Lange war Leerstand. Dann lebten 617 Tage lang bis zu 1.300 Geflüchtete in den alten MfS-Büros in Berlin-Lichtenberg. Am 28. Juli 2017 zogen die letzten von ihnen wieder aus. Diktatur-Opfer an einem ungemütlichen Ort der Diktatur-Aufarbeitung. Ein Rundgang.
Eine neue Heimat? Wohl kaum. Der graue Plattenbau aus DDR-Zeiten geht nahtlos über in den wolkenverhangenen Himmel. Keine gewöhnliche "Platte" zum Bewohnen, es sind riesige Bürozweckbauten, Marke DDR. Es fehlt jedwede Infrastruktur drumherum, keine Spielplätze, keine Läden, keine Restaurants oder Kneipen. Bis 1990 gingen in diesem abgeschotteten Gebäudekomplex zwischen Ruschestraße, Magdalenenstraße und Normannenstraße Stasi-Offiziere ein und aus - bis am 15. Januar 1990 mehrere Tausend Bürger Demonstranten das Terrain symbolisch stürmten und besetzten.
Nach der Wiedervereinigung zog zeitweise die Verwaltung der Deutschen Bahn in einige der Gebäude, dann standen sie jahrelang leer. Bis zum 19. November 2015: Zahlreiche Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und dem Irak suchten Zuflucht in Deutschland, Berlins Aufnahmelager platzten aus allen Nähten. Dann fällten Bezirk und Senat über Nacht die Entscheidung, auch auf die alten Stasi-Büros zurückzugreifen - insbesondere, weil Familien dort in abgetrennten Einzelzimmern unterkommen konnten. Hals über Kopf wurden die Büros mit Betten ausgestattet.
"Es war Bezirksverordnetenversammlung an jenem Abend, als plötzlich die Ansage kam, 400 Flüchtlinge treffen in wenigen Stunden in die Ruschestraße ein. Alle begaben sich dorthin und packten mit an", erinnern sich ehrenamtliche Helfer und vergleichen die Szene mit dem Geschehen 25 Jahre zuvor. Damals, während der Friedlichen Revolution in der DDR, tagte gerade der "Runde Tisch" mit Vertretern von Opposition und Regierung, als am frühen Abend die Nachricht von der Erstürmung der Stasi die Runde machte. Fast alle Teilnehmer des Gremiums brachen damals genauso hektisch auf Richtung Ruschestraße.
Trostloses Gelände, spielplatzfrei
Die Umgebung hat sich seitdem kaum verändert, zwar sind in anderen Gebäudeteilen mittlerweile das Stasi-Archiv, das Stasi-Museum, mehrere Arztpraxen, eine Bankfiliale, ein Besuchercafé und das Arbeitsamt mit einer Filiale eingezogen und seit Juni 2016 füllt eine Dauerausstellung der Havemann-Gesellschaft über den Verlauf der Friedlichen Revolution den Innenhof. Doch ansonsten lädt der Ort kaum zum Verweilen ein, obwohl hier nunmehr Menschen leben - oder zumindest zeitweise lebten. 1.300 Geflüchtete waren es im Frühjahr 2016, fast ausnahmslos Familien. 2017 ging deren Zahl wieder stetig zurück, zuletzt waren es Anfang Juli nur noch 400. Ihr Grundproblem blieb: dies ist kein lebenswerter Ort. Und er wurde auch kaum lebenswert gemacht, obwohl sich viele Menschen dort engagierten.
Rückblende: Bei unserem ersten Besuch im April 2016 spielen Kinder in der Eingangshalle auf dem Fliesenboden, einige fahren zum Zeitvertreib auf und ab im Fahrstuhl, andere helfen beim Mülleinsammeln in den Büschen vor der Tür. Bernhardt Schmidt und Hartmut Zick vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) führen uns durchs Haus, beide sind außerordentlich engagiert, aber müssen notgedrungen oft improvisieren. Der DRK-Bezirk Treptow-Köpenick betreut die Einrichtung, einige Ehrenamtliche aus der Umgebung helfen, manche Helfer stammen auch aus dem Kreis der Flüchtlinge selber. Alltag ist zu organisieren, Verpflegung, Gesundheitsversorgung, Konfliktdeeskalation. Vor allem aus Syrien, Afghanistan und dem Irak stammen die Flüchtlinge, nicht alle Nationalitäten, Volksgruppen und Glaubensrichtungen vertragen sich.
Das DRK hat versucht händeringend Brücken zu bauen. Ein Kunstprojekt wurde in Leben gerufen, ein Nachbarschaftsfest, das Zuckerfest wurde organisiert, Filme gedreht, eine "Teenager-Insel" eingerichtet, eine Helfergruppe auf facebook gegründet (zum Schluss mit mehr als 880 Aktiven) und sogar Kleingärten wurden organisiert. Wir gehen in den fünften Stock, wo Kinder in den kahlen Gängen spielen: Fußball auf dem Stasi-Flur. Und ein Junge zeigt uns stolz seine Inliner-Künste auf dem alten Linoleum.
Wir besuchen einen kleinen Freizeitraum mit einem Tisch, vielen Bildern, einem Fernseher und gespendeten Spielsachen. Hier malen die Kinder und lernen deutsche Lieder, erklärt uns eine Mitarbeiterin.
Trotz Schulpflicht hatten die meisten Kinder zunächst keine Möglichkeit, in die Schule zu gehen. Ihnen blieb lange Zeit nur die Möglichkeit zur Teilnahme an solch raren Programmangeboten. Für Frauen und Mädchen bieten Anwohner inzwischen auch Nähkurse auf gespendeten Nähmaschinen an und manchmal winkt ein Kinoabend. An diesem Tag findet kein Kurs statt, trotzdem kommen ein paar kleine Jungen sofort auf uns zu. Unser Besuch hat sich rasch via Flurfunk herumgesprochen. Höflich reichen die Kinder uns die Hand, fragen nach unserem Namen und wie es uns geht - dafür reichen ihre Deutschkenntnisse bereits aus.
„Sie lernen schnell, saugen Deutsch förmlich auf wie ein Schwamm“, sagen unsere DRK-Begleiter. Anfangs sind die Kids schüchtern, doch schnell tauen sie auf, wir spielen gemeinsam mit ihren Spielsachen und sie zeigen uns die Bilder, die sie gemalt haben. Gerade Neuankömmlinge würden häufig dunkle Farben verwenden und viele Augen mit Tränen malen, erläutert eine syrische Betreuerin, die sich im Rahmen einer wöchentlichen Malstunde um die Kinder kümmert. Ein Bild zeigt Bomben, die auf Menschen niederfallen. Andere malen Schlauchboote - die traumatische Flucht. Bei den Kindern, die schon länger da sind, würden die Motive wechseln: viele Herzen, Fußballszenen, bunte Schmetterlinge und farbenfrohe Regenbögen sind zu sehen. Angekommen?
Sehnsucht nach Aufmerksamkeit
Das Eis ist endgültig gebrochen, als die Kinder mit unseren Kameras Fotos schießen dürfen. Aufgeregt laufen sie herum und wollen sie gar nicht wieder hergeben. Obwohl sie während des Spielens lachen, werden sie in der nächste Sekunde wieder ernst. Bei unerwarteten Berührungen zucken einige erschrocken zurück. Man merkt ihnen an, dass sie Unvorstellbares erlebt haben. Wir gehen in das nächste Stockwerk, wo ein weiterer betreuter Kurs stattfindet. Mehrere Ehrenamtliche kümmern sich um die Kinder, die in dem kleinen Raum sitzen. Einige schauen Kinderfernsehen, basteln oder füllen farbenprächtig Malbuchbilder aus. Unsere Anwesenheit verursacht Aufregung. Die ganze Zeit wollen die Kinder hochgehoben werden und wollen uns kaum gehen lassen. Es ist, als würde ihnen eine Sehnsucht erfüllt: Ihnen wird Aufmerksamkeit geschenkt.
Ähnlich geht es vielen Erwachsenen im Haus. Ihr Schicksal - interessiert das jemand? Viele verzweifeln beim langen Warten auf Termine, einige überlegen zurückzukehren. Künstler aus der Nachbarschaft haben kürzlich versucht, Kreativität zu wecken. Jetzt hängen selbstgestaltete Flaggen an den rostigen Fahnenmasten der Stasi vorm Haus und große, ausgeschnittene Buchstaben füllen ganze Fensterzeilen. Zu Lesen sind Begriffe, die Träume der Bewohner ausdrücken: Lernen, Dolmetschen, Handwerken, Tanzen, Reparieren, Handeln...
Doch solche Träume umzusetzen, fällt schwer. Weitgehend bleiben die Bewohner isoliert und manche Kooperationsprojekte im Planungszustand stecken.
Auch das alte Bürgerkomitee 15. Januar e.V., ein Aufarbeitungsverein, der sich 1992 aus einstigen Besetzern der Stasi gebildet hat, beriet ein gemeinsames politisches Aufarbeitungsprojekt. Der Verein verfügt noch über ein Büro im Haus 1 auf dem Gelände und bot zunächst an, es Flüchtlingen mit zur Verfügung zu stellen, um dort ihre erlittene Diktatur-Geschichte in einem gemeinsamen Buch zu Papier zu bringen. Als kleine Geste für Opfer einer Diktatur, die durch Zufall an einem Ort gespült worden sind, der sich der Diktaturaufarbeitung verschrieben hat. Auch ein Forschungsantrag über Kooperationen der Stasi mit Syriens Geheimdienst in den 70er und 80er Jahren wurde gestellt, Interner Link: schon damals besorgte das MfS Waffen für das Assad-Regime.
Aber die Vereinsmitglieder waren uneins, ob es ausgerechnet ihr Raum sein muss und empfahlen andere Möglichkeiten zu suchen. Ein Dutzend interessierter Geflüchteter, vor allem Kurden aus dem Syrien und Irak, zeigte sich beim ersten Vorgespräch überglücklich, machte aber auch unmissverständlich deutlich, wie groß nach wie vor Spannungen untereinander seien: "Afghanen, Syrer, Iraker - alle haben uns Kurden verfolgt", betonte die Gruppe und ging zu anderen Geflüchteten auf Distanz. Ein neutrales, allumfassendes Miteinander erwies sich als Utopie.
Betrübt zeigte sich die politisch interessierte Gruppe auch, dass das Stasi-Museum und die neue Ausstellung im Hof über die Friedliche Revolution ihnen bislang nur wenig vermitteln kann. An eine Übersetzung der Informationstafeln ins Arabische oder in Farsi hatte zunächst niemand gedacht.
"Spendet Schulranzen!"
Die Kinder folgen uns auf den Gang. Aus manchen Toiletten dringt ein unerträglicher Geruch. Einige Böden seien häufig überschwemmt. „Nicht wegen Rowdytum, sondern Überlastung“, berichtet Helmut Zick vom DRK. Die Abflussrohre des einstigen Bürokomplexes seien eben für Büroarbeiter, aber nicht für hunderte Bewohner im Dauerbetrieb konzipiert. Ein Junge kommt uns barfuß entgegen und löchert den Mitarbeiter: „Mir ist so langweilig. Wann kann ich endlich zur Schule gehen?“.
Insgesamt 650 Kinder lebten im Frühsommer 2016 in dem Flüchtlingsheim, davon waren 480 schulpflichtig. Aber nur für 50 von ihnen konnte im laufenden Schuljahr ein Unterrichtsplatz gefunden worden, die übrigen langweilten sich den ganzen Tag. Das Projekt einer eigene Inhouse-Schule scheiterte nicht an Lehrermangel, sondern im durchgenormten Schulverwaltungsdschungel, seufzt unser Begleiter vom DRK. Erst im Spätsommer 2016 entspannte sich sich die Situation etwas, alle Schulen in der Umgebung stockten auf und boten nach den Sommerferien deutlich mehr Schulplätze an. Nun fehlt etwas anderes: "Spendet Schulranzen!" bittet der Helfer vom Rotkreuz, außerdem Schreib- und Malutensilien. Nichts sei entwürdigender für Kinder, die sich so auf Schule freuen, wenn sie mit Plastiktüte oder Leinenbeutel in ihre Klasse gehen müssten und nicht gleichberechtigt mit Ranzen. Es geht um Gleichberechtigung und Würde, manchmal hängt sie nur an Symbolen.
Wir treffen den Vater des Jungen und dürfen einen Blick in das kleine Zimmer der Familie werfen. Die einzigen Einrichtungsgegenstände sind sechs Betten, ein Kind schläft sogar auf dem Boden, nur auf einem Laken. Der Vater berichtet, dass er seit sechs Monaten mit seiner Familie in diesem Heim sei. Nicht nur seine Kinder würden hier verzweifelt Zeit totschlagen. Nichts gehe voran stöhnt er, auch ihn drücke die Langeweile, zunehmend wachse Frust. In Syrien sei er ein vielbeschäftigter Bauunternehmer gewesen und vermögend, hier trotz seines Geldes - "ein Nichts". Er fürchtet, sein jüngster Sohn sei kriegstraumatisiert: Bei jedem Türknallen schrecke er zusammen, würde einnässen. Hilfe erhalte er bisher jedoch keine.
Wir reden auch mit einer Mutter, die ein blau unterlaufenes Auge hat. Was ist passiert? Sie behauptet, sie sei die Treppe hinuntergefallen. Wir glauben ihr nicht. Durch die Überlastung des Flüchtlingsheims könne Unterstützung für hilfsbedürftige Menschen nicht immer gleichermaßen gewährleistet werden, lautet die Erklärung des DRK-Mitarbeiters. Aber es würde auch durchgegriffen. Gewalt unter Flüchtlingen werde sanktioniert, auch Gewalt in der Ehe und führe zu sofortigen Hausverweisen. Das zeige Wirkung.
Improvisation versus Bürokratie
Wir fahren in den 13. Stock, wo noch ein Großteil der Zimmer leer steht. Sie seien nutzbar, doch gehörten den Betreibern des Heims noch nicht. Die Vertragsverhandlungen gingen nur schleppend voran, auch die Finanzierung sei längst noch nicht geklärt. "Zu viel Unplanbares und viel, viel Improvisation", erklärt unser Begleiter vom DRK, das überfordere die Bürokratie. Im Frühjahr 2016 sei die Zahl offener Rechnungen auf 2,5 Millionen Euro gewachsen und der engagierte DRK-Ortsverband Müggelspree fast in die Pleite gerutscht. Als wir zurück ins Erdgeschoss fahren, kommen uns Mitarbeitende entgegen, die zahlreiche Büro-Dreh-Stühle nach oben verfrachten. Der DRK-Mitarbeiter erklärt: Im 9. Stock wolle der Senat am Folgetag eine Arbeitsamt-Servicestelle für Geflüchtete eröffnen, mehrsprachig geführt. In vergleichsweise großzügigen Räumen, in denen einst der DDR-Spionagechef Markus Wolf residierte. Zu unserem Verständnis führt er aus: Irgendjemand aus Landesamt für Gesundheit und Soziales habe telefonisch angeordnet, dass die Senats- und Arbeitsamtsvertreter und -vertreterinnen am Eröffnungstag nicht auf einfacheren Stühlen sitzen sollen. Deswegen müssten DRK-Mitarbeitenden ihre Bürodrehstühle zur Verfügung stellen. Die Möbel-Schleppenden stöhnen, wertvolle Arbeitszeit werde verschwendet. Vieles laufe „leider einfach absurd“.
Zum Schluss gehen wir in den Hinterhof: Kinder kicken auf harten Asphalt, zwei Tische sind die Tore. Unter einem Vordach stehen fünf Container mit einigen Duschen, daneben wurde ein Raum mit Waschmaschinen ausgestattet, rundum in Betrieb - für bis zu 1.300 Menschen. Die Mütter der Kinder, die wir zuvor getroffen haben, waschen gerade ihre Kleidung.
Einige Mädchen vom Beginn unserer Tour laufen euphorisch auf uns zu, als sie uns wiedererkennen. Sie springen in unsere Arme, halten sich fest, küssen uns auf die Wange. Als wir gehen müssen, laufen sie mit uns vor die Tür. Sie klammern sich an uns, wollen uns nicht gehen lassen. Ein Mädchen fragt uns, wann wir wieder kommen. „Bald“, antworten wir - und ertappen uns beim Lügen, denn keiner von uns kommt aus Berlin. Wir müssen die Kinder wieder zurück ins Flüchtlingsheim lotsen. Sie stehen an der Glastür, klopfen und winken. Wir drehen uns um und lassen sie in ihrer eigenen, abgeschotteten Welt zurück. Eine Begegnung, die uns nicht mehr los lässt.
Als wir aufbrechen, beobachtet Mohamad, unser Dolmetscher, noch einen kleinen Jungen, der in einer Telefonzelle wählt und so tut als ob er telefoniere. Mit wem sprichst Du denn, fragt er. "Mit meinem Papa in Aleppo", antwortet das Kind. "Aber Du hast doch gar kein Geld. Weißt Du die Nummer?", "Ja klar". Mohamad schenkt ihm spontan ein Zwei-Eurostück, der Junge wirft es ein, tippt konzentriert die Tasten, nach einigem Läuten nimmt jemand ab und die Stimme des Kindes überschlägt sich vor Freude. Zwar hält die Verbindung nicht lange, aber der Junge strahlt wie Sonnenschein. Seine Mutter eilt irritiert hinzu. "Was hast Du gemacht?", "Ich hab' Papa gesprochen. Er lebt."
Nachsatz: Bis Ende Juli 2017 sollten alle hier noch verbliebenen Flüchtlinge in andere Sammelunterkünfte im Bezirk Lichtenberg mit Gemeinschaftsküchen umquartiert werden, das größte in der nahen Bornitzstraße, betreut von der "Volkssolidarität". Bereits am 28. Juli "um 11.50 Uhr" verließ der letzte Bus mit Bewohnern das Gelände, vermeldete anschließend die facebook-Helferseite der Ruschestraße, "nach 617 Tagen haben alle BewohnerInnen die NUK [Notunterkunft] verlassen".
Zurück blieben eine Reihe Wandbilder mit denen Kinder einige der öden Stasi-Flure und Büros heimeliger machen durften. Aus ihren oft traurigen Bildmotiven der Anfangszeit wurden am Ende Zeitzeugnisse, wie sich ihre zunächst auf Papier verarbeiteten Albträume zu Wunschträume wandelten. Keine düsteren Himmel mehr voller Bombenflieger und Explosionen sind zu sehen, sondern knallbunte Landschaften mit Sonnenschein, Schmetterlingen und Regenbögen.
Archivstandort als Zukunftsperspektive
Als Nachfolgeeinrichtung ist in der alten Stasi-Zentrale u.a. ein vielfältiges Archivzentrum im Gespräch - beispielsweise könnte neben dem Stasi-Unterlagen-Archiv künftig auch das SED-Parteiarchiv untergebracht werden. Im September 2017 zog bereits das Domaschk-Archiv der Havemann-Gesellschaft als neuer Nachbar ein, ehemalige DDR-Bürgerrechtler haben diesem öffentlichen Fach-Archiv ihre Stasi-Akten zur Verfügung gestellt.
Auf Initiative der Berliner Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher, und des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, fand einen Monat zuvor eine Standortkonferenz über das 175.000 qm große MfS-Areal statt und hob das primäre Ziel vor Ort hervor: die Errichtung eines gemeinsamen Archivzentrums des BStU und des Bundesarchives und die Entwicklung des ehemaligen MfS-Areals zu einem „Lernort für Demokratie“. Die ehemals abgeriegelte „Stadt in der Stadt“ solle sich "öffentlichkeitswirksam" öffnen, heißt es im Externer Link: Abschluss-Papier der Runde. Hier bestehe die "einmalige Gelegenheit Repression, Revolution und Aufklärung der DDR-Vergangenheit an einem Ort zu vereinen und als Leuchtturmprojekt der Stadt Berlin und historisches Gedächtnis der Nation zu etablieren". Ob sich dann auch am abschreckenden Grau der Außen-Umgebung etwas ändern würde und richtige Spielplätze und Begegnungsorte entstehen? Um die weitere Planung in die Hand zu nehmen, soll ein Standortmanagement eingerichtet werden.
Ob auch die Arbeit mit Flüchtlingen an diesem Standort weitergehen kann, blieb offen. Von Flüchtlings-Initiativen vorgeschlagen wurde ein "kommunales Integrationszentrum", in dem qualifiziert auf die unterschiedlichen Betreuungs- und Informationsbedarfe von Flüchtlingen eingegangen werden könnte. Diktatur-Opfer an einem Ort der Diktatur-Aufarbeitung. Eine große Chance zur Horizonterweiterung - nach wie vor.
Der Text entstand im Rahmen eines gemeinsamen Medienprojekts von Verband der Jugendpresse Deutschland e.V., Deutschem Bundestag und bpb im April 2016 und wurde Anfang 2018 nachaktualisiert.
Autorinnen und Autoren dieses Textes sind Juliane Kraus, Annika Schulze, Mohamad Osman und Holger Kulick. Er entstand im Rahmen eines Workshops des Verbands der Jugendpresse Deutschland e.V., dem Deutschen Bundestag und der bpb im Mai 2016, erstveröffentlicht im Jugendmagazin www.politikorange.de.
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