Bei den Kommunalwahlen am 7. Mai 1989 gelang es oppositionellen Gruppen erstmals zu belegen, dass die Wahlergebnisse manipuliert waren. Diese Wahl unterschied sich zunächst nicht von allen anderen in der DDR. Es kandidierten ausnahmslos Vertreter der Einheitsliste der Externer Link: „Nationalen Front“, in der die SED mit den faktisch gleichgeschalteten Externer Link: „Blockparteien“ zusammengefasst war. Wollten Wählerinnen und Wähler mit „Ja“ stimmen, mussten sie den Wahlzettel lediglich falten und abgeben. Eine Nein-Stimme zählte nur dann, wenn alle Kandidaten der Liste einzeln durchgestrichen wurden. Um sich keiner „staatsfeindlichen“ Gesinnung verdächtig zu machen, stimmten die meisten der Liste zu. Im Volksmund hieß der Gang zur Wahlurne deshalb auch „Zettelfalten“.
Die Wahl am 7. Mai 1989 fand jedoch in einem veränderten politischen Klima statt. In der Sowjetunion warb Staats- und Parteichef Externer Link: Michail Gorbatschow seit seinem Amtsantritt 1985 für eine Politik von Transparenz und Umgestaltung („Glasnost und Perestroika“). Auch in der DDR hofften die Menschen nun auf Reformen und forderten freie, geheime Wahlen.
Am Tag der Kommunalwahlen organisierten Oppositionelle nach dem Vorbild der polnischen Bürgerbewegung in vielen Städten Wahlkontrolle: In mehr als 1.000 Wahllokalen wurde die Auszählung der Stimmen beobachtet. Der Vergleich von Stichproben mit dem amtlichen Endergebnis zeigte, dass die offiziell verkündeten Wahlergebnisse geschönt waren. Oppositionsgruppen machten die Wahlfälschung publik, und auch westliche Korrespondenten berichteten darüber.
Die Bevölkerung reagierte empört, noch am Wahlabend kam es zu Protesten in Ost-Berlin und Leipzig. An jedem Siebten der folgenden Monate demonstrierten vor allem junge Leute auf dem Alexanderplatz. Mit der Aufdeckung der Wahlfälschung büßte das SED-Regime weiter an Glaubwürdigkeit ein, der Opposition hingegen gab sie Auftrieb.