"Wer ist Clara Mosch?“ – mit diesem Titel erschien im April 1977 in den Karl-Marx-Städter Sächsischen Neuesten Nachrichten eine Zeitungsnotiz. Sie kündigte die Eröffnung einer "kleinen, intimen“ Galerie an, deren Gründer Wert auf Experimente legten. Clara Mosch bezeichnete sowohl die Künstlergruppe selbst als auch ihre Galerie und war das Anagramm aus den Anfangsbuchstaben der Nachnamen von Carlfriedrich Claus, Thomas Ranft, Dagmar Ranft-Schinke, Michael Morgner und Gregor-Torsten Schade. Die Künstler hatten zuerst an einen experimentellen Werkraum gedacht, eine Art offenes Atelier, als sie auf der Suche nach Arbeitsräumen auf den ehemaligen Dorf-Konsum im Karl-Marx-Städter Vorort Adelsberg gestoßen waren. Sie fühlten sich weniger durch ein bestimmtes künstlerisches Programm als durch ihre Ablehnung des Sozialistischen Realismus verbunden und hofften, ihr Recht auf freies bildnerisches Schaffen jenseits der vorgegebenen Programmatik wahrnehmen zu können. Eine selbstverwaltete Produzentengalerie sollte dieser Utopie einen Ort geben.
Die Künstlergruppe "Clara Mosch“
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Die Produzentengalerie "Clara Mosch“ sollte der Utopie freien künstlerischen Schaffens jenseits der vorgegebenen Programmatik des Sozialistischen Realismus einen Ort geben.
Clara Mosch
Gruppenbild „Clara Mosch“, Ende der 1970er Jahre: Thomas Ranft, Gregor-Torsten Schade (Kozik), Dagmar Ranft-Schinke, Carlfriedrich Claus.
Vorbereitung der Gemeinschaftsausstellung von „Clara Mosch“ (ohne Beteiligung von Carlfriedrich Claus), 20. Januar – April 1979: Michael Morgner
und Thomas Ranft.
Ausstellungseröffnung der Gemeinschaftsausstellung von „Clara Mosch“ (ohne Beteiligung von Carlfriedrich Claus), 20. Januar – April 1979.
Ausstellung von Carlfriedrich Claus und Klaus Sobolewski, 15. Dezember 1979 – 1. März 1980.
Gregor-Torsten Kozik, Thomas Ranft, Carlfriedrich Claus, Dagmar Ranft-Schinke, Michael Morgner im Atelier von Carlfriedrich Claus in Annaberg, März
1981.
Ausstellung von Wolfram Adalbert Scheffler, 27. März – 9. Mai 1982: Michael Morgner, Gregor-Torsten Kozik, Thomas Ranft, Wolfram Adalbert Scheffler
vor der Galerie.
Die letzten Stunden der „Clara Mosch“, Januar 1983: Gregor-Torsten Kozik, Thomas Ranft, Dagmar Ranft-Schinke, Michael Morgner.
40. Geburtstag von Thomas Ranft, Künstlerklub „Marta“, Karl-Marx-Stadt, 1985: Thomas Ranft, Joachim Wenke, Fritz Diedering (stehend v.l.n.r.);
Klaus Werner, Hartwig und Monika Ebersbach (sitzend v.l.n.r.); Joschi Wetzel, Dörte Morgner, Gerhard Klampäckel (im Hintergrund).
Die Gründungsmitglieder hatten – bis auf den mehr als zehn Jahre älteren Autodidakten Claus, der im benachbarten Annaberg lebte – zwischen 1961 und 1972 an der
"Wir gehen erst, wenn wir Arbeitsverbot haben."
Bis 1982 fanden in den Räumen der Galerie 29 Ausstellungen statt, darunter eigene Personalausstellungen und sechs Gemeinschaftspräsentationen, aber auch wichtige Einzelexpositionen von Kollegen wie Gil Schlesinger, Gerhard Altenbourg, Horst Bartnig, Max Uhlig oder Debüts der Autodidakten und Karl-Marx-Städter Enfants terrible Klaus Hähner-Springmühl und Wolfram Adalbert Scheffler. Neben den Ausstellungen organisierte das Kollektiv Künstlerfeste und eine Reihe von
Im November 1982 informierten Fotokarten und Aufkleber des Fotografen Ralf-Rainer Wasse in Form einer Traueranzeige über den Tod von Clara Mosch. Nach den anhaltenden Meinungsverschiedenheiten mit den Funktionären des Kulturbundes im Beirat und ihrer zunehmenden Einmischung in die Galeriearbeit war es auch zu Zerwürfnissen innerhalb der Gruppe gekommen. Das perfide "Zersetzungs-Programm“ der Staatssicherheit mit dem Ziel gegenseitiger Verdächtigung und Entsolidarisierung, das mit mehr als 120 informellen Mitarbeitern – unter ihnen Wasse – realisiert worden war, hatte Wirkung gezeigt: Als angeblichem MfS-Zuträger kündigte die Gruppe Gregor-Thorsten Schade die Freundschaft auf. Die gezielte "Schaffung von Ansatzpunkten für einen Ehekonflikt“ zwischen Thomas Ranft und Dagmar Ranft-Schinke führten zur deren Trennung. Und Michael Morgner wurde mit Großaufträgen für Wandbilder und einem Pass für Reisen ins nichtsozialistische Ausland versorgt, um Distanz zu den anderen herzustellen.
Nach dem Ende der Galerie und der gemeinsamen Arbeit engagierten sich Michael Morgner und Thomas Ranft nach wie vor im Künstlerverband und in der Genossenschaft bildender Künstler, zu der auch die
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Geb. 1965, Kunsthistorikerin, arbeitet als freiberufliche Autorin und Lektorin in Berlin.
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