Der Aussage, dass Ostdeutsche hierzulande häufig als Menschen zweiter Klasse behandelt würden, stimmen aktuell rund zwei Drittel im Osten und ein gutes Drittel im Westteil der Bundesrepublik zu (Deutschland-Monitor der Kommission 30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit, September 2020). Das Gefühl, lediglich ein Bürger "zweiter Klasse" zu sein, "war von Beginn des Einigungsprozesses an Teil der Grundstimmung im Osten" (→ Dossier "Politische Einheit, gespaltene Meinungsmuster"). Diese Grundstimmung ist Ausdruck gefühlter sozialer Benachteiligung und Zurücksetzung und wird im öffentlichen Diskurs häufig darauf zurückgeführt, dass Ostdeutschen die Anerkennung ihrer bisherigen Lebensleistung versagt bleibe. Indes ist, wie aktuelle Umfragedaten zeigen, ein solches Anerkennungsdefizit nicht singulär ostdeutsch und mit nachwirkenden psychischen Effekten der Einigung allenfalls bedingt erklärbar. Nur leicht weniger Ostdeutsche (ca. 60 Prozent) als Westdeutsche (ca. 68 Prozent) sehen ihre Lebensleistung zu gering gewürdigt. Angehörige der älteren Generation Ost (55 Jahre und älter) äußern sich in dieser Hinsicht kaum seltener zufrieden (63 Prozent) als der gesamtdeutsche Bevölkerungsdurchschnitt (Deutschland-Monitor 2020).