Von Matthias Krümmel
Zwischen Wut und Mut
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So viel Zukunft war nie im ständig neuen, hippen, wachsenden Berlin. Wir Aktivisten bei den Öko-Initiativen, die Fachreferenten und Verbandsmenschen der Umweltverbände sind der jungen Generation dankbar für ihre Generalforderung nach mehr Klimaschutz. Niemand anderes kann diese Forderung mit mehr Berechtigung vortragen als die "Jungen", insbesondere weil wir "Alten" trotz jahrzehntelangen Engagements nicht Teil der Lösung sind. Wir sind strukturell auch Teil des Problems, wo bislang nicht das geschafft wurde, was geschafft (oder abgeschafft) werden müsste.
Wir wissen, dass nicht nur die Städte die Hauptemittenten von schädlichen Klimagasen sind. In Berlin ist der Verkehrssektor mit riesigen Einsparpotentialen bei CO2, Stickoxiden, Feinstaub etc. in der Diskussion. Fast die Hälfte der Emissionen aber stammt aus unseren Haushalten. Berlin ist dabei auch die Mieterhauptstadt, die konzentriert den Klimawandel anheizt, weil wir einen riesigen Altbaubestand haben, der alles andere als energieeffizient ist. Wir setzen fast keine erneuerbaren Energien ein – insbesondere bei der Beheizung unserer Wohnungen. Klimaschutz und Milieuschutz, Klima- und Denkmalschutz, Schutz vor Gentrifizierung UND Schutz vor dem Klimawandel – solche Fragen sind uns bislang keine beispielgebenden Antworten wert.
Wir nutzen – wenn wir schlau und „for future“ sind – Kühlschränke mit Effizienzlabel A+++, beleuchten uns mit A++ LEDs, waschen unsere fairtrade/bio-Klamotten in A+++ Waschmaschinen – den größten Energieverbrauch (nämlich Wärme) verballern wir in berlintypischen Gebäuden mit Klasse „D“ oder schlechter. Und wenn die Wohnung nun ein Kühlschrank wäre? Dann würde kein Mensch auf die Idee kommen, mit viel Geld den hohen Verbrauch abzubezahlen, Modernisierungsumlagen fürs Aufhübschen aber nicht für die ökologische Optimierung zu leisten, die dringend notwendige Reparatur zu verschieben, die zugunsten der Klimabilanz aber "for future" wäre.
Denn Wohnen ist viel mehr: Wir haben als Mieterinnen und Mieter in Berlin keine ökologische Infrastruktur, die wir aber bräuchten. Klimaschutzpolitik muss Mieter und Investoren an einen Tisch setzen, die Infrastruktur muss nicht von Verbrauchern, sondern politisch organisiert werden. Wir alle sind es, die anders heizen, konsumieren, bauen und sanieren, eventuell auch anders Energie produzieren müssen, wenn es "for future" sein soll.
Und was ist uns nun das Klima wert? Auf Bundesebene: bislang ein kleines, süßsaures GroKo-Klimapäckchen, mäßig hübsch, aber nutzlos. Nicht anschlussfähig an die Wissenschaft, die sich die Augen reibt und fragt: Warum haben wir überhaupt die Politik beraten, wenn davon nichts auftaucht? Und in Berlin: Da soll‘s das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm sein, das uns die "Klimaneutralität" bringt. Sehr viel Geld steht bereit, mehr als 100 überwiegend schlaue Maßnahmen, um 2050 am Ziel zu sein: 95 Prozent weniger Emissionen oder pro Berliner ca. 1,5 Tonnen CO2 je Mensch und Jahr – ausgehend von derzeit etwa elf Tonnen.
Wir haben längst kein Erkenntnis-, sondern ein gesellschaftliches Umsetzungsdefizit. Klimaschutz wird nämlich nicht von Aktivisten, Politik oder Verwaltung umgesetzt, sondern von uns allen: der GESAMTGESELLSCHAFT FOR FUTURE. Das Geld ist da und wird nicht abgeholt, statt Umsetzung sehen wir: granitsteinharte Diskussionen um eine fußgängerfreundliche Bergmannstraße, Mietendeckeldiskussionen, die am Feindbild des bösen Investors stricken, der den ökologischen Fußabdruck des Gebäudes verantworten soll. Die Klimademokratie muss nicht nur soziale Aspekte berücksichtigen, sie muss auch Grenzen setzen. Sie ist ohne soziale und kulturelle Nachhaltigkeit undenkbar aber muss auch klarmachen, in welche Richtung sich die Gesellschaft bewegen soll.
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