Die politischen Parteien prägen die öffentliche Meinung durch ihre programmatischen Aussagen und Wahlprogramme entscheidend mit. Die Parteien sind eng mit den staatlich-administrativen Institutionen verzahnt und damit direkt in den staatlichen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess eingebunden. Dies geschieht durch die Abgeordneten in den Parlamenten, die Fraktionen, die von ihnen gestellten Amtsträger in den Regierungen sowie durch die Spitzenbeamten in den Ministerialverwaltungen. Insbesondere stellen die Parteien in den Ländern die Kultusminister, im Bund den Bildungsminister sowie die Regierungsvertreter im Bundesrat und sie besetzen Gremien, die die Bildungspolitik zwischen Bund und Ländern koordinieren.
Die bildungspolitischen Positionen der Parteien
Die bildungspolitischen Positionen der Parteien haben sich heute in vielen Punkten angenähert. So stimmen alle Parteien beispielsweise darin überein
die vorschulische Bildung aufzuwerten,
soziale Herkunft und Bildungschancen voneinander zu entkoppeln,
die Zahl der Schulabbrecher deutlich zu reduzieren,
das Prinzip des lebenslangen Lernens anzuerkennen und
schulische Ganztagsangebote auszubauen.
Alle Parteien sind sich zudem einig, auf ein gleichermaßen qualitativ anspruchsvolles und leistungsstarkes wie auch sozial gerechtes und durchlässiges Bildungssystem hinzuarbeiten. Allerdings bestehen zwischen dem linken und dem konservativ-liberalen politischen Spektrum tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten in der Frage der optimalen Schulstruktur: Ist ein leistungsstarkes und sozial gerechtes Schulsystem eher durch ein gegliedertes oder eher durch ein integratives Schulwesen zu erreichen? Im Hochschulbereich wiederum ist insbesondere die Einführung von allgemeinen Studiengebühren zwischen den politischen Lagern strittig. Sind Studiengebühren sozial vertretbar und zumutbar? Sollen Studierende an den Kosten des Studiums beteiligt werden oder soll es weiterhin aus Steuermitteln finanziert werden? 2007 hatten zunächst sieben Länder allgemeine Studiengebühren in unterschiedlicher Höhe eingeführt, aufgrund politischer Machtverschiebungen durch Landtagswahlen wurden diese zum Wintersemester 2012/13 jedoch nur noch in zwei Ländern, nämlich in Bayern und in Niedersachsen, erhoben.
In der Auseinandersetzung über die Schulstruktur streben SPD, Bündnis 90/Die Grünen sowie die Linkspartei die schrittweise Überwindung des in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert bestehenden dreigliedrigen Schulsystems an. Sie sind der Auffassung, dass nach der zumeist nur vierjährigen Grundschule die Schülerschaft zu früh auf unterschiedliche Schulformen der Sekundarstufe (Hauptschule, Realschule, Gymnasium) verteilt werde. Dadurch komme es zu einer sozial ungerechten Auslese, die in der weiteren Schullaufbahn kaum korrigierbar sei und vor allem Kinder aus bildungsferneren Familien benachteilige. Daher setzen sich diese Parteien u.a. dafür ein, die Hauptschule abzuschaffen und ein längeres gemeinsames Lernen in einer "gemeinsamen Schule für alle" zu ermöglichen, etwa in der integrativen Gemeinschaftsschule. Diese soll langfristig flächendeckend eingeführt werden, doch werden hier je nach Land oder Partei unterschiedliche institutionelle Lösungen für die Klassen 1 bis 8, 9 oder 10 vorgeschlagen. Nach dem Modell der skandinavischen Einheitsschule sollen die Schüler hier in heterogenen Gruppen lernen, wobei Binnendifferenzierung und individuelle Förderung den Vorrang vor der Leistungsauslese haben sollen. Unsicherheiten bestehen allerdings hinsichtlich des künftigen Stellenwerts und der strukturellen Organisationsform des Gymnasiums. Soll das Gymnasium als achtjährige Schulform neben der Gemeinschaftsschule erhalten bleiben oder soll es auf eine sechsjährige Variante oder langfristig sogar auf eine gymnasiale Oberstufe verkürzt werden? Diese Frage hat enormes politisches Gewicht, denn das Gymnasium genießt bundesweit in der Elternschaft große Beliebtheit und Wertschätzung. Ohne Zweifel würde eine umfassende Strukturreform mit dem Ziel ein durchgehend integriertes Schulwesen ("Einheitsschule") einzuführen, jede Landesregierung viele Wählerstimmen kosten. Auch deshalb verfahren SPD und Bündnis 90/Die Grünen in den Ländern, in denen sie Regierungsverantwortung tragen, durchweg pragmatisch und kompromissorientiert. In keinem Land haben sie die Zukunft des Gymnasiums in Frage gestellt, vielmehr favorisieren sie zumeist ein Zwei-Säulen-Modell, wie es in den Stadtstaaten und im Saarland unter unterschiedlichen Bezeichnungen bereits eingeführt wurde. In einer integrierten Sekundarschule sind hier Hauptschule, Realschule und Gesamtschule zu einer einheitlichen weiterführenden Schulform zusammengefasst, die in einer Oberstufe zumeist nach 13 Jahren auch das Abitur ermöglicht. Die zweite Säule bilden weiterhin die Gymnasien, die jedoch nach 12 Jahren einen schnelleren Weg zum Abitur ermöglichen.
CDU/CSU und FDP dagegen sprechen sich in ihren bildungspolitischen Programmen dafür aus, ein vielfältiges und nach verschiedenen Schulformen gegliedertes Schulwesen beizubehalten. Dahinter steht die Auffassung, nur ein gegliedertes Schulwesen könne den unterschiedlichen Fähigkeiten und Neigungen der Schüler gerecht werden. Nach der vierjährigen Grundschule als gemeinsamer Basis sollen die Schüler wie bisher nach Schulleistung und Begabung auf unterschiedlich anspruchsvolle Schulformen aufgeteilt werden. Dort sollen sie in möglichst homogenen Gruppen lernen, die Schulformen jedoch untereinander durchlässig bleiben. Spätere Korrekturen der Schullaufbahn, etwa durch den Übergang von der Realschule in das Gymnasium, sollen so möglich bleiben. Diesem Konzept liegt die Überzeugung zugrunde, dass durch eine äußere Differenzierung nach Schulformen individuelle Begabungen wirksamer gefördert und auch deutlich bessere schulische Gesamtleistungen erzielt würden als in einer "Einheitsschule". Integrierte Schulformen wie die Gemeinschaftsschule werden daher abgelehnt. Besonderen Wert legen diese Parteien darauf, das Gymnasium als eine eigenständige und grundständige Schulform zu bewahren, die nach 8 oder 9 Jahren (G8 oder G9) zum Abitur führt. Lange hielten CDU und FDP auch an der Hauptschule fest, erst in jüngster Zeit sind sie in fast allen Ländern von dieser Schulform abgerückt. Darin spiegelt sich der bundesweite Ansehensverlust der Hauptschule wider, die überall durch sinkende Schülerzahlen unter Druck geraten und vor allem in den Stadtstaaten geradezu zur "Restschule" geworden ist. Ungeachtet ihrer schulpolitischen Programmatik zeigen sich CDU und FDP in der Strukturfrage daher zunehmend kompromissbereit. Über parteipolitische Grenzen hinweg wurden so in den letzten Jahren in immer mehr Bundesländern Schulkompromisse ausgehandelt. Auf diese Weise wird das Thema aus den Wahlkämpfen herausgehalten, um über einen längeren Zeitraum verlässliche Schulstrukturen zu gewährleisten. So hat z.B. die CDU in den drei Stadtstaaten und im Saarland der Festschreibung des Zwei-Säulen-Modells vertraglich zugestimmt. Auch in Nordrhein-Westfalen wurde 2011 ein Schulkompromiss gefunden: Die CDU verzichtete auf die Hauptschule, die rot-grüne Regierung auf die Gemeinschaftsschule. Gleichzeitig wurde eine neue Sekundarschule eingerichtet, die ganz unterschiedliche Organisationsformen haben kann: Hier entscheidet der Schulträger vor Ort darüber, ob bis Klasse 10 gemeinsam gelernt wird, ab Klasse 7 in einzelnen Fächern nach Leistungsniveaus differenziert wird (teilintegriert) oder aber separate Haupt-, Real- und Gymnasialbildungsgänge unter einem Dach angeboten werden (kooperativ).
Die bildungsökonomischen Positionen der Parteien
Im bildungsökonomischen Bereich unterscheiden sich die beiden politischen Lager dagegen ausdrücklich. Der Trend zu mehr Marktorientierung, Privatisierung und Wirtschaftsnähe im Bildungswesen stößt im linken politischen Spektrum auf deutliche Vorbehalte, teilweise auch auf massive Kritik. Die Unionsparteien dagegen unterstützen diesen Trend, von der FDP wird er sogar nachdrücklich propagiert. Während z.B. im linken politischen Lager aus sozialen Gründen auf längere Sicht ein gebührenfreies Lernen von der Kinderkrippe bis zur Hochschule gefordert wird, argumentieren CDU und FDP mit der These von der abnehmenden Leistungsfähigkeit des Sozialstaates: Mit dem Hinweis auf die knapper gewordenen öffentlichen Ressourcen befürworten beide Parteien deshalb auch Studiengebühren und erachten diese als sozialverträglich, insofern parallel ein Stipendien- und Darlehenswesen geschaffen werde, das soziale Härtefälle abfedere.