Das Monopol der Kulturbürokratie über den öffentlichen Raum in der DDR und auf die Entscheidung darüber, welche Künstler welche Ausstellung an welchem Ort zeigen dürfen, wurde endgültig mit dem "1. Leipziger Herbstsalon“ gebrochen. Er widerlegte die Vorstellung von der Kontrollfähigkeit der Gesellschaft über die Kunst und war als Präsentation unterschiedlichster Positionen jenseits der auf Malerei und Zeichnung fixierten Haltungen der "Leipziger Schule“ eine Provokation.
Der "1. Leipziger Herbstsalon“
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Das Monopol der Kulturbürokratie über den öffentlichen Raum in der DDR und auf die Entscheidung darüber, welche Künstler welche Ausstellung an welchem Ort zeigen dürfen, wurde endgültig mit dem "1. Leipziger Herbstsalon“ gebrochen.
Fotos vom 1. Leipziger Herbstsalon
Ausladen vor dem Messehaus am Markt.
Im Ausstellungsbüro: Henry Schumann, Lutz Dammbeck, Frieder Heinze, Günther Firit,
Olaf Wegewitz (v.l.n.r.)
Arbeiten von Lutz Dammbeck
Arbeiten von Frieder Heinze und Günther Huniat.
Arbeiten von Frieder Heinze und Olaf Wegewitz.
Am 4. Dezember 1984 fand in der Messehalle ein Ausstellungsgespräch statt, zu dem die Sektionsleitung Kunstwissenschaft eingeladen hatte. Vorgesehen
war, dass in kleinem Kreis unter Ausschluss des Publikums und über die Werke diskutiert werden sollte. Dazu kam es nicht: Weder waren die anwesenden Besucher des Raumes zu verweisen, noch die Künstler bereit, über ihre Anliegen zu schweigen. Obwohl eher von einem Schlagabtausch gegenseitiger Vorwürfe zu reden ist, war es die erste mehr oder weniger öffentliche Debatte über prinzipielle kulturpolitische und verbandsinterne Probleme wie Ausstellungspraxis, Veröffentlichungsmöglichkeiten und die Rolle der Kunstwissenschaft. Nicht wenige der aus der ganzen DDR angereisten Kunstwissenschaftler äußerten dabei ihr Verständnis für die Künstler. Mitte: Hans Hendrik Grimmling als Diskussionsleiter; sitzend von links nach rechts: (?), Henry Schumann, Klaus Werner, Gottfried Bittiehn (Sekretär der SED Grundorganisation „Bildende Kunst“ Leipzig), Wolfgang Mattheuer, Günther Huniat. Darüber hinaus waren außer den Künstlern u. a. anwesend: Claus Baumann, Ina Gille, Andreas Hüneke, Rita Jorek, Karl Max Kober, Peter Pachnicke, Günther Regel, Bernd Rosner.
Abbau der Ausstellung am 8. Dezember 1984: Volker Baumgart (links) und Günther Huniat.
Im Sommer 1984, am achten Jahrestag des gescheiterten Ausstellungsprojektes „Tangente“, trafen sich die Leipziger Maler Hans-Hendrik Grimmling, Frieder Heinze, Lutz Dammbeck, Günther Huniat, Olaf Wegewitz und Günter Firit, um noch einmal in Eigenregie eine unzensierte Ausstellung anzuregen, die ihre Arbeitsbegriffe thematisierte – den Umgang mit Material, die Vernetzung der künstlerischen Bereiche, die Einbeziehung neuer Möglichkeiten der Kommunikation, den Übergang zu Sprache, Musik, zum Objekt. Der Titel "1. Leipziger Herbstsalon“ wurde in Anspielung auf Herwarth Waldens Ausstellung im Jahr 1913 gewählt. Grimmling, Heinze und Huniat mieteten als Mitglieder der Sektionsleitung des Verbandes Bildender Künstler für November eine Etage von über 1.000 qm im Messehaus am Markt in der Innenstadt. Das gelang, weil das Messeamt die längste Zeit glaubte, den Vertrag für eine offizielle Veranstaltung geschlossen zu haben. Erst nachdem die Arbeiten aus den Ateliers in die Halle transportiert, die Installationen aufgebaut und die Einladungen in den Briefkästen gelandet waren, wurden die Behörden aufmerksam und versuchten, die Ausstellung zu verhindern.
"Wir wollten etwas eigenes haben"
Doch auch die Öffentlichkeit war bereits hellhörig geworden: Die Nachricht von der Konfrontation mit dem Verband und dem Rat der Stadt verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der Stadt und wurde nicht nur in Künstlerkreisen debattiert. Selbst ältere Kollegen wie Wolfgang Mattheuer und Bernhard Heisig, damals Rektor der
In den folgenden vier Wochen sahen fast zehntausend Menschen aus dem In- und Ausland die Ausstellung, obwohl es in der Öffentlichkeit keinerlei Hinweise auf sie gab. Vor allem die jüngere Generation von Künstlern sah sich ermuntert, fortan die Ideen des "Herbstsalons“ zu multiplizieren, ohne sich um Lehre, Traditionen und kulturpolitische Floskeln zu kümmern. Wenig später stifteten die Beteiligten der Ausstellungsaktion einige Werke zum Verkauf für die Renovierung der Räume einer stillgelegten Fabrik in der Leipziger Südvorstadt, in der eine Gruppe junger Hochschulabsolventen eine Produzentengalerie betreiben wollte und aus der bald darauf die
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Geb. 1965, Kunsthistorikerin, arbeitet als freiberufliche Autorin und Lektorin in Berlin.
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