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Individuelle Förderung: Ideen, Hintergründe und Fallstricke | Bildung | bpb.de

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Wie Bewegung den Lernprozess unterstützt Berufliche Bildung Berufsbildungsgesetz Berufsbildungsgesetz Zeitleiste: Berufsbildungsgesetz Duale & schulische Berufsausbildung Datenreport: Duale Ausbildung Duale Berufsausbildung Schulische Ausbildung Qualität dualer Ausbildung Dual und schulisch im Vergleich Bildungs-Schisma Ausbildungschancen Übergangsbereich Forschung Übergangsbereich Teilhabe durch Ausbildung Ausbildungschancen von Hauptschülern Interview: Geflüchtete Ausbildungsreife Berufswahl Interview: Berufsorientierung Berufswahl und Geschlecht Podcast: Berufswahl Grafiken zur Beruflichen Bildung Interaktive Grafik: Ausbildung, Übergangsbereich oder Studium? Interaktive Grafik: Bildungswege nach der Schule Infografik: Schulabschlüsse von Berufsanfänger/innern Infografik: Anteil der 25-34-Jährigen ohne Berufsabschluss Grafik: Berufsbildung für Jugendliche mit max. mittlerem Abschluss Grafik: Übergangsbereich oder Berufsausbildung? 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Infografik: Das monatliche Budget von Studierenden Infografiken: Welcher Anteil der jungen Erwachsenen je Bundesland erlangte das (Fach-)Abitur? (1995-2008) Infografik: Wachsender Studentenberg – Entwicklung der Studierendenzahlen in Deutschland Interaktive Grafik: Beliebte Studienfächer Geschichte des Bildungssystems Bildungsgeschichte im Überblick Überblick Geschichte des Bildungssystems Strategien für Chancengleichheit Entwicklung der Bildungsbereiche Frühkindliche Bildung Zeitleiste der frühkindlichen Bildung Schulgeschichte bis 1945 Schulgeschichte nach 1945 Abitur im Wandel Kampf um die Schulstruktur Demokratisierung der Schulkultur Strategien für Chancengleichheit Lebenslanges Lernen Bildungsexpansion Folgen der Bildungsexpansion Bildung, Erziehung und Lernen Helene Lange Bildung in der DDR Wie der sozialistische Staat die Bildungseinrichtungen prägte Von der Krippe bis zur Hochschule – das Bildungssystem der DDR Schulsystem der DDR Literatur Zahlen und Infografiken Grafiken: Soziale Rahmenbedingungen Infografik: Bevölkerungsstruktur in Deutschland Infografik: Wie veränderten sich die Geburtenzahlen in den Bundesländern? (1990-2012) Infografik: Arbeitnehmer im Inland nach Wirtschaftssektoren (1950-2012) Grafiken: Frühkindliche Bildung Infografik: Kita-Besuch Kinder unter 3 Jahre Kita-Besuch Kinder > 3 Jahre Bildungsbeteiligung Kinder < 3 Jahre Infografik: Betreuungsbedarf nach Bundesländern Infografik: Bildungsbeteiligung Kinder > 3 Jahre Infografik: Kitanutzung Infografik: Bildungsbeteiligung Kinder < 3 Jahre Migrationshintergrund Infografik: Kitabetreuung OECD-Länder Infografik: Betreuungsverhältnisse in der Krippe Infografik: Personalschlüssel Kita Infografik: Ausgaben OECD Infografik: Betreuungskosten OECD Grafiken: Schule Infografik: Schulabschlüsse in Deutschland Inwieweit glauben junge Menschen an gleiche Bildungschancen? Gute Bildung – wovon hängt sie ab? Das denken junge Leute Infografik: PISA 2022: Mathe-Kompetenzen sinken Grafiken: Berufsbildung Interaktive Grafik: Ausbildung, Übergangsbereich oder Studium? Infografik: Schulabschlüsse von Berufsanfänger/innern Infografik: Anteil der 25-34-Jährigen ohne Berufsabschluss Grafik: Berufsbildung für Jugendliche mit max. mittlerem Abschluss Grafik: Übergangsbereich oder Berufsausbildung? Infografik: Bildungschancen verschiedener sozialer Klassen Infografik: Wie unterscheidet sich die Ausbildungsteilhabe zwischen jungen Menschen deutscher und nicht-deutscher Herkunft? Infografik: Wie hat sich die Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt entwickelt? Grafiken: Hochschule Infografiken: Welcher Anteil der jungen Erwachsenen je Bundesland erlangte das (Fach-)Abitur? (1995-2008) Infografik: Wachsender Studentenberg – Entwicklung der Studierendenzahlen in Deutschland Interaktive Grafik: Beliebte Studienfächer Infografik: Wie sicher war die Entscheidung für ein Studium? Interaktive Grafik: Nutzen eines Hochschulstudiums Interaktive Grafik: Entscheidung für das Studienfach Interaktive Grafik: Was haben Studierende aus ihrem bisherigen Studium mitgenommen? Infografik: Wie das Elternhaus den Bildungsweg prägt Infografik: Das monatliche Budget von Studierenden Grafiken: Private Bildung Infografik: Wie verbreitet sind Privatschulen und wer betreibt sie? Infografik: Bildungseinrichtungen in privater Trägerschaft Infografik: Entwicklung öffentlicher und privater Bildungsangebote Infografik: Anzahl der Privatschulen in Deutschland, 1992-2012 Infografik: Anzahl der Privatschulen in Deutschland nach Schularten, 1992 - 2012 Infografik: Anteil der Privatschülerinnen und -schüler an der Schülerschaft in Deutschland, 1992-2012 Infografik: Wer nimmt Nachhilfeunterricht in Anspruch? Infografik: Wieviel wird jährlich für Nachhilfe je Schüler:in ausgegeben? Grafiken: Bildungsungleichheit Karte: Klassenwiederholer:innen an allgemeinbildenden Schulen Infografik: Herkunft gleich Zukunft? Infografik: Soziale Herkunft & die Chance auf ein Studium Infografik: Wie gut können Neuntklässler:innen Mathe? Infografik: Wie gut können Grundschüler:innen Mathe? Infografik: Wie gut können Grundschüler:innen Lesen? Infografik: Wie gut können Schüler:innen am Gymnasium Mathe? Welche Reformen für Kita und Schule befürworten Erwachsene? Sonderpädagogische Förderung in Deutschland Infografik: PISA 2018: Hohe Schulleistungen und Chancengleichheit kein Zielkonflikt Infografik: Welcher Anteil aller Schüler:innen lernt an einer Förderschule? Armut und Grundschulen Infografik: Förderung durch Eltern Infografik: Leistungsniveau und Chancengleichheit Grafiken: Erträge von Bildung Infografik: Bildungsleistungen und langfristiges Wirtschaftswachstum (1960-2000) Infografik: Entwicklung der Arbeitslosenquote je nach Bildungsstand (1975-2011) Infografik: Erwerbsstatus von Erwachsenen mit geringen Lese- und Schreibfähigkeiten (2010) Infografik: Durchschnittliches Brutto-Einkommen von Frauen und Männern je nach Bildungsabschluss (2010) Infografik: Politisches Interesse je nach Schulabschluss (2010) Infografik: Wie beeinflussten Alter und Bildungsabschluss die Teilnahme an der Bundestagswahl 2009? Infografik: Welchen Einfluss hat der Schulabschluss auf die Teilnahme an politischen Aktivitäten? (2008) Infografik: Wie beeinflusst der Schulabschluss die Mitgliedschaft in Vereinen und Organisationen? (2010) Interaktive Grafik: Schützt Bildung vor Arbeitslosigkeit? Interaktive Grafik: Arbeitslosigkeitrisiko Infografik: Bevölkerungsstruktur in Deutschland Infografik: Wie veränderten sich die Geburtenzahlen in den Bundesländern? (1990-2012) Infografik: Arbeitnehmer im Inland nach Wirtschaftssektoren (1950-2012) Glossar Redaktion Digitalisierung und Bildung Stimmt's?

Individuelle Förderung: Ideen, Hintergründe und Fallstricke

Beate Wischer Matthias Trautmann

/ 6 Minuten zu lesen

Lernende unterscheiden sich in ihren Voraussetzungen und Bedürfnissen. Daher scheint es folgerichtig, Lernprozesse individuell zu gestalten. Pädagogen und Bildungspolitiker fordern sie schon länger, die "Individuelle Förderung", und auch Schulen werben vermehrt mit ihr. Aber was ist das genau? Und warum lässt sie sich so schwer umsetzen?

So geht's leichter: Dieser Lehrer hilft einem Zweitklässler im Rechenunterricht. (© picture alliance/ dpa)

Vorläufer und Entwicklung der zentralen Idee

Dass Schule den einzelnen Schüler bei seiner Entwicklung unterstützen, also individuell fördern soll, ist keine neue Idee. Entsprechende Forderungen gehören zur Geschichte der modernen Schule und sind spätestens seit der Reformpädagogik, als einer vom Kind aus gedachten Pädagogik, Richtschnur für viele Schul- und Unterrichtsreformer: Die Schule soll sich dem Kind anpassen, und nicht umgekehrt. Mit derart griffigen Formulierungen wird seit jeher ein auf Gleichschritt zielender Unterricht kritisiert und stattdessen für stärker individualisierende Lehr-Lernformen geworben. Bereits in der großen Bildungsreform der 1970er Jahre tauchte der Begriff Individuelle Förderung auf – und zwar als Leitidee für die Gestaltung des gesamten Bildungssystems. So ist schon im Strukturplan des Deutschen Bildungsrats von einem "auf individuelle Förderung angelegten Bildungssystem" (Deutscher Bildungsrat 1970: 27) die Rede, verbunden mit der Forderung, "jeden Lernenden entsprechend seinen Fähigkeiten und Interessen bestmöglich [zu] fördern" (Deutscher Bildungsrat 1970: 36).

Allerdings blieb diese Forderung weitgehend unerfüllt, wie die aktuelle, nun sehr breit geführte Debatte zeigt, die durch die Ergebnisse der ersten PISA-Studie angestoßen wurde. 2001 benennt das von Bund und Ländern getragene Forum Bildung ganz konkret Individuelle Förderung als eine ihrer zwölf Externer Link: Abschlussempfehlungen und zwar mit einer doppelten Zielsetzung: "Individuelle Förderung ist gleichermaßen Voraussetzung für das Vermeiden und den rechtzeitigen Abbau von Benachteiligungen wie für das Finden und Fördern von Begabungen" (Forum Bildung 2001: 7). Zwar bleibt auch hier weitgehend offen, wie Individuelle Förderung in der Praxis konkret aussehen soll und kann. Im Vergleich zu den vorangegangenen Entwicklungen lassen sich die Neuerungen in den aktuellen Reformbestrebungen aber vereinfacht so charakterisieren:

  • Während in den 1970er Jahren das Augenmerk insbesondere auf die Förderung schwacher Schülerinnen und Schüler gelegt wurde, um der damals festgestellten (sozialen) Ungleichheit der Bildungschancen zu begegnen, wird in der aktuellen Debatte stärker auch auf Begabtenförderung beziehungsweise auf die Notwendigkeit der Förderung aller Schülerinnen und Schüler verwiesen.

  • Anders als in den 1970er Jahren setzen die Überlegungen heute weder vorrangig bei der Schulstruktur an (also etwa bei der Frage, ob die Schülerverteilung auf verschiedene Schulformen günstig ist), noch wird allein die Unterrichtsebene oder gar die Arbeit der einzelnen Lehrkraft in den Blick genommen. Die Aufmerksamkeit richtet sich vielmehr auf die Einzelschule: Da Individuelle Förderung im Unterricht und vom einzelnen Lehrer allein kaum leistbar ist und es auch auf die richtigen Rahmenbedingungen vor Ort ankommt, soll Individuelle Förderung nun als eine Leitidee in die systematische und zielgerichtete Entwicklung der Schule als Ganzes aufgenommen werden.

  • Ausdrücklich(er) angemahnt werden derartige Veränderungen zudem heute nicht mehr allein durch eine engagierte Schulpädagogik, die für Schulen und Lehrkräfte vielfältige Empfehlungen und Konzepte für Individuelle Förderung bereithält. In den meisten Bundesländern gibt es mittlerweile Gesetze und Erlasse, die Individuelle Förderung als ein Recht für Schülerinnen und Schüler sowie als einen Auftrag an Schulen verbindlich festschreiben, und es gibt auch Möglichkeiten – z.B. im Rahmen von Schul-Inspektionsverfahren – die Umsetzung zu überprüfen: Hat die Schule ein Förderkonzept entwickelt? Wird Unterricht an den unterschiedlichen Bedürfnissen der Lernenden ausgerichtet?

Argumente für Individuelle Förderung

Dass jede Schülerin und jeder Schüler möglichst individuell zu fördern sei, ist eine Forderung, der man kaum widersprechen kann: Da die Lernausgangslagen immer unterschiedlich sind, sollte folgerichtig auch versucht werden, jedem Einzelnen in seinen Bedürfnissen gerecht zu werden und für seine optimale Entwicklung zu sorgen. Unterstützung gibt es dafür auch z.B. aus der neueren Lerntheorie und der empirischen Unterrichts- und Bildungsforschung:

  • So beschreiben konstruktivistische und neurobiologisch basierte Theorien Lernen als einen aktiven, von den individuellen Vorerfahrungen geprägten Prozess. Danach erscheinen am "imaginären Durchschnittsschüler" ausgerichtete Lehr-Lern-Prozesse, ein Lernen im Gleichschritt, als wenig aussichtsreich.

  • Dazu passen Ergebnisse der Lehr-Lern-Forschung, die schon seit Jahrzehnten auf die Notwendigkeit einer "adaptiven" Unterrichtsgestaltung verweisen, bei der die unterschiedlichen Lernausgangslagen der Lernenden beachtet werden.

  • Schließlich deuteten die Befunde der internationalen Leistungsvergleichsstudien darauf hin, dass Schülerheterogenität speziell im deutschen Schulsystem nur unzureichend berücksichtigt wird. Neu entfacht wurde damit auch die Debatte um die Chancengleichheit und die Leistungsfähigkeit des deutschen Schulsystems: Viele Schülerinnen und Schüler könnten ihr Potenzial sowie ihre Chancen und Begabungen nicht ausreichend entfalten und nutzen, was eine gezieltere, individuell abgestimmte Förderung notwendig mache.

Widersprüche und Probleme auf Konzeptebene

Offensichtlich gibt es also gute Gründe für Individuelle Förderung sowie zahlreiche Konzepte und Interner Link: Ideen für deren Umsetzung. Dennoch ist Individuelle Förderung in der Schule alles andere als einfach zu realisieren: Das Spektrum an konkreten Maßnahmen ist kaum noch überschaubar (von Freiarbeit über Sprachförderung bis hin zu AG-Angeboten am Nachmittag) und lässt die einzelnen Methoden mitunter geradezu beliebig erscheinen. Vor allem jedoch sind einige grundsätzliche Fragen aufzuwerfen, die in den programmatischen Forderungen oft übersehen werden.

Schule im Spannungsfeld von Normierung und Individualisierung

Schulisches Lernen wird – anders als im Hauslehrermodell früherer Zeiten – institutionell organisiert, und zwar für große Schülerzahlen: Lernen findet im Regelfall nicht als Einzelunterricht, sondern in Gruppen statt; es sind große Schülerströme zu kanalisieren, Schullaufbahnen zu strukturieren, Übergänge und die Zugehörigkeit zu Klassen und Kursen verbindlich zu regeln, was Strategien für Vereinheitlichungen voraussetzt beziehungsweise nahelegt. Zugespitzt formuliert ist demnach "Einzelfallbehandlung", im Sinne einer Berücksichtigung von individuellen Bedürfnissen und Interessen, in der Schule weder vorgesehen noch in letzter Konsequenz möglich. Die vielen Einzelnen angemessen zu fördern stellt die Lehrkräfte zumindest vor erhebliche Herausforderungen: Inwieweit können sie ihre Aufmerksamkeit tatsächlich auf die jeweils individuellen Schülerbedürfnisse richten? Denn im Unterschied zum Arzt, der seine Patienten nacheinander diagnostizieren und behandeln kann, müssen sich Lehrkräfte um sehr viele Schüler gleichzeitig kümmern.

Das Spannungsfeld von Fördern und Auslesen

Moderne Bildungssysteme erfüllen nicht nur pädagogische Aufgaben, sondern haben gleichzeitig auch gesellschaftliche Funktionen, die zur Barriere für Individuelle Förderung werden können. So wird mit Fördern nur ein schulischer Auftrag aufgegriffen, dem aber zum Beispiel die gesellschaftliche Verteilungsfunktion (die sogenannte Allokations- und Selektionsfunktion) der Schule gegenübersteht: Über standardisierte Prüfungsergebnisse und (ungleichwertige) Abschlüsse wird in modernen Gesellschaften nämlich die Voraussetzung dafür geschaffen, die nachwachsende Generation auf die vorhandenen beruflichen (und damit auch sozialen) Positionen verteilen zu können.

Das aus dieser Funktion resultierende Spannungsfeld von Fördern und Auslesen wirkt direkt in den Unterricht hinein. So ist mit Akzeptanzproblemen zu rechnen, wenn Schülerinnen und Schüler zwar unterschiedliche Aufgaben bekommen, die Ergebnisse aber am Ende nach einem einheitlichen Maßstab zu bewerten sind. Zudem entstehen Zielkonflikte, wenn "individuelle" Förderangebote eingerichtet werden. Denn für den Übergang in eine andere Schulform oder für den Schulabschluss sind die Gegenstände schulischen Lernens eben nicht gleichwertig, sondern sie besitzen einen unterschiedlichen Tauschwert: Die Teilnahme an einem englischsprachigen Geschichtsunterricht oder der Erwerb einer dritten Fremdsprache eröffnen in der Regel andere Chancen als eine Förderung im technisch-handwerklichen Bereich! Daher ist immer die Frage im Blick zu behalten, welche weiteren Anschlussmöglichkeiten sich durch die einzelnen Angebote eröffnen und verschließen: Alle Fördermaßnahmen, besonders wenn sie auf eine Spezialisierung zielen, stehen in einem Konflikt mit Ansprüchen der Durchlässigkeit von Bildungsgängen.

Individuelle und gruppenbezogene Förderziele

Individuelle Förderung rückt schon begrifflich den einzelnen Schüler als Bezugspunkt in den Vordergrund. Als primäres Förderziel stellt sich schnell die Idee einer optimalen Entfaltung des Einzelnen ein. Das liest sich zwar gut und gehört auch allgemein zur pädagogischen Rhetorik. Ausgeblendet wird aber, dass ein solches, auf den einzelnen Lernenden bezogenes Anliegen mit Zielen in Konflikt geraten kann, die die Unterschiede zwischen den Schülern einer Lerngruppe betreffen. Dem Prinzip der optimalen Förderung jedes Einzelnen unabhängig von seinem Leistungsstand stehen so etwa konkret Forderungen nach einer ausgleichenden Förderung der Schwächeren gegenüber, was wiederum zu Zielkonflikten führt: Will man jeden Schüler optimal fördern, nimmt man in Kauf, dass die (auch herkunftsbedingten) Leistungsunterschiede erhalten oder sogar vergrößert werden. Zudem hätten vom Elternhaus her bevorteilte Schüler den gleichen Anspruch auf Förderung wie Benachteiligte, was nicht unbedingt gerecht erscheint. Vielmehr könnte man argumentieren, dass die verfügbaren Ressourcen ungleich eingesetzt werden müssen, dass also benachteiligte Schüler mehr Förderung erhalten.

Individuelle Förderung ist also leichter zu fordern als praktisch umzusetzen. Hinter dieser Leitidee verbergen sich Widersprüche und Grundsatzfragen, die man kritisch im Blick behalten sollte, wenn Individuelle Förderung als Allheilmittel angepriesen wird.

Quellen / Literatur

Deutscher Bildungsrat (Hrsg.) (1970): Strukturplan für das Bildungswesen. Stuttgart

Forum Bildung (2001): Empfehlungen des Forum Bildung. Bonn: Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung.

Trautmann, M./Wischer, B. (2011): Heterogenität in der Schule. Eine kritische Einführung. Wiesbaden.

Fussnoten

Fußnoten

  1. vgl. ausf. Trautmann/Wischer 2011

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Weitere Inhalte

Prof. Dr. Beate Wischer, geb. 1969, ist Professorin für Schulpädagogik mit dem Schwerpunkt Schultheorie und Schulforschung an der Universität Osnabrück. Die Schwerpunkte ihrer Arbeit liegen im Bereich Heterogenität, Lehrerprofessionalität und Schultheorie.

In jüngster Zeit erschien von dem Autor und der Autorin: Trautmann, M./Wischer, B. (2011): Heterogenität in der Schule. Eine kritische Einführung. Wiesbaden.

Prof. Dr. Matthias Trautmann, geb. 1968, ist Inhaber einer Professur für Schulpädagogik und Allgemeine Didaktik mit dem Schwerpunkt Sekundarstufe I an der Universität Siegen. Die Schwerpunkte seiner Arbeit liegen im Bereich Heterogenität und Innere Differenzierung.

In jüngster Zeit erschien von dem Autor und der Autorin: Trautmann, M./Wischer, B. (2011): Heterogenität in der Schule. Eine kritische Einführung. Wiesbaden.