"Drei Staaten – zwei Nationen – ein Volk?" – mit dieser Frage überschrieb der Kieler Historiker Karl Dietrich Erdmann einen im Jahr 1985 veröffentlichten Aufsatz und bezog sich dabei auf die Bundesrepublik Deutschland, die DDR und – als dritten Staat und zweite Nation – Österreich. Erdmann plädierte dafür, sich aus der "kleindeutschen Verengung auf das Verhältnis Bundesrepublik-DDR zu lösen" und Österreich in die vergleichende Deutschlandforschung einzubeziehen. In seiner Geschichte von der Zeit der Weltkriege bis 1949/50 hatte er dies auch bereits umgesetzt: Das 1976 als vierter Band des "Gebhardt – Handbuch der deutschen Geschichte" veröffentlichte Werk behandelte auch die DDR und Österreich. Mitte der 1980er Jahre plante Erdmann nun ein neues Forschungsprojekt zur "deutschen Geschichte nach der Teilung", also zur historischen Entwicklung seit Kriegsende, für das die zitierte These die Grundlage bilden sollte. Dass er die drei Staaten als zusammengehörig betrachtete, auch für die Zeit nach 1945, kam dabei auch in den von ihm verwendeten Begrifflichkeiten zum Ausdruck. So sprach er unter anderem von der "Dreistaatlichkeit der deutschen Mitte Europas" oder vom "dreigegliederte[n] Deutschland".
Erdmann subsumierte Österreich also unter Deutschland, und zwar nicht nur mit Blick auf die Geschichte, sondern auch für die Gegenwart. So definierte er auch "gemeinsame Aufgabe[n] der Deutschen heute" wie zum Beispiel, dass
"Donau, Elbe und Rhein klares Wasser führen, daß der kranke Schwarzwald, der Thüringer und der Wiener Wald als Wälder auf dem uns zugewiesenen Stück Erde weiter leben, daß der Friede erhalten bleibt und in den konkurrierenden Gesellschaftsordnungen hüben und drüben der Mensch wieder zum Maß der Dinge werde".
Dem Zeitkontext der 1980er Jahre entsprechend ging es dabei auch um umwelt- und friedenspolitische Aspekte, vor allem wird in dem Zitat aber deutlich, dass Erdmann wie selbstverständlich die Bundesrepublik, die DDR und Österreich als eine große Einheit sah, indem er Flüsse und Wälder, die jeweils symbolisch für einen der drei Staaten stehen, einfach in eine Reihe stellte. Dem folgte überdies die Feststellung, es sei eine "Überlebensfrage des deutschen Volkes", sich diesen Aufgaben der Zeit zu stellen, auf dem "ihm zugewiesenen Feld der drei Staaten und zwei Nationen".
Kritik aus Österreich
Angesichts solcher Aussagen verwundert es nicht, dass es, wie die österreichische Tageszeitung Die Presse schrieb, den österreichischen Historikern den Atem verschlug, als 1986 die Konzeption für das in Berlin geplante Deutsche Historische Museum (DHM) bekannt wurde. Denn diese sah nicht nur eine Einbeziehung Österreichs in dessen Dauerausstellung vor, sondern Erdmann selbst gehörte auch noch der im Oktober 1985 von der Bundesregierung berufenen Sachverständigenkommission für das Museum an. Die Sprache sollte es den österreichischen Geschichtswissenschaftlern allerdings nicht verschlagen. Obwohl sich insgesamt zwar vergleichsweise wenige in Österreich zu dem Museumskonzept als solchem kritisch zu Wort meldeten, lösten Erdmanns Überlegungen, sein "historiographischer Anschluss", durchaus intensive Diskussionen aus.
Die Mehrheit der Historiker, die sich äußerten, lehnte die Einbeziehung Österreichs in das westdeutsche Museum vehement ab. Für Helmut Rumpler, Professor an der Universität Klagenfurt, war es beispielsweise "ein unzulässiger Schluß, aus der Zugehörigkeit der Deutschösterreicher zum deutschen Volk abzuleiten, daß die österreichische Geschichte einfach ein Teil der deutschen Geschichte sei und deshalb einfach in ein ‚Deutsches Historisches Museum‘ integriert werden könnte". Erdmanns Zugang stufte er als "unzulässige Vereinfachung […]" ein. Der Grazer Historiker Moritz Csáky hielt es schlicht für „absurd“, dass Österreich bis 1945 einbezogen werden sollte, und sprach von "gewollten Missverständnissen", über die der Alpenstaat für die deutsche Geschichte vereinnahmt werden solle. Auch Gerald Stourzh sah eine „Tendenz zur Wiedervereinnahmung“, und es wurde eine Wiederbelebung großdeutschen Gedankentums befürchtet, eine womöglich nicht nur museale "Heimholung ins Reich". Entsprechend befiel zum Beispiel Rudolf G. Ardelt, Professor für Neuere Geschichte und Zeitgeschichte in Linz, „gelindes Grausen, wenn man sich so nebenbei wieder ‚umarmt‘ sieht“. Und der Salzburger Geschichtswissenschaftler Hanns Haas hoffte sehr, dass die für Österreich "freigehaltene Nische im Deutschen Museum in Berlin […] leer bleiben" werde. In diesem Sinne wurde von mehreren Historikern auch direkt vor einer Mitarbeit an dem Museumsprojekt gewarnt: Dieses laufe auf eine "deutsche Kulturmission" hinaus – "Wehe uns, wenn wir daran mitarbeiten", warnte Rumpler.
Eine solche Mitarbeit österreichischer Historiker, von der hier abgeraten wurde, war übrigens gar nicht wirklich vorgesehen. Unter den 16 Sachverständigen der Kommission befand sich nur ein Professor aus Österreich, nämlich der an der Universität Wien tätige Heinrich Lutz, der ursprünglich allerdings aus Westdeutschland stammte. Trotz aller Bedenken und Kritik, wie sie in den zitierten Äußerungen zum Ausdruck kamen, gab es in Österreich aber nicht nur ablehnende Stimmen. Vor allem der Salzburger Historiker Fritz Fellner äußerte sich positiver und zeigte sich "verwundert" über die Reaktionen seiner Kollegen. Darin, dass die gemeinsame Geschichte Deutschlands und Österreichs gemeinsam dargestellt werde, könne er "keine Gefahr eines Wiederaufgreifens von Anschlußtendenzen" sehen. Ihn würde es außerdem beruhigen, "wenn die […] Anschlußproblematik […] einbezogen" und "dieser Gedanke endlich dorthin gestellt" werde, "wo er hingehört: ins Museum!" Für Fellner bedeutete die Thematisierung der Geschichte Österreichs als Teil des "Großdeutschen Reichs" von 1938 bis 1945 demnach deren Historisierung und nicht ihre Aktualisierung.
Betrachtet man die Konzeption für das Deutsche Historische Museum näher, konnte sich Fellner in seiner zuversichtlichen Haltung durchaus auch bestätigt sehen: Österreich wurde darin zwar bei der Frage nach der räumlichen Ausdehnung der Ausstellung genannt, aber außerdem auch andere Länder wie die Schweiz, die Niederlande oder auch Burgund, die "lange Zeit zur Geschichte des Alten Reiches gehörten oder mit der deutschen Geschichte verbunden waren". Überdies wurde explizit hervorgehoben, dass kein Anspruch auf "wiederzubelebende Zugehörigkeiten" erhoben werde, wenn man die deutsche Geschichte "in sich wandelnden Räumen" darstelle. Mögliche Befürchtungen der Nachbarstaaten waren der Museumskommission also durchaus bewusst und man versuchte, diese zu berücksichtigen und ihnen entgegenzuwirken. Erdmanns These von "Drei Staaten – zwei Nationen – ein Volk" fand als solche auch keinen Eingang in das Museumskonzept. Die österreichischen Kritiker beklagten mit Blick auf dieses dennoch, dass "[d]iese vermeintlich ausgewogene Einbeziehung der heutigen Nachbarn der Bundesrepublik Deutschland" im Folgenden "in auffallender Weise allein auf Österreich verengt" werde.
Auch der westdeutsche Historiker und Professor an der Universität Bochum, Hans Mommsen, versuchte, Beruhigung in die österreichische Diskussion zu bringen. So argumentierte er auf der in Salzburg veranstalteten Tagung "Kontroversen um Österreichs Zeitgeschichte", es handle sich bei der These nur um theoretische Bemühungen einiger Historiker. In Österreich müsse man keine Bange haben vor "Kohls nationalhistorischem Panoptikum". Denn die Bundesdeutschen hätten sich mit ihrem Teilstaat durchaus arrangiert. Auch wies er darauf hin, dass ohnehin ein "Rekurs zum kleindeutschen Geschichtsbild" erforderlich werden könne, nämlich aus Platzgründen. Mit Blick auf die Ausstellung des Museums gab er aber auch zu bedenken, es sei "vielleicht doch besser, daß […] auch positive Akzente der österreichisch-deutschen Geschichte angedeutet werden" und "Österreich dort nicht nur in der Gestalt von Hitler, Kaltenbrunner […] und Eichmann vorkommen wird". Damit sprach Mommsen indirekt auch einen der wesentlichen Aspekte an, unter denen die Museumspläne in der Bundesrepublik diskutiert wurden: die Darstellung des Nationalsozialismus.
Denn in Westdeutschland befürchteten Kritiker, dass die Zeit der NS-Diktatur in der Dauerausstellung relativiert oder nivelliert und ein solches Geschichtsbild mit dem Museum dann auch noch quasi regierungsamtlich verordnet werde. Diese Sorge rührte vor allem daher, dass Bundeskanzler Helmut Kohl das Museumsprojekt stark vorantrieb – statt vom DHM war auch vom "DKM", dem "Deutschen Kohl-Museum" die Rede – und gleichzeitig eine Geschichtspolitik betrieb, die auf die Herstellung einer Identität als "normale Nation" und damit auf die Loslösung von der Last des NS-Erbes zielte. Der im Sommer 1986 mit dem Feuilleton-Schlagabtausch von Ernst Nolte und Jürgen Habermas beginnende "Historikerstreit" verstärkte diese Befürchtungen noch, fanden in diesem Rahmen doch ebenfalls Relativierungsversuche der nationalsozialistischen Vergangenheit statt. Die Debatte um das Deutsche Historische Museum und der "Historikerstreit" griffen zum Teil auch ineinander. Dies zeigt sich nicht nur darin, dass Habermas bei der Anhörung der SPD-Bundestagsfraktion Anfang Juli dabei war, sondern dass er dort auch seine wenige Tage später als Antwort auf Nolte in der Zeit veröffentlichten Thesen vortrug.
Ein Gegenmuseum?
Ein weiterer Aspekt, der in der Bundesrepublik bei der Diskussion um das Deutsche Historische Museum relevant wurde, hing mit der durch den Systemkonflikt bedingten Rivalität der beiden deutschen Staaten zusammen. So wurde auch diskutiert, inwiefern das Deutsche Historische Museum ein Gegenmodell oder Gegenmuseum zu dem in Ostberlin bereits seit 1952 bestehenden Museum für deutsche Geschichte werden sollte. Richard von Weizsäcker sprach als Regierender Bürgermeister von Berlin 1982 beispielsweise von einem "Museums-Gegenmodell" zu dem ostdeutschen Museum, das "als Beweis für die Richtigkeit der marxistisch-leninistischen Geschichtsauffassung konzipiert" sei; "diese Art von geistigem Wettbewerb" gehöre "zu den legitimen Aufgaben, die wir in Berlin wahrzunehmen haben". Der Schriftsteller Günter Grass warnte in diesem Zusammenhang vor der "Gefahr […], reflexhaft [zu] reagieren: Weil es in der DDR, in Ost-Berlin ein Historisches Museum gibt und weil man in der DDR […] mit einer bestimmten ideologischen Prägung Geschichte darstellt, müssen wir ein gleiches tun, selbstverständlich pluralistisch. Aber am Ende kommt dann doch etwas Gegen-Ideologiehaftes heraus." Ein erstes Gutachten, das zu dem westdeutschen Museum im Januar 1982 verfasst worden war, sprach sich gegen eine Gegenpositionierung aus und schlug sogar eine Kooperation mit der DDR vor. So hieß es in der Denkschrift der Historiker Hartmut Boockmann, Eberhard Jäckel, Hagen Schulze und Michael Stürmer,
"daß das Deutsche Historische Museum sich nicht als frontales Gegenstück zum Museum für Deutsche Geschichte in Ost-Berlin verstehen sollte; es geht um Fragestellungen auf anderer Ebene, Identitätsfindung im Dialog und auch um eine Ergänzung, die sich allerdings nicht als Fragment, sondern als in sich abgerundetes Ganzes darstellt. Eine Zusammenarbeit mit der DDR und besonders mit dem Museum für Deutsche Geschichte […] sollte nach Möglichkeit angestrebt werden."
In den späteren Entwürfen für die Museumskonzeption finden sich zu diesem Gedanken dann jedoch keine weiteren Ausführungen mehr. Die DDR ihrerseits erklärte wiederum, gewissermaßen vorsorglich, zwei schon länger geplante Museen zu Gegenprojekten zu dem Westberliner Museum: das Museum für Geschichte der DDR und das Marx-Engels-Museum, die beide in Ostberlin entstehen sollten. Die Konkurrenz zwischen Ost- und Westdeutschland hatte demnach auch Mitte der 1980er Jahre durchaus noch ihre Wirkung, auch im musealen Bereich.
Medial fand die Diskussion um das bundesrepublikanische Deutsche Historische Museum in der DDR aber dennoch eher wenig Niederschlag. Im SED-Organ Neues Deutschland und in der Berliner Zeitung findet sich hauptsächlich ein einschlägiger (identischer) Artikel dazu, der die bezeichnende Überschrift trug: "Das Deutsche Historische Museum oder: Wehret den Anfängen". Hierbei handelte es sich jedoch nicht um einen Kommentar von ostdeutscher Seite, sondern um einen Bericht über die Reaktionen in Österreich auf die westdeutschen Museumspläne und auch auf Erdmanns These. Die Staatsgrenze wurde hier diskursiv also quasi doppelt überschritten. Im Wesentlichen wurde in dem Bericht ein Zeitungsartikel aus der österreichischen Tageszeitung Die Presse wiedergegeben, der die kritischen Stimmen der österreichischen Historiker zusammenfasste und zwei Äußerungen von ministerieller Seite enthielt. Inhaltlich wich der Bericht im Neuen Deutschland kaum von dem Presse-Artikel ab, hob die Angelegenheit aber stärker auf die staatliche und zwischenstaatliche Ebene, sodass diese fast wie eine diplomatische Krise erschien, die sich zwischen Bundesrepublik und Österreich anbahnte. So hieß es einleitend in dem DDR-Artikel, Österreich, also im Grunde das gesamte Land, betrachte das Konzept des Bundeskanzlers für die Geschichtsdarstellung im Deutschen Historischen Museum mit "großer Skepsis" und lehne es zum Teil "scharf" ab. Zitiert wurde außer den Historikerstimmen ein Vertreter des österreichischen Außenministeriums, der Sektionschef für Auslandskultur Wolfgang Schallenberg, mit der Aussage: "Für mich beginnt die Eigenständigkeit Österreichs mit dem Privilegium Minus". Mit der Nennung dieser Kaiserurkunde von 1156, die die Mark Ostarrîchi zu einem unabhängigen Herzogtum machte und als eines der Gründungsdokumente Österreichs angesehen wird, zog Schallenberg also schon für das 12. Jahrhundert eine Grenze zwischen der deutschen und der österreichischen Geschichte. Der Artikel des Neuen Deutschland schloss dann mit der Verlautbarung des österreichischen Wissenschaftsministeriums, dass es sich insgesamt um eine „sehr delikate Situation“ handle. Die Überschrift griff in dem Zusatz "Wehret den Anfängen" ein Zitat von Helmut Rumpler über Erdmanns These auf und lässt sich auch als gegen die Bundesrepublik gerichtet verstehen; denn in dieser Akzentuierung spielte die DDR damit auch auf revanchistisch-reaktionäre Tendenzen an, die sie in Westdeutschland immer wieder ausmachte und dem Nachbarstaat vorwarf.
Gerade vor dem Hintergrund, dass sich die Debatte um das Deutsche Historische Museum und Erdmann propagandistisch verwerten ließ, wie auch in dem zitierten Artikel deutlich wird, fiel die Reaktion in der DDR mit diesem einen, nur indirekten Kommentar aber relativ zurückhaltend aus. Dies fällt umso mehr auf, als Erdmanns These den ostdeutschen Staat ja auch direkt betraf. Dies könnte man darauf zurückführen, dass das Verhältnis der beiden deutschen Staaten zu diesem Zeitpunkt, Mitte der 1980er Jahre, nicht mehr so konfrontativ war wie in den Jahrzehnten zuvor. Allerdings fiel die DDR kurze Zeit später wieder deutlich in ihre "Anti-BRD"-Rhetorik zurück, beispielsweise 1988 beim Skandal um den damaligen Bundestagspräsidenten Philipp Jenninger und seine Rede zum 50. Jahrestag der Novemberpogrome. Diese Rede sei, so das Neue Deutschland, "kein Ausrutscher", sondern Ausdruck des allenthalben in der Bundesrepublik vorhandenen Revisionismus, der sich auch in der mangelhaften Verfolgung von NS-Verbrechen und im Erstarken der neonazistischen Bewegung spiegele: "Man hat Vergangenheitsbewältigung deklamiert und das Entscheidende nicht getan in dieser BRD: den Schoß herauszureißen, aus dem das braune Verbrechen kroch."
Auf die westdeutschen Planungen für das Deutsche Historische Museum hatte der SED-Staat außerdem, wie erwähnt, mit Plänen zu Gegenmuseen reagiert. Andere Überlegungen, dass die DDR in Erdmanns These der drei Staaten schließlich als Staat anerkannt wurde, sie diese von daher auch positiv sehen konnte und vielleicht deshalb nicht so starke Kritik übte, kollidieren wiederum mit der Vorstellung einer "sozialistischen Nation", die das SED-Regime propagierte und die bei Erdmann, der von zwei Nationen – einer deutschen und einer österreichischen – ausging, eben nicht vorgesehen war. Auch wurde mit der Schilderung der ablehnenden österreichischen Reaktionen auf die These in den DDR-Zeitungen diese ja durchaus, wenn auch nicht unmittelbar, kritisiert, also keineswegs positiv gewertet.
Als Museumskonzept unwirksam
Anscheinend wurde Erdmanns These in der DDR letztlich aber keine allzu hohe Bedeutung beigemessen; wichtiger waren die deutsch-deutschen Konkurrenzen hinsichtlich der generellen Deutungshoheit über die Geschichte, wie dies in der Umwidmung der in Ostberlin geplanten Geschichtsmuseen zu Gegenmuseen zum Deutschen Historischen Museum seinen Ausdruck fand. Auch in der Bundesrepublik war Erdmanns Forschungsansatz am Ende kaum relevant für die Museumsdiskussion. Hier standen Fragen nach dem Ausstellungsnarrativ, insbesondere der Darstellung des Nationalsozialismus, nach der Verbindlichkeit von Geschichtsbildern beziehungsweise der Gefahr von deren Aufoktroyierung und ebenso die deutsch-deutsche Dimension im Vordergrund. In Österreich dagegen entwickelte sich Erdmanns These von "Drei Staaten – zwei Nationen – ein Volk" zu einem zentralen Kritikpunkt der westdeutschen Museumspläne – obwohl oder gerade weil diese an eigentlich überholte Sichtweisen anknüpfte und von daher eher im übertragenen Sinne ein Konzept "fürs Museum", da selbst quasi museumsreif, war. Mit Blick auf die Dreierbeziehung von Bundesrepublik, DDR und Österreich, in der Österreich mit seinem Neutralitätsstatus im Ost-West-Konflikt eine gewisse Mittelstellung einnahm, aufgrund seiner Westorientierung aber der Bundesrepublik grundsätzlich näher stand, ergibt sich damit auch die eher untypische Konstellation von österreichischen Einwänden gegen ein westdeutsches Geschichtskonzept bei nur indirekten Reaktionen der DDR. In der 2006 eröffneten Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums spielt Österreich übrigens eine eher marginalisierte Rolle. Ob oder inwiefern sich dies unter dem seit Mitte April dieses Jahres amtierenden Präsidenten, dem Schweizer Historiker und ehemaligen Leiter unter anderem des Jüdischen Museums Frankfurt am Main, Raphael Gross, zukünftig ändert, wird sich zeigen. Die Dauerausstellung soll jedenfalls neu gestaltet werden., letzter Zugriff am 19.4.2017. Gross war außerdem Direktor des Leo Baeck-Instituts in London (2001–2015), des Fritz Bauer-Instituts in Frankfurt (2007–2015) und des Simon-Dubnow-Instituts in Leipzig (2015–2017).
Zitierweise: Katrin Hammerstein, "Drei Staaten – zwei Nationen – ein Volk" – ein Konzept "fürs Museum"? In: Deutschland Archiv, 4.5.2017, www.bpb.de/247587