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Wir haben unser Leben am Staat vorbei gelebt | Weltfestspiele 1973 | bpb.de

Weltfestspiele 1973 Einführung Video-Interviews mit Zeitzeugen I Der Umgang mit der DDR war nicht fair Wir haben unser Leben am Staat vorbei gelebt Neugierde auf eine "fremde Welt" Der Bessere hat gewonnen Keiner will die DDR wiederhaben, aber keiner will ohne Vergangenheit sein Hinterher war alles beim Alten Lieber Kneipen in Westberlin als Weltfestspiele in der DDR Das Erlebnis einer DDR, die nicht so muffig war "Wie hälst du es mit den Freiheitsrechten?" Einfach mal die andere Seite der Stadt kennen lernen Es war ganz sicher Woodstock Der Wunsch nach Offenheit kann ansteckend sein Video-Interviews mit Zeitzeugen II Erwartet wurde eine klare Niederlage Urlaub von der DDR Ostalgie als Standard-Sehnsucht Mich hat die neue Zeit geküsst Heutzutage ist die kulturelle Vielfalt überall Die Weltfestspiele als Satire Wie ein Rausch und die Flachtrommel mit dabei Dem SED-Mann gingen die FDJler von der Stange Freiheiten des Alltags Das Thema ist immer Kapitalismus und Sozialismus gewesen Die Weltfestspiele damals und heute Chronik Das Jahr 1973 Weltfestspiele in Zahlen und Fakten Hinter den Kulissen des X. Festivals ND-Titelblatt vom 29. Juli 1973

Wir haben unser Leben am Staat vorbei gelebt Klaus Renft, Musiker

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Die "Klaus Renft Combo" hat während der Weltjugendfestspiele 1973 mehrere Konzerte gegeben. Wäre es nach den Behörden ihrer Heimatstadt Leipzig gegangen, hätte die Band gar nicht teilnehmen dürfen. Zu staatskritisch schienen die Renft-Songs.

Wir haben unser Leben am Staat vorbei gelebt

Textversion des Video-Interviews

Das war geil! Also, das gab's in der DDR noch nie, dass wir andere politische Meinungen hörten, dass wir frei diskutieren konnten. Wir konnten Texte machen wie "Ketten werden knapper" oder sowas, die wir sonst zu normalen DDR-Zeiten nie durchgekriegt hätten. Also, die waren schon viel zu kritisch. Aber das war eben da innerhalb dieser ganzen Euphonie... die DDR hat um internationale Anerkennung gekämpft und da haben die vieles toleriert, was sie dann danach auch ganz schnell wieder haben sein lassen.

Wir fühlten uns als bodenständige Sozialisten und damit auch berechtigt, die DDR da, wo es nicht in Ordnung war, zu kritisieren. Das haben wir aber dann auch ziemlich schnell zu spüren bekommen, dass das bloß eine Fantasie war, eine Sprechblase, auf deutsch gesagt. Und wir haben dann gesagt, um glaubwürdig zu sein vor'm Publikum und vor uns selber: Wir lassen uns unsere Texte nicht mehr korrigieren oder beschnippeln, oder Inhalte verbiegen. Entschärfen, wie sie es immer nannten. Und da sind wir ganz schnell... haben zu spüren bekommen, wo die Grenzen sind. Sie haben es uns dann gezeigt, indem sie uns dann Spielverbot auf Lebenszeit erteilt haben. Aber die Geschichte wollte es anders: Wir haben sie überlebt und nicht sie uns!

Es war auf jeden Fall eine Diktatur, aber auf dem Programm hieß sie ja Deutsche Demokratische Republik. Ist eigentlich ein klangvoller Name, aber es war eben halt keine demokratische Republik. Aber trotzdem hatten wir uns in das System eingelebt. Wir haben unser Leben eigentlich an dem Staat ein bißchen vorbei gemacht – so gut wie es ging. Und darum war in der Rockmusik gerade eine große Nische, wo man einfach unter sich war. Da waren Gleichgesinnte, das war ein Stückchen wie eine Insel, wo man gerade und vor allen Dingen am Wochenende, wo man dann sagte: Leckt uns doch alle mal mit eurer scheiß FDJ am Hintern! Jetzt sind wir unter uns, jetzt wird Rock'n'Roll gemacht!

Fussnoten