Die Fähigkeit einen Text zu lesen und ihm relevante Informationen zu entnehmen ist eine unabdingbare Voraussetzung für erfolgreiches Lernen und gesellschaftliche Teilhabe. Deshalb wird das Lesen zu den sogenannten Basiskompetenzen gezählt, deren Vermittlung in der Schule besondere Bedeutung zukommt. Dennoch bewegt sich ein beträchtlicher Anteil der Schüler:innen im Lesen deutlich unterhalb des Kompetenzniveaus, das Expertinnen und Experten für die jeweilige Altersgruppe als angemessen betrachten. Das zeigt der Externer Link: IQB-Bildungstrend, den das bundesdeutsche Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) regelmäßig veröffentlicht. Im Rahmen dieser Kompetenz-Erhebung wird anhand einer repräsentativen Auswahl von Schüler:innen in allen Bundesländern geprüft, inwieweit es Schulen gelingt, die Fachkompetenzen zu vermitteln, die gemäß der bundesweit einheitlich geltenden Externer Link: Bildungsstandards erreicht werden sollen. Diese Standards wurden nach dem „PISA-Schock“ Anfang der 2000er-Jahre auf Initiative der
Diese Grafik zeigt Testergebnisse des IQB-Bildungstrends für Neuntklässler:innen im Bereich Lesen für die Jahre 2009, 2015 und 2022 und gibt somit Aufschluss darüber, wie sich die Lesekompetenzen dieser Altersgruppe im Zeitverlauf entwickelt haben. Betrachtet wird hier die Gruppe derjenigen Schüler:innen, die den Mindeststandard für den – zunehmend zur Regel werdenden – Mittleren Schulabschluss (MSA) verfehlen und somit absehbar etwa Schwierigkeiten haben werden, die Anforderungen einer vollwertigen Berufsausbildung zu meistern. Die Grafik macht deutlich: Schon seit 2009 ist die Gruppe der schwachen Leser:innen in einer ganzen Reihe von Bundesländern größer geworden. Jedoch sind insbesondere gegenüber den Ergebnissen des Bildungstrends 2015 starke Kompetenzeinbußen zu verzeichnen: Erreichte damals bereits mehr als ein Fünftel (21,8 Prozent) der Schüler:innen im Bereich Lesen nicht den MSA-Mindeststandard, ist diese Gruppe bis 2022 auf fast ein Drittel angewachsen (31,4 Prozent). Als eine wesentliche Ursache für diese besorgniserregende Entwicklung gilt die Corona-Pandemie, in der aufgrund von Schulschließungen, Wechsel- und Distanzunterricht über einen längeren Zeitraum vielerorts ungünstige Lernbedingungen vorherrschten.
Prinzipiell macht sich der viel diskutierte Negativ-Trend der Leseleistungen – bei unterschiedlichen Ausgangsniveaus – in allen Bundesländern deutlich bemerkbar, wenn auch nicht überall in der gleichen Intensität: In der Hälfte der Bundesländer hat sich die Gruppe der schwachen Leser:innen zwischen 2015 und 2022 um 10 Prozentpunkte und mehr vergrößert. In Bremen etwa, das im Ländervergleich den höchsten Anteil von Schüler:innen mit Migrationshintergrund aufweist, fielen schon 2015 knapp 35,5 Prozent der Neuntklässler:innen in diese Gruppe; im Jahr 2022 waren es 46 Prozent. In Schleswig-Holstein wuchs die Gruppe der schwachen Leser:innen im selben Zeitraum von 16,6 auf 30,0 Prozent, in Sachsen-Anhalt von 15,1 auf 26,5 Prozent. Auch in Sachsen, das mit Blick auf das Erreichen der Mindeststandards im Lesen bundesweit am besten abschneidet, ist der Anteil der schwachen Leser:innen von 10,9 auf 20,0 Prozent angestiegen. Eine auffallende Ausnahme vom bundesweiten Trend bildet einzig Baden-Württemberg. Zwar ist die Gruppe derjenigen, deren Lesekompetenzen hinter dem MSA-Mindeststandard zurückbleiben, auch hier angewachsen, aber deutlich weniger stark als im Bundesdurchschnitt (von 24,8 auf 27,7 Prozent).