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Was tun bei schwerwiegenden Vergehen? Rechtliche Hinweise

/ 6 Minuten zu lesen

Demokratiekosmos Schule ist überzeugt, dass den allermeisten antidemokratischen Vorkommnissen in der Schule pädagogisch begegnet werden kann. Es kann jedoch auch Situationen geben, wo juristisches Handeln notwendig ist. In diesem Text werden wesentliche rechtliche Hintergründe erläutert, um Lehrkräften Handlungssicherheit zu geben.

(© Panthermedia / stadtratte)

Den allermeisten antidemokratischen Vorkommnissen in der Schule kann durch pädagogisches Handeln begegnet werden. Strafrechtliche Mittel sollten als letztes Mittel besonders gravierenden Grenzüberschreitungen vorbehalten sein. Um vorausschauend und kooperativ antidemokratischen Vorfällen begegnen zu können, ist eine Auseinandersetzung mit folgender Frage zentral: "Wie wollen wir an unserer Schule ein friedliches und gutes Zusammenleben in gegenseitigem Respekt realisieren?" Eine gelebte demokratische Schulkultur stärkt Schulen im Umgang mit antidemokratischen Vorkommnissen und minimiert Situationen, in denen strafrechtliches Einschreiten erforderlich wird. Die Entwicklung von Antworten auf diese Zielsetzungen kann eine demokratische Schulkultur fördern durch die

  • Stärkung der Strukturen von Partizipation und Teilhabe

  • Weiterentwicklung des Schulprofils oder des Leitbilds - mit möglichst konkreten Formulierungen zum demokratischen Miteinander

  • proaktive Erarbeitung eines pädagogischen Handlungskonzepts gegenüber antidemokratischen und diskriminierenden Handlungen

  • Profilierung der Haus- und Schulordnung zur Abwehr demokratiefeindlicher Diskreditierungen

Dabei ist zu beachten, dass in einem Leitbild oder Schulprofil normative Absichtserklärungen vorkommen können. Haus- und Schulordnungen sollten dagegen möglichst präzise und auch rechtlich relevante Bestimmungen umfassen, die durchsetzbar sind. Selbstverständlich müssen sich Schulen bei all diesen Maßnahmen auf der Grundlage der geltenden Gesetze und verbrieften Grundrechte bewegen und können keine davon abweichenden Regelungen treffen (Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes). Wichtig im Umgang mit antidemokratischen Situationen ist die Erarbeitung akzeptierter und verbindlicher Verfahrensregeln und Interventionsketten. Dabei sind folgende Fragen handlungsleitend:

  • Geht es bei den vehementen Störungen des Schulalltags um eine pädagogische Herausforderung, eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Schule oder eine Straftat? Wie ist der jeweilige Vorfall pädagogisch, psychologisch und rechtlich zu bewerten?

  • Wie sind die damit verbundenen Risiken und Folgen einzuschätzen?

  • Wer muss bei Interventionsbedarf informiert werden?

  • Welche Informationswege sind innerschulisch festzulegen und einzuhalten

  • Welche vorgesetzten Stellen sind zu unterrichten?

  • Welche Anforderungen ergeben sich aus dem Datenschutzrecht, besonders in den Fällen, in denen die Presse einbezogen ist?

  • Ist der Fall so gravierend, dass eine Anzeigepflicht gegenüber Polizei, Jugendämtern usw. besteht?

  • Welche Beratungsorganisationen können einbezogen werden? (Externer Link: Beratungsstelle finden)

Anhand dieser Leitfragen kann eine passgenaue Interventionsstrategie entwickelt werden. Ein wichtiger Bestandteil dieses Vorgehens ist die Analyse, welche Vorkommnisse schulintern geklärt werden können und wann es erforderlich ist, weitere Akteure hinzuziehen. Hierbei spielen einerseits rechtliche Dimensionen eine Rolle, andererseits der Aspekt, welche Ressourcen z.B. durch Hinzuziehung externer Beratung außerhalb der Schule produktiv für die Problemlösung erschlossen werden können.

Einbindung externer Fachkräfte

Die vertrauensvolle und kontinuierliche Zusammenarbeit der mit Kindern und Jugendlichen befassten Institutionen und Einrichtungen des lokalen/regionalen Umfelds ist eine wesentliche Voraussetzung für wirksame Präventions- und Interventionsmaßnahmen. Schulinterne Beratungsteams für Gewaltprävention und Krisenintervention können sich gemeinsam mit schulpsychologischen Beauftragten in die lokalen Einrichtungsstrukturen einbringen. Die Einbindung externer Einrichtungen sollte in Rücksprache mit der Schulaufsicht erfolgen und mit einem Beschluss der Schulkonferenz unterlegt werden. Eine Vernetzung mit folgenden Organisationen kann zum Aufbau professioneller Netzwerk-Strukturen beitragen:

  • Einrichtungen und Angebote der Jugendhilfe, z. B. Erziehungsberatung, Jugend(sozial)arbeit, Präventions- und Kinderschutznetzwerke

  • Schulaufsicht und Schulträger

  • Polizei

  • Kommunales Integrationszentrum

  • Regionales Bildungsbüro

  • Benachbarte Schulen

  • Beratungsstellen, z.B. Schulpsychologische Dienste

  • Sozialamt

Wenn möglich, sollten Vorkommnisse mit rechtlicher Relevanz dokumentiert werden, beispielsweise durch Fotos, Protokolle, Zeugenaussagen. In diesem Fall müssen, wie in allen anderen Fällen auch, die Erziehungsberechtigten frühzeitig informiert werden und es empfiehlt sich auch hier, Externer Link: Beratungsstellen umgehend einzubeziehen. Wenn der Verdacht besteht, dass eine Gewalttat, Mobbing oder Rekrutierung durch verbotene Gruppierungen vorbereitet wird, sollte die Polizei kontaktiert werden, um Gefahren abzuwehren.

Meldepflicht

In einigen Bundesländern (siehe unten) müssen antisemitische, religiös bzw. ethnisch begründete oder entsprechende politisch motivierte Vorkommnisse auf dem Dienstweg gemeldet werden. Die Voraussetzungen für die Meldung dieser Übergriffe sind in den Bundesländern nicht einheitlich. Aufgrund der föderalen Heterogenität können wir keine detaillierteren Informationen geben. Stimmen Sie sich daher im Bedarfsfall mit Verantwortlichen der Schule und Vertreterinnen oder Vertretern der Schulaufsicht ab. Eine Meldepflicht besteht in den folgenden Bundesländern:

  • Baden-Württemberg

  • Berlin

  • Brandenburg

  • Hessen

  • Nordrhein-Westfalen

  • Sachsen

  • Thüringen

Rechtslage bei eindeutigen Straftaten in der Schule

Schulen sind Einrichtungen, die an Recht und Gesetz gebunden sind (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz). Ihr Bildungsauftrag umfasst die Erziehung des jungen Menschen zur freien Selbstbestimmung in Achtung Andersdenkender, zum politischen und sozialen Handeln und zur Beteiligung an der Gestaltung der Arbeitswelt und der Gesellschaft im Sinne der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (z. B. § 4 Abs. 6 Satz 5 SchulG des Landes Schleswig-Holstein). Schulen haben eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Schülerinnen und Schülern. Dazu gehört auch der Schutz vor Straftaten durch Mitschülerinnen und Mitschüler sowie andere Personen.

Vor diesem Hintergrund müssen Schulleiterinnen und Schulleiter – ggf. nach Rücksprache mit der Schulaufsicht – stets das Stellen einer Strafanzeige bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft in Erwägung ziehen, wenn es zu antidemokratischen bzw. gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichteten Vorfällen kommt und zureichende tatsächliche Anhaltspunkte (Anfangsverdacht gemäß § 152 Abs. 2 Strafprozessordnung) für das Vorliegen von strafbaren Handlungen, welche die §§ 86, 86a und 130 des Strafgesetzbuches (StGB) verletzen, vorliegen. Hierbei handelt es sich um das Verbreiten von Propagandamitteln und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen) sowie um Volksverhetzung.

Bei Verdacht einer strafbaren Handlung hat die Schulleiterin oder der Schulleiter zu prüfen, ob pädagogische/schulpsychologische Unterstützung, erzieherische Interventionen und/oder Ordnungsmaßnahmen ausreichen oder ob wegen der Schwere der Tat oder anderer gewichtiger Umstände (zum Beispiel mehrfache Auffälligkeiten) eine Benachrichtigung der Polizei oder der Staatsanwaltschaft erforderlich ist. Die für die Schule zuständige Schulaufsicht ist vorab einzubeziehen. Eine Benachrichtigung von Polizei oder Staatsanwaltschaft ist in der Regel erforderlich bei

  • politisch motivierten Straftaten

  • erheblichen Fällen von Bedrohung oder Nötigung

  • gefährlichen Körperverletzungen

  • Cybercrime

  • Verstöße gegen das Waffengesetz

  • Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung

  • Einbruchsdiebstählen

  • Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz

  • gefährlichen Eingriffen in den Straßenverkehr

  • Sachbeschädigung

Nach einer Anzeige wird die Staatsanwaltschaft als Strafermittlungsbehörde tätig. Bei geringem Tatverdacht, bei nicht hinreichendem Nachweis einer Tat oder bei einem fehlenden öffentlichen Interesse in der Sache wird von einer weiteren Strafverfolgung abgesehen. Zudem kann das Verfahren in dem Fall mit Auflagen für den Beschuldigten versehen werden, wenn die Straftat geringfügig erscheint oder damit dem öffentlichen Interesse gedient ist. Hier bedarf es einer Zustimmung des zuständigen Gerichts (§ 153 StPO). Die Alternative hierzu ist die Eröffnung der Hauptverhandlung durch das zuständige Gericht. Diese Verhandlung endet grundsätzlich mit einer Verurteilung oder einem Freispruch, wenn das Verfahren nicht vom Gericht aus eingestellt wird. Auch kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl erteilen, dann kommt es nicht zu einem Verfahren, es sei denn, gegen diesen Strafbefehl wird Einspruch von einer der beteiligten Seiten eingelegt.

In Deutschland sind Menschen ab Vollendung des 14. Lebensjahrs strafmündig. Straftaten, die in einem jüngeren Alter stattfinden, sind allerdings für die Arbeit der Strafermittlungsbehörden (Polizei und Staatsanwaltschaft) nicht irrelevant. Diese prüfen insbesondere, ob im Einzelfall eine grobe Verletzung der Erziehungs- und Fürsorgepflicht durch die Sorgeberechtigten des Kindes gemäß § 171 StGB vorliegt oder ob die Sorgeberechtigten oder andere strafmündige Personen Strafgesetze als mittelbare Täter verletzt haben könnten, wenn nicht-strafmündige Kinder die strafbaren Handlungen begangen haben ("Von wem hat das Kind die Propagandamittel oder die Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen erhalten?").

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