1. Wie haben Sie den Herbst 1989 erlebt?
Für mich war das damals schon sehr einschneidend. Wir haben vor dem Fernseher gesessen und haben dort den Mauerfall verfolgt. Und für mich war es sehr zwiespältig. Ich habe auch sehr zwiespältige Gefühle gehabt. Ich wusste nicht, was kommt jetzt auf uns zu? Was bedeutet das jetzt? Ich war eigentlich nicht so glücklich wie viele, die rumgesprungen sind und sich gefreut haben. Also, ich war doch sehr zwiegespalten, muss ich sagen. Ich weiß, dass ich nicht sofort über die Grenze gegangen bin. Mein Mann wollte zwar sofort über die Grenze, aber ich habe gesagt: Nein, dann kommen wir vielleicht nicht wieder zurück. Wir sind erst ein halbes Jahr oder ein Jahr später das erste Mal über die Grenze gegangen.
2. Was hat sich nach dem Ende der DDR für Sie verändert?
Nach der Wende bin ich erstmal arbeitslos geworden. Ich habe als Erzieherin in einer Kindereinrichtung gearbeitet. Ich bin dann in den so genannten Westen gegangen, nach Hannover, für zwei Jahre, als Erzieherin. Aber ich war heimatverbunden und bin wieder zurück gekommen, in den Kyffhäuser-Kreis. Ich habe jetzt auch hier Arbeit, aber mein Mann ist schon eine Weile arbeitslos.
3. Wie haben Sie sich 1989 die Zukunft vorgestellt?
Meine eigene habe ich mir so vorgestellt, dass ich wahrscheinlich Jahrzehnte in dieser Kindereinrichtung bleibe und als Erzieherin arbeite. Das wollte ich eigentlich auch. Und die DDR? Ich habe eigentlich immer die Hoffnung gehabt, dass sich die DDR zumindest ein bisschen mehr öffnet, dass man in verschiedene Länder reisen kann. Ich war eigentlich nicht negativ dazu eingestellt, dass sich jetzt so ein Umbruch ergibt.
4. Welche Erinnerung an die DDR ist für Sie die wichtigste?
Eigentlich gibt es viele wichtige Erinnerungen. Ich hatte eine sehr schöne Kindheit in der DDR. Das kann ich nicht anders sagen. Und was natürlich für die DDR immer typisch war: Nach Bananen anstehen, nach, ich weiss nicht, Apfelsinen anstehen. Das waren so ganz typische Sachen, die auch mich betroffen haben.
5. Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Für die Zukunft würde ich mir eigentlich wünschen, dass mehr Menschen, gerade hier bei uns im Kreis, Arbeit finden. Dass die Jugend nicht mehr zu perspektivlos ist, wie es jetzt im Moment ist. Dass sich einfach noch ein bisschen mehr tut, auch gerade hier im Osten. Das wäre ein großer Wunsch von mir, dass da mehr passiert.
Ich hätte zum Beispiel die Erziehung und Bildung im Kindergarten gelassen, so wie es zu DDR-Zeiten auch war, wie man es jetzt auch teilweise wiederholt. Ich denke, da ist einiges erst mal einfach gestrichen worden, was gut war. Und das merkt man jetzt und holt vieles wieder raus, was eigentlich schon mal da war. Und das ist so ein bisschen schade, eigentlich. Man hätte sicherlich schon ein paar Jahre weiter sein können in der Entwicklung.
Juni 2004