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China trainiert für Olympia Das Sportsystem im Reich der Mitte

Benedikt Voigt

/ 9 Minuten zu lesen

Längst hat die kommunistische Regierung in China den Sport als Mittel entdeckt, um nach außen eigene Modernität und Leistungsfähigkeit zur Schau zu stellen. In den Sportschulen werden derzeit rund 372.000 Kinder und Jugendliche – unter teils extremen Bedingungen – ausgebildet. Ein System, das viele Nachteile aufweist.

Der chinesische Leichtathlet Liu Xiang feiert bei der Weltmeisterschaft im japanischen Osaka (2007) seinen Sieg über 110 Meter Hürden. (© AP)

Bei der Olympia-Eröffnungsfeier am Abend des 8. August werden 639 Athleten in einem auffälligen Outfit in das Nationalstadion in Peking einziehen: In gelben Hemden, roten Jacketts und weißen Hosen wird die chinesische Olympiamannschaft modisch an die Siebzigerjahre erinnern, "Rührei mit Tomaten" haben Spötter diese farbliche Kombination getauft, doch sportlich ist die größte chinesische Olympiamannschaft aller Zeiten so ernst zu nehmen wie nie zuvor.

Sie könnte bei den Olympischen Spielen im eigenen Land erstmals die USA von Platz eins im Medaillenspiegel verdrängen. Vor vier Jahren in Athen lag China mit 32 Goldmedaillen nur vier Olympiasiege hinter den Rivalen aus den USA. Diesmal trauen Experten den chinesischen Athleten über 40 Goldmedaillen zu. "Wir haben bei Olympia eine sehr ernstzunehmende Herausforderung, die härteste seit der Auflösung der Sowjetunion", sagte Steve Roush, Verantwortlicher der Abteilung "Sportliche Leistung" im Olympischen Komitee der USA, gegenüber der "South China Morning Post", "wenn man auch noch an den Heimvorteil denkt, bekommt man schlaflose Nächte." In China haben sich die Funktionäre zwar offiziell von dem Ziel verabschiedet, stärkste Nation zu werden. Kritiker vermuten dahinter Understatement und den Versuch, die Erwartung in der eigenen Bevölkerung nicht zu hoch zu schrauben. Unbestritten ist, dass sich China im letzten Jahrzehnt zu einer der erfolgreichsten Nationen bei Olympischen Spielen entwickelt hat. Das war nicht immer so.

Olympische Geschichte Chinas

Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts begann China aus einem traditionellen Sportsystem mit Sportarten wie Wushu (Kungfu), Bogenschießen oder Polo ein modernes Sportsystem zu entwickeln. Am 1. November 1922 gab die Regierung das "Gesetz zur Reformation des Schulsystems" heraus, ein Jahr später sah der offizielle Lehrplan ein bis zwei Stunden Schulsport für beide Geschlechter vor, darunter befanden sich moderne Sportarten wie Basketball, Volleyball, Tennis und Schwimmen. Der erste Chinese nahm 1932 an Olympischen Spielen teil. Der 100-Meter Läufer Liu Changchun hätte nach der japanischen Besetzung seiner Heimat Mandschurei eigentlich für die Besatzungsmacht starten sollen, entschied sich aber für China und reiste mit einer fünfköpfigen Delegation in einer Nacht- und Nebelaktion nach Los Angeles. Dort scheiterte er aufgrund der Reisestrapazen im Vorlauf als Letzter. Auch bei den Spielen in Berlin 1936, London 1948 und Helsinki 1952 blieb das Reich der Mitte ohne Medaillen. Anschließend zog sich die kommunistische Regierung Chinas von den Olympischen Spielen zurück, weil das Internationale Olympische Komitee sich weigerte, Taiwan auszuschließen.

Der Sport blieb jedoch Teil der kommunistischen Erziehung. Zum einen gab es in Schulen, am Arbeitsplatz und beim Militär Sporterziehung für die Massen, denn der Kommunismus benötigte gesunde Arbeitskräfte für Felder und Fabriken. Zum anderen installierte Mao Zedong 1956 ein Spitzensportsystem für die Volksrepublik China, das sich an der Sowjetunion orientierte – mit Sportschulen, an denen halbtags unterrichtet und in der übrigen Zeit trainiert wird. Zudem führte die kommunistische Regierung Nationalspiele ein, die bis heute alle vier Jahre stattfinden und in denen Provinzauswahlteams gegeneinander antreten. International trat der Sport vor allem im Rahmen der "Ping-Pong-Diplomatie" in Erscheinung. 1971 baute ein Aufenthalt amerikanischer Tischtennisspieler in China politische Spannungen ab und ebnete den Weg für weitere Besuche des US-Außenministers Henry Kissinger und des US-Präsidenten Richard Nixon.

Erst nach Maos Tod begann die neue chinesische Führung, sich aus der selbstgewählten internationalen Isolation im Sport zu lösen. 1979 erneuerte China seinen Sitz im Internationalen Olympischen Komitee, 1984 entsandte das Land, das ein Viertel der Menschheit repräsentiert, erstmals seit 32 Jahren wieder eine Mannschaft zu Olympischen Spielen. Dem Sportschützen Xu Haifeng gelang es, die erste Goldmedaille der chinesischen Sportgeschichte zu holen. Insgesamt gewann China in Los Angeles 15 Goldmedaillen. Seit Barcelona 1992 wuchsen die Erfolge immer weiter. Die kommunistische Regierung hat den Sport als Mittel entdeckt, um nach außen eigene Modernität und Leistungsfähigkeit zur Schau zu stellen. Und um im eigenen Land Nationalstolz zu wecken.

Dabei nutzte sie die steigende Kommerzialisierung Chinas und reformierte 1993 erstmals seit 37 Jahren wieder das nationale Sportsystem. Der Sport sollte eigenständiger werden und nicht mehr allein von staatlichen finanziellen Mitteln abhängig sein. Alle Bereiche des Sports wurden verstärkt kommerzialisiert, darunter die Ligen und Vereine. Für die Einnahmen der Sportler existiert ein offizieller Verteilungsschlüssel, der auch für Spitzensportler wie den Hürdenläufer Liu Xiang gilt: 50 Prozent erhält der Athlet, 20 Prozent der Trainer, 15 Prozent der Verband und 15 Prozent der Sportverband der Heimatprovinz. Das System der Sportschulen ist bis heute intakt geblieben.

Die Sportförderung beginnt früh in China, schon fünfjährige werden einer intensiven Auswahl unterzogen. (© AP)

Spitzensportsystem der VR China

Neben den Sportschulen gibt es weitere Gründe für Chinas wachsenden sportlichen Erfolg im Spitzensport. Im Gegensatz zu früher setzt das Land vermehrt auf ausländische Trainer. Mehr als 50 ausländische Coaches kümmerten sich bis vor kurzem um die Vorbereitung der chinesischen Sportler, einige wie der Deutsche Josef Capousek (Kanu), die Französin Elisabeth Loisel (Frauenfußball) oder der Serbe Ratomir Dujkovic (U-23-Fußball) sind auch schon wieder vorzeitig entlassen worden. Diese Experten im Vorfeld der Spiele 2008 zu holen, war nur möglich, weil dem chinesischen Sport von der Regierung so viele finanzielle Mittel wie nie zuvor zur Verfügung gestellt worden sind. US-Leistungssportchef Steve Roush schätzt, dass die chinesischen Sportfachverbände für die Olympiaathleten in den vergangenen vier Jahren bis zu 320 Millionen Euro für die Vorbereitung ausgeben konnten.

Zudem fördert China besonders den Frauensport sowie kleinere, aber medaillenträchtige Sportarten. Neben traditionellen chinesischen Sportarten wie Tischtennis, Badminton, Schießen und Wasserspringen sind dies Disziplinen, in denen bei Olympia vergleichsweise schnell Erfolge erreicht werden können: Gewichtheben der Frauen, Rudern, Boxen. Trotz der Erfolge des Olympiasiegers Liu Xiang bleiben die Leichtathletik und das Schwimmen das Manko des chinesischen Sports. Gegenwärtig werden in den Sportschulen Chinas rund 372.000 Kinder und Jugendliche ausgebildet. Sie werden ab dem Alter von sechs Jahren ausgewählt, rund zwei Prozent jedes Jahrgangs gelten als sportlich aussichtsreich. Für die Kinder beginnt eine Zeit ohne Eltern, manche sehen ihre Verwandten nur alle drei oder vier Jahre. Die Eltern werden beim Neujahrsfest von den Funktionären für ihr Opfer mit Geschenken bedacht. In den Sportschulen nimmt das Training den größten Raum ein, die angehenden Spitzensportler werden an Schwerpunktschulen in spezifischen Sportarten ausgebildet. Laut dem vom Institut für Sportwissenschaft herausgegebenen China-Journal "Sport in China" konzentriert sich die schulische Ausbildung an den Sportschulen auf Chinesisch, Mathematik und eventuell eine Fremdsprache. Die Reform von 1993 schreibt vor, dass die Lernzeit mindestens drei halbe Tage betragen solle. In der Pekinger Sportschule Shichahai – eine Vorzeigeschule, in der an jedem Mittwoch ein Besuchstag für internationale Medien stattfindet – wird laut der Leiterin an jedem Vormittag unterrichtet. Es bleibt allerdings zu bezweifeln, ob Zustände wie diese tatsächlich überall im Land herrschen.

Eines der größten Probleme bleibt die berufliche Laufbahn nach dem Ende der Sportkarriere. Das trifft vor allem jene, die erfolglos bleiben oder deren sportliche Laufbahn unplanmäßig endet. Sie müssen mit Lerndefiziten zurück an eine normale Schule gehen oder ohne Berufsausbildung eine Arbeit finden. Es kann auch passieren, dass ein erfolgreicher Sportler wie Ai Dongmei, ein ehemaliger Gewinner des Peking-Marathons, nach der Karriere Popcorn verkaufen muss. Oder eine Landesmeisterin im Gewichtheben wie Zou Chunlan, die mit Dopingspätfolgen wie einer tiefen Stimme und übermäßigen Haarwuchs kämpft, zwischenzeitlich in einem Badehaus Rücken schrubben muss. "Es gibt viele Athleten wie mich, die nie Hilfe bekommen", sagte Zou der "New York Times", "wir werden ungebildet zurückgelassen, können keine Kinder bekommen, und werden zerstört von einem System, das versprochen hat, für immer für uns zu sorgen."

Inzwischen scheint sich die Situation zu bessern. Cui Dalin, stellvertretender Direktor der Chinesischen Sportbehörde, erklärte in einem Interview mit der "New York Times", bei den Athleten künftig größeres Augenmerk auf die Karriere nach der Karriere legen zu wollen. "Wir werden sie trainieren, mehr Fähigkeiten zu erlangen, so dass sie nach dem Ende ihrer Sportkarriere in der Gesellschaft leicht einen Job finden", sagte Cui Dalin.

Eine weitere Veränderung hat sich in den letzten Jahren ergeben. Weniger Eltern sind bereit, ihr aufgrund der Ein-Kind-Politik einziges Kind dem Sport zu überlassen. Eine gute schulische Ausbildung bietet inzwischen gute Erfolgsmöglichkeiten in der Wirtschaft und hat sich im Boomland China als ein weiterer aussichtsreicher Weg zum sozialen Aufstieg erwiesen. Das sieht vor allem die Stadtbevölkerung so, weshalb der sportliche Nachwuchs vermehrt in ländlichen Gegenden rekrutiert wird.

Eine umstrittene Rolle im chinesischen Sportsystem nehmen die Sportfunktionäre ein. "Es ging ihnen nur um Gold, Gold, Gold", sagte der ehemalige chinesische Kanu-Nationaltrainer Josef Capousek, "weil das ihrer politischen Karriere förderlich ist." Tatsächlich können erfolgreiche Funktionäre im Sport auch anschließend in der Politik aufsteigen. Eine langfristige sportliche Entwicklung oder die Einzelschicksale der Sportler hätten die Funktionäre nicht interessiert, berichtet der deutsche Kanutrainer. Josef Capousek hat sogar versucht, einzelne Funktionäre aus den Trainingslagern zu weisen, weil sie viel Druck und damit eine Atmosphäre der Angst erzeugt hätten. Außerdem hätten die Funktionäre auf militärischen Drill gesetzt und seine liberaleren Methoden kritisch beäugt. Sein Nachfolger Sun Erjie hat zuvor als Trainer des Militär-Kanuteams gearbeitet.

Manche Funktionäre und Athleten setzten in der Vergangenheit auch auf unerlaubte Mittel. In den Neunzigerjahren sorgten die Langstreckenläuferinnen des Trainers Ma Junren mit Weltrekorden über 3.000 Meter, 5.000 Meter und 10.000 Meter für Aufsehen. "Schildkrötenblut" und "Traditionelle Chinesische Medizin" hätten seinen Läuferinnen Beine gemacht, sagte Ma, doch später stellte sich heraus, dass es doch nur das Dopingmittel EPO war. Trainer Ma ist inzwischen lebenslang gesperrt und soll Kampfhunde züchten. Vor den Olympischen Spielen von Sydney musste China 27 dopingverdächtige Sportler und 13 Funktionäre kurzfristig zurückziehen. China ist der größte Exporteur von Dopingmitteln, trotzdem behauptet der Chef der Anti-Doping-Kommission des Chinesischen Olympischen Komitees, dass die Ära des Dopings in seinem Land vorbei sei. "China hat das Problem in den Achtzigerjahren entdeckt, und es hat einige Zeit benötigt, die Fähigkeiten zu entwickeln, effektiv damit umzugehen", erklärte Zhao Jian. Nun ist der Kampf gegen die Betrüger sogar von höchster Stelle ausgerufen. "Anti-Doping ist eine Voraussetzung, um erfolgreich Spiele zu organisieren", sagte der chinesische Staatspräsident Hu Jintao, "als Gastgebernation ist China dazu verpflichtet, in diesem Punkt ein gutes Beispiel abzugeben."

Der chinesische Leichtathlet Liu Xiang feiert bei der Weltmeisterschaft im japanischen Osaka (2007) seinen Sieg über 110 Meter Hürden. (© AP)

Zwei ausgewählte chinesische Sportkarrieren

Der Hürdenläufer Liu Xiang, 25, und der Kanute Yang Wenjun, 24, zählen zu den 639 Athleten, die am Abend des 8. August in das Nationalstadion einlaufen. Sie werden beide ein gelbes Hemd und eine rote Jacke tragen, doch ihre Schicksale sind höchst unterschiedlich.
Der Hürdenläufer Liu Xiang zählt mit dem Basketballstar Yao Ming zu den am besten verdienenden Personen in China. Beiden ist gemeinsam, dass sie es in Sportarten zu Ruhm gebracht haben, die auch außerhalb Chinas zu den wichtigsten zählen. Durch Werbung nimmt der Leichtathlet Liu Xiang pro Jahr zirka 5 Millionen Euro ein. Er stammt aus einer einfachen Familie, sein Vater fuhr Lastwagen in einer Wasserfabrik, seine Mutter arbeitete als Kellnerin. Mit acht Jahren erkannte man sein Bewegungstalent und schickte ihn auf eine Sportschule – doch zunächst war er als Hochspringer auserwählt. Im gleichen Jahr entdeckte ihn sein Mentor Sun Haiping, der sich bei der Schule und den Eltern durchsetzte und Liu Xiang für den Hürdenlauf umschulte. Bis heute arbeiten die beiden zusammen. Immer noch wohnt Liu Xiang in einer 20 Quadratmeter großen Wohnung auf dem Campus der East China Normal Universität in Shanghai. Er studiert Rechtswissenschaften, konzentrierte sich aber in den letzten Jahren vor allem auf die Vorbereitung für die Olympischen Spiele 2008.

Zum Weitermachen gezwungen, der chinesische Kanute Yang Wenjun. (© AP)

Auch der Kanute Yang Wenjun wird an den Spielen teilnehmen – obwohl er das nach einem Bericht der "New York Times" gar nicht mehr will. Seit zehn Jahren versucht er, mit seinem Sport aufzuhören. Doch der Olympiasieger von Athen darf nicht. Die Funktionäre zwingen ihn zum Weitermachen, sie drohen, seine Rente nicht auszuzahlen, sollte er nicht bei den Spielen in Peking starten. "Ich will nicht als Athlet arbeiten, aber als Athlet habe ich hier nicht die Freiheit, meine Zukunft zu wählen", erklärte Yang Wenjun. "Als Kind habe ich nichts anderes gelernt als Sport, und was kann ich jetzt tun? Ich habe nichts anderes." Der ehemalige Kanutrainer Josef Capousek bestätigt diese Aussage. Ihn habe bei seinem Amtsantritt als chinesischer Kanunationaltrainer vor allem überrascht, dass viele gezwungen waren, ihren Sport auszuüben. "Sie müssen es, weil sie aus ärmlichen Verhältnissen stammen und nichts anderes gelernt haben."

Das Schicksal Yang Wenjuns steht exemplarisch für die Defizite des chinesischen Sportsystems. Die Vorzüge hingegen dürften bei den Olympischen Spielen 2008 zur Genüge zu sehen sein.

Quellen / Literatur

China-Journal, Sport und Gesellschaft in China, Herausgeber: Institut für Sportwissenschaft an der Universität Tübingen, Ausgaben 02-2006, 03-2006, 02-2008.

Berkshire Enzyklopädie des Weltsports, David Levinson & Karen Christensen, Herausgeber, Berkshire Publishing Group, Great Barrington Mass. USA, 2005.

The New York Times, 21. Juni 2008, "In China´s Medal Factory, Winners cannot quit".

The New York Times, 20. Juni 2008, "China Presses Injured Athletes in Quest for Gold".

USA Today, 13. Juni 2007, "China ties Olympic gold to quest for worldwide esteem".

Associated Press, 10. Juli 2008, "Forget Yao Ming, China is thinking small to take gold medal crown from US".

Fussnoten

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Benedikt Voigt, 38, ist seit 1999 Sportredakteur beim Tagesspiegel. Studium der Kommunikationswissenschaften, Amerikanistik und Politische Wissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Zwischen 1996 bis 1999 war er als freier Mitarbeiter bei der Süddeutschen Zeitung tätig. Im Sommer 2007 hielt er sich im Rahmen des Südost-Asien-Stipendiums der "Internationalen Journalisten-Programme" (IJP) in Hongkong und Peking auf. Seit März 2008 arbeitet er als Olympischer Korrespondent für den Tagesspiegel in Peking.