf für den Aufbau Ost Anfang der 1990er Jahre massiv unterschätzt wurde. Zwar wurde bereits 1991 ein Solidaritätszuschlag eingeführt – aber nur befristet für ein Jahr. Erst 1995, nachdem deutlich geworden war, dass der Aufbau Ost länger dauern und mehr Mittel erfordern würde, wurde der Solidaritätszuschlag unbefristet eingeführt. Anstatt auf eine Steuerfinanzierung zurückzugreifen, wurden die Kredite ausgeweitet. Bei dieser Entscheidung dürfte auch eine Rolle gespielt haben, dass die Haushaltslage Ende der 1980er Jahre nach einer Konsolidierungsphase als gut eingeschätzt wurde; die Schuldenquote lag zudem vergleichsweise niedrig – bei rund 40 Prozent in Relation zum Bruttoinlandsprodukt. Außerdem wurden bei den neuen Ländern und Gemeinden Kreditfinanzierungsspielräume vermutet, denn die Schulden der DDR gingen auf den Bund über.
30 Jahre Transformation: Entwicklung der Länderfinanzen
Steueraufkommen in den neuen Ländern dauerhaft schwach
1991 lag die Wirtschaftsleistung in den neuen Ländern bei einem Drittel ihres Niveaus in den alten Ländern, bis 1995 hatte sie sich um über 20 Prozentpunkte angenähert, liegt aber auch heute bei nur 70 Prozent. Die Steuereinnahmen – ohne Bundessteuern und allgemeine Verbrauchsteuer – lagen 1995 hingegen bei unter 40 Prozent ihres Niveaus in den alten Ländern und haben sich zuletzt bis auf 57 Prozent angenähert. Dass die Steuereinnahmen sich weniger stark als die Wirtschaftskraft angenähert haben, ist zum einen die Folge des Steuersystems. Ein Großteil der Steuern stammt in Deutschland aus der Lohn- und der veranlagten Einkommensteuer, deren Tarif progressiv ist. Ein progressiver Tarif hat zur Folge, dass Personen mit höheren Einkommen relativ dazu mehr Steuern zahlen. Dies bedeutet zwangsläufig, dass das Steueraufkommen in Regionen mit höherem Einkommen verglichen mit Regionen mit niedrigeren Einkommen überproportional höher ausfällt. Hinzu kam, dass die mit der steuerlichen Förderung von Investitionen verbundenen Steuermindereinnahmen – in den 1990er Jahren Sonderabschreibungen, bis Mitte der 2010er Jahre Investitionszulagen – vor allem die neuen Ländern trafen. Allerdings liegen die Einkommen- und Gewinnsteuern noch heute, nach dem Auslaufen der Förderung, bei nicht einmal gut 55 Prozent ihres Niveaus in den alten Ländern. Auch nach 30 Jahren bleiben die Einkommen, insbesondere die Gewinneinkommen, in den neuen Ländern weiter zurück als die Wirtschaftskraft.
Nur wenig mehr haben sich die Gemeindesteuern angenähert. Sie betrugen zuletzt knapp 58 Prozent der in den alten Ländern eingenommenen Steuern. Vor allem die auf Unternehmensgewinne zu entrichtende Gewerbesteuer ist noch immer niedrig. Etwas stärker angeglichen haben sich die Ländersteuern; sie liegen derzeit bei etwa 60 Prozent ihres Niveaus in den alten Ländern. Während sich einige mengenorientierte Verbrauchsteuern relativ schnell und auch stärker an das Niveau in den alten Ländern angenähert haben, hinken vermögensbezogene oder preisabhängige Steuern nach wie vor deutlich hinter den Einnahmen in den alten Ländern her. Dies gilt am stärksten für die Erbschaftsteuer, denn nach 40 Jahren Teilung sind die zu vererbenden Vermögen nach wie vor gering. Auch die von Grundstückspreisen abhängige Grunderwerbsteuer blieb lange Zeit erheblich hinter den Einnahmen in den alten Ländern zurück. Erst seitdem die Länder deren Steuersatz selbst festlegen können, haben sich die Einnahmen in den neuen Ländern dem Niveau im Westen etwas stärker angenähert.
Einnahmen der neuen Länder durch Finanztransfers angehoben
Die Steuerkraft der neuen Länder war viel zu gering, als dass sie den Aufbau Ost aus eigener Kraft hätten stemmen können. Auch ohne diese Herausforderung wären solche Unterschiede im deutschen Finanzföderalismus aber nicht hinnehmbar gewesen. Das Grundgesetz gibt der Politik vor, die Lebensverhältnisse im Bundesgebiet einander anzunähern. Ein wichtiges Instrument hierbei ist der Finanzausgleich: In einem komplexen und mehrstufigen Verfahren werden Steuereinnahmen zwischen den Ländern sowie dem Bund und den Ländern umverteilt. Dadurch sollen die Finanzkraft und schließlich auch die Lebensverhältnisse aneinander angenähert werden.
Nachdem die mehreren Ebenen gemeinschaftlich zustehenden Steuern zwischen dem Land, seinen Gemeinden und dem Bund aufgeteilt worden sind, schließt sich die eigentliche Umverteilung an. Ihr Ausmaß wird von zwei Faktoren bestimmt: zum einen davon, wie stark die Steuereinnahmen in den Ländern voneinander abweichen, zum anderen davon, wie stark die Finanzkraft einander angenähert werden soll. Wären die neuen Länder 1991 vollständig und ohne Übergangsfrist in den Finanzausgleich einbezogen worden, hätte dies gravierende Auswirkungen gehabt: Die alten Länder – auch die bisherigen Empfänger von Finanztransfers – hätten Steueranteile abgeben müssen. Dies schien – auch in Anbetracht des Umstandes, dass der Finanzausgleich häufig nicht nur Gegenstand von politischen Auseinandersetzungen, sondern auch von juristischen Verfahren war – kaum umsetzbar zu sein.
Die Politik wählte eine Übergangslösung: Der Finanzausgleich blieb unverändert, und für die neuen Länder wurde der Fonds Deutsche Einheit aufgelegt. Der Fonds wurde zum Teil vom Bund, zum Teil von den alten Ländern und zum Teil durch Kredite finanziert. Dabei war das Volumen des Fonds von 82 Milliarden Euro angesichts des hohen Investitionsbedarfs und der geringen Steuerkraft der neuen Länder vergleichsweise gering, auch weil bei den neuen Ländern Spielräume zur Kreditfinanzierung gesehen wurden. Als die neuen Länder 1994 in den Finanzausgleich einbezogen wurden, lagen ihre Steuereinnahmen bei nicht einmal einem Drittel der Einnahmen in den alten Ländern. Um die daraus resultierende Umverteilung zwischen den Ländern zu begrenzen, wurde der Annäherungsgrad herabgesetzt. Zuvor war die Verfassung geändert worden: Es wurden nicht länger „einheitliche“, sondern nun „gleichwertige“ Lebensverhältnisse angestrebt.
Spiegelbildlich dazu nahmen die Finanztransfers vom Bund an die Länder zu. Bereits zuvor hatte der Bund Ländern, deren Finanzkraft nach dem Ausgleich zwischen den Ländern noch unterhalb einer bestimmten Grenze lag, zusätzliche Mittel zukommen lassen (allgemeine Bundesergänzungszuweisungen). Diese gewannen nun an Bedeutung. Vor allem aber trat der Solidarpakt in Kraft. Der Bund kann Ländern für – vorab festgelegte und begründete – Sonderlasten sogenannte Sonderbedarfsbundesergänzungszuweisungen (SoBEZ) gewähren. Für die aus der deutschen Teilung resultierenden Belastungen wurden nun solche SoBEZ eingeführt: der sogenannte Solidarpakt I. 2005 wurde er durch den Solidarpakt II abgelöst. Letzterer sah die degressive Rückführung der SoBEZ bis 2019 vor, damit die Länder ihre Haushalte nach und nach auf eine Situation ohne Sondertransfers anpassen konnten. Gleichzeitig wurde festgelegt, dass dann auch der geltende Finanzausgleich enden sollte und für die Jahre ab 2020 ein neues Regelwerk zu beschließen sei. Über den Solidarpakt I und II wurden insgesamt rund 200 Milliarden Euro an SoBEZ geleistet.
Auf diese Weise wurde die Finanzkraft der neuen Länder deutlich über den Bundesdurchschnitt angehoben. Zeitweise lagen die Einnahmen je Einwohnerin/Einwohner gemessen am Niveau in den alten Ländern bei über 140 Prozent. Der Solidarpakt und der damit einhergehende höhere Finanzierungsbeitrag des Bundes konnten aber nicht verhindern, dass der Finanzausleich immer mehr in eine Schieflage geriet. Die Zahl der Geberländer ging auf mittlerweile drei zurück. Der größte Geber, Bayern, leistete 2018 6,6 Milliarden Euro. Dies ist etwa die Hälfte der Ausgleichszahlungen und entspricht nahezu dem Betrag, den der größte Empfänger, Berlin, mit 6,4 Milliarden Euro erhielt. Die Geberländer haben diese Schieflage in der politischen Debatte immer wieder vorgebracht und nicht nur einmal mit Klagen gedroht.
Hohe Ausgaben in den 1990er Jahren – durchschnittliche Ausgaben heute
Für den Aufbau Ost wurden vor allem die Investitionen erhöht. Bereits vor Einbeziehung der neuen Länder in den Finanzausgleich stiegen die Investitionen je Einwohnerin/Einwohner auf etwa das Zweifache des westdeutschen Niveaus. Mit dem Solidarpakt I nahmen die Investitionsausgaben je Einwohnerin/Einwohner weiter zu – in Sachsen erreichten sie 2004 etwa 300 Prozent ihres Niveaus in den alten Ländern. Bei weiterhin hohen Investitionsausgaben wurden sie mit dem Inkrafttreten degressiv ausgestalteten Solidarpakts II ab 2005 nach und nach zurückgeführt. Allerdings wurde die durch den Solidarpakt bereitgestellte überdurchschnittliche Finanzkraft nicht allein für investive Zwecke, sondern auch zur Finanzierung laufender Ausgaben verwendet. Dies wurde vielfach angeprangert, dürfte teilweise aber auch daran gelegen haben, dass vor allem in der ersten Hälfte der Nullerjahre die Einnahmen – aus konjunkturellen wie aus demografischen Gründen – immer wieder hinter den Erwartungen zurückblieben. Notwendige Anpassungen im Haushaltsvollzug dürften dann zu Lasten der Investitionen gegangen sein. In den Anfangsjahren waren zudem die Personalausgaben hoch. Trotz der deutlich niedrigeren Löhne betrugen sie in den Kernhaushalten der Länder zwischen 95 Prozent und 100 Prozent ihres Niveaus in den alten Ländern. In den Gemeinden und Zweckverbänden lagen sie Anfang der 1990er Jahre zum Teil sogar über 140 Prozent. Erst danach gingen die Personalausgaben gemessen an den jeweiligen Ausgaben in den alten Ländern langsam zurück und erreichten Mitte der Nullerjahre Jahre ihr Westniveau. Diese relativ hohen Ausgaben gingen darauf zurück, dass die Länder und Gemeinden viele Bedienstete von ihren Vorgängern übernommen hatten und das Personal nur nach und nach abbauen konnten. Dafür waren Anfang der 1990er Jahre allerdings die Ausgaben für den Schuldendienst deutlich niedriger als in den alten Ländern. Die neu gegründeten Länder und Gemeinden waren damals im Vergleich zu ihren Pendants in den alten Ländern kaum verschuldet. Die daraus abgeleiteten Spielräume zur Kreditaufnahme wurden in den 1990er Jahren allerdings merklich in Anspruch genommen.
Dynamischer Schuldenaufbau bis Mitte der Nullerjahre
Bei Einbeziehung der neuen Länder in den Finanzausgleich 1994 war der Schuldenstand bereits auf zwei Drittel seines Niveaus in den alten Ländern gestiegen. Und auch nachdem der Solidarpakt in Kraft getreten war, nahmen die Schulden je Einwohnerin/Einwohner weiter zu. Bereits Mitte der 1990er Jahre war der Schuldenstand je Einwohnerin/Einwohner in Brandenburg und in Sachsen-Anhalt höher als im westdeutschen Durchschnitt. Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern überschritten das Schuldenniveau der alten Länder gegen Ende der 1990er Jahre. 2007 erreichte die Verschuldung in Sachsen-Anhalt 147 Prozent des westdeutschen Niveaus. Lediglich in Sachsen waren die Schulden je Einwohnerin/Einwohner durchgängig niedriger als im Westen. In der zweiten Hälfte der 2000er Jahre bildete sich die Verschuldung – gemessen am westdeutschen Durchschnitt – wieder zurück. Dazu dürfte sowohl die degressive Ausgestaltung des Solidarpakts II als auch der nach der Finanzkrise einsetzende, ungewöhnlich lange und beschäftigungsintensive Wirtschaftsaufschwung beigetragen haben. Seit einigen Jahren weisen die neuen Länder Überschüsse auf. Die Verschuldung je Einwohnerin/Einwohner war 2018 in den neuen Ländern – mit Ausnahme von Sachsen-Anhalt – deutlich geringer als in den alten Ländern. In Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern liegt sie bei etwa 70 Prozent, in Brandenburg bei 88 Prozent. In Sachsen, das durchgängig nur wenig auf die Kreditfinanzierung zurückgriff, lag sie gar bei knapp 13 Prozent. Auch wenn im vergangenen Jahr noch immer Solidarpaktmittel zur Haushaltsfinanzierung geflossen sind, scheinen die neuen Länder doch auf einem guten Weg zu soliden Staatsfinanzen zu sein. Sie haben auch viel erreicht, es reicht aber noch nicht.
Ende des Solidarpakts - Anpassungsprozess geht weiter
Ab dem Jahr 2020 gilt der neue Finanzausgleich. Nicht nur der Solidarpakt ist dann – mehr als 30 Jahre nach dem Mauerfall – ausgelaufen, auch zur Annäherung der Finanzkraft gelten neue Regeln. Die Umverteilung zwischen den Ländern wird nach der Neuregelung – wieder – geringer ausfallen und den allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen kommt – nochmals – ein höheres Gewicht zu. Sollten die Divergenzen zwischen Ländern und Regionen in Zukunft wieder größer werden, hat die Neuregelung zur Folge, dass die Abhängigkeit der finanzschwachen Länder vom Bund stark zunimmt – und dafür spricht einiges.
Deutschland insgesamt hat ein demografisches Problem: Die Bevölkerung wird älter und schon bald schrumpfen. Die neuen Länder werden davon besonders betroffen sein. Der Transformationsprozess ging für die neuen Länder mit erheblichen Bevölkerungsverlusten einher. Gegenüber 1991 haben die neuen Länder – ohne Berlin – über zwei Millionen Menschen verloren. Im gleichen Zeitraum hat die Bevölkerung in Deutschland insgesamt um knapp drei Millionen Personen zugenommen. Es waren vor allem junge, gut ausgebildete Menschen, die aus den neuen Ländern wegzogen. Der Aderlass in der heutigen Elterngeneration hat Folgen: Der Anteil der Rentnerinnen und Rentner hat bereits zugenommen und wird es auch weiterhin tun; der Anteil der jungen Generation hat hingegen abgenommen. Die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter wird in den kommenden Jahren immer weiter zurückgehen. Dies wird das Wirtschaftswachstum potenziell belasten, und die Wirtschaftskraft dürfte – sollten sich die heutigen Trends fortsetzen – im Vergleich zu dynamischeren Regionen wieder zurückfallen. Trotz der derzeit vergleichsweise guten Lage der öffentlichen Haushalte stehen die neuen Länder daher weiterhin unter erheblichem Anpassungsdruck. Bei geringerem Wirtschaftswachstum schwächeln die eigenen Steuereinnahmen, und die Abhängigkeit von Finanzzuweisungen steigt. Die stärker zurückgehende Bevölkerung reduziert die Ansprüche im Finanzausgleich, und die Änderung der Altersstruktur muss in den Haushalten von Bund und Ländern abgefedert werden. Dabei dürfen die Investitionen nicht vernachlässigt werden. Einen Königsweg gibt es nicht, denn demografische Trends können nur langfristig geändert werden. Regionalpolitische Maßnahmen können helfen. Für eine Abmilderung des demografischen Trends wäre eine verstärkte Zuwanderung nützlich.
Zitierweise: "30 Jahre Solidarpakt – und nun? - Die Länderfinanzen in Ostdeutschland “, Kristina van Deuverden, in: Deutschland Archiv, 16.12.2019, Link: www.bpb.de/302399