1972 führte die SED eine Verstaatlichungsaktion in der gesamten DDR durch, die rund 11.400 mittelständische Betriebe ins „Volkseigentum“ überführte. 6.500 davon waren halbstaatliche, der Rest private Betriebe. Die betroffenen Firmen hatten zwar nur etwa 10 Prozent Anteil an der Gesamtproduktion, bei beliebten Konsumgütern war ihr Anteil jedoch mit etwa 40 Prozent weitaus größer. Auch wichtige – weil devisenbringende – Exportgüter wie Musikinstrumente wurden zu einem Großteil in privaten Betrieben hergestellt.
Die privaten und halbprivaten Betriebe hatten in den vorangegangenen Jahren erfolgreich gewirtschaftet, was von der Regierung mit Unmut beobachtet worden war. Die Entstehung einer Teilgesellschaft, die sich nicht in das Gesamtsystem einordnete und sich der absoluten staatlichen Kontrolle entzog, sollte unterbunden werden.
Auf Beschluss des ZK wurden die Betriebe vom Staat aufgekauft. Die Eigentümer hatten keine Möglichkeit, den Kauf abzulehnen oder den festgelegten Preis zu verhandeln. Die Betriebe wurden häufig in größere VEB eingegliedert, was allerdings zur Folge hatte, dass es zu einem Zuwachs an Bürokratie kam und die Produktion zurückging. Etwa 2.000 Geschäfte – hauptsächlich Einzelhandel und Gastronomie – blieben weiter in privater Hand.
Die Verstaatlichung hatte zur Folge, dass das wirtschaftliche Potential des Mittelstandes nahezu vernichtet wurde, was die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der DDR zusätzlich erhöhte.