Lernen durch Engagement
Servicelearning, oder auf Deutsch: Lernen durch Engagement (LdE), ist eine Lehr- und Lernform, die den Unterricht in der Schule und den Einsatz von Schülerinnen und Schülern für das Gemeinwohl außerhalb der Schule miteinander verbindet. Dabei verfolgt LdE zwei Ziele:
Zum einen sollen die Schülerinnen und Schüler ihre sozialen und demokratischen Kompetenzen erweitern und sich zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten der Zivilgesellschaft entwickeln. Dabei wird besonderer Wert darauf gelegt, die Kinder und Jugendlichen dort zu erreichen, wo sie alle in einer Institution zusammenkommen: in der Schule. So ist auch die Aussage "Demokratie beginnt in der Schule" zu verstehen.
Gleichzeitig geht es aber auch um die Qualität des Schulunterrichts: Durch die Anwendung von Wissen in der Praxis und die Verknüpfung von Bildungsinhalten mit Lebenserfahrung soll die Bedeutung der Fachinhalte für die Schülerinnen und Schüler klarer erkennbar und das Lernen in seiner Tiefe besser verankert werden.
Obgleich sich LdE vornehmlich an Schülerinnen und Schüler – und zwar aller Schulformen – richtet, kann es auch in anderen Bildungsinstitutionen stattfinden, zum Beispiel an Hochschulen. Wo LdE kompetent umgesetzt wird, da engagieren sich Lernende für das Gemeinwohl und erfahren, was es bedeutet, in einer demokratischen Gesellschaft aktiv zu handeln und die eigene Lebenswelt mitzugestalten. Lernen durch Engagement gilt daher als ein demokratiepädagogischer Ansatz. Demokratiepädagogik möchte darauf hinwirken, den Einzelnen zu einer demokratischen, von Pluralismus und Diversität geprägten Lebensführung zu befähigen und Demokratie als legitime politische Staatsordnung zu stärken.
Das Verhältnis von Demokratie und Pädagogik
Den theoretischen Hintergrund zu Servicelearning liefern progressive pädagogische Studien, zum Beispiel des Philosophen und Bildungstheoretikers John Dewey. Er beschäftigte sich bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit jenen Zusammenhängen zwischen Demokratie und Pädagogik, die heute auch für uns wichtig sind. So war Dewey überzeugt, dass Demokratie im Leben von Kindern und Jugendlichen eine große Rolle spielen müsse, wenn sich die Gesellschaft als Ganze positiv weiterentwickeln wolle. Besonders der Schule wies er dabei eine Schlüsselrolle zu, sie solle Ort demokratischer Bildung und demokratische Institution zugleich sein.
Über den Zusammenhang von Demokratie und Pädagogik wird auch heute in der Bildungspolitik lebhaft diskutiert. Ein Beispiel hierfür ist die aktuelle Debatte über die Diversität der Schülerschaft, die in Deutschland seit einigen Jahren verstärkt unter dem Stichwort "Inklusion" geführt wird. Dabei geht es im Kern darum, inwieweit man Menschen mit unterschiedlichen Lern- und Lebensvoraussetzungen im Bildungssystem zusammen unterrichtet und welche Vor- und Nachteile dies für das Lernen in der Schule und das Zusammenleben in der Gesellschaft hat. So kritisieren die Befürworter von Inklusion, dass sich die unsere demokratische Gesellschaft insgesamt prägende Heterogenität in den Schulen des gegliederten Schulsystems nicht ausreichend widerspiegelt. Zur Vorbereitung auf das Leben in einer demokratischen Gesellschaft sei daher eine Schule, die sich durch eine Externer Link: heterogene Schülerschaft auszeichne, viel besser geeignet. Die Befürworter und Gegner von Inklusion diskutieren also letztlich auch das Verhältnis von Demokratie und Pädagogik in der Schule wie bereits John Dewey lange vor ihnen.
LdE an deutschen Schulen
LdE nimmt den Grundgedanken Deweys auf, die Schule sei ein besonders wichtiger Ort zum Erwerb demokratischer Kompetenzen. Darum besteht eine Besonderheit der Methode darin, außerschulisches Engagement mit dem Schulalltag von Kindern und Jugendlichen fest zu verbinden. Während jedoch z. B. in den USA die Kooperationen zwischen Schulen und ihrem Umfeld in der Gemeinde eine lange Tradition haben – Servicelearning ist in den Lehrplänen aller US-Bundesstaaten verankert, teilweise sogar verpflichtend –, ist in Deutschland diese Öffnung der Schule hin zum Gemeinwesen relativ neu. Sie geht einher mit einer verstärkten Orientierung am Leitbild der Inklusion und ist Ausdruck eines erweiterten Bildungsverständnisses, in dem nicht mehr nur die formellen Lernprozesse eine Rolle spielen (also die Bearbeitung der in Lehrplänen festgeschriebenen Unterrichtsinhalte), sondern zunehmend auch informelle Lernprozesse, die sich im praktischen Lebensvollzug außerhalb der Schule ereignen.
Seitdem in Deutschland internationale Schulleistungsstudien wie PISA die Leistungsfähigkeit des Schulsystems infrage gestellt haben, veränderte sich auch der Blick auf die Lehrpläne: An die Stelle der sogenannten Input-Steuerung der Schule durch Lehrpläne ("Was muss gelehrt werden?") trat die Output-Orientierung ("Welche Kompetenzen sollen die Schülerinnen und Schüler am Ende eines Lernprozesses erworben haben?"). War das Lernen in der Schule zuvor stark durch Lehrpläne und die in ihnen festgeschriebenen Wissensbestände bestimmt, nimmt heute die Frage nach dem Kompetenzerwerb und den Lernergebnissen der Schülerinnen und Schüler einen deutlich größeren Stellenwert ein. Diese veränderte Sichtweise kommt LdE entgegen, da es über seine demokratiepädagogischen Ziele hinaus in besonderer Weise auf eine ganzheitliche Kompetenzentwicklung, das heißt Sach-, Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz, der Schülerinnen und Schüler ausgerichtet ist.
In den Lehrplänen der einzelnen Bundesländer wird LdE zwar unterschiedlich behandelt, vor allem im Hinblick auf die Bedeutung und den zeitlichen Umfang, der dem gemeinschaftlichen Engagement und dem Demokratielernen in der Schule eingeräumt wird. Insgesamt hat die Bedeutung des LdE aber seit Beginn der 2000er Jahre hierzulande stetig zugenommen, gefördert beispielsweise durch das Bund-Länder-Programm "Demokratie lernen und leben" von 2002 bis 2007 mit rund 200 beteiligten Schulen.
LdE in der Praxis
Doch wie genau verbindet LdE schulisches Lernen und außerschulisches Engagement? Hier ein Beispiel: Schülerinnen und Schüler setzen sich im Unterricht mit dem Thema "Migration" auseinander, befassen sich zum Beispiel in den Fächern Sozialkunde, Geschichte oder Religion mit Flüchtlingsströmen weltweit, Erklärungsmustern für Flucht und Verfolgung, mit Asylrecht und mit Begründungen für die Aufnahme von Flüchtlingen. Gleichzeitig engagieren sie sich in einem Integrationsprojekt in ihrer Umgebung und bieten Flüchtlingskindern Deutschunterricht und andere soziale Aktivitäten an. Denkbar sind viele Möglichkeiten des Engagements; wichtig dabei ist, dass die Schülerinnen und Schüler die im Unterricht gelernten Inhalte in ihr Engagement einbringen können, sodass eine Rückbindung des Engagements an den Unterricht besteht.
Infobox Beispiele für Lernen durch Engagement
Achtklässler beschäftigen sich in Biologie mit Ökosystemen und legen einen Naturlehrpfad mit Infotafeln zum lokalen Ökosystem an – denn ein brach liegendes Wiesenstück drohte zur Müllkippe zu verkommen.
Grundschulkinder üben in der Klasse das betonte Vorlesen und veranstalten Märchen-Vorlesetage in der öffentlichen Bücherei – denn Veranstaltungen für Kleinkinder sind in der Stadt weitgehend dem Rotstift zum Opfer gefallen.
Eine 6. Klasse lernt in Physik und Chemie, wie eine Batterie funktioniert, und organisiert eine Kampagne "Batterien gehören nicht in den Hausmüll" – denn beim Wandertag hatten die Schüler achtlos weggeworfene Batterien am Straßenrand entdeckt.
Ein Leistungskurs Musik beschäftigt sich mit "Musiktherapie" und musiziert regelmäßig mit den behinderten Menschen eines Wohnheims – denn die wenigstens Behinderten haben Kontakt zu Nichtbehinderten außerhalb des Wohnheims.
Quelle: Externer Link: http://www.servicelearning.de/index.php?id=13
Ausführliche Beispiele finden sich hier: Externer Link: http://www.servicelearning.de/index.php?id=17#c124
Infobox Phasen des LdE
Voraussetzung: Eine wichtige Vorbedingung ist, dass eine ausdrückliche Entscheidung der Schule vorliegt, Ansätze des Servicelearning erproben zu wollen (vgl. Sliwka 2004b). Empfohlen wird die Bildung von sogenannten Innovationsteams, d. h. Beratungsgremien, die sich aus mindestens zwei Lehrkräften (davon möglichst einem Mitglied der Schulleitung), zwei Schülerinnen oder Schülern sowie einem Elternvertreter und möglichst auch einem Vertreter einer lokalen Partnerorganisation zusammensetzen, um die Umsetzung von Servicelearning begleiten zu können.
Recherche: "Ein Service-Learning-Projekt beginnt typischerweise mit einer Phase der Recherche. Schüler erforschen ihr Umfeld und identifizieren dabei die wichtigsten Herausforderungen und Probleme ihrer Gemeinde. Sie führen Interviews mit unterschiedlichen Menschen in der Gemeinde und erstellen eine Analyse der vorhandenen Probleme und Bedürfnisse." (Sliwka 2004b: 33) Diese Phase wird als sehr wichtig für den Erfolg von Servicelearning charakterisiert, um Schülerinnen und Schülern bereits im Planungsprozess Selbstwirksamkeitserfahrungen ermöglichen zu können (vgl. BLK 2001; Sliwka 2004a).
Projektentwicklung: Daran schließt die Phase der Ideensammlung und Projektentwicklung an, in der "Teams Ideen für mögliche Lösungsansätze für eines oder mehrere [der vorab identifizierten] Probleme [entwickeln]. Dabei arbeiten sie eng mit Partnern in der Gemeinde, staatlichen und zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammen" (Sliwka 2004b: 33). In einem partizipativen Aushandlungsprozess wird dann die Entscheidung darüber gefällt, welche Projekte zuerst verwirklicht werden sollen.
Umsetzung: Je nach Altersstufe der Teilnehmenden und schulspezifischem Bezug soll Servicelearning vor allem über den Praxisbezug realisiert werden. Wichtig dabei ist, die Verbindung zum Schulunterricht herzustellen. Die Rolle der Lehrkräfte besteht darin, Verknüpfungen zwischen den praktischen Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler und dem theoretischen Schulstoff zu vermitteln sowie den Lernprozess moderierend und ermöglichend zu begleiten.
Reflexion: Bei Servicelearning hat Reflexion eine große Bedeutung, um Lernprozesse nachhaltig zu unterstützen und abzusichern. Es sollte ermöglicht werden, dass die Schüler regelmäßig Rückmeldungen über den Stand der Projektarbeit abgeben und bedarfsgerecht diskutieren können. Nach bestimmten Arbeitsabschnitten und in jedem Fall am Ende des Projektzyklus wird die Arbeit gründlich ausgewertet. Dazu zählen Selbsteinschätzung, Gruppenauswertung und die Reflexion über den Verlauf des Projekteinsatzes.
Anerkennung: Um eine Kultur der Wertschätzung von Servicelearning zu befördern, werden unter anderem schulinterne und pressewirksame Veröffentlichungen, öffentliche Würdigungen (z. B. Tage der Offenen Tür, Dankesfeiern) sowie die Zertifizierung von Engagementleistungen vorgeschlagen.
Quelle: Externer Link: http://www.ganztaegig-lernen.de/phasen-service-learning
Erfolgsbedingungen von LdE
Inzwischen gibt es eine Vielzahl von Studien aus dem US-amerikanischen, aber auch einige aus dem deutschen Raum, die sich mit den Erfolgsbedingungen von LdE befassen. Damit diese Lernform ihr volles Potenzial entfalten kann, sollten demnach die folgenden Qualitätskriterien Berücksichtigung finden:
Die Servicelearning-Projekte reagieren auf einen echten Bedarf, auf tatsächlich vorhandene Probleme oder Herausforderungen. Die Schülerinnen und Schüler übernehmen somit keine künstliche, sondern eine wirklich sinnvolle Aufgabe und erleben, wie sie durch das Engagement in ihrer Stadt oder Gemeinde einen nützlichen Beitrag für die Gesellschaft leisten. An der Planung, Vorbereitung und Umsetzung ihres Projekts sind sie maßgeblich beteiligt.
Die Projekte sind keine "zusätzliche" Aktivität außerhalb des "eigentlichen" Unterrichts, sondern ganz explizit Teil des Unterrichts und werden gezielt mit schulischen Lerninhalten verknüpft. Die Anbindung an den Fachunterricht ist auch deshalb wichtig, weil so Schülerinnen und Schüler erreicht werden, die sich außerhalb der Schule nicht freiwillig engagieren würden.
Die Projekte führen die Schülerinnen und Schüler aus der Schule hinaus in die Gemeinde an neue Lernorte. Dort erhalten sie die Möglichkeit, Situationen zu meistern, in die sie der "normale" Schulalltag nicht bringen würde, und bekommen Gelegenheit, in der Schule erlerntes Wissen in lebenswirklichen Kontexten anzuwenden. Dabei ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Schule und Partnern in der Gemeinde wichtig.
Im Rahmen von Schule und Unterricht erhalten die Schülerinnen und Schüler regelmäßig Gelegenheit, ihre Handlungs- und Lernerfahrungen zu reflektieren. Denn die explizite Reflexion ist das Bindeglied zwischen den persönlichen Erfahrungen im Engagement und dem schulischen Lernen.
Die Ergebnisse des Projekts werden präsentiert, ernsthaft bewertet und mit einem anerkennenden Abschluss (z. B. mit einem Zertifikat) gewürdigt.
Die Projektdauer entspricht mindestens dem Zeitraum eines halben Jahres.
Es besteht ein direkter Kontakt zwischen jenen Menschen, die das Projekt durchführen, und jenen, die vom Projekt profitieren.
Die Zusammenarbeit mit den außerschulischen Projektpartnern sollte kontinuierlich stattfinden.
Was bringt LdE?
Mit der Wirkung von LdE-Projekten haben sich mittlerweile zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen beschäftigt, deren Ergebnisse im Folgenden äußerst knapp zusammengefasst werden (für einen Überblick über einschlägige Studien siehe Sliwka 2008). Sie belegen positive Effekte auf die Kompetenzentwicklung der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler sowohl im sozialen als auch im fachlichen Bereich. Dabei birgt LdE gerade für Jugendliche aus bildungsfernen Familien besonderes Potenzial, da sie weniger in Gelegenheitsstrukturen freiwilligen Engagements eingebunden sind – z. B. in Sportvereinen, politischen Vereinen, Gewerkschaften oder ehrenamtlichen Initiativen –, so dass sie außerhalb der Schule weniger Chancen zur verantwortungsvollen gesellschaftlichen Teilhabe erhalten, als Kinder aus privilegierteren Elternhäusern. Schließlich gehen vom LdE aber auch Impulse für die Schulentwicklung aus, die dem Schulklima insgesamt zugutekommen.
Soziale, moralische und demokratische Kompetenzen
Für den Bereich der psycho-sozialen Kompetenzen zeigen Untersuchungen, dass die Teilnahme an LdE-Projekten das Selbstwertgefühl der Schülerinnen und Schüler erhöht (d.h. die Wertschätzung, die man der eigenen Person und den eigenen Fähigkeiten entgegenbringt), ihre Selbstwirksamkeit verstärkt (d.h. die Überzeugung, durch das eigene Handeln etwas bewirken zu können) und die Identitätsentwicklung stabilisiert (d.h. die Sicherheit über das eigene Ich). Ebenso wird die positive Identifikation mit dem eigenen Lebensumfeld gestärkt und die Kommunikationsfähigkeit mit Lehrkräften und anderen Erwachsenen verbessert. Auch moralische Kompetenzen werden gefördert: Die Schülerinnen und Schüler handeln verantwortungsbewusster, sind sensibel für ethisch-moralische Fragen und reflektieren das eigene Handeln gründlicher. Ferner werden im engeren demokratiepädagogischen Sinne demokratische Kompetenzen kultiviert. So wird der Umgang mit Menschen anderer Herkunft toleranter, gesellschaftliche Vielfalt wird positiver eingeschätzt und die Sensibilität für Probleme auf Gemeinde-Ebene gesteigert. Auch zeigt sich, dass die Teilnahme an LdE-Projekten nachhaltig dazu beiträgt, dass sich die Kinder und Jugendlichen häufiger an gesellschaftspolitischen Aktivitäten beteiligen, verstärkt über soziale Zusammenhänge nachdenken und ihre politische Identität festigen. Schließlich werden Vorurteile gegenüber anderen sozialen und ethnischen Gruppen durch LdE abgebaut.
Schulische Leistung
Neben diesen "sozialen Effekten" des LdE offenbaren Studien aber auch positive Einflüsse auf die schulische Leistung und Lernmotivation der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler. So werden die individuellen Leistungen bei standardisierten Tests zum Mathematik-, Sprach- und Leseverständnis im Laufe der Zeit besser, wenn LdE-Projekte mit diesen Fächern verknüpft sind. Darüber hinaus gibt es Hinweise darauf, dass Schülerinnen und Schüler dem Unterricht seltener fernbleiben und engagierter an diesem teilnehmen.
Schulentwicklung
Schließlich können LdE-Projekte auch dazu beitragen, das soziale Klima an der Schule zu verbessern. Denn Lehrkräfte, die in sie eingebunden sind, sind zufriedener mit ihrer Arbeit, haben mehr Freude am Unterrichten und werden sensibler für die jeweiligen schulischen, persönlichen und sozialen Bedürfnisse ihrer Schülerinnen und Schüler. Bei der Vorbereitung und Durchführung eines LdE-Projekts müssen auch wegen des fachübergreifenden Charakters vieler Projekte neue Kommunikationswege aufgebaut oder bereits bestehende verbessert werden. Im Zuge dessen entstehen verstärkt Gelegenheiten zum Austausch; die Kooperation zwischen Lehrkräften nimmt zu. Dies wiederum kann auch in anderen Feldern der Schulentwicklung stimulierend wirken.
Herausforderungen für LdE in Deutschland
Grundsätzlich haben sich die Bedingungen für LdE im deutschen Schulsystem in den vergangenen Jahren sehr positiv entwickelt, auch weil viele der staatlich eingeführten Reformen dem Ansatz von LdE entgegenkommen. Zu diesen förderlichen Veränderungen zählt neben der oben angesprochenen Kompetenzorientierung vor allem auch die Möglichkeit und Initiative vieler Schulen, sich ein eigenes pädagogisches Profil zu erarbeiten und LdE dabei fest in der Schule zu verankern. Des Weiteren hat der vermehrte Ganztagsschulbetrieb den Effekt, dass für LdE-Projekte neue Lernzeiträume erschlossen werden können. Allgemein kann festgehalten werden, dass eine Veränderung der Schule weg von einer vor allem fachlichen "Belehrungsanstalt" und hin zu einem Ort, an dem auch das soziale, politische und ethische Lernen einen festen Platz hat, LdE beflügeln und von LdE beflügelt werden kann. Dazu ist es allerdings notwendig, eine ganzheitliche Sicht auf die Schülerschaft und die Schule zu entwickeln sowie die Interessen und Aktivitäten von staatlichen und nicht staatlichen Akteuren zu bündeln. Zu diesen Akteuren zählen z. B. Bildungspolitiker, Bildungswissenschaftler, Schulleitungen und private Stiftungen – sie alle haben unterschiedliche Interessen an der Förderung gesellschaftlicher Teilhabe in der Schule.
In der einzelnen Schule kommt insbesondere der Schulleitung eine wichtige Rolle zu, denn ohne ihre Unterstützung bleiben einzelne LdE-Projekte oft nur wenig nachhaltige Innovationen, da sie nicht dauerhaft in die Kultur der einzelnen Schule eingebunden werden können. Entsprechend wichtig ist es, dass sich Lehrkräfte, die LdE-Projekte durchführen, der Unterstützung durch die Schulleitung und weiterer Interessengruppen, z. B. der Eltern, versichern. Dabei hat sich auch gezeigt, dass die Vernetzung innerhalb des Kollegiums ein wichtiger Schritt sein kann, um dauerhaften Erfolg von LdE zu gewährleisten.
Zur Vernetzung über die einzelne Schule hinaus können Netzwerke und Tagungen dienen. Eine zentrale Anlaufstelle in diesem Zusammenhang sind die regionalen Serviceagenturen "Ganztägig lernen", die unter Externer Link: http://www.ganztaegig-lernen.de/die-serviceagenturen-ganztaegig-lernen-die-unterstuetzer-vor-ort-0 zu erreichen sind. Mittlerweile gibt es außerdem ein deutschlandweites Netzwerk von Schulen, die LdE-Projekte durchführen. Diese sind im "Netzwerk Servicelearning" zu finden. Auf der Internetseite des Netzwerks Externer Link: www.service-learning.de erhält man einen Eindruck von den vielfältigen Möglichkeiten des LdE sowie Informationen zu Austausch, Tagungen und Fortbildungen. Ebenso sind zahlreiche Publikationen erschienen, die bei der Durchführung von LdE-Projekten dienlich sein können, exemplarisch sei hier das "Praxisbuch Service-Learning" genannt.
Die Erfahrungen der letzten 15 Jahre zeigen, dass die Startphase des LdE in Deutschland sehr positiv verlaufen ist. Nun kommt es darauf an, den Übergang von einzelnen Innovationen zu einer dauerhaften Struktur in den Schulen zu bewältigen. Hierfür ist es insbesondere notwendig, dass auch mit Rückschlägen und Frustration umgegangen werden kann, wenn zum Beispiel Schülerinnen und Schüler kein Engagement finden, demotiviert sind oder Kritik aus dem Umfeld der Schule auftaucht. Wenn es gelingt, diese Probleme zu lösen, wird dies mit tollen Lernergebnissen für die Schülerinnen und Schüler sowie mit einem höheren professionellen Niveau der durchführenden Lehrenden honoriert.