Akteneinsicht
Es gibt unterschiedliche Kategorien von Akten des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS):
1. die sogenannten Opferakten, Akten über einzelnen Personen/Personenzusammenhänge
2. IM-Akten (also Akten "Inoffizieller Mitarbeiter"), die wie die "Opferakten" auch nur beschränkt für die Forschung zugänglich sind (Persönlichkeitsschutz der Opfer, aber auch Intimschutz der Täter)
3. Akten aus dem Arbeitszusammenhang der MfS-Mitarbeiter einschließlich der Personalakten von MfS-Mitarbeitern
4. Akten der allgemeinen Sachablage, also Akten, die zwar Personen, aber auch Vorgänge, Ereignisse oder dergleichen betreffen
5. Akten, die nicht aus der Arbeit des MfS entstanden sind, aber aus unterschiedlichen Gründen vom MfS verwahrt worden sind.
Seit Januar 1992 haben Bürgerinnen und Bürger das Recht, die über sie angelegten Akten des MfS zu lesen. Betroffene erhalten auf Antrag bei der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des MfS (BStU) entsprechend des Stasiunterlagen-Gesetzes (StUG) Einsicht in ihre Personen-Akten. Die Daten anderer Betroffener und Dritter werden dabei anonymisiert. Die Namen der MfS-Mitarbeiter bleiben ungeschwärzt. Wenn die auf die Betroffenen angesetzten Inoffiziellen Mitarbeiter des MfS dort lediglich mit Decknamen genannt sind, können die Betroffenen einen Antrag auf Bekanntgabe des Klarnamens stellen. Außerdem bekommen sie, falls sie das wünschen, die zu ihrer Person vorhandenen Unterlagen als Duplikate ausgehändigt.Nach dem Stasi-Unterlagengesetz ist auch die Akteneinsicht für Wissenschaftler, Journalisten u.a. geregelt. Sie können neben der Einsicht in allgemeines Schriftgut auch die Einsicht in die Akten der Mitarbeiter des MfS beantragen. Für die Opferakten brauchen sie eine schriftliche Einwilligung der Betroffenen.
Aktenvernichtung
Im November 1989 begann in der DDR die systematische Aktenvernichtung durch das MfS (Ministerium für Staatssicherheit). Dadurch gingen zum Teil unwiederbringliche Informationen über die Struktur und Arbeitsweise des MfS verloren. Erst im Dezember gelang es Bürgerkomitees gelang es erst im Dezember 1989, die Aktenvernichtung zu stoppen, in der Zentrale in Berlin erst im Januar 1990.
Teile der Bürgerkomitees ließen sich später von den staatlichen Auflösern dazu animieren, einer Vernichtung wesentlicher Teile aus verschiedenen Hauptabteilungen des MfS zuzustimmen. Sie taten dies mit der Begründung, dass mit diesen Akten nur neues Unrecht geschaffen würde und der Frieden im Land gefährdet sei. Man berief sich auf eine angeblich drohende Lynchjustiz. So stimmte der Runde Tisch der Selbstauflösung der Hauptverwaltung Aufklärung zu und ließ die elektronischen Datenträger des MfS vernichten, ohne zu wissen, was überhaupt auf diesen gespeichert war.
Tausende Aktensäcke mit so genannten vorvernichteten Akten (mehrfach zerrissenen, aber noch nicht mit einem Reißwolf zerstörten Dokumenten) werden in der BStU wieder zusammengesetzt. Diese Arbeit wird voraussichtlich noch Jahrzehnte in Anspruch nehmen.
Alexanderplatz
Der Alexanderplatz als zentraler Platz in Ost-Berlins Mitte war in der DDR immer wieder Ort für spontane Demonstrationen und Willensbekundungen. 1989 war er Zentrum der Demonstrationen gegen die Wahlfälschungen der Kommunalwahlen vom 7. Mai 1989. Von hier gingen auch die ersten Demonstrationen in Berlin im Oktober 1989 aus. Seine größte Demonstration erlebte der Alexanderplatz am 4. November 1989 mit über einer halben Million Menschen.
Der Alexanderplatz wurde durch ferngesteuerte Kameras flächendeckend überwacht. Die Bilder waren durch MfS und das Innenministerium direkt zu empfangen. So konnten noch bis zur Wendezeit Demonstranten ausgespäht und festgenommen werden.
Amt für Nationale Sicherheit (AfNS)
Am 17. November 1989 gab Ministerpräsident Hans Modrow (SED) bekannt, dass das MfS in ein Amt für Nationale Sicherheit (AfNS) umgewandelt werde. Wolfgang Schwanitz, vormals Stellvertretender Minister für Staatssicherheit, wurde als dessen Leiter eingesetzt.
Dieser auf möglichst geringen Reibungsverlust angelegte "Umwandlungsprozess" wurde jedoch durch den Widerstand der Bevölkerung gestoppt. Sie versammelte sich vor den MfS-Objekten und protestierte wütend mit der Parole "Stasi in die Produktion". Damit war die Auflösung des MfS gemeint.
Höhepunkt der Proteste waren die Besetzungen der Bezirksverwaltungen des MfS und ihrer Kreisdienststellen durch Gruppen der Bürgerbewegungen seit dem 4. Dezember 1989 (z. B. Bezirksverwaltungen Erfurt und Leipzig). Unter diesen Umständen beschloss die Regierung am 14. Dezember 1989, das AfNS aufzulösen und stattdessen ein Amt für Verfassungsschutz einzurichten.
Armeegeneral
Ausbürgerung/Ausreise
Ausbürgerung bedeutet Verlust der Staatsangehörigkeit durch zwangsweisen Entzug oder Aberkennung. Besitzt die Person keine weitere Staatsangehörigkeit, so wird sie staatenlos. Mit dem DDR-Staatsbürgerschaftsgesetz konnte Bürgerinnen und Bürgern, die außerhalb der DDR wohnten bzw. sich außerhalb der DDR aufhielten, die Staatsbürgerschaft "wegen grober Verletzung der staatsbürgerlichen Pflichten aberkannt werden". Damit griff die SED-Diktatur auf ein Mittel zurück, das von den Nationalsozialisten eingeführt worden war. Nach Art. 16 Grundgesetz darf in der Bundesrepublik Deutschland die deutsche Staatsbürgerschaft nicht entzogen werden.
Bausoldaten
Bausoldaten waren in der DDR Kriegsdienst- bzw. Totalverweigerer. Ihnen wurde jedoch von der SED-Regierung nicht ein Zivildienst, sondern ein waffenloser Dienst innerhalb der Armee zugewiesen. Sie trugen die übliche Uniform mit einem goldenen Spaten auf der Schulter. So wurde ein waffenloser Wehrersatzdienst für diejenigen möglich, die "aus religiösen Anschauungen oder aus ähnlichen Gründen den Wehrdienst mit der Waffe ablehnen".
Die ersten 220 Bausoldaten wurden im November 1964 eingezogen. Bis Ende 1989 dienten insgesamt 12.000 bis 15.000 junge Männer als Bausoldaten, insgesamt weniger als ein Prozent aller Wehrpflichtigen. Mit der Entscheidung, als Bausoldat in der Nationalen Volksarmee (NVA) zu dienen, waren vielfältige Repressionen verbunden. Sie stellte jedoch eine Alternative zur Totalverweigerung dar, die bis etwa 1985 mit Gefängnisstrafen geahndet wurde.
Die Forderung nach einem Zivildienst ("Sozialer Friedensdienst") wiederholte sich bis zur Revolution 1989/90. Bausoldaten stellten ein wichtiges Reservoir für die Opposition in der DDR dar. Ohne sie hätte es die späteren Basisgruppen der DDR-Opposition nicht gegeben, weil sie die wichtigsten Keimzellen für die unabhängigen Friedensbewegung waren, aus der sich wiederum die DDR-Opposition entwickelte.
Berufssoldatenförderungsverordnung
Die Berufssoldatenförderungsverordnung war Teil eines eigenen Sozialsystems des MfS. Dessen Mitarbeiter hatten eine privilegierte Stellung gegenüber der restlichen Bevölkerung. Unabhängig vom staatlichen Sozialsystem waren alle Fragen, die soziale Leistungen betrafen, gesondert geregelt. Es handelte sich u.a. um Vorgehensweisen beim Ausscheiden aus dem Dienst. Auch gab es Sonderregelungen für MfS-Mitarbeiter bei Dienstunfähigkeit, Mutterschaft, Rente, Sozialversicherung und bei der Beschaffung von Kindergartenplätzen.
Befehlsnotstand
In vielen Ländern gilt im Strafrecht die Notstandsvorschrift. Demnach kann ein Straftäter straffrei ausgehen, wenn er unter unausweichlicher Gefahr für Leib und Leben gehandelt hat. Im Falle, dass eine Straftat befohlen wird, ist nicht der Ausführende oder Weitergebende rechtlich verantwortlich, sondern der Anordnende, der den Befehl ursprünglich gibt. Das liegt daran, dass der Befehl als verbindlich einzustufen ist und die Nichtausführung zu empfindlichen Strafen führen könnte. In den Prozessen um die "Mauerschützen" in der DDR haben die Angeklagten daher immer wieder vorgebracht, sie hätten nur Befehle ausgeführt, deren Verweigerung mit einer Haftstrafe verbunden gewesen wäre.
Bewaffneter Dienst
Bundesgrenzschutz (BGS)
Blauhemd
Blockparteien
Die in der DDR zugelassenen Parteien (SED, CDU, LDPD, NDPD, DBD) bildeten den "demokratischen Block", der unter Führung und Anleitung der SED arbeitete. Die Parteien (ohne SED) wurden deshalb auch "Blockparteien" bzw. im Volksmund ironisch "Blockflöten" genannt, weil sie kein eigenes von der SED unabhängiges politisches Profil hatten.
Bundesgrenzschutzdirektion Ost
Zum Schutz der neuen Passkontrolleinheit (PKE) der Ostgrenze der Bundesrepublik, die durch die Deutsche Einheit entstand, bildete der Bundesgrenzschutz (BGS) eine neue Direktion Ost. In die Einheiten des Bundesgrenzschutzes Ost wurden nach oberflächlicher Überprüfung auch Hunderte von ehemaligen MfS-Mitarbeitern übernommen. Diese hatten bis zum Ende der DDR als Angehörige der Passkontrolleinheiten (PKE) des MfS den grenzüberschreitenden Verkehr kontrolliert.
Bürgerkomitee
Informelle Gruppen, die Ende 1989 landespolitische bzw. kommunale Forderungen durchzusetzen versuchten. Im Zuge der Wende übernahmen Bürgerkomitees oft legislative und exekutive Machtfunktionen auf kommunaler Ebene. Offizielle Anerkennung fanden die neuen Machtorgane der friedlichen Revolution am 14. Dezember 1989, als der Ministerrat der DDR die Verordnung über die Tätigkeit von Bürgerkomitees verabschiedete. Die Hauptaufgabe der Bürgerkomitees bestand in der Auflösung des MfS und der Sicherung der MfS-Akten.
Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtler
Seit den 1980er Jahren fanden sich in der DDR Menschen zusammen, die die Durchsetzung von Menschen- und Bürgerrechten forderten. Mit verschiedenen Aktionen versuchten die Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtler auch auf fehlende Demokratisierung und mangelnden Umweltschutz aufmerksam zu machen. Mit der "Initiative Frieden und Menschenrechte" entstand in Berlin 1986 die erste kontinuierlich arbeitende Gruppe. Mit ihr verbunden waren christliche Friedenskreise und die Berliner Umwelt-Bibliothek. Aber auch außerhalb von Berlin, z.B. im Leipziger Kreis um den Pfarrer Christoph Wonneberger, schlossen sich Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtler zusammen.
Durch ihre Aktionen und Publikationen gerieten viele Gruppen unter Druck durch das MfS. Trotz Verhaftungswellen im Jahr 1988 und 1989 gelang es, unter dem Schutz der Kirchen Protestaktionen, Mahnwachen und Fürbittegottesdienste zu organisieren. Diese Veranstaltungen bereiteten den Boden für die Gründung der Bürgerbewegungen und Parteien im Herbst 1989.
Café Einstein
Das Café Einstein in Berlin-Tiergarten (West) diente dem ehemaligen DDR-Bürgerrechtler Roland Jahn als Treffpunkt mit in der DDR akkreditierten Journalisten von westlichen Medien. Im "Einstein" traf sich Jahn auch mit Diplomaten, die unkontrolliert in die DDR einreisen konnten. Hier wurde des öfteren Material für die DDR-Opposition übergeben. Das MfS versuchte, das Café Einstein zu observieren. In den MfS-Akten findet sich der Plan, Abhöranlagen zu installieren.
Christlich Demokratische Union der DDR (CDU)
Nach Kriegsende geriet die CDU in der Sowjetischen Besatzungszone rasch in die Zwänge ideologischer Gleichschaltungspolitik und wurde Teil des "Demokratischen Blocks". Sie ordnete sich der SED unter und war auf den sozialistischen Kurs ausgerichtet. Nach der Wende nahm die CDU-Ost Kontakte zur CDU der Bundesrepublik auf und schloss mit der Deutschen Sozialen Union (DSU) und dem Demokratischen Aufbruch (DA) das Wahlbündnis "Allianz für Deutschland". Bei der Volkskammerwahl 1990 gewann die CDU-Ost mit ihrem Vorsitzenden Lothar de Maizière 48 Prozent. Nach der Widervereinigung schloss sich die CDU-Ost mit der CDU-West zu einer Partei zusammen.
Charta 77
Die "Charta 77" war zunächst eine Petition von tschechoslowakischen Intellektuellen und Künstlern, die auf Menschenrechtsverletzungen in der CSSR aufmerksam machte. Sie wurde Anfang Januar 1977 veröffentlicht und trug zunächst 242 Unterschriften. Daraus entwickelte sich eine der wichtigsten und größten Oppositionsbewegungen, die bis 1989 fast 600 Dokumente zu Menschenrechtsverletzungen in der CSSR publizierte. Aus ihr gingen einige der politischen Persönlichkeiten hervor, die 1989 in der CSSR die Revolution friedlich und erfolgreich werden ließen. Einer der langjährigen Sprecher, der weltberühmte Dramatiker und Essayist Vaclav Havel, wurde der erste demokratisch gewählte Präsident Tschechiens.
Checkpoint Charlie
Von 1961 bis 1990 war der Checkpoint Charlie die Übergangsstelle für Alliierte, ausländische Touristen, DDR-Funktionäre und Mitarbeiter der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Berlin. Der Checkpoint Charlie lag am Südende der Friedrichstraße – an der Bezirksgrenze zwischen Mitte und Kreuzberg – und war der dritte innerdeutsche Kontrollpunkt neben Helmstedt und Dreilinden. Hauptaufgabe des Checkpoint Charlies war es, Alliierte vor dem Betreten Ostberlins zu registrieren und über den Aufenthalt in der DDR zu informieren. Am 22. Juni 1990 wurde der Checkpoint Charlie abgerissen. Das ehemalige Wachhaus der westlichen Alliierten befindet sich seither im Alliiertenmuseum.
Central Intelligence Agency (CIA)
CSSR
Seit 1960 die offizielle Abkürzung für die Tschechoslowakische Sozialistische Republik. Seit 1948 war die Tschechoslowakische Republik eine kommunistische Diktatur, nach 1990 kam es zunächst zu einer Umbenennung, ehe dann zum 1. Januar 1993 die voneinander unabhängigen Staaten Tschechien und Slowakei entstanden.
Demokratische Bauernpartei Deutschlands der DDR (DBD)
DE
Deutsche Frage
Die sogenannte "deutsche Frage" bezeichnete das Problem, wie mit der deutschen Teilung infolge des Zweiten Weltkrieges umgegangen werden sollte. Während in der Bundesrepublik die deutsche Frage als offen galt, d.h. eine Wiedervereinigungsgebot durch das Grundgesetz bestand, galt in der DDR die deutsche Frage durch die Existenz der beiden deutschen Staaten als gelöst.
Dissidenten
Drei-Stufen-Plan
Der Begriff "Drei-Stufen-Plan" steht für eine geplante Vernichtung von Dokumenten des Ministeriums für Staatsicherheit in drei Stufen:
1. Vernichtung elektronischer Datenträger
2. Vernichtung der Personenfindungskarteien
3. Vernichtung personenbezogener Akten.
Der Plan wurde von der Regierung Modrow betrieben, die bei den Bürgerkomitees um Zustimmung dafür warb. Die Bürgerkomitees hatten dazu unterschiedliche Positionen.
Einheitsliste
Bei den Wahlen in der DDR konnten nur Kandidaten und Kandidatinnen über die "Nationale Front", in der alle Blockparteien und Massenorganisationen vereinigt waren, nominiert und in einer Liste aufgestellt werden. Die Wähler und Wählerinnen konnten wiederum nicht zwischen verschiedenen Parteien und Personen entscheiden, sondern sollten lediglich ihre Stimme der gesamten "Einheitsliste" geben. Offiziell war eine Gegenstimme nur dann eine solche, wenn alle Personen der Liste einzeln durchgestrichen wurden.
Einigungsvertrag (EinigungsV)
Der Einigungsvertrag ist ein Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands. Er wurde am 31. August 1990 von den Verhandlungsführern Wolfgang Schäuble und Günther Krause unterzeichnet. Am 20. September 1990 stimmten Bundestag und Volkskammer dem Einigungsvertrag mit großer Mehrheit zu; der Bundesrat verabschiedet das Vertragswerk einstimmig. Am 3. Oktober trat er in Kraft. Der Einigungsvertrag regelt in Artikel 1 die Aufnahme von Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen in die Bundesrepublik Deutschland. Artikel 2 setzt Berlin als Hauptstadt des vereinten Deutschlands fest und weist den 3. Oktober, den Tag der deutschen Einheit, als gesetzlichen Feiertag aus. Mit Artikel 3 tritt das Grundgesetz in den neuen Bundesländern und in Ost-Berlin in Kraft. Die Artikel 4 bis 7 behandeln beitrittsbedingte Änderungen des Grundgesetzes und der Verfassung. Die Angleichung von Bundes- und DDR-Recht sowie völkerrechtlichen Verträgen regeln die Artikel 8 bis 12. Die Artikel 13 bis 16 umfassen Übergangsregelungen für alle öffentlichen Einrichtungen. Artikel 17 ermöglicht die Rehabilitierung von Opfern des DDR-Unrechtsregimes. Die Fortgeltung gerichtlicher und behördlicher Entscheidungen wird in den Artikeln 18 bis 20 festgesetzt. Die Artikel 21 bis 29 regulieren den Umgang mit dem öffentlichen Vermögen und den Schulden der DDR-Regierung. Die Bereiche Arbeit, Soziales, Familie, Frauen, Gesundheitswesen und Umweltschutz werden in den Artikeln 30 bis 34 neu geregelt bzw. angepasst. Die Artikel 35 bis 39 beinhalten Neugestaltungen im Bereich, Kultur, Bildung, Wissenschaft und Sport. Übergangsregelungen und Schlussbestimmungen sind in den Artikeln 40 bis 45 enthalten.
Exmatrikulation
Bezeichnet die Streichung eines Studierenden von der Liste der Studierenden einer Hochschule. In der DDR wurde häufig aus politischen Gründen eine Zwangsexmatrikulation durchgeführt, wenn ein Studierender den offiziellen politisch-ideologischen Anforderungen nicht gerecht wurde oder gar Opposition betrieb. In der DDR galt das Studium offiziell als eine Auszeichnung, derer sich die Studierenden würdig zu erweisen hatten.
Fahnenflucht
Das Strafgesetzbuch der DDR vom 12. Januar 1968 definiert einen Fahnenflüchtigen als einen Soldaten, der "seine Truppe, Dienststelle oder einen anderen für ihn bestimmten Aufenthaltsort verläßt oder ihnen fernbleibt, um sich dem Wehrdienst zu entziehen". Dieses Vergehen wurde in der DDR mit einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Jahren bzw. in schweren Fällen von bis zu zehn Jahren bestraft.
Freier Deutscher Gewerkschaftsbund (FDGB)
Gegründet 1945/46, war der FDBG die Einheitsgewerkschaft in der DDR mit fast 10 Millionen Mitgliedern, die als verlängerter Arm der SED agierte und als Interessenvertretung ihrer Mitglieder weitgehend bedeutungslos war. Formell war der FDGB der Dachverband von 15 Einzelgewerkschaften, was in der Praxis jedoch keine Auswirkungen hatte. Über 95 Prozent aller Beschäftigten waren im FDGB organisiert. Er veranstaltete Urlaubsreisen und hatte andere sozialpolitische Funktionen. 1990 erfolgte die Auflösung des FDGB.
Freie Deutsche Jugend (FDJ)
1946 gegründete kommunistische Jugendmassenorganisation in der DDR. Sie war Teil des Erziehungssystems in der DDR. Obwohl offiziell keine Zwangsmitgliedschaft bestand, waren in den 1980er Jahren etwa 80 Prozent aller Jugendlichen zwischen 14 und 25 Jahren Mitglied. Studierende und Oberschüler (Abiturienten) waren zu fast 100 Prozent in der FDJ organisiert. Die Mitgliedschaft sagte jedoch nicht unbedingt etwas über die ideologische Gesinnung aus, da sich viele mit einem derartigen Lippenbekenntnis bessere Karrierechancen ausrechneten.
Freie Demokratische Partei der DDR (FDP)
Die Freie Demokratische Partei der DDR wurde am 4. Februar 1990 in Ost-Berlin gegründet. Sie gehörte neben der Deutschen Forumpartei (DFP) und der Liberal Demokratischen Partei Deutschlands (LDPD) zum liberalen Spektrum der DDR. Am 12. Februar 1990 trat die F.D.P. Ost dem "Bund Freier Demokraten" bei, um die Chancen der liberalen Parteien bei den ersten freien Wahlen zu erhöhen. Am 11. August 1990 vereinigten sich die Liberalen in Ost und West in Hannover zur gesamtdeutschen FDP. Bei den ersten gesamtdeutschen Wahlen gewinnt die FDP elf Prozent der Stimmen.
Frauen für den Frieden
1982 verabschiedete die DDR-Regierung ein neues Wehrdienstgesetz, in dem Wehrdienst auch für Frauen vorgesehen war. In Berlin fanden sich oppositionelle Frauen wie Bärbel Bohley, Ulrike Poppe und andere zu einer Initiative gegen dieses Gesetz zusammen. Sie verfassten Protestbriefe und sammelten Unterschriften. Aus der Initiative entstand die Gruppe "Frauen für den Frieden". Die Ostberliner Initiativgruppe gab den Anstoß dazu, dass sich ebenso wie in Westeuropa auch in der DDR ein Netz von Frauenfriedensgruppen entwickelte. Sie sahen sich als Teil der internationalen Frauenfriedensbewegung. Die Stärke der Gruppe lag in phantasievollen Aktionen, die von Kreativität und Lebensfreude ebenso zeugten wie von der Ernsthaftigkeit ihres Engagements für ein selbstverantwortetes Leben. Die "Frauen für den Frieden" waren maßgeblich am Entstehen der Bürgerbewegungen von 1989 beteiligt.
Friedensgemeinschaft Jena
Führungsoffizier
Gauck-Behörde
So benannt nach dem ersten "Bundesbeauftragten für die Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik" (BStU), Joachim Gauck, der sein Amt offiziell zum 1. Januar 1992 antrat. Der BStU ging aus Vorgängerinstitutionen hervor, die zunächst die Volkskammer der DDR nach der Herbstrevolution eingesetzt hatte und dann vom Bundestag übergangsweise fortgeführt wurde. Aufgaben der Behörde sind
1. Die MfS-Akten zu erfassen, sie archivarisch zu ordnen, zu erschließen und zu verwalten.
2. Aktenauskünfte zu erteilen, Betroffenen Akteneinsicht zu gewähren und ggf. Unterlagen herauszugeben.
3. Forschung und politische Bildung bei der Aufarbeitung der MfS-Aktivitäten zu unterstützen und zu beraten.
4. Dokumentationszentren und Ausstellungen einzurichten und zu unterhalten.
Mit der Einrichtung der Behörde werden Forderungen der DDR-Bürgerbewegungen nach Offenlegung der Strukturen und der Arbeitsweise des MfS erfüllt. Nachfolgerin von J. Gauck als Bundesbeauftragte wurde 2000 Marianne Birthler.
Gerichtsgebäude Lichtenberg
Im Gerichtsgebäude Berlin-Lichtenberg war zu DDR-Zeiten das Stadtbezirksgericht untergebracht. Direkt neben der Zentrale des MfS gelegen, war es Schauplatz vieler politischer Strafverfahren. Eines der bekanntesten politischen Strafverfahren lief 1988 gegen Vera Wollenberger (Lengsfeld) wegen "Störung" der Luxemburg-Liebknecht-Demonstration, welche jährlich von der SED zelebriert wurde. Wollenberger wurde von dem für solche politischen Verfahren bekannt gewordenen Richter Wetzenstein-Ollenschläger verurteilt.
Gesellschaftlicher Mitarbeiter für Sicherheit (GMS)
Glasnost
Ein russischer Begriff, der in etwa "Offenheit" und "Transparenz" bedeutet. KPdSU-Generalsekretär Michail S. Gorbatschow betrieb seit 1986 eine Glasnost-Politik, womit er seine "Perestroika"-Politik (= "Umbau", auf die Ökonomie bezogen) vorbereitete. Seither stehen Glasnost und Perestroika als Codewörter für Meinungsfreiheit, Öffentlichkeit und Diktaturüberwindung.
Gleichschaltungsprozess
Gleichschaltung meint den 1933 unter den Nationalsozialisten einsetzenden Prozess, alle staatlichen, parteilichen und gesellschaftlichen Institutionen den totalitären Ansprüchen der Nationalsozialisten unterzuordnen. In der Folge kam es entweder zum Verbot oder totalen Unterordnung nicht gleichgeschalteter Institutionen. Im übertragenen Sinne wird die erzwungene Unterordnung unter Totalitätsansprüche als Gleichschaltung bezeichnet. So wird für die DDR etwa davon gesprochen, dass die geduldeten Medien gleichgeschaltet wurden, d.h. nur einer Ideologie zu dienen hatten und entsprechend von der SED angeleitet wurden.
Grenze
Das Staatsgebiet der Bundesrepublik wurde 1949 aus den drei westlichen Besatzungszonen, das der DDR aus der sowjetischen Besatzungszone gebildet. Zur Grenze, die die beiden deutschen Staaten fortan voneinander trennte, gab es in Ost und West unterschiedliche Auffassungen. In der Bundesrepublik galt sie als "innerdeutsche Grenze". In der DDR wurde sie als "Staatsgrenze der DDR zur Bundesrepublik Deutschland" behandelt. Schon bald wurde die Grenze auf DDR-Seite stark bewacht und abgeschottet. Dies gipfelte 1961 im Bau der Mauer, welche von der DDR als "antifaschistischer Schutzwall" bezeichnet wurde und deren Sicherung mit Minen, Selbstschuss- und Warnanlagen ständig perfektioniert wurde. Bei Fluchtversuchen in den Westen waren die Grenztruppen der DDR außerdem angewiesen, auf Flüchtlinge zu schießen.
Durch das Grenzregime der DDR starben allein in Berlin 70 Menschen, über 100 wurden bei ihrem Fluchtversuch verletzt. Nach neuen Untersuchungen kamen etwa 800 Menschen an der Grenze zwischen DDR und BRD ums Leben. Darüber hinaus wurden fast 200 DDR-Bürger an den Grenzen anderer kommunistischer Staaten, beim Versuch in den Westen zu gelangen, getötet. Mehr Informationen finden sie auf der Website Externer Link: Chronik der Mauer.
Grenzgesetz
Das Grenzgesetz der DDR wurde am 25. März 1982 von den Abgeordneten der DDR-Volkskammer einstimmig beschlossen. Das Gesetz bildete zusammen mit der Dienstvorschrift "Über den Umgang mit der Schusswaffe im Grenzdienst" vom 18. Juli 1984 die Grundlage für den Einsatz der Schusswaffe auf Republikflüchtlinge bis zur Maueröffnung im November 1989.
Grenzregime der DDR
Das Grenzregime der DDR wurde bereits seit Ende der 1940er Jahre aufgebaut, um die Flucht in den Westen zu verhindern. Es wurde im Laufe der Jahrzehnte immer weiter perfektioniert. Sichtbarstes Monument war die 1961 errichtete Berliner Mauer sowie die hermetisch abgeriegelte innerdeutsche Grenze. Das Grenzregime umfasste aber weitaus mehr als militärische Sperranlagen. Dazu gehörte ebenso die bereits frühzeitige Erkennung, ob jemand Fluchtabsichten hegte. Insofern überzog das Grenzregime die gesamte DDR unabhängig von der Nähe zur eigentlichen Westgrenze. Auch die Westgrenzen der anderen kommunistischen Staaten waren mittels bilateraler Verträge ins DDR-Grenzregime eingebunden.
Grenztruppen
Die Grenztruppen überwachten die militärisch hoch gerüstete Staatsgrenze der DDR. Der Personenverkehr wurde von den sogenannten Passkontrolleinheiten (PKE) überwacht, die dem MfS unterstanden. Nachdem 1962 in der DDR die Wehrpflicht eingeführt wurde, wurden nur noch "ideologisch zuverlässige" Soldaten für den Dienst an der Grenze ausgewählt. Grund hierfür war der Schießbefehl, nachdem die Soldaten die Flucht über die Grenze mit allen Mitteln zu verhindern hatten – auch mit Schusswaffengebrauch und unter Inkaufnahme des Todes von Flüchtlingen. Außerdem wurden die Personen so zusammengestellt, dass sie sich gegenseitig überwachten und so möglichst keine Grenzsoldaten selbst die Gelegenheit zur Flucht nutzten.
Die Todesschützen wurden für ihre "Verdienste gegen Klassenfeinde und Kriminelle" vom SED-Regime ausgezeichnet. Die Vorfälle an der Grenze wurden ansonsten geheim gehalten und die involvierten Soldaten versetzt. Nach der Wende wurden die Grenztruppen aufgelöst und nach den Regeln des Einigungsvertrages von der Bundesrepublik übernommen.
Grenzübergang Schönberg
Hauptverwaltung Aufklärung (HVA)
Die Hauptverwaltung Aufklärung war der Auslandsnachrichtendienst des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Ihre Hauptaufgabe war es, die Auslandsspionage der DDR zu organisieren. Leiter der HVA war von 1953 bis 1986 Markus Wolf, ab 1986 Werner Großmann. Die HVA zählte im Oktober 1989 ca. 4.000 hauptamtliche Mitarbeiter.
Die Ziele der operativen Arbeit der HVA bestanden vor allem darin, sogenannte feindliche Stützpunkte und Agenturen in der DDR, anderen sozialistischen Ländern und der kommunistischen Weltbewegung aufzudecken und zu zerschlagen. Darüber hinaus kamen all diejenigen Kräfte ins Visier der HVA, die gegen die kommunistischen Staaten agierten. Es sollten möglichst umfassende Kenntnisse über die wichtigsten sogenannten Feindzentren, über das feindliche Potenzial sowie über Widersprüche im Lager des Feindes erlangt werden, um daraus abgeleitet Schläge gegen diese führen zu können. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit der HVA bestand in der Informationsgewinnung über Wirtschaft, Militär und Politik sowie in der Gegenspionage zu ausländischen Geheimdiensten. Territorial konzentrierte sich die HVA in erster Linie auf die Bundesrepublik und Westberlin und darüber hinaus auf die NATO-Staaten.
Die HVA war eingebunden in die Gesamtaufgaben des MfS. So kooperierte sie auch mit den Abteilungen des MfS, die für die Bekämpfung der Opposition zuständig waren. Während des Auflösungsprozesses des MfS 1989 versuchten ehemalige Mitarbeiter der HVA die Mitglieder der Bürgerkomitees und andere an der Auflösung Beteiligte davon zu überzeugen, dass die HVA ein Geheimdienst wie jeder andere auf der Welt gewesen sei. Der Erfolg ihrer Bemühungen war, dass sich die HVA größtenteils selbst auflösen und damit die Spuren ihrer Jahrzehnte langen Tätigkeit weitgehend verwischen konnte. Die meisten Unterlagen wurden vernichtet bzw. sind derzeit unauffindbar.
Haus der Demokratie
Ehemaliger Sitz der SED-Kreisleitung Berlin-Mitte in der Friedrichstraße, der den Bürgerbewegungen und neuen Parteien Ende 1989 als Arbeitsort zur Verfügung gestellt wurde. Ende 1999 musste das Haus geräumt werden, weil nach längeren Verhandlungen der "Deutsche Beamtenbund" die Immobilie von der Treuhand gekauft hatte. Zu diesem Zeitpunkt waren nur noch einige der Organisationen im Haus ansässig, die 1989/90 ihren legendären Ruhm begründet hatten. Heute existiert im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg in der Greifswalder Straße ein "Haus der Demokratie", das sich in der Nachfolge des ersten Hauses sieht.
Initiative für Frieden und Menschenrechte
Die 1985/86 gegründete "Initiative für Frieden und Menschenrechte" zählte zu den wichtigsten Oppositionsgruppen in der DDR, die kirchenunabhängig agierte und sich an der Charta 77 orientierte. Sie gab inoffiziell zahlreiche Publikationen heraus, darunter die Zeitschrift "grenzfall". Ihre Mitglieder galten in den Augen des MfS als "unversöhnliche Staatsfeinde" und "Feinde des Kommunismus". Zu den bekanntesten Vertretern zählten Gerd und Ulrike Poppe, Bärbel Bohley, Katja Havemann, Reinhard Weißhuhn, Ralf Hirsch, Werner Fischer und Peter Grimm.
Inoffizieller Mitarbeiter (IM)
Geheime Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), auch "Spitzel" genannt. Die Funktion der IM war maßgeblich durch die Rolle des MfS in der DDR bestimmt. Dieses hatte die Aufgabe, auf der Basis der Beschlüsse der SED die DDR vor Angriffen zu schützen. Außerdem sollte es die territoriale und staatliche Ordnung des Landes garantieren und Beeinträchtigungen der Sicherheit vorbeugend begegnen. Für das MfS war es daher eine Schlüsselfrage, an Kenntnisse über Aktivitäten zu gelangen, von denen es annahm, dass sie der DDR auf politischem, ökonomischem, gesellschaftlichem und militärischem Gebiet schaden könnten.
Die Gewinnung von Informationen wurde durch Technik erleichtert, doch konnten solche Hilfsmittel nicht den Menschen mit seiner Fähigkeit ersetzen, Gedanken anderer Personen zu erforschen oder auf diese einzuwirken, in denen das MfS den "Feind" vermutete. Die IM fungierten somit als zentrale Schnittstelle zwischen MfS und Gesellschaft. Der erste Minister des MfS, Wilhelm Zaisser, beschrieb es so: "Unser IM-Bestand, das sind unsere Atmungsorgane und ohne diese können wir nicht leben und nicht arbeiten". Für Erich Mielke waren die IM "Hauptwaffe zur Aufspürung und Aufklärung des Feindes, zur Gewinnung wertvoller operativer Informationen". Sie hatten die Funktion, unmittelbar auf Entwicklungen oder Personen Einfluss zu nehmen, und stellten damit auch den Charakter eines gesellschaftspolitischen Steuerungspotentials dar, das politischen Vorgaben und Zielen zum Durchbruch verhelfen sollte. Zuletzt gab es 174.000 aktive Inoffizielle Mitarbeiter.
Neben den "regulären" IM gab es die "IMB", Inoffizielle Mitarbeiter der Abwehr mit Feindverbindung bzw. zur unmittelbaren Bearbeitung im Verdacht der Feindtätigkeit stehenden Personen. Diese mit der Richtlinie 1/79 vom 8.12.1979 eingeführte Kategorie führte die Vorläuferkategorien "IMF" und "IMV" zusammen.
Internationale
Bekanntestes Lied der sozialistischen und kommunistischen Arbeiterbewegung, das in viele Sprachen übersetzt wurde. In der UdSSR war es bis 1944 Nationalhymne. Der deutsche Refrain: "Völker, hört die Signale! / Auf zum letzten Gefecht! / Die Internationale / erkämpft das Menschenrecht!" ist in den 1980er Jahren auf oppositionellen Demonstrationen sehr zum Ärger der SED-Führung häufig gesungen worden. Die Demonstrierenden konnten mit diesen Zeilen auf ihre Forderungen aufmerksam machen und wussten gleichzeitig, dass das DDR-Regime nichts gegen sozialistisch-kommunistisches Liedgut ausrichten konnte.
Junge Gemeinde
Als Angebot der Kirchen für junge Christen in der DDR waren die Jungen Gemeinden v.a. in den 1950er Jahren scharfen Verfolgungskampagnen ausgesetzt, weil sie sich dem Totalitätsanspruch der SED und ihrer Jugendorganisation FDJ entzogen. Aus den Jungen Gemeinden haben sich bis zum Ende der DDR immer wieder oppositionelle Gruppen entwickelt.
Junge Welt
Kader
Kader meinte im kommunistischen Herrschaftsbereich im engeren Sinne Führungskräfte und Eliten auf allen Ebenen, die der Ideologie entsprechend ausgebildet, geschult und gefördert wurden. Ein engmaschiges Kadersystem sollte dafür Sorge tragen, dass nur die Personen an die entsprechenden Positionen gelangten, für die sie auch politisch-ideologisch und fachlich geeignet schienen. Im weiteren Sinne war jeder Beschäftigte in der DDR ein Kader. Davon zeugt der Begriff Kaderakte: Hier befanden sich neben den üblichen Unterlagen einer Personalakte auch politisch-ideologische Einschätzungen, die laufend aktualisiert wurden.
Kaderakte
Die Kaderakte spielte in der DDR eine besondere Rolle. Sie begleitete die Beschäftigten durch ihr ganzes Arbeitsleben und entzog sich weitgehend ihrer Einsicht. In einem Dossier wurde alles über die Person gesammelt und interpretiert. Politisch negative Einträge in die Kaderakte konnten den Betroffenen "unauffällig" von ganzen Berufszweigen und Funktionen ausschließen.
Kalter Krieg
Der Begriff wurde 1947 geprägt und bezeichnete die globale Systemauseinandersetzung zwischen den USA und der UdSSR, zwischen Ost und West. Der Kalte Krieg, der nicht in offenen Kampfhandlungen ausgetragen wurde, hatte seinen Schauplatz in Europa, v.a. im geteilten Deutschland. Er führte jedoch in vielen anderen Teilen der Welt zu Stellvertreterkriegen, zum "heißen" Krieg wie z.B. beim Koreakrieg oder der Kuba-Krise.
Kirche von Unten (KvU)
Klassenjustiz
Knastalphabet
Durch das Klopfen an Wände, Toiletten oder Rohre bestand für viele in der DDR Inhaftierte die einzige Möglichkeit, miteinander zu kommunizieren. Die Anzahl der Klopfzeichen entsprach dabei der Position des Buchstabens im Alphabet. Das heißt für den Buchstaben "A" einmal klopfen, für den Buchstaben "Z" 26 mal klopfen. Politische Häftlinge versuchten so ihre besondere Isolierung von anderen Strafgefangenen zu durchbrechen und setzten sich damit meist großer Gefahr aus.
Kommerzielle Koordinierung (KoKo)
Der 1966 gegründete Bereich unterstand zunächst dem Ministerium für Außenhandel, dann ab 1976 direkt dem SED-Politbüro. Neben der SED-Führung hatte v.a. das Ministerium für Staatssicherheit die Oberhoheit über die Koko. Hauptsächlich erwirtschaftete die KoKo mittels illegaler Mittel Devisen für die DDR. Sie bestand aus einem weitverzweigten internationalen Wirtschaftsnetz. Bis Ende 1989 war sie der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. Neben Wirtschaftsunternehmen, Antiquitätenhandel und dem Unterlaufen von Embargobestimmungen war die Koko im internationalen Waffenhandel tätig.
Kommilitonen
Konsistorium
Konterrevolution
Politische Betätigung außerhalb der dafür vorgesehenen Parteien und Massenorganisationen galten in der DDR als "konterrevolutionär". Das MfS ging davon aus, dass in den sozialistischen Ländern die sozialökonomische und klassenmäßige Basis für eine Konterrevolution beseitigt sei. Trotzdem warnte es davor, dass die Geheimdienste und andere Organe des "Imperialismus" versuchten, in den sozialistischen Ländern "feindlich-negative" Kräfte zu politischer Untergrundtätigkeit und anderen "feindlich-negativen" Handlungen zu inspirieren und mobilisieren. Ziel dieser Tätigkeit der Geheimdienste sei angeblich, eine ideologische, personelle und organisatorische Basis für eine "innere Opposition" zu schaffen, die den Sozialismus von innen heraus zersetzen und zerstören könnte.
Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE)
Die "Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" wurde am 1. August 1975 in Helsinki mit der Verabschiedung einer Schlussakte beendet. An der Konferenz nahmen außer Albanien alle europäischen Staaten sowie Kanada und die USA teil. Auch die Bundesrepublik und die DDR waren gleichberechtigt dabei. Das SED-Regime erhoffte sich internationale Anerkennung und mehr Eigenständigkeit bei ihren inneren Angelegenheiten. Die Menschenrechte, zu deren Achtung und Wahrung sich die unterzeichnenden Staaten verpflichtet hatten, wurden jedoch auch nach Unterzeichnung der Schlussakte nicht beachtet. Die Missachtung der Menschenrechte diente fortan oppositionellen und ausreisewilligen Kräften in der DDR als eine willkommene Argumentationshilfe und völkerrechtliche Absicherung ihrer Forderungen.
Neben der Ausreisebewegung entwickelte sich im Zuge des KSZE-Prozesses ab Anfang der 1970er Jahre eine oppositionelle Menschenrechtsdebatte. Ostdeutsche Oppositionelle vertieften insbesondere Kontakte nach Polen, Ungarn und in die CSSR.Der KSZE-Prozess trug nicht nur zur Entwicklung und Stärkung der ostdeutschen und osteuropäischen Opposition bei. Er war zugleich eine innen- und außenpolitische Voraussetzung für die Revolution von 1989.
Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDPD)
Die LDPD - bis Oktober 1951 LDP - gehörte zu den so genannten Blockparteien. Sie hatte sich im Juni 1945 weitgehend eigenständig konstituiert. Ihrem Selbstverständnis nach sah sich die LDPD anfänglich als nichtsozialistische liberale Volkspartei mit gesamtdeutschen Anspruch.Mit der offiziellen Zustimmung der LDPD zum "Aufbau des Sozialismus" im Sommer 1952 war die äußerliche Gleichschaltung der Partei abgeschlossen. Seitdem erkannte die Partei den offiziellen Führungsanspruch der SED an und verstand sich selbst als ihr treuer Bündnispartner. Erst im Februar 1990 wurde die Abkehr vom Sozialismus vollzogen. Im August 1990 schloss sie sich mit der FDP in der Bundesrepublik zusammen.
Legende, legendieren, legendiert
Literaturszene Prenzlauer Berg
Die Literatenszene im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg entwickelte sich Ende der 1970er Jahre. Sie verstand sich mehr als Subkultur und weniger als politische Opposition. Einige Personen aus dieser Szene konnten trotz der harten staatlichen Zensur in den 1980er Jahren auch in der DDR veröffentlichen. Eine der Hauptgruppen dieser Literatenszene sammelte sich um Sascha Anderson und Rainer Schedlinski. Die beiden waren - wie erst Anfang der 1990er Jahre bekannt wurde - Inoffizielle Mitarbeiter des MfS.
Mauer
"Um 0.00 Uhr wurde Alarm gegeben und die Aktion ausgelöst. Damit begann eine Operation, die an dem nun anbrechenden Tag, einem Sonntag, die Welt aufhorchen ließ". So beschrieb Erich Honecker den Mauerbau am 13. August 1961. Der Bau der Berliner Mauer war eine Reaktion auf die gestiegene Zahl der Flüchtlinge in den Westen, die im Volksmund auch als "Abstimmung mit den Füßen" bezeichnet wurde. Von 1949 bis 1961 verließen 2,7 Millionen Menschen das Land. Zugleich war der Bau der Mauer der erfolgreiche Versuch, einen neuen Volksaufstand wie am 17. Juni 1953 zu unterbinden.
Die Mauer, in der SED-Sprache "antifaschistischer Schutzwall" genannt, kostete Hunderte, hauptsächlich junge Menschen, die in die Freiheit flüchten wollten, das Leben. Die Mauer wurde bis zu ihrem Fall am 9. November 1989 mit einem extrem hohen materiellen und personellen Aufwand ständig perfektioniert. In Berlin erinnert unter anderem das "Haus am Check-Point Charlie" in der Friedrichstraße an das unmenschliche Grenzregime in der DDR. Die Berliner Mauer war das Symbol des Kalten Krieges. Weitere Informationen finden sich auf der Website Externer Link: Chronik der Mauer.
Mauerschützenprozesse
Ministerium für Staatssicherheit (MfS), Amt für Nationale Sicherheit (AfNS)
Das MfS, auch "Schild und Schwert der Partei" genannt, wurde im November 1950 gegründet, 1989 in AfNS umbenannt und 1990 aufgelöst. An der Spitze stand seit 1957 Erich Mielke als Minister. Die Zentrale des MfS war in 20 Hauptabteilungen und die Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) aufgegliedert. Die Bezirksverwaltungen (BVfS) waren analog strukturiert. Ihnen waren Objektdienststellen in Stadt- und Landkreisen, Betrieben und Behörden unterstellt.
Das flächendeckende Überwachungsnetz des MfS bediente sich der Spitzeldienste von Inoffiziellen Mitarbeitern (IM) und nahm mit großem Aufwand Postkontrollen und Telefonüberwachungen vor. Das MfS verfügte über eigene Untersuchungsgefängnisse und agierte faktisch unkontrolliert in einem rechtsfreien Raum. Neben der Auslandsaufklärung richteten sich die Aktivitäten der Abwehr hauptsächlich gegen Andersdenkende im eigenen Land, gegen so genannte "feindlich-negative" Kräfte. Diese Aufgabenstellung rückte vor allem Bürgerrechtler, kirchliche und Umweltschutz-Gruppen, kritische Künstler, aber auch Ausreisewillige ins Zentrum der Bespitzelung des MfS. Die Aktivitäten des MfS nahmen mit der Zeit immer monströsere Ausmaße an. 1989 arbeiteten für das MfS etwa 85.500 hauptamtliche und 174.200 Inoffizielle Mitarbeiter.
MfS-Archiv
MfS-Bezirksverwaltung
Bezirksverwaltungen des MfS gab es in allen 14 Bezirken der DDR sowie in Ost-Berlin. Die Personalstärke der Bezirksverwaltung schwankte zwischen 1.700 und 3.200 Mitarbeitern. Die innere Struktur entsprach der Zentrale des MfS insoweit, als dass die Hauptabteilungen und selbständigen Abteilungen in der Zentrale ihre Entsprechung in analogen Abteilungen, Referaten und Arbeitsgruppen in den Bezirken besaßen.
MfS-Hauptabteilung
Die HA VI hatte folgende Aufgabenstellungen: Passkontrolle (Sicherung, Kontrolle und Überwachung des Ein- und Ausreiseverkehrs sowie des Transitverkehrs), Datenerfassung und zentrale Speicherführung sowie Recherche zum Reiseverkehr, Fahndungsprozessführung und Verhinderung von Missbrauchshandlungen im grenzüberschreitenden Reiseverkehr. Weiterhin operative Maßnahmen im und nach dem Operationsgebiet (vor allem Aufklärung der Grenzübergangsstellen der BRD und Berlin-West), Aufklärung spionageverdächtiger Personen, Observierung / "Betreuung" im Rahmen des Polittourismus sowie Sicherung von Objekten und Einrichtungen des Reiseverkehrs und Tourismus, Abwehr unter Angehörigen der Zollverwaltung.
MfS-Kreisdienststelle
In der DDR gab es im Oktober 1989 211 Kreisdienststellen des MfS mit insgesamt rund 11.000 hauptamtliche Mitarbeitern. Die Kreisdienststellen hatten die jeweils auf ihr Territorium bezogene "politisch-operative Arbeit" zu leisten. Sie bildeten gleichsam das administrativ-organisatorische Fundament des MfS und waren für die Herrschaftssicherung der SED im Kreis verantwortlich. MfS-Chef Erich Mielke sagte zur Bedeutung der Kreisdienststellen in einem Referat: "Die KD sind ein entscheidendes Instrument zur Sicherung unseres Arbeiter und Bauern Staates, eine Basis der Macht. Von der erfolgreichen, willensstarken und aufopferungsvollen Arbeit der Angehörigen der KD, von der Qualität und Wirksamkeit ihrer politisch-operativen Arbeit, die sie für das gesamte MfS leisten, hängt sehr wesentlich ab, dass die politisch-operative Lage in unserer Republik auch weiterhin stabil bleibt."
MfS-Methoden
MfS-Untersuchungshaftanstalt
Das MfS unterhielt in der DDR seine eigenen Untersuchungshaftanstalten. Mit Bautzen II verfügte das MfS zudem über eine Spezialhaftanstalt für besondere politische Häftlinge. Als so genanntes Untersuchungsorgan ermittelte das MfS offiziell für die Staatsanwaltschaft. Jede Inhaftierung wurde jedoch weitergehend genutzt. Unter anderem wurde das gesamte Umfeld der inhaftierten Person "aufgeklärt", mit dem Druckmittel der Haft wurden Inoffizielle Mitarbeiter angeworben.
Militärrichter, Militärgericht
Nach Einführung der Wehrpflicht durch ein Gesetz vom 24. Januar 1962 erging am selben Tag das Militärstrafgesetz sowie ein Gesetz zur Ergänzung des Gerichtsverfassungsgesetzes. Mit letzterem wurde die Bildung spezieller Militärgerichte sowie einer Militärstaatsanwaltschaft verfügt. Ihre Tätigkeit nahmen die Militärgerichte der DDR im Juli 1963 auf. Das Hauptanliegen bei der Bildung der Militärgerichte bestand darin, den spezifischen Aufgaben der NVA bei der Verteidigung der DDR sowie den Besonderheiten des Dienstes in diesen Organen im Interesse einer systemkonformen Rechtsprechung Rechnung zu tragen. Generell wurden die Militärrichter und Militärschöffen für zwei Jahre gewählt. In die allgemeine Zuständigkeit der Militärgerichtsbarkeit konnten auch Zivilpersonen fallen, durch die der SED-Staat seine militärische Sicherheit gefährdet sah.
Militärstaatsanwalt
Die Militärstaatsanwaltschaft wurde gebildet zur "Erfüllung der staatsanwaltlichen Aufgaben in den bewaffneten Organen". In ihrer Gesamtheit unterstand sie dem Generalstaatsanwalt der DDR, bei dem ein Militärstaatsanwalt als Stellvertreter tätig wurde. Die Militärstaatsanwälte erhoben ihre Anklage bei Militärgerichten.
Ministerrat der DDR
Das erst seit 1954 offiziell als Ministerrat der DDR (MR) bezeichnete Organ der Volkskammer war die Regierung der DDR. Der Ministerrat erarbeitete Grundsätze der staatlichen Innen- und Außenpolitik und verantwortete die Erfüllung der Aufgaben in allen staatlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen der DDR. So beaufsichtigte er beispielsweise die Tätigkeit der Ministerien, der Staatlichen Plankommission, der anderen zentralen Organe der staatlichen Verwaltung und der örtlichen Räte und ließ sich dazu umfassend Bericht erstatten. Entsprechend seiner Nomenklatur ernannte er leitende Staatsfunktionäre bzw. berief diese ab. Die formalen Rechte des Ministerrats zur Gesetzesinitiative und zum Gesetzesbeschluss waren in der Praxis eingeschränkt durch die auch verfassungsmäßig verankerte führende Rolle der SED. So war der Ministerrat abhängig von den Weisungen der eigentlichen DDR-Regierung, dem SED-Politbüro.
Montagsdemonstrationen
Demonstrationen, die im Anschluss an Friedensgebete in der Leipziger Nikolaikirche abgehalten wurden und den Unwillen der DDR-Bevölkerung gegenüber der SED-Führung zeigten. Seit Anfang September 1989 erfreuten sie sich großer Zunahme und wurden zum Ausgangspunkt der ostdeutschen Revolution. Verstärkt wurde ihre Wirkung dadurch, dass sie von ostdeutschen Oppositionellen aufgenommen und von westdeutschen Medien ausgestrahlt wurden.
Am 25. September nahmen etwa 8.000, am 2. Oktober etwa 20.000 Menschen teil. Die Demonstration am 9. Oktober, an der etwa 70.000 Bürgerinnen und Bürger teilnahmen, endete trotz der in großer Zahl aufmarschierten einsatzbereiten Polizei- und MfS-Einheiten gewaltfrei. Mit ihr sprang der "revolutionäre Funke" endgültig auf das ganze Land über, und vielerorts meldeten sich Woche für Woche Hunderttausende nach Gottesdiensten mit dem Ruf "Wir sind das Volk" zu Wort.
Nachrichtendienst
Am 14. Dezember 1989 beschloss der DDR-Ministerrat die Auflösung des MfS / AfNS. Ein gleichzeitig gefasster Beschluss über die Schaffung eines Amtes für Verfassungsschutz und eines Nachrichtendienstes der DDR kam nicht mehr zum Tragen. Nach massiver öffentlicher Kritik verzichtete der Ministerrat durch Beschluss vom 12. Januar 1990 auf die Errichtung des Verfassungsschutzes und des Nachrichtendienstes.
Nationaldemokratische Partei Deutschlands (DDR) (NDPD)
Nationaldemokratische Partei der DDR, die 1948 gegründet wurde, um ehemalige Wehrmachtsoffiziere und NSDAP-Mitglieder parteilich in der SBZ/DDR einzubinden. Die Partei stand von Beginn an unter SED-Aufsicht und war Teil des Blocksystems. Sie hatte bis zu 100.000 Mitglieder. 1990 ging sie im Bund Freier Demokraten auf, löste sich aber praktisch auf.
Neues Deutschland (ND)
Abkürzung für DDR-Tageszeitung "Neues Deutschland". Das ND wurde im Anschluss an den Gründungsparteitag der SED am 23. April 1946 gegründet. Als Zentralorgan des Zentralkomitees (ZK) der SED avancierte das ND schnell zur auflagenstärksten Tageszeitung der DDR. Seit der Wiedervereinigung erscheint das ND weiterhin als Tageszeitung in einer Bundesausgabe und einer Regionalausgabe für Berlin und Brandenburg.
Neues Forum
Das Oppositionsbündnis Neues Forum gründete sich im September 1989 in der ehemaligen DDR und wirkte wesentlich am politischen Umbruch mit. Das Neue Forum verstand sich als politische Vereinigung, "die es Menschen aus allen Berufen, Lebenskreisen, Parteien und Gruppen möglich macht, sich an der Diskussion und Bearbeitung lebenswichtiger Gesellschaftsprobleme in diesem Land zu beteiligen" (Gründungsdokument "Demokratischer Aufbruch 89"). Seine Zulassung als politische Gruppierung am 8. November 1989 durch die SED-Führung wurde zum Präzedenzfall.
Die exponierten Gründungsmitglieder des Neuen Forums wurden von der Staatssicherheit massiv überwacht und drangsaliert. Zu den Erstunterzeichnern gehörten unter anderen Bärbel Bohley, Rolf Henrich, Ingrid Köppe, Sebastian Pflugbeil, Jens Reich, Reinhard Schult, Ina Seidel. Das Neue Forum arbeitete basisdemokratisch und bewusst nicht als Partei. Bis Ende 1989 unterzeichneten etwa 200.000 Menschen den Gründungsaufruf des Neuen Forums, feste Mitglieder zählte es ca. 10.000.
Im Vorfeld der Volkskammerwahlen vom 18. März 1990 schloss sich das Neue Forum im Februar 1990 mit den Oppositionsbewegungen "Demokratie Jetzt" (DJ) und "Initiative Frieden und Menschenrechte" (IFM) zum "Bündnis 90" zusammen, das 2,9 Prozent der Stimmen erhielt. Vor der Bundestagswahl im Dezember 1990 ging das Bündnis 90 mit den Grünen (Ost) eine Listenverbindung ein. 1993 vereinigte sich dieses Bündnis mit den Grünen (West) zur Partei Bündnis 90/Die Grünen.
Nationale Volksarmee (NVA)
Die NVA, Armee der DDR, wurde 1956 gegründet und ging aus dem Vorläufer "Kasernierte Volkspolizei" hervor. Seit 1962 gab es in der DDR die Wehrpflicht. Strategisch spielte die NVA im Rahmen des Warschauer Paktes (östliches Militärbündnis als Gegenstück zur NATO) eine untergeordnete Rolle. Ihre Auflösung erfolgte 1990. Das Material, die Einrichtungen und Teile des Personals der NVA wurden von der Bundeswehr übernommen.
Oberstes Gericht der DDR
Das Oberste Gericht der DDR hatte als Herrschaftsinstrument der SED eine große Bedeutung. Diese ergab sich aus seiner Stellung im Machtgefüge der DDR und aus den ihm übertragenen Zuständigkeiten. Per Gesetz im Dezember 1949 geschaffen, hatte es als höchstes rechtssprechendes Organ die Leitung über alle Gerichte inne. Die Richter und Schöffen des Obersten Gerichts wurden von der Volkskammer gewählt, wobei der Staatsrat der DDR die Vorschläge machte. Dem Obersten Gericht war von Anfang an entscheidender Einfluss bei der Durchsetzung der "demokratischen Gesetzlichkeit" und bei der Politisierung der Rechtsprechung im Sinne "fortschrittlicher Parteilichkeit" zugedacht.
Aus politischen Überlegungen heraus konnte das Oberste Gericht bei Strafsachen in erster und in letzter Instanz entscheiden. Darüber hinaus war der Generalstaatsanwalt der DDR ermächtigt, praktisch jederzeit jedes politisch relevante Strafverfahren an sich zu ziehen und vor dem Obersten Gericht zur Anklage zu bringen. Dadurch wurde den Angeklagten de facto ihr gesetzlich zuständiger Richter entzogen, und das Urteil wurde unmittelbar rechtskräftig. Sie mussten auch den Verzicht auf Rechtsmittel hinnehmen, mit denen sie möglicherweise ein gegen sie ergangenes Urteil hätten angreifen können.
Observierung
Die Observierung von Personen des so genannten Politischen Untergrundes der DDR war ein allgegenwärtiges Mittel der Staatssicherheit, um Regimekritiker, Andersdenkende und deren Umfeld zu überwachen. Die Methode der Observierung wurde auch gezielt offen angewandt, um das sogenannte "Beobachtungsobjekt" durch die bloße Anwesenheit des MfS zu verunsichern.
Offizier im besonderen Einsatz (OibE)
Hauptamtliche Mitarbeiter des MfS, die auf den Gebieten der Abwehr und der Aufklärung regimefeindlicher Aktivitäten arbeiteten. Sie operierten unter strikter Legendierung ihres Dienstverhältnisses in sicherheitspolitisch relevanten Positionen im Staatsapparat, in der Volkswirtschaft oder in anderen Bereichen der Gesellschaft. Die Kategorie wurde bereits Ende der 1950er Jahre eingeführt.
Operativer Vorgang (OV)
Operatives Fernsehen
Die DDR-Volkspolizei unterhielt an allen größeren Plätzen oder so genannten Brennpunkten in der DDR Einsatzzentralen, die mit einer großen Anzahl von Videokameras ausgestattet waren. Offiziell dienten diese Kameras der Verkehrsüberwachung und der Überwachung von Großdemonstrationen wie den 1. Mai-Demonstrationen. Sie wurden aber mit Direktleitungen versehen und durch das MfS genutzt, um nicht genehmigte Demonstrationen und Treffen von Personen zu dokumentieren. Diese Videos konnten dann zur Personen-Identifizierung und Einleitung von Fahndungs- und anderen Maßnahmen benutzt werden.
Opposition
Offiziell gab es in der DDR keine Opposition, da es nach Auffassung der Herrschenden dafür auch keine politischen und sozialen Grundlagen gab. Tatsächlich existierten in jeder Phase der DDR-Geschichte Gruppen und Personen, die sich gegen die Politik des Staates und der SED wandten. Sie wählten dafür in den verschiedenen Jahrzehnten ganz unterschiedliche Mittel und Wege. Während vor dem Mauerbau 1961 vor allem antikommunistischer Fundamentalwiderstand dominierte, waren danach oppositionelle Reformbestrebungen vorherrschend. Beides wurde vom Staat bekämpft und verfolgt.
Ordnung und Sicherheit
Allgemeiner Begriff, der im sozialistischen Recht für die staatliche Schutz- und Erziehungsfunktion verwendet wurde. Mit Hilfe dieses Begriffes waren in der DDR insbesondere die Aufgaben und Kompetenzen der Deutschen Volkspolizei zur Abwehr von Gefahren und Störungen festgelegt. Sie konnte gegen alles vorgehen, was das Leben oder die Gesundheit von Menschen, das sozialistische, persönliche oder private Eigentum oder andere, vom sozialistischen Staat zu schützende Objekte bedrohten. Dazu zählte auch die Bekämpfung politischer Oppositionshandlungen. Wenn es darum ging, generelle staats- und verwaltungsrechtliche Kompetenzen zur Abwehr von Gefahren oder Störungen für staatliche Organe juristisch zu fixieren, wurdr der Terminus öffentliche Ordnung und Sicherheit auch in anderen Rechtsvorschriften verwendet.
Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)
Die PDS ist offiziell und rechtlich die Nachfolgepartei der SED. Programmatisch tritt sie für einen Sozialismus ein, der die demokratischen Grundregeln respektiert; darüber hinaus nimmt sie speziell die Interessen der Bevölkerung der neuen Bundesländer auf. Auf dem außerordentlichen Parteitag der SED im Dezember 1989 benannte sich die Partei in SED/PDS um. Der neue Name sollte einen Erneuerungs- und Reformprozess dokumentieren. Beim nächsten Parteitag im Februar 1990 wurde die Partei erneut in PDS umbenannt, ohne konsequent mit der Vorgängerpartei zu brechen. Zum Vorsitzenden wurde der Berliner Rechtsanwalt Gregor Gysi gewählt.
Bei den Volkskammerwahlen im März 1990 erhielt die PDS mit ihrem Spitzenkandidaten Hans Modrow 16,3 Prozent der Stimmen. Bei den ersten gesamtdeutschen Wahlen erzielte die PDS 2,4 Prozent der Stimmen (11 Prozent im Osten). Aufgrund einer Ost-West-Sonderregelung zog die PDS mit 17 Abgeordneten ins Parlament ein, obgleich sie die 5-Prozent-Hürde verfehlte. Bei den Bundestagswahlen 1994 erzielte die Partei 4,4 Prozent der Stimmen und erhielt aufgrund von 4 Direktmandaten 30 Abgeordnetensitze im Bundestag.
1998 erhielt die Partei 5,1 Prozent der Stimmen und erhielt 37 Bundestagsmandate. In den Jahren 1998/99 konnte die Partei bei den Landtagswahlen in den Neuen Ländern beträchtlich zulegen und erzielte häufig bessere Ergebnisse als CDU oder SPD. Dies führte dazu, dass sie derzeit (Mai 2006) in Mecklenburg-Vorpommern in der Regierungskoalition mit der SPD regiert. Seit dem 17. Juli 2005 trägt die PDS den Parteinamen "Die Linkspartei" und als Zusatz "PDS". Im Vorfeld der vorgezogenen Bundestagswahlen 2005 hatten sich die PDS und die WASG (Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit) darauf verständigt, langfristig eine bundesweite linke Partei zu bilden. Im 16. Bundestag ist die Fraktion "DIE LINKE" mit derzeit 54 Abgeordneten vertreten.
Perestroika
"Perestroika" (russisch für Umbau, Umgestaltung) war eine 1985 von Michail S. Gorbatschow eingeleitete Reformpolitik. Der Reformprozess hatte neben einer Revision des zentralistischen Führungssystems die Einführung marktwirtschaftlicher Elemente in der Wirtschaft zum Ziel. Die Reformpolitik in der Sowjetunion blieb von der DDR-Führung nicht unbeachtet. Parteigrößen befürchteten, dass demokratische Reformen im "sozialistischen Bruderland" den uneingeschränkten Machteinfluss der SED in der DDR gefährden könnten. Die Partei beharrte daher auf einer strikten Verweigerung von Reformen. Die wahrgenommene Bedrohung einer solchen Reformbewegung zeigte sich u.a. im Verbot der sowjetischen Zeitschrift "Sputnik".
Personenfindungskartei
Bezeichnung für die Klarnamenkartei (F 16) und die Vorgangskartei (F 22) des MfS. Nur mit Hilfe beider Karteien ist an Hand von Registriernummern ersichtlich, in welcher Form das MfS die jeweilige Person erfasste. In der Vorgangskartei wurde auch vermerkt, welche Abteilung die Person bearbeitete und ob Akten im Archiv abgelegt wurden.
Pioniertreffen
Zentrale Veranstaltung der sozialistischen Pionierorganisation der DDR. Anlässlich des II. Parlaments der Freien Deutschen Jugend (FDJ) wurde 1947 in Meißen die Kindervereinigung der FDJ, die Pioniere, gegründet. Beim ersten Pioniertreffen in Dresden 1952 erhielt die Pionierorganisation vom Zentralkomitee der SED das Recht, den Namen "Ernst Thälmann" zu tragen. Grundeinheit war die "Pionierfreundschaft", die an jeder Schule gegründet wurde. In den Klassen 1 bis 3 wurden die Pioniergruppen als "Jungpioniere", in den Klassen 4 bis 7 als "Thälmannpioniere" bezeichnet. 99 Prozent aller Schüler in der DDR waren Mitglieder der Pionierorganisation.
Passkontrolleinheit (PKE)
Die PKE war zuständig für die Sicherung und Kontrolle des Ein- und Ausreiseverkehrs der DDR. Sie war der Hauptabteilung VI des MfS zugeordnet. Die Aufgabe der PKE bestand unter anderem darin, die Fahndung und "Filtrierung" an den Grenzübergangsstellen durchzuführen. Die PKE erarbeitete Informationen über Personen und Sachen für die Abwehr und Aufklärung des MfS. Dies geschah durch die offiziellen Kontroll- und Abfertigungshandlungen, durch den Einsatz politisch-operativer Methoden und durch die Einbeziehung der Angehörigen der Grenzzollämter.
Unter "Filtrierung" verstand das MfS unter anderem die legendierte Befragung und Beobachtung der Reisenden während der Grenzpassage, im Vorfeld und im unmittelbaren Hinterland der Grenzübergangsstelle.
Platz des himmlischen Friedens
Chines. Tiananmen-Platz. Der größte umbaute Platz der Welt in Peking, der etwa eine Million Menschen fasst, erlangte traurige Berühmtheit, als das chinesische Militär auf dem Platz eine wochenlange friedliche Demonstration gegen das kommunistische Regime Anfang Juni 1989 gewaltsam beendete. Dabei kam es in der Folge zu Tausenden Toten.
PM 12
Politbüro
Das Politbüro des Zentralkomitees (ZK) war das oberste politische Führungsorgan der SED. Es traf alle grundsätzlichen politischen und personellen Entscheidungen der Partei, des Staates, der Wirtschaft und der Kultur. Die Beschlüsse des Politbüros wurden von der Regierung umgesetzt. Am 8. Oktober 1989 trat das Politbüro unter dem Druck von Massenprotesten zunächst vorläufig zurück und formierte sich mit nur elf Mitgliedern neu. Zwei Monate später, am 3. Dezember 1989 traten das ZK und mit ihm das Politbüro endgültig zurück.
Politbüroprozess
Das Landgericht Berlin verurteilte am 25. August 1997 die Mitglieder des Politbüros der DDR Egon Krenz sowie Günter Schabowski und Günther Kleiber wegen Totschlags von Flüchtlingen an der innerdeutschen Grenze zu Freiheitsstrafen von drei bis sechs Jahren. Der Bundesgerichtshof hatte entschieden, dass die Angeklagten als mittelbare Täter strafrechtlich für die Todesschüsse an der Mauer verantwortlich sind. Sie hatten die für die Erschießung von Republikflüchtlingen erforderlichen Organisationsstrukturen und Rahmenbedingungen geschaffen und genutzt. Zu Prozessbeginn im Januar 1995 wurden vier weitere Politbüro-Mitglieder, Harry Tisch, Kurt Hager, Erich Mückenberger und Horst Dohlus, angeklagt. Sie schieden jedoch wegen Tod (Tisch) bzw. aus gesundheitlichen Gründen aus. Im letzten SED-Politbüroprozess 2004 wurden die früheren DDR-Funktionäre Hans-Joachim Böhme und Siegfried Lorenz der Beihilfe zu dreifachem Mord an der innerdeutschen Grenze für schuldig befunden. Strafmildernd wirkte sich der Umstand aus, dass die Angeklagten, den Tod der drei Maueropfer bedauerten und bisher ein unbescholtenes Leben geführt hatten. Daher wurden die Strafen für die damals 73-jährigen Lorenz und 74-jährigen Böhme zur Bewährung ausgesetzt.
Politische Haft
Im allgemeinen und behördlichen Sprachgebrauch der DDR existierten politische Häftlinge nicht. Offiziell registrierte man nur "kriminelle Täter". Erst durch eine zusätzliche Bewertung konnte ein Delikt zu einer Straftat "mit politischem Einschlag" erklärt werden. Von 1945 bis 1990 waren etwa 200.000 Bürgerinnen und Bürger der DDR aus politischen Gründen inhaftiert, z.B. wegen ungesetzlichem Grenzübertritt, Staatsverleumdung oder Widerstand gegen die Staatsgewalt. Im Gegensatz zu allen anderen strafrechtlichen Tatbeständen, die der Kriminalpolizei oblagen, war das MfS für politische Sachverhalte und deren strafrechtliche Aufklärung zuständig.
Das MfS unterhielt eigene Untersuchungshaftanstalten, in denen physische und psychische Misshandlungen politischer Gefangener keine Ausnahme bildeten. Auch nach der Entlassung mussten politische Gefangene mit Restriktionen rechnen, z.B. Berufsverboten. Der Umgang mit politischen Gefangenen in der DDR fand international erstmals im Zuge des UN-Beitritts der DDR 1973 größere Beachtung. In der Folge musste die DDR vor der UN-Konferenz über die menschenrechtliche Lage im Land Bericht erstatten. Seit 1963 wurden mehr als 30.000 politische Häftlinge von der Bundesrepublik freigekauft.
Prager Frühling
Ursprünglich eine Bezeichnung für ein klassisches Musikfestival in Prag, wurde der "Prager Frühling" zum Synonym für den Versuch, einen "Sozialismus mit menschlichem Antlitz" aufzubauen. Dafür gingen die Impulse seit Mitte der 1960er Jahre sowohl von der kommunistischen Führung in der CSSR als auch von ihrer Gesellschaft aus. Vom 20. auf den 21. August 1968 wurden die Reformversuche jedoch von Truppen des Warschauer Paktes brutal beendet. "1968" erlangte so im Osten eine ganz andere Bedeutung als im Westen, obwohl zwischen beiden Bewegungen ein Zusammenhang bestand.
Pressezentrum Berlin
Das Internationale Pressezentrum der DDR in Berlin befand sich in der Mohrenstraße unweit der Berliner Mauer. Es war Sitz von ausländischen Journalisten und Korrespondenten, die über die DDR berichteten. Das MfS hatte zur Beobachtung und Kontrolle der Journalisten im Pressezentrum besonders viele OibE mit legendierten Arbeitsverträgen untergebracht. Ihre Aufgaben bestanden u.a. darin, den Kontakt von Journalisten und Oppositionellen zu unterbinden. Berühmt wurde das Pressezentrum am 9. November 1989 als Günter Schabowski von hier aus mitteilte, dass die Bürger der DDR zu jeder Zeit ausreisen könnten.
Proporzsystem
Sammelbegriff für alle Formen der Besetzung von Gremien, Regierungen, Ämtern etc., die auf eine gleichmäßige Repräsentation und einen (annähernden) Ausgleich zwischen den beteiligten Gruppen abzielt. Typischerweise werden Koalitionsregierungen in etwa proportional zur Fraktionsstärke oder dem Stimmenanteil der Regierungsparteien besetzt.
RAF in der DDR
Die ersten Aussteiger der bundesdeutschen Terroristenorganisation Rote Armee Fraktion (RAF) machten sich im Juli und August 1980 auf den Weg ins DDR-Exil. Sie bekamen vom MfS eine neue kleinbürgerliche sozialistische Identität. Die westdeutsche Fahndung suchte zehn von ihnen mehr als ein Jahrzehnt vergeblich, bis sie im Juni 1990 in der DDR festgenommen werden konnten.
Rechtsbeugung
Gemäß Einigungsvertrag konnten nach dem Ende der DDR im vereinten Deutschland nur die Straftaten verfolgt werden, die in beiden deutschen Staaten strafbar waren. Rechtsbeugung, also eine ungerechte Überdehnung des Strafrechts, gehörte dazu. Paragraph 244 des Strafgesetzbuches der DDR formuliert dazu: "Wer wissentlich bei der Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens oder eines Ermittlungsverfahrens als Richter, Staatsanwalt oder Mitarbeiter eines Untersuchungsorgans gesetzwidrig zugunsten oder zuungunsten eines Beteiligten entscheidet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft".
In Paragraph 336 des Strafgesetzbuchs der Bundesrepublik Deutschland steht: "Ein Richter, ein anderer Amtsträger oder ein Schiedsrichter, welcher sich bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Partei einer Beugung des Rechts schuldig macht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft."
Auf Grundlage der beiden Strafgesetzbücher fanden nach der Deutschen Einheit unzählige Verfahren gegen ehemalige Richter und Staatsanwälte der DDR wegen Rechtsbeugung statt. Die DDR-Juristen hatten in unzähligen Strafprozessen politische Gegner teilweise mit viel zu hohen Strafen verurteilt.
Republikflucht
Während der Existenz der DDR verließen weit über drei Millionen Bürgerinnen und Bürger den SED-Staat, davon 2,7 Millionen bis zum Bau der Mauer 1961. Danach flüchteten bis September 1989 knapp 95.000 Menschen, die meisten von ihnen noch im Herbst und Winter 1961. Ab 1986 nutzten viele sogenannte "Verbleiber" Westreisen zur Flucht. Nur wenigen gelang die Flucht über die Mauer. Etwa tausend Flüchtlinge fanden beim Fluchtversuch den Tod, viele wurden verletzt oder wurden gefasst und kamen ins Gefängnis.
In den 28 Jahren der Mauer saß etwa jeder zweite politische Häftling in der DDR wegen versuchter Republikflucht im Gefängnis. Mit den Botschaftsbesetzungen des Herbstes 1989 und der Öffnung der ungarisch-österreichischen Grenze hob eine Flüchtlingswelle von monatlich an die 25.000 Bürgerinnen und Bürgern der DDR an. Diese "Abstimmung mit den Füßen" trug stark zum politischen Druck auf die SED-Führung bei. Als nach der unfreiwilligen Maueröffnung allein im November 130.000 Menschen die DDR verließen und die Demonstrationen im Lande immer massiver wurden, konnte sich die SED-Führung nicht mehr lange halten.
Runder Tisch
Runde Tische entstanden als neue informelle Gremien in der Umbruchszeit der DDR 1989/90 zur Überwindung eines gesellschaftlichen Notstandes. Sie nahmen legislative und exekutive Aufgaben wahr, obgleich sie kein durch demokratische Wahlen legitimiertes Mandat besaßen. An den Runden Tischen saßen gleichberechtigt Teilnehmer aller oppositionellen Kräfte den Vertretern der alten Macht gegenüber.
Am 7. Dezember 1989 wurde der "Zentrale Runde Tisch" etabliert, der bis zum 12. März 1990 die Arbeit der Übergangsregierung unter Modrow stark beeinflusste. Der Zentrale Runde Tisch hatte neben Sitzen der Vertreter der Kirchen und der Regierung 39 Sitze für Vertreter von Parteien und Organisationen. Daneben gab es zahlreiche andere Runde Tische, auf den regionalen Ebenen der Bezirke, Kreise, Städte, aber auch Tische mit Spezialthemen wie Frauen, Medien oder Sport. Die Runden Tische waren damit eine friedliche Selbstorganisation, die einerseits Anarchie und Gewalt verhinderte, andererseits die Grundlage für eine freiheitlich-demokratische Entwicklung schaffen konnte. Vorbild waren die Runden Tische aus Polen.
Rundfunk im Amerikanischen Sektor (RIAS)
Abkürzung für "Rundfunk im amerikanischen Sektor". Die Rundfunkanstalt wurde am 7. Februar 1946 von der amerikanischen Regierung als "Drahtfunk im amerikanischen Sektor" (DIAS) gegründet. Am 5. September 1946 konnte das Programm erstmals über einen Mittelwellensender ausgestrahlt werden; aus DIAS wurde RIAS. Als unabhängige Gegenstimme zum sowjetisch kontrollierten Berlin Rundfunk entwickelt, umfasste das Sendegebiet des RIAS ganz Berlin und die DDR. Für viele DDR-Bürger waren die beiden Hörfunksender RIAS 1 und RIAS 2 und später der Fernsehsender RIAS-TV die einzige unabhängige Informationsquelle. Um den Einfluss des West-Berliner Rundfunksenders zu begrenzen, wurde der Empfang von der SED zeitweise unter Strafe gestellt oder durch den Einsatz von Störsendern behindert. Im Zuge der Wiedervereinigung wurde der noch im in amerikanischer Trägerschaft befindliche Sender in die deutsche Rundfunklandschaft überführt. Heute bildet das Programm von RIAS zusammen mit dem Deutschlandfunk das Deutschlandradio.
Samisdat
Schießbefehl
An der innerdeutschen Grenze wurde auf Seiten der DDR von Anfang an die Schusswaffe eingesetzt. Es gab dazu eine durchgehende Befehlslage. In einem Protokoll des Zentralen Stabs ordnete am 20. August 1961 Erich Honecker an: "Gegen Verräter und Grenzverletzer ist die Schusswaffe anzuwenden". In einer "Geheimen Verschlusssache" vom 6. Oktober 1961 erteilte der damalige Verteidigungsminister Hoffmann den Befehl, gegen Flüchtlinge die Schusswaffe anzuwenden. Diese Weisung wurde beständig wiederholt, so z.B. durch den Befehl des Ministers für Nationale Verteidigung vom 3. Oktober 1969 an den Chef der Grenztruppen: "Grenzdurchbrüche sind nicht zuzulassen. Gegnerische Kräfte, die in das Grenzgebiet der DDR eindringen, sind durch die Grenztruppen zu vernichten oder gefangen zu nehmen."
Schutzkomitee Freiheit und Sozialismus
Im Dezember 1976 gebildete Initiative von Intellektuellen, die sich für unterdrückte und eingesperrte Oppositionelle in der DDR engagierte. Die erste Aktion galt Jürgen Fuchs, der in U-Haft des MfS saß. Die letzte Solidaritätsaktion des Schutzkomitees galt dem inhaftierten Rudolf Bahro, ehe es am im Oktober 1979 seine Arbeit einstellte. Das MfS beobachtete das Komitee intensiv und stufte es als "Feindorganisation" ein.
Schweinetreiber
Elektronisches Gerät, mit dem in der Landwirtschaft Schweine, Kühe und Rinder getrieben werden. Die Geräte verursachen erhebliche Schmerzen und können beim Menschen kurze schockhafte Zustände auslösen. Das MfS benutzte solche Geräte, um oppositionelle Demonstranten auseinander zu treiben. Offiziell wurde der Einsatz solcher Geräte stets geleugnet.
Schwerter zu Pflugscharen
Unabhängige Friedensbewegung in der DDR. An der Bewegung "Schwerter zu Pflugscharen" (die Formulierung geht ursprünglich auf die Bibel zurück) waren 1981/82 etwa 100.000 Menschen beteiligt. Sichtbarstes Zeichen war ein Aufnäher, auf dem ein Schmied ein Schwert zu einem Pflug umschmiedet. Das Tragen des Aufnähers war verboten und wurde zeitweilig vom Staat scharf verfolgt.
Die SED konterte mit dem Spruch "Der Friede muss bewaffnet sein"; sie stellte sich gegen die pazifistische Grundströmung der Bewegung stellte und trat der Forderung entgegen, in Ost und West müsse gleichermaßen abgerüstet werden. Die UdSSR schenkte der UN 1957 eine Plastik mit dem Symbol der Friedensbewegung, welche seither vor dem UN-Hauptgebäude in New York steht. Zur gleichen Zeit, als die SED-Führung den Aufnäher verbot, war eine Abbildung der Plastik in vielen offiziellen DDR-Büchern abgedruckt.
Sozialdemokratische Partei (DDR) (SDP)
Sozialdemokratische Partei in der DDR. Nach der Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED im April 1946 war die SPD in der DDR verboten, lediglich in Ost-Berlin bestand die SPD formell aufgrund des besonderen Status von Berlin bis zum Mauerbau 1961 fort. Anfang 1989 begannen die beiden Pfarrer Markus Meckel und Martin Gutzeit mit Vorbereitungen, eine neue Sozialdemokratische Partei in der DDR zu gründen, womit sie - zumindest symbolisch - der SED ihren Herrschaftsanspruch streitig machen wollten. Im Juli 1989 schrieben sie einen Gründungsaufruf, Ende August trat die Initiativgruppe zur SDP-Gründung an die Öffentlichkeit, am 7. Oktober 1989 kam es bei Berlin zur Gründung der Partei, die sich bewusst SDP nannte, um sich von der SPD abzugrenzen.
Zu den Gründungsmitgliedern gehörten Angelika Barbe, Martin Gutzeit, Markus Meckel, Stephan Hilsberg und Ibrahim Böhme, der zum Geschäftsführer bestellt und später zum Vorsitzenden gewählt wurde. Im März 1990 wurde er als IM des MfS enttarnt und musste zurücktreten. Ende November 1989 hatte die SDP etwa 10.000 Mitglieder, im Februar 1990 etwa 100.000. Am 13. Januar 1990 nannte sich die SDP in SPD um. Bei den Wahlen am 18. März 1990 erhielt sie 21,76 Prozent der Stimmen und trat mit sieben Ministern in die Koalitionsregierung ein. Auf dem Vereinigungsparteitag am 26./27. September 1990 vereinigte sich die SPD-Ost mit der SPD-West.
Sozialistische Einheitspartei Deutschland (SED)
Die SED war aus der Zwangsvereinigung von SPD und KPD im April 1946 hervorgegangen. Sie verstand sich als Führung der Arbeiterklasse und sprach von sich als "der bewusste und organisierte Vortrupp des werktätigen Volkes der sozialistischen Deutschen Demokratischen Republik" im Kampf für die Realisierung des Kommunismus. Entscheidendes Merkmal der SED (wie jeder kommunistischen Partei) war ihr Monopol auf Wahrheit und Macht im Staat. Die SED diktierte alle wesentlichen Entscheidungen in Gesellschaft, Ökonomie, Kultur und Recht.
An der Spitze der SED stand das Zentralkomitee, das Machtzentrum lag beim Politbüro des Zentralkomitees. Seit 1968 war die Führungsrolle der SED im Staat auch in der Verfassung (Art. 1) festgeschrieben, womit lediglich explizit formuliert wurde, was DDR seit 1949 der Fall war.
Sozialismus
In der Marxistischen Geschichtsphilosophie bezeichnet Sozialismus die erste Etappe auf dem Weg zur klassenlosen kommunistischen Gesellschaft. Sie sei gekennzeichnet durch die Situation des Klassenkampfes innerhalb eines Landes und die weltpolitische Auseinandersetzung mit dem Kapitalismus. Das Leitbild des Sozialismus ist eine klassenlose Gesellschaft, in der alle Menschen gleich sind. Das Privateigentum an Produktionsmitteln ist abgeschafft, Konkurrenzkampf und Gewinnstreben als Triebkraft der Wirtschaft wurden ersetzt durch eine so genannte planmäßige unmittelbare Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen, wobei die "führende Partei" definiert, was die Bedürfnisse der Menschen charakterisiert. Die Diskrepanz zwischen der theoretischen Konstruktion des Sozialismus und den tatsächlichen Verhältnissen in der DDR führte zu der Bezeichnung "real-existierender Sozialismus".
Sozialunion
SPD-Ost
Spionageabwehr
Die Spionageabwehr wurde von der Hauptabteilung II des MfS übernommen. Sie beinhaltete die Aufdeckung und Abwehr geheimdienstlicher Angriffe gegen die DDR auf politischem, ökonomischem und militärischem Gebiet. Darüber hinaus ging es um die Aufklärung von Organisationen, die in der Bundesrepublik Deutschland gegen die DDR arbeiteten, sowie die Bespitzelung und Steuerung der Arbeit von in der DDR akkreditierten Journalisten, Botschaftsmitarbeitern und Handelsvertretern. Die Spionageabwehr war auch zuständig für die Sicherung der Zusammenarbeit der SED und des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) mit der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) bzw. mit der Sozialistischen Einheitspartei Westberlins (SEW).
Spionageprozesse
Spionageprozesse gab es in der DDR besonders in den 1950er und 1970er Jahren. Wer "für eine fremde Macht, deren Einrichtungen oder Vertreter" tätig war, musste mit drastischen Strafen bis hin zur Todesstrafe rechnen, die offiziell erst 1987 abgeschafft wurde. Der Tatbestand der Spionage wurde dabei vom MfS und den Gerichten sehr weit gedehnt, so dass oftmals im engeren Sinne gar keine Spionage vorlag.
Spitzel
Staatliches Auflösungskomitee
Das Staatliche Komitee zur Auflösung des MfS/AfNS wurde von der Modrow-Regierung eingesetzt und unterstand später dem DDR-Innenminister Peter-Michael Diestel. Er war seit Februar 1990 für die technische Auflösung zuständig. Der Name sollte den Eindruck erwecken, dass es sich beim staatlichen Auflösungskomitee um die Weiterführung der Arbeit der Bürgerkomitees handele. Die Bürgerkomitees wurden allerdings durch das Staatliche Komitee immer wieder an ihrer Arbeit gehindert.
Staatsamateure (Sport)
Leistungssportler der DDR galten als "Diplomaten im Trainingsanzug", weil sie der DDR durch ihre Erfolge zu internationaler Anerkennung verhalfen. Offiziell gab es in der DDR keinen Profisport, weshalb alle DDR-Leistungssportler als Amateure firmierten und auch über Scheinarbeitsverhältnisse verfügten. Tatsächlich aber betrieben sie ihren Sport wie Profis, die vom Staat großzügig unterstützt wurden und die günstigsten Voraussetzungen für Hochleistungen geboten bekamen. Deshalb nannte man die DDR-Sportler auch "Staatsamateure".
Staatsapparat
Der Marxismus-Leninismus sieht im Staat das wichtigste Instrument zum Aufbau und zur Sicherung des Sozialismus. Der Aufbau der parteilichen und staatlichen Organisationen folgt dem Prinzip des "demokratischen Zentralismus": Ausgangspunkt und Motor aller theoretischen wie praktischen Bewegungen und Veränderungen in der Gesellschaft ist demnach die Partei. Für die DDR hieß das praktisch, dass die SED und ihr Führungsapparat den Staatsapparat beherrschte.
Das Sekretariat des Zentralkomitees (ZK) bildete quasi die Regierung der Partei und somit des Staates. An der Spitze stand der Generalsekretär. Neben der zentralistischen Ressortgliederung der Partei stand der SED die zweite Säule des sozialistischen Leitungssystems zur Verfügung: der Staats- und Verwaltungsapparat mit dem Ministerrat an der Spitze, darunter den Räten der Bezirke, Kreise, Städte und Gemeinden. Die dritte Säule bildeten die Parteien und Massenorganisationen in der Nationalen Front, die Volkskammer mit ihren Ausschüssen, die Bezirkstage, Kreistage, Stadtverordneten- und Stadtbezirksversammlungen sowie Gemeindevertretungen.
Staatsdoktrin
Stasi, Staatssicherheit
Stasi-Archiv
Im Zentralen Archiv des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Berlin und in den Bezirksverwaltungen des MfS lagerten Informationen über mehr als sechs Millionen Bürgerinnen und Bürger. Darüber hinaus fanden sich dort auch Informationen über rund zwei Millionen Bundesbürgerinnen und -bürger, die bei der Einreise in die DDR oder in der Bundesrepublik bearbeitet wurden. Insgesamt hatte das MfS etwa 200 Kilometer Akten zusammengetragen.
Stasi-Bezirksverwaltung
Stasi-Hauptabteilung 6 (HA VI)
Stasi-Knast
Stasi-Kreisdienststelle
Stasi-Methoden
Eine der nachhaltigsten Methoden des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) war die "Zersetzung" einzelner oppositioneller Personen oder ganzer Gruppen. Das MfS selbst bezeichnete es als "wirksame Bekämpfung subversiver Tätigkeit". "Zersetzung" meinte, dass durch verschiedene Aktivitäten des MfS angebliche Widersprüche und Differenzen zwischen den Gruppen oder Freunden hervorgerufen und ausgenutzt wurden. Ziel war es, die "Zersplitterung, Lähmung, Desorganisierung und Isolierung" einzelner Personen oder Gruppen zu erreichen, um dadurch "feindlich-negative" Aktivitäten zu verhindern oder wenigstens einzuschränken.
Für die Zersetzungsmaßnahmen waren die Inoffiziellen Mitarbeiter von enormer Bedeutung. Sie lieferten wichtige Informationen, anhand derer die Aktionen geplant und durchgeführt wurden. Oft waren sie an der Aktion direkt beteiligt, zum Beispiel durch das Streuen von Gerüchten. Das MfS war sich durchaus bewusst, dass die Zersetzung nicht mit den Regeln des Strafgesetzbuches zu vereinen war und warnte selbst: "Die politische Brisanz der Zersetzung stellt hohe Anforderungen hinsichtlich der Wahrung der Konspiration".
Strafgesetzbuch
In der DDR diente das Strafrecht nicht nur dem Schutz allgemein anerkannter Rechtsgüter, sondern vor allem dem Schutz des politischen Systems. So war im politischen Strafrecht über die Staatsordnung hinaus auch die "Gesellschaftsordnung" geschützt. Mit dem Strafgesetz wurde versucht, die ideologischen Grundlagen des Systems zu sichern. Strafvorschriften wie "Staatsfeindliche Hetze" (§ 106) oder "Öffentliche Herabwürdigung des Staates" (§ 220) dienten dabei zur Einschränkung der Meinungsfreiheit. Auch wer die DDR ohne Genehmigung verlassen wollte, war ein Straftäter. Selbst jeder nicht genehmigte Kontakt ins Ausland konnte strafrechtlich verfolgt werden (§ 219, "Ungesetzliche Verbindungsaufnahme"). Die politischen Paragraphen im Strafgesetzbuch wurden nach Bedarf verschärft (z.B. in den Jahren 1968 und 1979).
§ 106 Strafgesetzbuch
Einer von mehreren politischen Paragraphen im Strafgesetzbuch von 1968. Er hatte folgenden Wortlaut:
"§ 106. Staatsfeindliche Hetze. (1) Wer mit dem Ziel, die sozialistische Staats- oder Gesellschaftsordnung der Deutschen Demokratischen Republik zu schädigen oder gegen sie aufzuwiegeln,
1. Schriften, Gegenstände oder Symbole, die die staatlichen, politischen, ökonomischen oder anderen gesellschaftlichen Verhältnisse der Deutschen Demokratischen Republik diskriminieren, einführt, herstellt, verbreitet oder anbringt;
2. Verbrechen gegen den Staat androht oder dazu auffordert, Widerstand gegen die sozialistische Staats- oder Gesellschaftsordnung der Deutschen Demokratischen Republik zu leisten;
3. Repräsentanten oder andere Bürger der Deutschen Demokratischen Republik oder die Tätigkeit staatlicher oder gesellschaftlicher Organe und Einrichtungen diskriminiert;
4. den Faschismus oder Militarismus verherrlicht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Wer zur Durchführung des Verbrechens Publikationsorgane oder Einrichtungen benutzt, die einen Kampf gegen die Deutsche Demokratische Republik führen oder das Verbrechen im Auftrage . derartiger Einrichtungen oder planmäßig durchführt, wird mit Freiheitsstrafe von zwei bis zu zehn Jahren bestraft.
(3) Im Fall des Absatzes 1 Ziffer 3 ist der Versuch, in allen anderen Fällen sind Vorbereitung und Versuch strafbar."
§ 217 Strafgesetzbuch
Einer von mehreren politischen Paragraphen im Strafgesetzbuch von 1968. Er hatte folgenden Wortlaut:
"§ 217. Zusammenrottung. (1) Wer sich an einer die öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigenden Ansammlung von Personen beteiligt und sie nicht unverzüglich nach Aufforderung durch die Sicherheitsorgane verläßt, wird mit Haftstrafe oder Geldstrafe bestraft.
(2) Wer eine Zusammenrottung organisiert oder anführt (Rädelsführer), wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.
(3) Der Versuch ist strafbar."
§ 220 Strafgesetzbuch
Einer von mehreren politischen Paragraphen im Strafgesetzbuch von 1968. Er hatte folgenden Wortlaut:
"§ 220. Staatsverleumdung. (1) Wer in der Öffentlichkeit1. die staatliche Ordnung oder staatliche Organe, Einrichtungen oder gesellschaftliche Organisationen oder deren Tätigkeit oder Maßnahmen;2. einen Bürger wegen seiner staatlichen oder gesellschaftlichen Tätigkeit, wegen seiner Zugehörigkeit zu einem staatlichen oder gesellschaftlichen Organ oder einer gesellschaftlichen Organisationverächtlich macht oder verleumdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Verurteilung auf Bewährung, Geldstrafe oder mit öffentlichem Tadel bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer in der Öffentlichkeit Äußerungen faschistischen oder militaristischen Charakters kundtut."
§ 262 Strafgesetzbuch
Einer von mehreren politischen Paragraphen im Strafgesetzbuch von 1968. Er hat folgenden Wortlaut:
"§ 262. Verletzung der Dienstvorschriften über die Grenzsicherung. (1) Wer als Angehöriger der Grenztruppen Dienstvorschriften oder andere Weisungen über die Grenzsicherung verletzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Verurteilung auf Bewährung oder mit Strafarrest bestraft.
(2) Wer die Tat im Verteidigungszustand begeht, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft."
Tal der Ahnungslosen
Todesschütze
Tscheka, Tschekist
1917 geschaffene sowjetische Geheimpolizei. Die Tscheka (= "Außerordentliche Allrussische Kommission zur Bekämpfung der Konterrevolution, Spekulation und Sabotage") galt innerhalb des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR als Vorbild. Mitarbeiter des MfS wurden deshalb auch als Tschekisten bezeichnet.
Umwelt-Bibliothek (UB)
Die UB wurde am 2. September 1986 in Ost-Berlin bei der evangelischen Zionskirchgemeinde gegründet und 1998 aufgelöst. Die UB sammelte verbotene Literatur, organisierte Veranstaltungen und gab die illegale Zeitschrift "Umweltblätter" heraus. Als Ende November 1987 das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) die UB nachts überfiel und zwei Redakteure verhaftete, kam es zu einer landesweiten Solidaritätswelle und internationalen Protesten. Die UB war einer der wichtigsten oppositionellen Treffpunkte.
Untersuchungshaft
Verfassungsschutz
Am 14. Dezember 1989 beschloss der DDR-Ministerrat die Auflösung des MfS bzw. AfNS. Ein gleichzeitig gefasster Beschluss über die Schaffung eines Amtes für Verfassungsschutz und eines Nachrichtendienstes der DDR kam nicht mehr zum tragen. Nach massiver öffentlicher Kritik revidierte sich der Ministerrat und verzichtete durch Beschluss vom 12.Januar 1990 auf die Errichtung des Verfassungsschutzes und des Nachrichtendienstes vor der geplanten Neuwahl der Volkskammer im März 1990.
Vergatterung
Die Grenzsoldaten der DDR wurden vor jedem Dienstantritt "vergattert", das heißt dem Befehl des Wachvorgesetzten unterstellt und an ihre Wachpflichten erinnert. Die Vergatterung verlief nach einer ministeriell vorgegebenen Vergatterungsformel, wonach die Grenzsoldaten die Aufgabe hatten, Grenzdurchbrüche nicht zuzulassen, Grenzverletzer vorläufig festzunehmen oder zu vernichten und den Schutz der Staatsgrenze unter allen Bedingungen zu gewährleisten.
Verlag "Junge Welt"
Volksaufstand 17. Juni 1953
Der Volksaufstand vom 17. Juni 1953 begann einen Tag zuvor als Arbeiteraufstand und weitete sich schnell zum Volksaufstand aus. Insgesamt kam es vom 16. bis 21. Juni 1953 in fast 700 Orten und 600 Betrieben der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Über eine Million Menschen waren an dem landesweiten Aufstand in der DDR beteiligt. Am 17. und 18. Juni verhängte die sowjetische Besatzungsmacht den Ausnahmezustand über 167 der 217 Stadt- und Landkreise der DDR. Ursache für den Volksaufstand war maßgeblich der II. Parteitag der SED im Juli 1952, der eine stärkere Angleichung an die Sowjetunion vorsah. Die zunehmende "Sowjetisierung" der DDR führte in der Folge zu einer schweren Ernährungskrise und zu einem Rückgang der industriellen Produktion. Als Reaktion auf die wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Krise erhöhte die SED im Mai 1953 die Arbeitsnormen um 10,3 Prozent.
Volkskammer
Die Volkskammer war die oberste Volksvertretung (Parlament) der DDR. Durch "Gemeinsame Kandidatenlisten" ("Einheitslisten") der Parteien und Massenorganisationen der "Nationalen Front" im "Demokratischen Block" standen die Mehrheitsverhältnisse von vornherein fest. Die SED erhielt nach feststehendem Schlüssel 25 Prozent, CDU und LDPD je 15, NDPD und DBD je 7,5 Prozent der Mandate. Die übrigen 30 Prozent verteilten sich auf die von der SED kontrollierten Massenorganisationen, so dass die SED real über weitaus mehr als 25 Prozent der Mandate verfügte, weil eine Parteimitgliedschaft mit der Mitgliedschaft in einer Massenorganisation vereinbar war. So wurde die absolute Mehrheit der SED bereits im Vorfeld gesichert. Beschlüsse wurden durch einstimmige Voten per Zuruf oder einfache Handzeichen gefasst. Die ersten und zugleich letzten freien und geheimen Wahlen zur Volkskammer der DDR fanden am 18. März 1990 statt.
Volkspolizei
Vorvernichtete Akten
Wahlfälschung
Unter Anleitung der SED wurden bei den Kommunalwahlen vom 7. Mai 1989 sowohl die Zahlen über die Wahlbeteiligung als auch die der abgegebenen Ja-Stimmen nach oben verändert. Die Zahl der Nein-Stimmen wurde niedriger als tatsächlich abgegeben benannt. Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtler beobachteten die Auszählung der Stimmen und deckten die Manipulation auf.
Aus Protest gegen die Wahlfälschung versammelten sich von Juni bis November 1989 an jedem 7. des Monats Oppositionelle zu einer Demonstration auf dem Berliner Alexanderplatz. Mehrmals griffen Stasi und Polizei brutal ein. Es gab Festnahmen und Strafverfahren.
Wahlfälschungen wurden in der DDR seit 1950 systematisch und unter direkter Kontrolle des SED-Politbüros betrieben. Dabei hatten die Wähler und Wählerinnen ohnehin nur die Wahl, der Einheitsliste insgesamt zuzustimmen oder sie komplett abzulehnen.
Währungsunion
Nach dem Fall der Mauer im November 1989 verließen jede Woche etwa 15.000 Menschen die DDR. Vor diesem Hintergrund entschloss sich die Regierung der Bundesrepublik zu einer gezielten Beschleunigung des Staatsvertrages. Dieser enthielt neben der Währungs- auch die Wirtschafts- und Sozialunion. Am 18. Mai 1990 wurde der Staatsvertrag unterzeichnet und am 21. Juni 1990 mit großer Mehrheit von Bundestag und Volkskammer bestätigt.
Mit dem Inkrafttreten der Währungsunion wurde die DDR-Mark von der D-Mark als offizielles Zahlungsmittel abgelöst. Bundesrepublik und DDR bildeten fortan ein einheitliches Währungsgebiet. Für alle laufenden Zahlungen (Gehälter, Mieten, Renten) galt das Verhältnis 1:1. Bargeld und Bankguthaben konnten in Abhängigkeit vom Alter der Tauschenden bis zu einer Höhe von 6.000 DDR-Mark im Verhältnis 1:1, darüber hinaus im Verhältnis 2:1 getauscht werden. Alle Schulden – auch die von Betrieben und Gemeinden – wurden 2:1 umgestellt.
Über 180 Milliarden D-Mark wurden den Bürgerinnen und Bürgern sowie der öffentlichen Verwaltung und Unternehmen der DDR am 1. Juli 1990 zur Verfügung gestellt, 3,4 Milliarden D-Mark wurden noch am gleichen Tag bei den Bankfilialen in der DDR abgehoben. Viele Verbraucher kauften zunächst Westprodukte. Dies führte u.a. dazu, dass der Inlandabsatz ostdeutscher Firmen sehr stark zurückging und westdeutsche Firmen zunehmend einheimische Betriebe verdrängten. Mit dem Zerfall der UdSSR brach zudem der Export nach Osten ein. Die bis dato größtenteils staatlich subventionierten volkseigenen Betriebe wurden schlagartig der Konkurrenz des Weltmarktes ausgesetzt.
Waldheim
Im Zuge der Entnazifizierung der jungen DDR-Führung fanden zwischen April und Juli 1950 in der sächsischen Kleinstadt Waldheim 3.432 Gerichtsprozesse statt. Die Angeklagten, denen vorgeworfen wurde, Kriegs- und nationalsozialistische Verbrechen begangen zu haben, stammten aus den drei sowjetischen Internierungslagern Buchenwald, Bautzen und Sachsenhausen. Von insgesamt 3.392 Verurteilten erhielten 1.829 Freiheitsstrafen zwischen 15 und 20 Jahren, 146 lebenslängliche Zuchthausstrafen. 32 wurden zum Tode verurteilt.
Mit den Waldheimer Prozessen wollte sich die DDR als antifaschistischer Staat etablieren, der konsequent Kriegs- und NS-Verbrecher verfolgte und mit ihnen strafrechtlich abrechnete. Zudem wollte die DDR-Führung ein deutliches Signal für den beginnenden Wiederaufbau setzen. Die in großer Eile verhandelten Prozesse wurden permanent von der SED-Führung überwacht und fanden mehrheitlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. In zehn Fällen wurden öffentliche Schauprozesse durchgeführt. Die Angeklagten besaßen häufig weder Verteidiger, noch hatten sie ausreichende Kenntnisse der Anklageschrift. Bereits Ende der 50er Jahre wurde daher ein Großteil der Verurteilten begnadigt und aus der Haft entlassen. Nach dem Untergang der DDR wurden alle Angeklagten rehabilitiert. Gegen einige Waldheimer Richter und Staatsanwälte gab es nach der Wiedervereinigung Strafverfahren unter dem Vorwurf der Rechtsbeugung und Freiheitsberaubung.
Warschauer Pakt
Militärisches Sicherheitsbündnis der Sozialistischen Staaten in Konfrontation zur NATO. 1955 wurde der entsprechende Vertrag in Warschau unterzeichnet. Mitglieder waren Albanien, Bulgarien, die DDR, die Tschechoslowakei, Ungarn, Polen, Rumänien und die UdSSR. Die DDR trat 1990 im Zuge der Deutschen Einheit aus dem Warschauer Vertrag aus. 1991 erfolgte die Selbstauflösung des Paktes.
Weltanschauungsdiktatur
Wende
Allgemein geläufige Bezeichnung für die ostdeutsche Revolution 1989/90. Geprägt wurde der Begriff von Egon Krenz, Generalsekretär des Zentralkomitees der SED. Er sollte suggerieren, dass die SED eine politische Wende im Lande herbeiführen kann und will. In der Bevölkerung wurde Krenz deshalb als "Wendehals" verspottet.
Zentrale der Staatssicherheit
Die Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) befand sich in Berlin-Lichtenberg. Der Gebäudekomplex erstreckte sich über mehrere Straßenzüge. Die wichtigsten Gebäudeteile lagen im Viereck Magdalenenstraße, Normannenstraße, Ruschestraße, Frankfurter Allee. Im Haus 1 befanden sich die Arbeitszimmer von Minister Erich Mielke. Im Haus 2 war die Hauptverwaltung Aufklärung untergebracht. Das Aktenarchiv sowie die Zentrale Personenfindungskartei lagerten im Haus 7.
In der Zentrale des MfS arbeiteten vorwiegend die sogenannten Hauptabteilungen. Sie waren den entsprechenden Abteilungen der Bezirks- und Kreisdienststellen übergeordnet. Am 15. Januar 1990 wurde die Zentrale des MfS durch aufgebrachte Demonstranten besetzt. Sie forderten eine schnelle und kontrollierte Auflösung des MfS und keine Bildung von Nachfolgeorganisationen. Zur Kontrolle der Auflösung in der Zentrale wurde das "Bürgerkomitee Normannenstraße" gebildet.
Zentrale Erfassungsstelle Salzgitter
Nach dem Bau der Mauer in Berlin und den ersten Todesopfern wurde im Herbst 1961 in der Bundesrepublik die Errichtung der Zentralen Erfassungsstelle der Landesjustizverwaltungen in Salzgitter zur Beweissicherung solcher in der DDR begangenen Gewaltakte beschlossen. Als Vorermittlungsbehörde sollte die Erfassungsstelle die Voraussetzungen für eine spätere Strafverfolgung der Täter schaffen. Zugleich sollte sie potentielle Täter von der Begehung von Straftaten abschrecken und sie auf das Unrecht ihres Handelns aufmerksam machen.
Für die DDR-Führung und ihre gleichgeschaltete Presse war die Erfassungsstelle "eines der übelsten Überbleibsel des Kalten Krieges, Spionagezentrum, amtliche Institution des Revanchismus und der groben Einmischung in die inneren Angelegenheiten der DDR". Den Mitarbeitern der Erfassungsstelle drohte das Strafgesetzbuch der DDR eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren an.
Zersetzung
Zentralkomitee (ZK)
Das Zentralkomitee war das höchste Führungsorgan der SED zwischen den Parteitagen. In der Praxis lag die Macht allerdings beim Sekretariat des ZK, das die laufenden Arbeiten erledigte, beim Politbüro und beim Generalsekretär der Partei. Protokollarisch rangierten ZK-Mitglieder vor den Ministern, Sekretäre des ZK waren gegenüber Ministern weisungsbefugt. 1989 bestand das ZK aus 165 Mitgliedern und 57 Kandidaten. Das ZK trat am 3. Dezember 1989 geschlossen zurück.