Ob junge Menschen nach der Schule studieren oder in eine Berufsausbildung einmünden, hängt in Deutschland in erheblichem Maße auch vom Bildungshintergrundgrund ihrer Eltern ab. Dies gilt selbst in der Gruppe derjenigen Schüler:innen, die bereits eine Hochschulzugangsberechtigung erlangt haben und somit alle formalen Voraussetzungen für die Aufnahme eines Studiums erfüllen. Mit dem Ziel Unterschiede in der Studierneigung von Abiturient:innen unterschiedlicher Bildungsherkunft zu vermindern, wurde in Nordrhein-Westfalen mit dem sogenannten Talentscouting ein Beratungsprogramm für Schüler:innen der gymnasialen Oberstufe an Gymnasien, Gesamtschulen und Berufskollegs ins Leben gerufen, das intensive individuelle Beratungs- sowie unterschiedliche Informationsangebote beinhaltet. Eine wissenschaftliche Begleituntersuchung zeigt nun, dass solche Programme in der Tat einen Beitrag dazu leisten können, herkunftsbedingte Unterschiede in der Studierneigung von jungen Menschen mit Abitur zu vermindern. Um die Wirksamkeit des Beratungsprogramms abschätzen zu können, verglichen die Forscher:innen solche Schüler:innen, die an den Angeboten des Talentscouting-Programms teilgenommen hatten, mit Schüler:innen, die keine entsprechenden Beratungs- und Informationsangebote zu ihrem nachschulischen Bildungsweg erhielten.
Die Ergebnisse sind eindeutig: Bei den Schüler:innen, die keine Beratung erhielten, nahmen 77 Prozent der Abiturientinnen und Abiturienten aus akademischem Elternhaus ein Studium auf, während dies bei ihren Peers ohne akademischen Hintergrund trotz Abitur lediglich 56 Prozent taten – die Studienaufnahmequote unterscheidet sich also je nach Bildungshintergrund der Eltern um ganze 21 Prozentpunkte. Demgegenüber erhöhte sich in der Vergleichsgruppe derjenigen, die das Beratungsprogramm durchlaufen hatten, die Studienaufnahmequote der Kinder ohne akademischen Hintergrund auf 64 Prozent, während hier nun lediglich 70 Prozent der Kinder von akademisch gebildeten Eltern ein Studium aufnahmen.
Mit dem intensiven Beratungsprogramm konnten die herkunftsbedingten Ungleichheiten folglich um 15 Prozentpunkte auf nur noch 6 Prozent Differenz reduziert werden. Wie die Begleituntersuchung zeigt, war die soziale Angleichung der Studienaufnahmequote maßgeblich darauf zurückzuführen, dass vor allem leistungsstärkere Schüler:innen ohne akademischen Hintergrund nach ihrer Teilnahme am Programm häufiger ein Studium aufnahmen, während sich umgekehrt Schüler:innen mit niedrigeren Schulleistungen aus akademischem Elternhaus nun häufiger für eine Berufsausbildung entschieden.