In den kommenden Wochen werden wir auf vielen Wegen und in zahlreichen Medien mit allen unverzichtbaren und lässlichen Details zu den Olympischen Sommerspielen in London versorgt werden. Gewiss werden wir dabei auch – wenn vielleicht auch nur auf Arte – erfahren, dass bereits 1908 und 1948 Olympische Sommerspiele in der englischen Hauptstadt ausgetragen wurden.
In diesem Zusammenhang wird uns vermutlich erklärt werden, warum 1908 die Spiele insgesamt 193 Tage dauerten und die Marathondistanz seitdem exakt 42,195 km beträgt. Auch die Tatsache, dass 1948 bei den ersten Sommerspielen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zwar keine deutschen Sportlerinnen und Sportler zugelassen, sehr wohl aber deutsche Sportfunktionäre anwesend waren, dürfte uns näher gebracht werden – eventuell sogar von Menschen, die per Insert als Sporthistorikerin oder Sporthistoriker ausgewiesen werden. Es gibt sie also doch noch, diese rare und flüchtige Spezies von Experten, die sich professionell oder zumindest semi-professionell mit der Entwicklung des Sports und seinen kulturellen, politischen und sozialen Voraussetzungen wie Implikationen im historischen Kontext befasst.
Allein, dass dies an dieser Stelle derart betont werden muss, weist auf Entwicklungen hin, welche noch vor 20 Jahren kaum denkbar schienen: Noch zu Beginn der 1990er-Jahre beklagte zwar die Zunft der Sporthistorikerinnen und -historiker beinahe rituell die defizitäre Wahrnehmung sowie Anerkennung durch die Allgemeingeschichte und litt unter mangelnder öffentlicher Aufmerksamkeit, sie war jedoch universitär vergleichsweise gut etabliert. Heute werden sporthistorische Fragen und Themen dagegen publizistisch und museal in einem weitaus stärkeren Maße aufgegriffen, doch aus den universitären Stellenplänen und Curricula ist die Sportgeschichte mittlerweile beinahe gänzlich eliminiert worden. Und so bewegt sich das Fach momentan im Paradoxon von Entakademisierung und wachsendem öffentlichen Interesse.
Die Entakademisierung der Sportgeschichte
Die Geschichte von Körperkultur und Sport zählte traditionell zu den zentralen Inhalten der Turn- und dann später auch der Sportlehrerausbildung, die zunächst noch im außeruniversitären Raum stattfand.
In diese Zeit fallen auch die Gründung einer eigenen wissenschaftlichen Vertretung, der Sektion Sportgeschichte innerhalb der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs, 1981), die seitdem jährlich Tagungen veranstaltet, und die erstmalige Herausgabe von Fachzeitschriften: "Stadion" (seit 1975) und der "Sozial- und Zeitgeschichte des Sports" (seit 1987), heute "SportZeiten".
Etwaige Hoffnungen, mit der Wiedervereinigung Deutschlands würde die Sportgeschichte als akademische Disziplin ihren Stellenwert sogar noch ausbauen können, weil sie für die wissenschaftshistorische und allgemeine "Aufarbeitung" des Sports in den beiden Teilen Deutschlands benötigt werden würde, wurden schnell enttäuscht. Zwar war Sportgeschichte an allen Instituten für Körpererziehung der Universitäten der DDR und natürlich auch an der Deutschen Hochschule für Körperkultur (DHfK) in Leipzig breit gelehrt worden, besaßen einzelne ihrer ostdeutschen Vertreter auch in der Bundesrepublik und international einen guten Ruf, doch war sie vielfach als
"Die 1500 Mitglieder des Übungsverbandes der ASV [Armeesportverein] 'Vorwärts' gestalteten das Abschlußbild ihrer Vorführungen zur Sportschau im Leipziger Zentralstadion unter der Losung 'Stärkt unsere DDR'." (Originaltext ADN), 30. Juli 1977. (© Bundesarchiv, Bild 183-S0730-104; Foto: Peter Koard)
"Die 1500 Mitglieder des Übungsverbandes der ASV [Armeesportverein] 'Vorwärts' gestalteten das Abschlußbild ihrer Vorführungen zur Sportschau im Leipziger Zentralstadion unter der Losung 'Stärkt unsere DDR'." (Originaltext ADN), 30. Juli 1977. (© Bundesarchiv, Bild 183-S0730-104; Foto: Peter Koard)
"Legitimationswissenschaft" missbraucht worden und galt aufgrund ihrer ideologischen Ausrichtung auf den Marxismus-Leninismus nun als derart belastet, dass auch aus diesen Gründen entsprechende Lehrstühle "abgewickelt" bzw. nicht wieder mit Sporthistorikern besetzt wurden.
Auch in Westdeutschland wurden seit den 1990er-Jahren Professuren und andere akademische Stellen für Sportgeschichte umgewidmet und zumeist der Sportpädagogik zugeschlagen, sodass es heute in der gesamten bundesdeutschen Universitätslandschaft im Zeichen von verkürzten Studienzeiten, Credit-Points, Bachelor und Master keinen Platz mehr für eine sporthistorische Lehre zu geben scheint und nur noch eine Professur explizit für Sportgeschichte (an der Deutschen Sporthochschule in Köln) denominiert ist. Die akademische Lehre und Forschung in der Sportgeschichte werden daher nun in erster Linie quasi nebenbei von Professorinnen und Professoren sowie ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern getragen, die schon qua Stellenbeschreibung primär anderen Disziplinen wie der Sportpädagogik verpflichtet sind. Dass dies bei allem Engagement und auch persönlichen Interessen nicht ohne Auswirkungen auf den Umfang und auf die Qualität von Lehre und Forschung in der Sportgeschichte bleiben kann, dass sich auf diese Weise keine kontinuierlich betreuten Forschungsschwerpunkte und vor allem auch kein akademischer Nachwuchs, geschweige denn etwaige "Schulen" in diesem Bereich bilden können, dürfte selbst Bildungs- und Wissenschaftspolitikern einsichtig sein. Innerhalb der Sportwissenschaften ist die Sportgeschichte zunehmend marginalisiert. Ihr langsames Absterben als wissenschaftliche Disziplin wird billigend in Kauf genommen, ohne dass sich dagegen angesichts der Verteilungskämpfe innerhalb der anderen sportwissenschaftlichen Disziplinen ernsthaft Widerstand regen würde.
Sportgeschichte als Thema der Geschichtswissenschaften
Nun ließe sich berechtigt hoffen und erwarten, dass der Sport als Thema und Untersuchungsfeld mit seinen politik-, sozial-, ideen-, kultur-, körper-, geschlechts-, medien- und mentalitätsgeschichtlichen Bezügen längst auch in der allgemeinen Geschichtswissenschaft angekommen wäre und aufgegriffen würde und somit die Entakademisierung der Sportgeschichte innerhalb der Sportwissenschaften ein wenig kompensiert werden könnte. Und natürlich widmen sich einzelne Historikerinnen und Historiker sowie Forschungsprojekte immer mal wieder auch dem Sport, doch von einer breiten Aufnahme und von einem kontinuierlichen Forschungsinteresse kann bislang leider nicht die Rede sein. So offenbart eine Analyse von zeithistorischen Überblicksdarstellungen und einschlägigen Fachzeitschriften eine weitgehende Ignoranz von sporthistorischen Fragestellungen, Themen und Erkenntnissen innerhalb der Geschichtswissenschaften.
In Hans-Ulrich Wehlers fünftem Band der "Deutschen Gesellschaftsgeschichte" beispielsweise, der sich den Jahren 1949–1990 widmet und den "vier Achsen" "Wirtschaft", "Soziale Ungleichheit", "politische Herrschaft" und "Kultur" folgen will, fehlt der Sport völlig, auch wenn einem gerade angesichts der vorgegebenen Strukturierung zahlreiche
Einmarsch der DDR-Mannschaft bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in München, 26. August 1972. (© picture-alliance, dpa-Sportreport)
Einmarsch der DDR-Mannschaft bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in München, 26. August 1972. (© picture-alliance, dpa-Sportreport)
Bezugspunkte zum Sport in der BRD und der DDR nach 1949 einfallen.
Beinahe noch frappierender ist die Erkenntnis, dass auch in den Darstellungen zur DDR-Geschichte der Sport kaum thematisiert wird, was seinem hohen Stellenwert in Gesellschaft, Kultur und Politik der DDR sicherlich keineswegs entspricht.
Auch die Auswertung von allgemein- und zeithistorischen Zeitschriften bringt hinsichtlich der Berücksichtigung von sporthistorischen Themen aus Sicht der Sportgeschichte wenig Hoffnungsvolles zutage: So sind zum Beispiel in "Geschichte und Gesellschaft" zuletzt drei Schwerpunkt-Hefte mit den Überschriften "Körpergeschichte" (4/2000), "Geschichte der Gefühle" (2/2009) und "Gefühle, Emotionen und visuelle Bilder" (1/2011) erschienen, in denen man spontan auch sporthistorische Aufsätze vermuten würde, doch – Fehlanzeige!
Ein Blick in die Jahresinhaltsverzeichnisse anderer anerkannter geschichtswissenschaftlicher Zeitschriften bestätigt das weitgehende Desinteresse an der Sportgeschichte. Selbst Rezensionen von sporthistorischen Büchern sind hier kaum zu identifizieren. Einzig die "Zeitschrift für Geschichtswissenschaften" widmete sich 2011 in einem eigenen Heft der Debatte um den umstrittenen Sportfunktionär Carl Diem, seiner Rezeption und dem Thema Antisemitismus in der deutschen Turn- und Sportgeschichte.
Es ist sicherlich auch kein Zufall, dass neben dem "Deutschland Archiv", das sich immer wieder für sporthistorische Themen offen zeigt, lediglich in der populärwissenschaftlichen Zeitschrift "Damals. Das Magazin für Geschichte und Kultur" eine nennenswerte Anzahl von sporthistorischen Beiträgen festzustellen war. Vor allem die Zeitgeschichte des Sports ist offenbar für die meisten Historikerinnen und Historikern immer noch ein Thema, welches man lieber den Journalisten überlässt, als hierzu selbst seriös zu forschen und zu publizieren.
Von einer "Hinwendung der allgemeinen Geschichte zum Sport" zu sprechen, wie dies der der Sportgeschichte zugetane Stuttgarter Historiker Wolfram Pyta tut, erscheint in diesem Lichte beinahe auf jeden Fall als beschönigend.
Dabei wähnten sich die deutschen Sporthistorikerinnen und -historiker schon einmal deutlich weiter. In den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts hatten sie mit zahlreichen und umfangreichen Veröffentlichungen zur Arbeitersportgeschichte als Teil der Arbeiterkulturbewegung und zur Aufarbeitung der Geschichte des Sports und seiner "Führer" in der Zeit des Nationalsozialismus ihre Anschlussfähigkeit und die ihrer Themen an die Geschichtswissenschaft unter Beweis gestellt.
36. Berlin-Marathon 2009: Läufer passieren das Brandenburger Tor. (© picture-alliance/AP)
36. Berlin-Marathon 2009: Läufer passieren das Brandenburger Tor. (© picture-alliance/AP)
Verbreitung des modernen Sports in der englischen und deutschen Gesellschaft veröffentlichte, wurde dies – trotz einiger Kritik im Detail – von der deutschen Sporthistorikerzunft fast schon als "Missing Link" zwischen der allgemeinen und der Sportgeschichtswissenschaft und als Aufnahme in den Schoß der bisherigen Stiefmutter "Geschichtswissenschaft" gefeiert.
Doch haben sich diese Hoffnungen – wie oben schon gezeigt wurde – kaum erfüllt. Mittlerweile arbeiten die Geschichtswissenschaften und die Sportgeschichtswissenschaft mit wenigen Ausnahmen wieder mehr oder weniger nebeneinander her, wobei die Sporthistorikerinnen und Sporthistoriker angesichts der dünnen Stellenausstattung zwangsläufig den schwächeren Part einnehmen müssen. Zwar hat sich auch die deutsche Sporthistoriker-Zunft längst für kulturwissenschaftliche Ansätze geöffnet
Anstöße aus Politik und Gesellschaft
Wichtige Anstöße und dann auch Aufträge sowie Drittmittelfinanzierungen für sporthistorische Projekte, ohne die die sportgeschichtliche Landschaft deutlich ärmer dastehen würde, sind in den letzten 20 Jahren aus Politik und Gesellschaft erwachsen.
Dies begann mit der umfangreichen Untersuchung des Sports und der Sportpolitik in der DDR, die auf eine Empfehlung der Enquete-Kommission "Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur" und auf Anregungen des Sportausschusses des Deutschen Bundestages zurückging. Die daraus resultierenden Forschungsprojekte wurden vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft, welches dem Bundesinnenministerium unterstellt ist, finanziell gefördert. Mittlerweile sind aus diesen Projekten zahlreiche Aufsätze und Monografien zur Genese und Formierung des DDR-Sports
Waren bereits die diversen Projekte zur Geschichte des DDR-Sports, die an verschiedenen Hochschulstandorten (unter anderem in Göttingen, Potsdam und Hannover) durchgeführt wurden, in ihrer Ausschreibung, ihren Grundannahmen, Konzeptionen, Durchführungen (Mitarbeiterauswahl, Stellenwert der Zeitzeugen) und Ergebnissen nicht unumstritten, so offenbarte ein weiteres sporthistorisches "Aufarbeitungsprojekt" die grundsätzlichen Wahrnehmungsprobleme einer nicht genuin universitär initiierten Forschung: 2001 beauftragte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) den Bonner Historiker Nils Havemann, die Rolle und Verstrickung des weltweit größten Sportfachverbandes im "Dritten Reich" zu untersuchen. Havemann legte seine Ergebnisse in der 2005 veröffentlichten Monografie "Fußball unterm Hakenkreuz. Der DFB zwischen Sport, Politik und Kommerz" vor. Seine Schlussfolgerung, Anpassung und "Selbst"-Gleichschaltung des DFB seien keineswegs Ausdruck einer besonderen ideologischen Nähe zum Nationalsozialismus, sondern ökonomisch bzw. aus einem Selbsterhaltungstrieb begründet gewesen, löste einen Fußballhistorikerstreit aus, in dem Kritiker Havemann mehr oder weniger offen vorwarfen, "Auftragsforschung" im Sinne einer Reinwaschung für den DFB betrieben zu haben.
Ebenfalls nahezu einen Sporthistorikerstreit verursachte ein weiteres sportgeschichtliches Projekt, welches von der Deutschen Sporthochschule Köln und dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) in Auftrag gegeben und von der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung mitfinanziert wurde: die Erstellung einer methodisch fundierten und quellengestützten Biografie zu "Leben und Werk" des
Carl Diem (r.) zusammen mit dem Staatssekretär Theodor Lewald als Führer der deutschen Olympiamannschaft in St. Moritz, Februar 1928. (© Bundesarchiv, Bild 102-05459; Foto: Georg Pahl)
Carl Diem (r.) zusammen mit dem Staatssekretär Theodor Lewald als Führer der deutschen Olympiamannschaft in St. Moritz, Februar 1928. (© Bundesarchiv, Bild 102-05459; Foto: Georg Pahl)
Sportfunktionärs Carl Diem, der vom Kaiserreich bis in die Bundesrepublik maßgeblich den deutschen Sport geprägt hatte, dessen Rolle aber vor allem in der Zeit des Nationalsozialismus umstritten war und ist. An letzterem haben auch die mittlerweile vorgelegten vier Teilbiografien als Ergebnisse des Projektes aus der Feder des Münsteraner Historikers Frank Becker wenig geändert.
Im Überblick erstaunt, wie viel Konfliktpotenzial offenbar in zeithistorischen Projekten des Sports verborgen liegt. Dies verweist meines Erachtens auf zweierlei: zum einen auf die vermeintliche Alltagsnähe und Emotionalität des Sports, zum anderen auf die Tatsache, dass implizit wohl immer noch vielfach angenommen wird, sporthistorische Phänomene ließen sich alltagstheoretisch und ohne die Anwendung geschichtswissenschaftlicher Standards erklären.
Dass auch die beiden momentan laufenden Teilprojekte der Universität Münster und der Humboldt-Universität zu Berlin zum "Doping in Deutschland von 1950 bis heute aus historisch-soziologischer Sicht im Kontext ethischer Legitimation", wie der sperrige Ausschreibungstitel vollständig heißt
Weitere größere sporthistorische Projekte, die weitgehend über Drittmittel finanziert werden, sind am Historischen Institut der Universität Stuttgart ("Die Kulturgeschichte der Fußball-Bundesliga" mit Mitteln der Fritz Thyssen Stiftung) und am Institut für Sportwissenschaft der Universität Hannover ("Geschichte des jüdischen Sports im nationalsozialistischen Deutschland bis 1938 – unter besonderer Berücksichtigung des heutigen Niedersachsen", gefördert vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur und der VolkswagenStiftung
Darüber hinaus hat der DFB bereits angekündigt, nun auch die Geschichte des Fußballsports in der DDR wissenschaftlich untersuchen lassen zu wollen.
Mit diesem kurzen Überblick über größere abgeschlossene, laufende oder geplante Projekte mit zeitgeschichtlichen Fragestellungen des Sports sollte gezeigt werden, dass angesichts des zunehmenden Rückbaus der Sportgeschichte als akademische Disziplin derartige Vorhaben mittlerweile fast ausschließlich auf Anstöße und Finanzierung aus dem politischen und verbandlichen Raum angewiesen sind, was wiederum zwangsläufig den Vorwurf der Auftragsforschung impliziert, sofern nicht politisch neutrale Stiftungen in die Bresche springen. Eine weitere Folge ist, dass die Forschungen in diesen Bereichen mit Abgabe der jeweiligen Endberichte – mit Ausnahme weniger nachfolgenden Qualifizierungsarbeiten – quasi zum Erliegen kommen, da keine Lehrstühle vorhanden sind, die sie sinnvoll mit Eigenmitteln weiterführen könnten.
Sporthistorisches Arbeiten im außerakademischen Raum
Oben wurde bereits gesagt, dass das öffentliche Interesse an und das Verständnis für Sportgeschichte in den letzten Jahrzehnten erheblich gewachsen sind. Dies äußert sich unter anderem in populären Sachbüchern vornehmlich zur Fußballgeschichte, in Spiel-, Fernseh- und Dokumentarfilmen
"Wir gegen uns: Sport im geteilten Deutschland". Cover des Begleitbuches zur gleichnamigen Ausstellung (© Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland)
"Wir gegen uns: Sport im geteilten Deutschland". Cover des Begleitbuches zur gleichnamigen Ausstellung (© Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland)
"Wir gegen uns. Sport im geteilten Deutschland" im Haus der Geschichte Bonn bzw. Leipzig
Eigene Sportmuseen mit Dauer- und Sonderausstellungen und breitem Sammlungsschwerpunkt existieren mittlerweile in Köln (Deutsches Sport- und Olympiamuseum), Leipzig (Sportmuseum Leipzig) und Berlin (Sportmuseum Berlin). Darüber hinaus sind zahlreiche kleinere Museen entstanden, die sich einzelnen Sportarten, einem spezifischen Raum oder einem bestimmten Verein (zumeist im Fußball) widmen.
Und schließlich haben sich vielerorts professionelle, halb-professionelle und autodidaktische Sporthistorikerinnen und Sporthistoriker zusammengefunden, die in überwiegend ehrenamtlicher Arbeit zumeist in eingetragenen Vereinen wert- und verdienstvolle Leistungen für die Sportgeschichtsschreibung erbringen. Dazu zählen das Niedersächsische Institut für Sportgeschichte (1981 gegründet) und das Institut für Sportgeschichte Baden-Württemberg (gegründet 1993). Beide haben sich der Sammlung, Bewahrung und Dokumentation von sporthistorisch relevanten Materialien verpflichtet. Darüber hinaus unterstützen, schulen und beraten sich Vereinsarchivare und -chronisten bei ihrer Arbeit und der Erstellung von Festschriften und tragen auf diese Weise ein Geschichtsbewusstsein in die Turn- und Sportvereine.
In Berlin ist 2004 das Zentrum für deutsche Sportgeschichte Berlin-Brandenburg e. V. gegründet worden, das vor allem mit zahlreichen Ausstellungen auf sich aufmerksam gemacht hat und für seine Arbeit 2010 mit dem Einheitspreis der Bundeszentrale für politische Bildung ausgezeichnet wurde.
Die außeruniversitären sporthistorischen Einrichtungen und Vereine haben sich mittlerweile in der "Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Sportmuseen, Sportarchive und Sportsammlungen" organisiert, die ebenfalls jährliche Tagungen zu unterschiedlichen Aspekten der Sportgeschichte ausrichtet.
Perspektiven der Sportgeschichtsschreibung
Die Sportgeschichte lebt also noch, und zwar in verschiedenen Bezügen vor allem des außeruniversitären Raums
Ob die rein kulturwissenschaftliche Herangehensweise, wie sie jetzt zum Beispiel dem DFG-Projekt "Sport-Körper-Subjekt" zugrundeliegt, in dem Sportgeschichte vornehmlich als Körpergeschichte verstanden wird und anhand von körperlichen Praktiken und performativen Leistungen Kategorien und Zuschreibungen von "Rasse", "Klasse" und "Geschlecht" erschlossen werden sollen