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Die Freiluftgalerie Stötteritz | Autonome Kunst in der DDR | bpb.de

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Die Freiluftgalerie Stötteritz

Uta Grundmann

/ 3 Minuten zu lesen

Im Gartenatelier Günther Huniats, der späteren Freiluftgalerie Stötteritz, fanden die wohl wichtigsten frühen Ansätze für einen nicht-akademischen künstlerischen Ausdruck und seine eigenverantwortliche Präsentation ihr Zentrum.

Die wohl wichtigsten frühen Ansätze für einen nicht-akademischen künstlerischen Ausdruck, seine eigenverantwortliche Präsentation und neue, ungewohnte Organisations- und Kommunikationsformen fanden in Leipzig ihr Zentrum im Gartenatelier Günther Huniats im Stadtteil Stötteritz. Gemeinsam mit Freunden wie Manfred Smollich, Gil Schlesinger, Roland Frenzel und Thomas Ranft besetzte Huniat leerstehende, dem Verfall preisgegebene Häuser, um sie mit den eigenen Bildern und Objekten wiederzubeleben. Wurde eines der Gebäude abgerissen, zog er ins nächste, wenige Meter weiter. Die hinter dem einen – Nummer 73 in der Holzhäuser Straße – liegenden, verwilderten Gärten verwandelte er 1972 in ein weiträumiges Freiluftatelier, den Plastikgarten Stötteritz. Dort gründete Huniat acht Jahre später die Freiluftgalerie Stötteritz, in der bis 1989 in den Sommermonaten dreizehn Ausstellungen mit Skulpturen, Objekten und Installationen stattfanden.

Fotos aus der Freiluftgalerie Stötteritz

(© Karin Plessing) (© Karin Plessing) (© Karin Plessing) (© Archiv Günther Huniat (Fotograf unbekannt)) (© Lindenau-Museum Altenburg/Fotosammlung Ralf-Rainer Wasse) (© Lindenau-Museum Altenburg/Fotosammlung Ralf-Rainer Wasse) (© Ernst Goldberg) (© Ernst Goldberg) (© Ernst Goldberg) (© Archiv Uta Grundmann)

Ab 1975 erweiterte sich der Freundeskreis: Andreas Dress kam aus Dresden, Gregor-Torsten Schade (Kozik), Frieder Heinze, Hans-Hendrik Grimmling und Lutz Dammbeck waren sich beim Studium an der Interner Link: Hochschule für Grafik und Buchkunst begegnet. Sehr unterschiedlich im künstlerischen Gestus, weit entfernt davon, weltanschaulich gleicher Meinung zu sein, vereinte sie das Bedürfnis nach unbeaufsichtigtem Erproben eigener Fähigkeiten und einem Spielraum für Experimente. Im Gartenatelier Günther Huniats fanden sie, wonach sie suchten. Hier wurden die ersten Land-Art-Objekte installiert, kollektive Malaktionen in Szene gesetzt, Feste gefeiert, Ideen ausgebrütet und Projekte geschmiedet. Mit den inzwischen nach Karl-Marx-Stadt übergesiedelten Ranfts und Schade verbanden die Freunde weiterhin gemeinsame Unternehmungen – bekannt geworden sind die Fußballspiele und die Auktionen, für die auch Künstler aus dem westlichen Ausland Arbeiten stifteten und deren Erlös unter anderem die Gründung der Produzentengalerie Interner Link: "Clara Mosch“ ermöglichte.

1977 entwickelten die gerade in den Verband Bildender Künstler aufgenommenen jungen Hochschulabsolventen mit dem Projekt "Tangente“ erstmals die Idee einer gemeinsamen "grenzüberschreitenden“ Ausstellung, die parallel zur VIII. Kunstausstellung der DDR in Dresden stattfinden sollte. Unbefriedigt von den immer wieder gleichen Konstellationen zusammengetragener Bilderberge in den zentral geplanten Präsentationen entstand das Bedürfnis, zu einer selbst gewählten Korrespondenz von Form, Farbe oder Thema zu gelangen und mit dem Publikum in direkten Kontakt zu treten. Nicht mehrere, auf ein Genre begrenzte Einzelkollektionen sollten gezeigt werden, sondern das, was den künstlerischen Alltag bedeutete, nämlich das aufmerksame Verfolgen der Arbeit des anderen, die kommunikative Bezugnahme aufeinander und zu anderen künstlerischen Disziplinen. Geplant war gleichermaßen die Anwesenheit der Künstler während des gesamten Zeitraumes, um die entstandenen Gemeinschaftsprojekte vorzustellen und Diskussionen zu provozieren, wie das Vorführen eigener Experimental- und Animationsfilme sowie die Veranstaltung von Lesungen, Konzerten und Theateraufführungen. War dieses Vorhaben noch in Abstimmung mit den offiziellen Institutionen des Verbandes Bildender Künstler, des Rates des Bezirkes und der Partei geplant worden und deshalb an ideologischen Auflagen und politischen Intrigen gescheitert, gelang der Gruppe im Herbst 1984 ein handstreichartiger Piratenakt – in der Messehalle am Markt fand der als Werkstatt deklarierte Interner Link: "1. Leipziger Herbstsalon“ statt.

Die Künstler verstanden ihre Aktion als ästhetischen Befreiungsschlag von einer bevormundenden staatlichen Genehmigungspraxis, Partei und Behörden sahen darin ein Beispiel "konterrevolutionärer Entwicklungen“ und damit eine politische Provokation. Deshalb wurden Günther Huniat und Hans-Hendrik Grimmling auf Anweisung des Verbandspräsidenten Willi Sitte aus der Sektionsleitung des Leipziger Bezirksvorstandes entfernt. Frieder Heinze solidarisierte sich und trat selbst aus. Ohne Zuversicht auf ein baldiges Aufbrechen der festgefahrenen Verhältnisse verließen Lutz Dammbeck, Hans-Hendrik Grimmling und der am Herbstsalon ebenfalls beteiligte Günter Firit 1986 die DDR.

Quellen / Literatur

Revolution im geschlossenen Raum. Die andere Kultur in Leipzig 1970–1990. Hrsg. von Uta Grundmann, Klaus Michael und Susanna Seufert. Leipzig 2002.

Fussnoten

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Geb. 1965, Kunsthistorikerin, arbeitet als freiberufliche Autorin und Lektorin in Berlin.