Die Bürgerbewegungen der DDR waren ein Kristallisationspunkt der politischen Opposition gegen das SED-Regime. Entwicklungsgeschichtlich lassen sich drei Stufen unterscheiden, nämlich (1) passive und unorganisierte Systemverdrossenheit, (2) Bildung von lokalen Oppositionsgruppen sowie (3) Entstehung von Bürgerbewegungen im Herbst 1989. Bis zu den Auflösungserscheinungen der Staatsmacht im Umbruchsjahr 1989 war die grassierende Unzufriedenheit mit den herrschenden Lebensbedingungen in der DDR (Holtmann/ Köhler 2015) "weitgehend privatisiert" geblieben (→ Dossier Interner Link: "Der Beitrag der Bürger auf dem Weg zur Einheit"). Nur einzelne Bürgerrechtler und Dissidenten, wie Rudolf Bahro, Katja und Robert Havemann oder Wolf Biermann, bekundeten öffentlichkeitswirksam persönlich Widerstand. Seit Beginn der 1980er Jahre formierten sich diverse "sozialethische Gruppen" zu einer politischen Opposition, die, unter dem Schirm der Ev. Kirche in lokalen Basisgruppen agierend, globale Themen wie Menschen- und Bürgerrechte, Ökologie, Frieden, Frauenemanzipation und Dritte-Welt kritisch zur Sprache brachte (Haufe/ Bruckmeier 1993, S. 9ff.). Aus diesen basisdemokratisch, dezentral und informell agierenden Gruppen entstanden 1989 Bürgerbewegungen, die den öffentlichen Massenprotest anstießen (die Leipziger Montagsdemonstrationen begannen im September 1989), mit Gründung des Neuen Forum (9./10. September 1989) zu einer gemeinsamen Oppositions-Plattform fanden und im November 1989 den → Interner Link: Runden Tisch initiierten, an dem Vertreter der Bürgerbewegungen aktiv beteiligt waren (Ebenda, S.29ff).
Erklärter Wille der Bürgerbewegungen war nicht die Überwindung des real existierenden Sozialismus, sondern die Reform des DDR-Systems von innen. Tatsächlich gaben ihre Vertreter entscheidende Impulse für die → Interner Link: friedliche Revolution von 1989/90, welche die DDR in den Monaten des Systemumbruchs kurzzeitig in eine → Interner Link: Bewegungsgesellschaft verwandelte. In der anschließenden Phase der Neubildung politischer Institutionen teilten sich die Wege: Während ein Teil der Repräsentanten der Bürgerbewegungen sich dem Aufbau des neuen Parteienstaats in Ostdeutschland zur Verfügung stellte (Holtmann 2017), vollzogen andere vormals Aktive den Schritt in die parteiförmige Organisation des demokratischen Aufbruchs nicht mit.