Von Rouzbeh Taheri
Unser Leben ist mehr wert als ihre Profite
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Der Wahnsinn des Wohnungsmarkts in Berlin hat viele Facetten: Mieterhöhung, Vertreibungsmodernisierung, Eigenbedarfskündigung. Familien, die in viel zu kleine Wohnungen zusammenrücken müssen, Senioren, die aus Sorge vor Vertreibung nicht schlafen können, Studenten, die in Notübernachtungen unterkommen müssen. Gemeinsam ist allen Betroffenen die Angst um eines der existenziellen Bedürfnisse der Menschen: eine menschenwürdige Unterkunft.
Wer soll diesen Wahnsinn bekämpfen? "Der Markt regelt es." So lautet die gängige Antwort der Marktgläubigen auf die vielen existenziellen Probleme der Menschen in unserer Gesellschaft. Die unsichtbare Hand des Marktes soll den Klimawandel aufhalten, die soziale Ungerechtigkeit abmildern und auch das Wohnungsproblem lösen. Der Markt regelt es aber nicht. Das zeigen alle Erfahrungen der letzten Jahrzehnte in den modernen Großstädten dieser Welt. Dort, wo der freie Markt sich selbst überlassen wurde, hat er in diesen Städten soziale Verheerungen angerichtet. Wir brauchen nur nach New York, Paris oder London zu schauen. Dort finden Normalverdiener keine Wohnung mehr oder nur zu horrenden Preisen. Von Geringverdienern brauchen wir gar nicht erst zu reden. Ich bin mir sicher, die Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner möchte keine solchen Zustände in ihrer Stadt.
Was ist aber die Alternative zur Alleinherrschaft der Marktwirtschaft auf dem Wohnungsmarkt? Ich denke, dass die Antwort Gemeinwirtschaft lautet. Gemeinwirtschaft bezeichnet ein Wirtschaften, welches nicht Gewinnmaximierung zum Ziel hat, sondern die Versorgung der Allgemeinheit mit den existentiell notwendigen Gütern und Dienstleistungen. Die anfallenden Gewinne verbleiben in der Gemeinschaft, werden für Verbesserungen des Angebots und neue Investitionen verwendet, anstatt an externe Investoren ausgeschüttet zu werden. Das solidarische Wirtschaften in solchen Gemeinschaften basiert auf der demokratischen Mitverwaltung durch die Konsumenten, die zugleich Eigentümer sind. Das bekannteste Beispiel für Gemeinwirtschaft in Berlin sind die Wohnungsbaugenossenschaften. Unsere Vorstellungen gehen allerdings weiter als das alte Genossenschaftsmodell. Wir wollen Wohnungen im öffentlichen Besitz, die mit einer sozialen Zielsetzung und unter demokratischer Kontrolle der Beschäftigten, der Mieter und der Stadtgesellschaft bewirtschaftet werden.
Mit der Vergesellschaftung der Wohnungsbestände der großen Immobilienkonzerne will die Initiative "Deutsche Wohnen & Co enteignen" den Anteil des gemeinwirtschaftlichen Wohnungssektors in Berlin signifikant erhöhen. In einem gemeinsamen Konzept unserer Kampagne, das demnächst veröffentlicht wird, definieren wir Vergesellschaftung wie folgt: "Durch Vergesellschaftung von Wohnungsbeständen kann Berlin Probleme lösen, für die heute der Politik jedes Mittel fehlt. Öffentliches Eigentum erlaubt nicht nur leistbare Mieten, sondern auch Schutz für Kleingewerbe, dezentrale Unterbringung von Geflüchteten, Raum für Kunst und alternative Jugendkultur oder Schutzräume vor häuslicher Gewalt. Demokratische Selbstverwaltung bedeutet, dass über die Umsetzung dieser Möglichkeiten direkt in den Bezirken und Kiezen entschieden werden kann. Bürgerbeteiligung öffnet Räume für politische Gestaltung, die durch Privatisierung und eine rein investorenorientierte Stadtpolitik der letzten drei Jahrzehnte verbaut worden sind."
Wir stehen heute in Berlin an einem Scheideweg: In welche Richtung soll sich unser Gemeinwesen entwickeln? Wollen wir unsere Stadt endgültig zur bedingungslosen Verwertung durch kapitalkräftige Investoren freigeben? Oder wollen wir selbst entscheiden, wie die Stadt von morgen aussieht? Die Entscheidung ist noch nicht gefallen. Zeigen wir den Damen und Herren von Deutsche Wohnen & Co, dass unser Leben mehr wert ist als ihre Profite.
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