Soll ein Hochschulstudium in Deutschland für alle kostenfrei sein? Oder ist dies am Ende womöglich sozial ungerecht, weil dann die breite Masse der Steuerzahlenden ein Bildungsangebot finanziert, das faktisch noch immer mehrheitlich von jungen Menschen aus Akademiker-Familien in Anspruch genommen wird (siehe Grafik:
Entscheidungen darüber, welche Bildungsangebote von der öffentlichen Hand und damit aus Steuermitteln zu finanzieren sind und welche aus dem eigenen Geldbeutel, berühren bildungspolitische Grundsatzfragen: Wofür soll (und kann) jede und jeder individuell Verantwortung tragen und sich folglich auch mitverantwortlich fühlen? Ab welchem Alter oder auf welcher Bildungsstufe ist es angemessen, die Finanzierungslast vom Staat auf den Privathaushalt zu verschieben? Und gibt es nicht doch Bereiche, die grundsätzlich Sache der Gemeinschaft sein sollten, unabhängig vom Alter der Lernenden?
Im Jahr 2024 untersuchten Forschende im Auftrag der Deutschen Telekom Stiftung, wie rund 1.200 Menschen ab 16 Jahren die Frage der Kostenpflichtigkeit mit Blick auf verschiedene Bildungsangebote bewerten. Anhand einer Liste sollten sie entscheiden, welche Angebote aus ihrer Sicht kostenlos, einkommensabhängig gestaffelt oder für alle in gleicher Weise kostenpflichtig sein sollten. Die Teilnehmenden der Meinungsumfrage wurden anhand verschiedener Merkmale (etwa nach Alter, Geschlecht, Region, Wohnortgröße, Berufsgruppe, Familienstand) so ausgewählt, dass sie – wie in solchen Befragungen üblich – einen Querschnitt der Bevölkerung ab 16 Jahren abbilden und somit für diese repräsentativ sind. Ihre Aussagen sind also verallgemeinerbar und lassen sich somit als Meinungsbild der entsprechenden Gesamtbevölkerung ab 16 Jahren in Deutschland verstehen.
Für den weit größten Teil der Befragten ist klar, dass die Schule als Bildungseinrichtung kostenfrei sein soll (89 Prozent), lediglich 3 Prozent von ihnen würden hierfür nach Einkommen gestaffelte und 6 Prozent für alle gleiche Kosten veranschlagen. Ebenso soll die berufliche Ausbildung nach Auffassung von fast Dreiviertel der Befragten öffentlich finanziert sein (74 Prozent). Hier sind jedoch auch ein Viertel der Befragten der Meinung, dass die Kosten einer Ausbildung von jeder bzw. jedem Einzelnen mit zu tragen sind, wobei hier eine gestaffelte (12 Prozent) und eine für alle gleiche Kostenbeteiligung (13 Prozent) in etwa gleich stark unterstützt werden. Kostenfreie Deutschkurse für Zugewanderte befürwortet noch eine deutliche Mehrheit von 59 Prozent der Befragten. Mehr als ein Viertel würde sich hier hingegen eine private Finanzierung mit Beiträgen in gleicher Höhe für alle Nutzenden wünschen (27 Prozent).
Bei der Angeboten zur Bildung und Betreuung von Kleinkindern gehen die Meinungen stärker auseinander: 56 Prozent der Befragten sprechen sich für die Kostenfreiheit von Kitas für Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren aus, mit Blick auf Kinder unter 3 Jahren befürworten dies hingegen nur 49 Prozent. In beiden Fällen überwiegt unter jenen, die eine Kostenbeteiligung befürworten, eine nach Einkommen gestaffelte Variante – für die Betreuung von Kita-Kinder wollen dies 28 Prozent, für Krippenkinder 32 Prozent der Befragten.
Mit einer ganz ähnlichen Verteilung wird auch die Frage nach der Kostenfreiheit für ein Hochschulstudium beantwortet: Knapp die Hälfte aller Befragten findet, dass ein Hochschulstudium für alle prinzipiell kostenfrei sein soll (49 Prozent), während sich fast jede bzw. jeder Dritte für eine gestaffelte individuelle Beteiligung (30 Prozent) ausspricht und jede bzw. jeder Fünfte gleich hohe Gebühren für alle Studierenden veranschlagen würde (20 Prozent).
Mit Blick auf schulische Angebote zeigt sich, dass fast die Hälfte aller Befragten die Kostenfreiheit von Nachmittagsbetreuung (49 Prozent) zusätzlichen Sportangeboten (51 Prozent) und auch des Mittagessens (48 Prozent) bevorzugt. Bei Sportangeboten würde zudem gleichauf etwa je ein Viertel der Befragten für gestaffelte Kosten (24 Prozent) und für gleiche Kosten (24 Prozent) votieren. Die Nachmittagsbetreuung in Schule oder Hort sollte aus Sicht derer, die Kostenfreiheit ablehnen, jedoch eher sozial ausgleichend gestaltet werden (30 Prozent) als etwa das Mittagessen (22 Prozent), für das sich ein größerer Anteil der Befragten eine gleiche Verteilung der Kosten für alle wünscht (29 Prozent).
Außerunterrichtliche Musikangebote an Schulen gelten für die Mehrheit der Befragten als eine Form der Bildung, die individuell (mit) finanziert werden sollte (60 Prozent für Kostenbeteiligung), wobei sie damit fast gleichermaßen sozial gestaffelte (31 Prozent) bzw. für alle gleichen Kosten verbinden würden (29 Prozent). Sache der oder des Einzelnen ist für eine deutliche Mehrheit der Befragten die berufliche Weiterbildung und Umschulung, wobei sich dabei fast ein Drittel für eine sozial ausgleichende Kostenbeteiligung (32 Prozent) ausspricht und etwas mehr als ein Viertel gleiche Kosten für alle (27 Prozent) bevorzugt.
Am wenigsten Zustimmung erhalten die Vorschläge, den Zugang zu Kulturangeboten wie Museen, Konzerten und Theatern (17 Prozent) sowie Kurse an Abend- und Volkshochschulen (16 Prozent) kostenfrei anzubieten. Hier sind sich mit jeweils knapp der Hälfte der Befragten die meisten darin einig, dass sich jeder Mensch, der Kulturangebote (49 Prozent) oder Bildungskurse an Abend- und Volkshochschulen nutzt (50 Prozent), auch finanziell daran beteiligen soll. Immerhin ein Drittel der Befragten wünscht sich hier nach Einkommen gestaffelte Beiträge.