Nach wie vor zählt Deutschland zu den Ländern der OECD, in denen der Bildungserfolg von Kindern besonders stark von der Bildung und den ökonomischen Ressourcen ihrer familiären Herkunft abhängt – das zeigen internationale Vergleichsstudien wie PISA und IGLU bis heute, mehr als 20 Jahre nach dem "PISA-Schock".
Ein besonders folgenreicher Moment in der Bildungskarriere junger Menschen ist dabei der Übergang von der Grundschule in die Schulformen der Sekundarstufe (Hauptschule, Realschule, Gymnasium, Gesamtschule usw.). Hier werden zentrale Weichen für den weiteren Bildungsweg gestellt, da sich die jeweiligen Schulformen in ihren Bildungsbedingungen, ihrem Bildungsanspruch und Lehrplänen, sowie den erreichbaren Bildungsabschlüssen voneinander unterscheiden und somit unterschiedliche Möglichkeiten für den nachschulischen Bildungsweg eröffnen. Welche Schulform ein Kind nach der Grundschule besucht, wird in den meisten Bundesländer bereits nach der 4. Klasse entschieden. Das heißt im Alter von etwa 10 Jahren werden Kinder unterschiedlich anspruchsvollen Bildungswegen zugeordnet – im internationalen Vergleich zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Bildungsbiografie. In zwei Bundesländern – Berlin und Brandenburg – erfolgt der Übergang nach der 6. Klasse. Den Grundschulen bleibt in der Folge nur sehr begrenzte Zeit, allen Kindern gleichermaßen die schulischen Grundlagen zu vermitteln und dabei auch etwaige Sprach- und Lernrückstände von Kindern aus weniger privilegierten oder zugewanderten Elternhäusern auszugleichen.
Würde die soziale Herkunft der Kinder beim Übergang in die Sekundarstufe keine Rolle spielen, müsste die Verteilung der Schüler:innen auf die Schulformen für alle Elternhäuser in etwa gleich aussehen. Das ist offensichtlich nicht der Fall. Vielmehr hängt es stark vom Bildungsniveau der Eltern ab, welche Schulform ein Kind nach der Grundschulzeit besucht: Kinder von Eltern mit Hochschulreife besuchen am häufigsten ein Gymnasium (60,1 Prozent), Kinder von Eltern mit Mittlerer Reife am häufigsten eine Realschule (31,2 Prozent). Schüler:innen lernen also vergleichsweise häufig an den Schulformen, die bereits ihre Eltern besuchten.
Etwas anders stellt sich die Situation indes für die Übergänge der Kinder von Eltern mit Hauptschulabschluss beziehungsweise ohne Schulabschluss dar: Anders als noch im Jahr 2009 ist die Hauptschule in diesen beiden Herkunftsgruppen heute nicht mehr die meist gewählte Schulform, auch wenn sie weiterhin deutlich häufiger besucht wird (15,7 bzw. 19,5 Prozent) als in den anderen beiden Herkunftsgruppen (siehe auch:
Bildungschancen werden in unserem Schulsystem also nach wie vor in erheblichem Maß sozial "vererbt". Allerdings schafft – über die Zeit relativ stabil – jeweils auch ein beträchtlicher Anteil der Schüler:innen den Sprung auf eine höhere Schulform und hat somit Aussicht auf einen höheren Bildungsabschluss als ihre Eltern: Beispielsweise besuchen knapp 32 Prozent der Kinder von Eltern mit Hauptschulabschluss eine Realschule und knapp 28 Prozent der Kinder von Eltern mit Mittlerer Reife ein Gymnasium.
Mehr darüber, wie sich die Übergangsquoten der verschiedenen Herkunftsgruppen im Vergleich zu 2009 verändert haben, finden Sie hier: Infografik