Wie und in welchem Umfang sollen digitale Medien an Schulen und im Unterricht eingesetzt werden, um individuelle Lernprozesse von Kindern und Jugendlichen bestmöglich zu unterstützen und Lernende zugleich für das Leben in einer digitalisierten Gesellschaft vorzubereiten? Zu diesen Fragen finden sich in Bildungssystemen weltweit teils deutlich unterschiedliche Antworten. Während Länder im Norden Europas, wie Dänemark, Schweden und Estland, als Vorreiterinnen in Sachen Digitalisierung im Bildungsbereich gelten, hinken andere, darunter auch Deutschland, selbst gestellten Ansprüchen in Sachen technischer und personeller Ausstattung sowie digitaler Lernmaterialien und Unterrichtsentwicklung hinterher. Inzwischen ist die anfängliche Digitalisierungseuphorie jedoch in Vorreiterinnen-Ländern angesichts von Leistungsverlusten ihrer Schülerinnen und Schüler in Mathematik und Landessprache auch einer Skepsis gewichen, inwiefern der Einsatz digitaler Medien für verschiedene Zielgruppen sinnvoll ist (siehe Beitrag:
Die in der Grafik abgebildeten Daten entstammen der Internationalen Studie zu Computer- und informationsbezogenen Kompetenzen (ICILS – International Computer and Information Literacy Study). Sie zeigen für das Jahr 2023, welcher Anteil der 15-jährigen Schülerinnen und Schüler im jeweiligen angibt, an jedem Schultag mindestens einmal digitale Medien für Schulaufgaben zu nutzen, und zwar zum einen in der Schule oder zum anderen zu Hause. Die Reihenfolge der Länder ist anhand der schulischen Nutzung digitaler Medien absteigend sortiert. In den Daten zeigt sich sehr deutlich, dass gerade Schülerinnen und Schüler in skandinavischen Ländern, und darunter insbesondere in Dänemark (87,0 Prozent) und Schweden (82,8 Prozent), digitale Medien täglich in der Schule für ihre Aufgaben nutzen. In Norwegen sind es immerhin noch fast Dreiviertel aller Befragten (71,8 Prozent). Ganz anders sieht es im Nachbarland Finnland aus, das weit weniger auf einen digital unterstützten Schulalltag zu setzen scheint: Hier gibt nicht mal jede oder jeder dritte Lernende an, alltäglich digitale Medien in der Schule zu nutzen (30,2 Prozent). Innerhalb der abgebildeten Vergleichsländer liegt Deutschland im Mittelfeld, wenngleich auch hier nur jede bzw. jeder vierte 15-Jährige in der Schule regelmäßig Aufgaben mit digitalen Medien erledigt (25,1 Prozent). In Ländern wie Südkorea (22,1 Prozent), Griechenland (21,7 Prozent), Kroatien (20,9 Prozent), Frankreich (19,3 Prozent) und Italien (18,6 Prozent) ist es nur etwa jede oder jeder Fünfte. Das Schlusslicht der hier abgebildeten 22 Länder bildet Slowenien, wo nur etwas mehr als jede oder jeder Zehnte angibt, mindestens einmal an jedem Schultag mit digitalen Medien zu arbeiten (10,8 Prozent).
Wie jedoch die blau gefärbten Balken in der Grafik zeigen, bedeutet eine geringe schulische Nutzung digitaler Medien keineswegs, dass Schülerinnen und Schüler auf digitale Hilfsmittel für Schulaufgaben verzichten. Viele von ihnen nutzen sie vielmehr zuhause. Außer in den skandinavischen Ländern überwiegt in allen Ländern die alltägliche häusliche Nutzung digitaler Medien für Schularbeiten jene im Rahmen von Schule, teilweise mit großem Abstand: In Italien (68,2 Prozent zu Hause; 18,6 Prozent in der Schule), Frankreich (66,0 Prozent zu Hause; 19,3 Prozent in der Schule) nutzen gut zwei Drittel der Jugendlichen täglich digitale Hilfsmittel für Schulaufgaben zu Hause, ebenso teils deutlich mehr als die Hälfte ihrer Peers in Lettland (62,7 Prozent), Spanien (59,6 Prozent) und der Slowakei (51,1 Prozent). In Deutschland geben 38,7 Prozent der Jugendlichen an, Schulaufgaben zuhause regelmäßig mithilfe digitaler Medien zu bearbeiten, ähnlich viele wie in Slowenien (40,3 Prozent), wo deren alltäglicher schulische Einsatz eher unüblich ist. In Finnland, wo der schulische Einsatz digitaler Medien im Vergleich zu den Nachbarländern moderat ausfällt, nutzen auch zuhause die wenigsten Schülerinnen und Schüler regelmäßig digitale Hilfsmittel für Schularbeiten (27,1 Prozent).
Insgesamt zeigt die Grafik also, dass digitale Medien in den verschiedenen Bildungssystemen in sehr unterschiedlichem Maß für das Lernen an Schulen eingebunden werden. Unabhängig davon nutzen jedoch in den meisten der hier betrachteten Länder mitunter deutlich mehr Jugendliche zu Hause täglich digitale Hilfsmittel für ihr schulisches Lernen. Ob die teils deutlichen Unterschiede bei der regelmäßigen häuslichen Nutzung digitaler Medien zwischen Schülerinnen und Schülern verschiedener Länder womöglich auch mit verschiedenen Hausaufgaben-Kulturen zu tun haben, inwieweit die unterschiedliche Verfügbarkeit von digitalen Endgeräten und Internetzugang oder auch unterschiedliche Einstellungen zum Umgang mit digitalen Medien ursächlich sind, lässt sich aus diesen Daten nicht herauslesen. Genauso wenig lässt sich die Frage beantworten, ob ein hoher Nutzungsgrad in der Schule oder zu Hause förderlich oder abträglich für die Kompetenzentwicklung der Jugendlichen ist. Klar ist aber: Gute Lernstrategien sowie ein kritischer und sicherer Umgang mit digitalen Medien muss von allen Kindern und Jugendlichen erlernt werden, damit sie diese gewinnbringend für ihre Kompetenzentwicklung einsetzen können. Die Grundlagen für eine solche „digital literacy“ zu vermitteln (siehe Beitrag: