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Staat und Partei | DDR kompakt | bpb.de

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Staat und Partei

Stefan Wolle

/ 3 Minuten zu lesen

Organigramm zu Staat und Partei in der DDR unter Erich Honecker (© Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen, Bonn 1988)

Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED), genauer gesagt ihre Führung, war in der DDR allmächtig. Von der obersten Spitze bis in die kleinste Institution gab es überall die Doppelstruktur von Partei und staatlicher Leitung. Der Primat lag stets und uneingeschränkt bei der Partei, ohne dass es dafür eine verfassungsrechtliche Grundlage oder gesetzliche Bestimmungen gab. Der Artikel 1 der revidierten Verfassung vom 7. Oktober 1974 verweist reichlich diffus auf eine „… Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei“. Es fehlen aber jegliche Ausführungsbestimmungen. Das bedeute, in Betrieben, Institutionen, Schulen und anderen Einrichtungen entschieden die Parteigremien über Personalfragen und vieles andere auch wenn es Nichtmitglieder betraf.

Da faktisch alle Leitungskader Parteigenossen waren, existierte immer eine doppelte Hierarchie. In Konfliktfällen gab es eine Art ungeschriebenes Gewohnheitsrecht, dessen erster und einziger Grundsatz lautete: „Die Partei hat immer recht“.

Zudem waren sämtliche hauptamtliche Mitarbeiter des MfS, faktisch alle Offiziere der Armee und der Volkspolizei Mitglieder der SED, obwohl es auch darüber keine gesetzliche Bestimmung gab. Lediglich in der Kommunalpolitik sowie in den wissenschaftlichen Einrichtungen und im künstlerischen Bereich wurden einige Posten paritätisch an die Mitglieder der Blockparteien verteilt.

Strukturen

Die SED war im Prinzip betrieblich organisiert. Jede Einrichtung hatte eine Betriebsparteileitung (BPO), die in größeren Betrieben von einem hauptamtlichen Funktionär, in kleineren von einem ehrenamtlichen Funktionär geleitet wurde. Darunter arbeiteten je nach Struktur der Einrichtung Abteilungsparteigruppen (APO) und an der Basis einzelne Parteigruppen. Wer in die Gremien aufstieg hatte sehr viele Versammlungen, Agitationseinsätze zu bewältigen und nach Möglichkeit Funktionen bei der Gewerkschaft, der FDJ oder im Wohngebiet zu übernehmen. Er musste bei der Vorbereitung zur Wahl von Wohnung zu Wohnung ziehen, an Kampfdemonstrationen teilnehmen sein und wenn es die Gesundheit noch erlaubte, mussten die Männer einmal monatlich mit der Kampfgruppe zu Geländeübungen ausrücken.

Die Partei im Alltag der DDR

Die SED hatte in den achtziger Jahren etwa 2,3 Millionen Mitglieder. Das entsprach etwa 16 Prozent der erwachsenen Bevölkerung. Sie redeten einander mit „Genosse“ und in der zweiten Person Singular – also der Du-Form – und dem Vornamen an. Möglichst hatten sie ständig das Parteiabzeichen zu tragen, was allerdings in den späten Jahren nicht mehr so genau genommen wurde. Die Mitgliedschaft in der Partei brachte viele zusätzliche Aufgaben mit sich. Von ihnen wurde ein recht hoher Parteibeitrag kassiert, der sich progressiv steigerte und durch freiwillige Spenden und die Mitgliedsbeiträge weiterer Organisationen weite anwuchs.

Intern hatte sich die SED ein strenges Statut gegeben, in dem die Einzelheiten des Parteilebens geregelt waren. Ein Parteiauftrag war faktisch Gesetz. Eine Nichterfüllung und eine daraus resultierende Parteistrafe hatten schwerwiegende Folgen für die berufliche Laufbahn. Auf diese Weise griff die Partei tief ins Privatleben ihrer Mitglieder ein. Selbst eheliche Affären, zumal Scheidungen, Erziehungsschwierigkeiten mit den Kindern und andere Alltagskonflikte wurden in der Parteigruppe behandelt. Auch Gesetzesverletzungen zogen Parteistrafen in schwerwiegenden Fällen die Streichung als Mitglied oder den Ausschluss nach sich. Ein Austritt aus der Partei war übrigens nicht möglich, sofern ein Mitglied dieses Ansinnen formulierte wurde es mit allen Konsequenzen strafweise ausgeschlossen.

Weitere Inhalte

Dr., geb. 1950; Studium der Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin. 1972 Relegation aus politischen Gründen. 1976–1989 Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften der DDR, 1990 Mitarbeiter des Komitees für die Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit, 1998-2000 Referent bei der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, danach freier Autor, zeitweilige Mitarbeit im Forschungsverbund SED-Staat der Freien Universität Berlin. Seit 2005 wissenschaftlicher Leiter des DDR-Museums Berlin.