DA: Was war die wichtigste Erkenntnis, die Sie auf der Deutschlandforschertagung gewonnen haben? Welcher Beitrag in Ihrer Sektion war besonders interessant oder überraschend?
Dr. Andreas Malycha: Wie bei allen vorangegangenen Deutschlandforschertagungen schien mir die innerwissenschaftliche Kommunikation sehr wichtig, die in diesem Rahmen sehr gut möglich ist. Der Austausch über derzeitige und künftige Forschungsthemen ist gerade für die deutsche Zeitgeschichte angesichts der schwer zu überblickenden Quantität der Forschung unbedingt notwendig. Besonders interessant war aus meiner Sicht der Beitrag über die Erinnerungskultur im ehemaligen Grenzgebiet Geisa-Rasdorf von Maximilian Kutzner, weil er zeigte, welche Erinnerungen im Gedächtnis haften geblieben sind und welche eben nicht. Es wurde deutlich, welchen Wert Oral History-Studien für die Zeitgeschichte haben können.
DA: Hat die (überwundene) Teilung Deutschlands noch eine Relevanz für die nachfolgenden Generationen oder wird die DDR rückblickend nur eine Fußnote der Geschichte bleiben?
Dr. Andreas Malycha: In der Erinnerungskultur sollte die überwundene Teilung Deutschlands ihren festen Platz behalten, um der sicherlich stärker aufkommenden Tendenz entgegenzuwirken, die DDR nur noch als Fußnote zu betrachten.
DA: Wie muss DDR-Geschichte im Sinne der politischen Bildung vermittelt werden, um die Nach-Wende-Generation und insbesondere Menschen mit Migrationshintergrund zu erreichen?
Dr. Andreas Malycha: Für Menschen mit Migrationshintergrund könnten in der politischen Bildung Anknüpfungspunkte an die Geschichte ihrer Herkunftsländer gesucht werden. Möglicherweise gibt es dabei historische Erfahrungen, die bei der Integration in die Mehrheitsgesellschaft genutzt werden können.
DA: In seinem Einführungsvortrag hat Christoph Kleßmann gefordert, die Geschichte der beiden deutschen Staaten nicht unabhängig voneinander zu betrachten. Warum brauchen wir eine solche integrierte deutsche Nachkriegsgeschichte?
Dr. Andreas Malycha: Um nicht nur die Sehnsucht nach gesellschaftlichem Wandel der Ostdeutschen im Herbst 1989, sondern auch so manche politische Entscheidung in der deutschen Nachkriegsgeschichte verstehen und einordnen zu können, wird die Geschichte der beiden deutschen Staaten nicht voneinander losgelöst betrachtet werden können.