In der Vorweihnachtszeit des Jahres 1973 startete das DDR-Fernsehen die erste Staffel eines ihrer erfolgreichsten Serien überhaupt. "Das unsichtbare Visier" brachte es auf stabile Einschaltquoten von rund 50 Prozent und wurde bis zum Dezember 1976 mit ähnlichem Erfolg jährlich neu aufgelegt. 1977 stürzten die Zuschauerzahlen dann ab, 1979 ging die letzte Folge über den Sender. Zum Ende der Popularität kam es vor allem wohl deshalb, weil der bisherige Hauptdarsteller durch einen weit weniger charismatischen und vor allem weniger beliebten Schauspieler abgelöst worden war. Dies entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Kein Geringerer als Armin Mueller-Stahl war der Favorit des ostdeutschen TV-Publikums und sorgte als MfS-Offizier Werner Bredebusch alias Oberleutnant der Luftwaffe a.D. Achim Detjen für hohe Zuschauerzahlen. Nachdem Mueller-Stahl 1976 die Petition gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann mitunterzeichnet hatte, fiel er in Ungnade und stellte einen Ausreiseantrag. Damit war er in der Rolle eines Stasi-Mitarbeiters natürlich nicht mehr länger tragbar. Vielmehr begann sich die DDR-Geheimpolizei nun auch für ihn selbst zu interessieren.
"Das unsichtbare Visier" war ein echter "Straßenfeger", hielt viele DDR-Bürger zumindest punktuell davon ab, immer nur ARD oder die ZDF einzuschalten. Die Mischung aus Abenteuer, Spionage, Exotik und Erotik schlug für das sonst eher schwerfällige und prüde Sendeprogramm aus Berlin-Adlershof ungewöhnliche Töne an. Das Gros der Handlung fand an Orten statt, die von der normalen DDR-Bevölkerung niemals besucht werden konnten: Italien, Argentinien, Portugal, Skandinavien, Südafrika, schließlich die Bundesrepublik Deutschland, wo im Film alle Fäden der imperialistischen Machenschaften und Intrigen zusammenlaufen. Den Fernsehzuschauern wurde flotte Unterhaltung im Stil von James-Bond-Filmen geboten, dabei gleichzeitig suggeriert, dass es sich quasi um eine "saubere Agententätigkeit" handele. Immerhin ging es ja um die Rettung des "Weltfriedens". Und einen Auslandsgeheimdienst leistet sich schließlich jeder souveräne Staat - so ein weit verbreiteter Meinungskonsens.
Einseitige Tätigkeitsdarstellung
Dass die HVA als fester Bestandteil des SED-Machtapparates von dessen Tätigkeit bei der Bekämpfung des "Inneren Feindes" nicht zu trennen war, wurde dabei elegant überspielt. Und auch die Abhängigkeiten von den Strategien Moskaus im Kalten Krieg blieben unerwähnt. Sogar die Verbindung zur DDR selbst wird in den insgesamt 16 Folgen auffallend zurückhaltend dargestellt. Hin und wieder werden Offiziere in Ost Berlin bei der Auswertung der Informationen gezeigt. Diese bringen dann auch Blumen zur einsamen Mutter des Genossen Bredebusch. Ihr Sohn operiert unterdessen im Westen als ein "Kundschafter des Friedens" - wie die offizielle Sprachregelung für einen Auslandsspion in Stasi-Diensten lautete. Im Fokus der Serie standen also nicht die berüchtigten, die eigene Bevölkerung überwachenden Abteilungen, sondern der zwischen von 1952 bis 1986 von Markus Wolf geleitete Auslandsgeheimdienst, der förmlich die Bezeichnung "Hauptverwaltung Aufklärung" (HVA) trug. Die Initiative für das Bildschirm-Spektakel war direkt vom Ministerium für Staatssicherheit ausgegangen. Auf geschickte Weise, weil fast nebenbei, propagierte und idealisierte das MfS damit die eigene Arbeit.
Das Erfolgskonzept des "Unsichtbaren Visiers" und ähnlicher Produktionen basiert auf der Benutzung von Strukturen des westlichen Genre-Kinos und -Fernsehens, die dabei aus Sicht der SED-Ideologen mit politisch umgekehrten Botschaften aufgeladen wurden. Der sozialistische "Kundschafter-Film" griff quasi die ästhetischen Formen des "Klassenfeindes" auf und wandte diese gegen ihn. Dem Durchschnittszuschauer wiederum waren die Botschaften erst einmal herzlich egal: er wollte spannende Filme erleben und nahm dafür einen MfS-Offizier als Hauptfigur für jeweils 90 Minuten erst einmal billigend in Kauf, auch wenn er eigentlich lieber das James-Bond-Original gesehen hätte. Dieser Trick war schon 1963 mit dem DEFA-Spielfilm "For Eyes Only" effektiv zur Anwendung gekommen. Hier spielte Alfred Müller unter der Regie von János Veiczi einen MfS-Agenten, der in eine US-amerikanische Geheimdienst-Zentrale in Würzburg eingeschleust wird und dort brisante Geheimpapiere an sich bringt. Seine spektakuläre Flucht in die DDR und die anschließende Veröffentlichung der Papiere stellt angebliche Aggressionspläne der "Bonner Ultras" bloß. Über zwei Millionen Zuschauer sahen sich den gekonnt inszenierten Polit-Krimi in den DDR-Kinos an.
Genre-Produktionen wie diese steigen und fallen mit dem handwerklichen Geschick, mit dem sie umgesetzt werden. Dies gelang in den oben beschriebenen Fällen besser, bei einigen anderen weit weniger gut. Gemeinsam ist all diesen Filmen, dass sie die Auslandsarbeit des MfS behandeln. Gleichzeitig wurde damit in den filmischen Medien der DDR die Allgegenwart des sich immer weiter aufblähenden Sicherheitsapparates sowie die damit einhergehende Überwachung der eigenen Bevölkerung ausgeblendet. Eine eher kuriose Ausnahme bildet Kurt Maetzigs Spielfilm "Septemberliebe" (1960). Hier wendet sich eine junge Frau vertrauensvoll an die Genossen der Stasi, um die Fluchtabsichten ihres eigenen Freundes zu melden, der daraufhin verhaftet wird und im "sozialistischen Strafvollzug" die Chance erhält, sein Verhältnis zum Arbeiter- und Bauernstaat zu überdenken. Die achtsame Geliebte und Denunziantin wartet inzwischen vor den Gefängnismauern auf ihren geläuterten Bräutigam. Dieser Film zeigte die Stasi-Mitarbeiter als väterlich wirkende Vertrauenspersonen, die auch ein eigenes Privatleben führen und ein freundlich eingerichtetes Kontaktbüro mitten im Leipziger Hauptbahnhof unterhalten. Der Versuch, das MfS als ganz normale Institution der sozialistischen Gesellschaft darzustellen, blieb ein Einzelfall - zu offensichtlich war die Kluft zwischen dieser Verklärung und der bedrückenden Erfahrung unter den potentiellen Zuschauern. Wer sollte und wollte sich auch eine derart offensichtliche Verfälschung der Wirklichkeit im Kino anschauen?
Visuelle Geheimsprache und ihre Decodierungen
Dass es bis 1989 keine offiziellen ostdeutschen Filme gab, in denen die zersetzende Energie der Stasi behandelt wurde, ist folgerichtig. Das Thema war gleichzeitig latent vorhanden, unterlag aber im Maße seines Anwachsens einer zunehmenden Tabuisierung. In den 1970er-Jahren, ausgelöst durch die Biermann-Affäre 1976, wurde der Sicherheitsapparat enorm vergrößert. Seine Struktur erfuhr eine wesentliche Modernisierung, die Belegschaft wurde massiv aufgestockt, vor allem das Netz der "Inoffiziellen Mitarbeiter" (IM) nahm ein bis dahin unerreichtes Ausmaß an. Die Präsenz der "Behörde" in den staatlichen Medien stand hingegen in einem umgekehrten Verhältnis. Die nach Innen gerichtete Tätigkeit wurde ab den späten 1970er Jahren nicht einmal mehr, wie noch in Maetzigs Spielfilm, verharmlost. Auf der Leinwand und im Fernsehen kam das MfS im letzten DDR-Jahrzehnt schlichtweg nicht mehr vor. So war zwar die realsozialistische Geheimpolizei in der Erlebniswelt fast aller DDR-Bürger überaus präsent, schlug sich aber in den medialen Abbildungen nicht nieder.
Durch diese Ausblendung entwickelte sich neben der offiziellen Sprache in Bildender Kunst, Literatur und Film ein Codierungssystem, das nur wenige Zeichen benötigte, um als MfS-Anspielung verstanden zu werden. Ohne dass noch erklärende Worte hätten fallen müssen, luden sich zunächst harmlose Konstellationen oder auch historische Stoffe plötzlich mit aktuell-politischer Brisanz auf. Ein im 18. Jahrhundert im repressiven Preußen spielender Film wie Frank Vogels "Die Gänse von Bützow" (1985) konnte problemlos als DDR-Gleichnis gelesen werden, inklusive Spießbürgerlichkeit, Zensur, Überwachung und Flucht. Besonders mutig ging Ulrich Weiß mit "Dein unbekannter Bruder" (1981) vor. Er griff auf einen Roman des kommunistischen Autors Willi Bredel zurück, um die Universalität totalitärer Systeme – und damit eben auch der DDR – zu beschreiben. Anhand eines Gestapo-Spitzels innerhalb einer Widerstandsgruppe enthüllt der Film die Mechanismen von Verrat und Zersetzung. Durch die offenkundigen Analogien von National- und Realsozialismus zog sich Weiß den Zorn der Kulturfunktionäre zu und konnte danach nur noch einen weiteren Film umsetzen. Auch in Andreas Dresens kabarettistisch angehauchtem Studentenfilm "Der Zug in die Ferne" (1989) wusste jeder sofort, wer und was sich hinter dem zeitungslesenden Mann auf dem Bahnsteig verbarg. In den Filmen des künstlerischen Untergrunds, die ja eigentlich völlig unabhängig von den staatlichen Bilderfabriken in Berlin-Adlershof oder Potsdam-Babelsberg entstanden, reproduzierte sich diese visuelle Verschlüsselung. Hier kommen häufig die auffällig-unauffälligen Männer in Regenmänteln vor, die an Häuserecken oder in parkenden Autos warten. Überhaupt ist vielen dieser auf Super-8 gedrehten Werke eine ausgesprochen paranoide Atmosphäre eigen. Es gibt zahlreiche, zunächst zeit- und ortlos erscheinende Verhör- und Verfolgungssituationen, die unmittelbar der Erfahrungswelt sowohl ihrer Macher als auch der (wenigen) Zuschauer entsprachen.
Beeinflussung, Beobachtung, Verbot
Das Ministerium für Staatssicherheit war Teil eines weitaus umfassenderen Beeinflussungs- und Repressionsapparates als das mysteriös klingende Kürzel "Stasi" zunächst vermuten lässt. Das MfS operierte nicht als verselbstständigter "Staat im Staat", der manchmal über die Bresche schlug, sondern erfüllte innerhalb des Gesamtsystems genau festgelegte Aufgaben. Deshalb muss die Stasi auch in all ihren Kontexten untersucht werden. Es ist kontraproduktiv, sie zu dämonisieren - weil damit im Umkehrschluss die gesamtgesellschaftliche Situation in der DDR verharmlost wird.
Auf dem Gebiet der Kunst spitzen sich die Konfrontationen zwischen Geist und Macht besonders deutlich zu. Wenn eine elementare menschliche Ausdrucksform unter ständiger Beobachtung und Kontrolle steht und auf ihre staatspolitische Tauglichkeit oder eben Schädlichkeit abgeklopft wird, dann können die daraus hervorgehenden Werke natürlich nicht unbeeinflusst davon bleiben. In der Geschichte der DDR gelang es nur ganz wenigen künstlerischen Einzelgängern, ihre Arbeit frei zu halten von den Ansprüchen des Staates und seiner Instrumentarien. Auf dem Gebiet des Films war dies nahezu ausgeschlossen. Zu groß war der materielle, personelle und organisatorische Aufwand, zu stark seine öffentliche Wirkung, als dass hier Nischen völlig freier künstlerischer Arbeit hätten Bestand haben können. Nicht zufällig soll schon Lenin den Film als "wichtigste aller Künste" bezeichnet haben. Wer sich in dieses Medium hineinbegab, wusste von Vornherein, dass er hier unter besonderer Beobachtung stand.
Schon die jungen Leute, die voller Hoffnung ein Studium an der Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) aufnehmen konnten, hatten bereits eine lange Reihe von DDR-Erfahrungswerten in sich aufgenommen und dabei gelernt, sich normgerecht zu verhalten. Sorgfältiger als die künstlerische Begabung wurde bei der Aufnahmeprüfung an der HFF die "politische Zuverlässigkeit" hinterfragt. Der Prüfungskommission lag ohnehin auch die berüchtigte "Kaderakte" vor, in der eventuelle Verfehlungen verzeichnet waren. Gelang es den Bewerbern dann tatsächlich immatrikuliert zu werden, war die Reglementierung noch lange nicht abgeschlossen; im Gegenteil. Es gab marxistisch-leninistischen Unterricht und paramilitärische Ausbildung. Regelmäßig wurden Ergebenheitsadressen gegenüber dem "sozialistischen Vaterland" eingefordert. Und es gab Bespitzelung durch Kommilitonen und Lehrkräfte. Manche, wie der spätere Dokumentarfilmer Thomas Heise oder der Schriftsteller Thomas Brasch, zeigten sich nicht willens, diese Kompromisse einzugehen. Sie wurden exmatrikuliert oder verhaftet. Andere schafften es, erfolgreich durch die Studienzeit zu kommen, danach von einem der DEFA-Studios übernommen zu werden und später wichtige Filme zu drehen. Noch andere gaben den Verführungen durch die Macht nach, knickten ein, gaben - soweit vorhanden - ihre Utopien auf, wurden zu Mitmachern oder gar selbst zu Denunzianten. Jeder individuelle Fall unterliegt einzelnen Konstellationen, ist von vielen widersprüchlichen Faktoren abhängig. Doch kein Absolvent der Filmhochschule verließ diese unbefangen von den politischen Realitäten der DDR. Jedenfalls war niemand frei vom Wissen, welch gefährliche Konsequenzen inhaltliche oder formale Nichtanpassung nach sich ziehen konnten.
In den Studios der DEFA setzte sich die umfassende Kontrolle auf noch höherem Niveau fort, dies in offizieller wie inoffizieller Hinsicht. Vor allem nach dem 11. Plenum des ZK der SED im Dezember 1965, in dessen Folge fast die gesamte Spielfilm-Jahresproduktion verboten wurde, kam es zu einer Perfektionierung der Zensur. Um zu verhindern, dass überhaupt noch anstößige Filme gedreht werden konnten, die später dann mühselig verboten werden mussten, erfolgte eine Verlagerung der Zulassungsschranken weit ins Vorfeld des Produktionsprozesses hinein. Bereits Szenarien und Drehbücher unterlagen einer intensiven Prüfung durch die Studioleitung. Dabei wurden die Gutachten der fest angestellten Lektoren und Dramaturgen von den Berichten der IMs flankiert und ergänzt - nicht selten in Personalunion. Das Maß von Beeinflussung und Verhinderung bewegte sich in Abhängigkeit der politischen Großwetterlage, war auch immer wieder abhängig von einzelnen Personalien. So setzte sich nach dem Mauerbau ab 1961 zunächst eine relativ tolerante Stimmung bei der DEFA durch. Filmemacher wie Konrad Wolf, Frank Vogel oder Frank Beyer wurden in diesem Klima des "Tauwetters" von einzelnen staatlichen Leitern ermuntert, sich brisanter Themen anzunehmen. Nachdem Kulturminister Hans Bentzien und Jochen Mückenberger 1966 aber ihrer Posten enthoben worden waren, kippte die Stimmung wieder. Nach der Entmachtung Walter Ulbrichts durch Erich Honecker zu Beginn der 1970er Jahre kam es dann zu einer zweiten, kürzeren Tauwetter-Periode, die im November 1976 mit dem "Biermann-Schock" ihr Ende fand. Viele Künstler, die eben noch als Schriftsteller, Maler oder Filmemacher ihre Werke veröffentlichen konnten, gerieten ins Visier des MfS, wurden oft mit Berufsverbot und anderen Repressalien belegt und gingen schließlich in den Westen.
In besonderer Form auf die Probe gestellt
Aus allen vier Dekaden des DDR-Sozialismus sind Fälle belegt, bei denen das MfS unmittelbar in die künstlerische Arbeit und in individuelle Biografien von Filmschaffenden eingegriffen hat. Besonders perfide waren beispielsweise die gegen Frank Beyer, Rainer Simon sowie gegen Sibylle und Hannes Schönemann in Anwendung gebrachten Maßnahmen. Beyer, dessen 1974 veröffentlichtes Holocaust-Drama "Jakob der Lügner" der DEFA ihre einzige Oscar-Nominierung eingebracht hat, wurde unter dem Operativen Vorgang (OV) "Karbid" systematisch ins berufliche Abseits und schließlich in den Westen gedrängt. Gegenüber Simon (OV "Schreiber") entspann sich eine nachgerade absurde Kontrollmaßnahme, die in der gesamten Zensurgeschichte des Ostblocks wohl ihresgleichen suchen dürfte. Um zu überprüfen, ob er nun ein linientreuer oder aber ein politisch eher unzuverlässiger Filmemacher sei, sollte Simon einen brisanten Gegenwartsstoff verfilmen. Ein ganzer Spielfilm wurde quasi initiiert, um die Loyalität eines einzelnen Regisseurs zu überprüfen. Während der Dreharbeiten bestätigten sich aus Sicht des MfS und der Studioleitung dann die Verdachtsmomente. Der Film "Jadup Boel" - einer der schönsten und ironischsten Bestandsaufnahmen aus der Spätphase der DDR - wurde 1981 verboten und verschwand bis 1988 in den Tresoren. Simon drehte nie wieder einen in der realsozialistischen Echtzeit spielenden Film.
Am schwerwiegendsten verliefen die geheimdienstlichen Aktivitäten gegen das junge Filmemacher-Paar Sibylle und Hannes Schönemann (OV "Zweifler"). Nachdem es für die beiden mit ungewöhnlichen Sujets und Formen experimentierenden Filmkünstler immer offensichtlicher wurde, dass sie niemals ihre Visionen im Rahmen der DEFA umsetzen werden können, stellten sie einen Ausreiseantrag. Um ein Exempel zu statuieren, erfolgte im November 1984 ihre Verhaftung und Verurteilung wegen "gemeinschaftlicher Beeinträchtigung staatlicher Tätigkeit" für ein Jahr und zwei Monate. Bis zu ihrem Freikauf durch die Bundesrepublik verbrachten sie neun Monate in Haft. Ihre beiden Kinder sahen sie erst in Hamburg wieder.
Der gesamte Komplex der Durchdringung von Film-Ausbildung und -Praxis einerseits und Stasi-Kontrolle andererseits harrt bis heute einer systematischen Aufarbeitung. Im Gegensatz zur Literatur oder Malerei gibt es bislang kein Grundlagenwerk, das sich mit diesem Thema angemessen auseinander gesetzt hätte. Erschwerend kommt hier sicher hinzu, dass der Film ein eher elitäres Medium war und ist. Die HFF war eine Ausbildungsstätte für eine verschwindend kleine Minderheit. Dort studieren zu können, stellte ein ungeheures Privileg dar. Und wohl nicht zufällig befanden sich unter den Studierenden zahlreiche Kinder von Funktionären oder hoch dotierten Staatskünstlern. Wer es geschafft hatte, an der HFF sein Diplom abzulegen, war in der Regel gegenüber den Ansprüchen des Staates kompromissbereit. Auffälligstes Symptom für diesen Anpassungswillen ist die extrem hohe Quote an SED-Mitgliedern unter den DDR-Filmemachern. Fast alle DEFA-Regisseure waren auch Genossen. Nur Ausnahmen bestätigen diese Regel.