Dass der Bildungserfolg in Deutschland auch davon abhängt, inwiefern Kinder und Jugendliche einen Migrationshintergrund haben, ist ein bekannter Befund. Schüler:innen mit familiärer Zuwanderungsgeschichte gelten als bildungsbenachteiligt. Dabei ist jedoch zu bedenken: Von „dem“ Migrationshintergrund kann gar nicht die Rede sein, denn hinter dieser pauschalen Beschreibung steht sehr Unterschiedliches. Außerdem wirkt sich Zuwanderung bei verschiedenen Aspekten von Bildungserfolg auch unterschiedlich aus (siehe Beitrag Kristen/ Dollmann: Ethnische Bildungsungleichheiten).
Ein Migrationshintergrund kann neben der Staatsangehörigkeit der Befragten und ihrer Familienangehörigen auch über das Geburtsland der betreffenden Schüler:innen, ihrer Eltern oder Großeltern bestimmt werden. Wie stark die Bildungsbenachteiligung von Kindern mit Zuwanderungsgeschichte ausfällt, hängt nicht zuletzt davon ab, welcher Teil einer Familie im Ausland geboren ist. So wird in der Forschung häufig unterschieden zwischen Schüler:innen, die selbst im Ausland geboren und (mit ihren Familien) zugewandert sind (1. Generation), in Deutschland geborenen Schüler:innen, deren Eltern aus dem Ausland zugewandert sind (2.Generation) – oder auch nur ein Elternteil (2,5. Generation) – sowie schließlich Schüler:innen, deren Migrationshintergrund auf die Großeltern zurückgeht, die im Ausland geboren und zugewandert sind (3. Generation).
Betrachtet man die beiden in der Grafik dargestellten Aspekte des Bildungserfolgs – Zugang zum Gymnasium und Lesekompetenz –, so zeigen sich deutliche Unterschiede entlang der Zuwanderungsgenerationen. Wie die aus der PISA-Studie 2018 entnommenen Daten zeigen, besuchen von den Neuntklässler:innen, die selbst nach Deutschland zugewandert sind (1. Generation), nur 16,1 Prozent das Gymnasium, wohingegen der Anteil unter den Jugendlichen, deren Eltern zugewandert sind (2. Generation), mit 30,3 Prozent fast doppelt so hoch liegt. Ist nur ein Elternteil im Ausland geboren und zugewandert (2,5.Generation), dann erreichen 35,7 Prozent der Schüler:innen mit einem entsprechenden Migrationshintergrund das Gymnasium. Der Abstand zu den Schüler:innen ohne Migrationshintergrund, von denen 43,0 Prozent am Gymnasium lernen, beträgt hier zwar immer noch 7,3 Prozent, ist aber schon wesentlich geringer als jener zwischen neu zugewanderten Schüler:innen und ihren Peers ohne Migrationshintergrund mit 26,9 Prozentpunkten.
Ebenso deutlich weichen die Lesekompetenzen der Schüler:innen mit unterschiedlichem Migrationshintergrund voneinander ab. Erreichen Jugendliche, bei denen ein Elternteil im Ausland geboren ist (2,5. Generation) mit 497 Kompetenzpunkten noch einen Wert, der recht nah am Durchschnitt ihrer nicht zugewanderten Mitschüler:innen (524 Kompetenzpunkte) liegt, sind es bei Jugendlichen, deren Elternteile beide zugewandert sind (2. Generation), mit 477 Punkten nochmals 20 Kompetenzpunkte weniger. Die niedrigsten Lesekompetenzwerte weisen erwartbar die neu zugewanderte Schüler:innen (1. Generation) auf. Mit nur 405 Kompetenzpunkten erreichen sie ganze 119 Kompetenzpunkten weniger als ihre Mitschüler:innen ohne Zuwanderungsgeschichte und immerhin noch 72 Kompetenzpunkte weniger als Schüler:innen der 2. Generation. Das hat auch mit den sprachlichen Hürden zu tun, die sie nach der Zuwanderung zu bewältigen haben. Im mathematischen Bereich fallen die Unterschiede geringer aus. Mehr Informationen dazu im Beitrag Dollmann/Kristen "