Xi Jinping wurde 1953 in Peking geboren. Auf dem Foto ist der fünfjährige Xi Jinping links zu sehen, neben seinem jüngeren Bruder Xi Yuanping und seinem Vater Xi Zhongxun. Xis Vater war ein "Held der kommunistischen Revolution" und wurde einer der Vizeministerpräsidenten, als Xi Jinping fünf Jahre alt war. In der Abgeschiedenheit von Pekings exklusiven Wohnvierteln für die Familien von Revolutionären der ersten Generation der Kommunistischen Partei genoss der junge Xi Jinping eine privilegierte und behütete Erziehung. In den frühen 1960er Jahren fiel Xis Vater jedoch politisch in Ungnade, verlor seinen Posten und kam während der Kulturrevolution ins Gefängnis.
Xi Jinpings China
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Unter Präsident Xi Jinping soll China "stark" werden. Wie kam es zu seinem Aufstieg? Welche Erzählungen benutzt er zur Unterstützung seiner Macht? Und wie setzt er sich in den Sozialen Medien in Szene? Eine Bilderstrecke.
Auf dem Bild spricht Xi Jinping während einer Inspektionsreise mit Einheimischen in Liangjiahe. Liangjiahe ist ein abgelegenes Dorf in der im Bürgerkrieg als Bastion der Kommunisten berühmten Provinz Shaanxi. 1969 kam Xi Jinping während der Kulturrevolution im Alter von 16 Jahren mit anderen "landverschickten Jugendlichen" nach Liangjiahe. Xi arbeitete dort sieben Jahre und lebte in einem der "Höhlenhäuser". Das sind charakteristische Behausungen, die in das umliegende Lössplateau hineingegraben wurden. Die frühe Vertreibung von Zuhause, fort von der Familie, ein politisch Ausgestoßener in einer Höhle, darum rankt sich Xis Aufstiegsmythos.
2007 wurde Xi nach Regierungs- und Parteiämtern in Shanghai und den Provinzen Fujian und Zhejiang in den Ständigen Ausschuss des Politbüros berufen. 2008 wählte der Nationale Volkskongress Xi zum Vizepräsidenten Chinas. Nachdem er Ende 2012 noch die höchsten Ämter als Generalsekretär der Kommunistischen Partei und Vorsitzender der Zentralen Militärkommission übernommen hatte, wurde Xi im März 2013 offiziell Staatspräsi¬dent der Volksrepublik China. Bis zum Erreichen der obersten Ränge der politischen Macht hinterließ Xi dabei nahezu keine Spuren. Ein einziges Mal machte er auf sich aufmerksam, als er 1987 seine Frau, die berühmte Sängerin (und Generalmajorin des Gesangs- und Tanzensembles der Volksbefreiungsarmee) Peng Liyuan, heiratete. Peng wurde 1962 in der Provinz Shandong geboren und gilt als eine der wichtigsten Sängerinnen Chinas. Das Paar hat eine Tochter, Xi Mingze, geboren 1992.
Xi Jinping hat die alte Maxime hinter sich gelassen, dass China "seine Stärke verbergen und seine Zeit abwarten" solle, wenn er Inseln im umkämpften Südchinesischen Meer ausbauen lässt oder die "Neue Seidenstraße" als Infrastrukturplan u.a. mit Hilfe multilateraler Banken vorantreibt. Auf dem Bild ist er 2015 bei einer Militärparade in Peking zu sehen, die im Zeichen des 70. Jahrestags des Endes des Zweiten Weltkriegs und der Kapitulation Japans stand. An der Militärschau waren über 12.000 Soldaten, 500 Panzer, Raketen und andere Waffensysteme und 200 Flugzeuge beteiligt. Sie war eine Repräsentation dessen, was die Militärs als Chinas modernste Technologie bezeichneten.
Als Sohn eines revolutionären Genossen Maos hat Xi Jinping sich als geschickt darin erwiesen, seine Legitimität zu untermauern, indem er sich in diese direkte Nachfolgelinie stellte. Andererseits achtet er bei Feierlichkeiten zur kommunistischen Geschichte Chinas sorgfältig darauf, die Verehrung des Vorsitzenden Mao durch gleichen Respekt für dessen Nachfolger, den Wirtschaftsreformer Deng Xiaoping, auszubalancieren. Xi sagt, dass China unter Mao "aufgestanden ist" und unter Deng "reich wurde". Nun verspricht er, unter seiner Aufsicht werde China "stark werden". Xi redet zum einen über Marxismus, zum anderen über Märkte und kommuniziert, dass für all das Einigkeit und Disziplin unter einer Einparteienherrschaft entscheidend seien.
Die Botschaft in uigurischer sowie in chinesischer Sprache auf einer großen Plakatwand im Stadtzentrum von Kashgar (Xinjiang, China) lautet: "Generalsekretär Xi Jinping ist den Volksmassen aller Nationalitäten Xinjiangs von Herzen verbunden". Sie zeigt Xi Jinping, wie er mit einer großen Gruppe von Kindern im Schulalter und ihrer Lehrerin posiert, die alle zur uigurischen Bevölkerung Xinjiangs gehören. Damit wird das Bild einer multiethnischen und dabei vereinten "chinesischen Nation" gezeichnet, das die Zwangsinternierung, das Verschwinden und die "Umerziehung" tausender Uigurinnen und Uiguren in einer der womöglich schlimmsten humanitären Krisen des 21. Jahrhunderts ausblendet.
2014 ging ein Musikvideo mit dem Titel "Die vier umfassenden Handlungen" viral. Das Video behandelt Xis Konzept "des chinesischen Traums": "in allumfassender Weise ein Land mit bescheidenem Wohlstand aufzubauen, Reformen zu vertiefen, den Staat nach den Gesetzen und die Partei streng zu regieren". Der "chinesische Traum" ist in der kulturellen und politischen Landschaft des gegenwärtigen China immer auffälliger in den Vordergrund getreten: In seinen Visualisierungen wird er verbunden mit "kluger Einparteienherrschaft" und der kulturellen Verjüngung der Nation. Dabei steht das Video mit seinen kitschigen Grafiken im Comic-Stil weniger für eine Infantilisierung der zeitgenössischen Propaganda als vielmehr für deren gezielte Neuverpackung in ein Social-Media-freundliches Format für den Massenkonsum. Diese Medien sollen Xi zweifelsohne menschlicher erscheinen lassen, indem sie Einblicke in sein persönliches Leben und seinen Charakter geben, und dazu offizielle Statistiken und Daten in einem Format präsentieren, das optisch stärker anspricht als die herkömmlichen sterilen staatlichen Verlautbarungen.
Xi wird in vielerlei Hinsicht als Musterbeispiel eines modernen Multimedia-Führers beschrieben. Während der vergangenen sechs Jahre trat er zahllose Male auf einem breiten Spektrum digitaler Plattformen in Erscheinung. 2015 startete eine von der Zentralen Parteihochschule der Kommunistischen Partei betriebene Webseite eine kostenlose App mit dem Titel Xuexi Zhongguo, direkt übersetzbar als "Studiere China", was aber auch ein Wortspiel mit Xis Nachnamen ist und in dieser Weise ebenfalls als "Studiere Xis China" verstanden werden kann. Die App bietet Intensivunterricht für Xi Jinpings vorliegende Schriften und Reden neben Funktionen wie einer Live-Karte, die seine Reisen verfolgt. Obwohl sie zu den fünf am häufigsten heruntergeladenen iPhone-Bildungs-Apps in China gehörte, dürften viele Nutzerinnen und Nutzer sie gerade auch wegen ihrer popkulturellen Elemente heruntergeladen haben – einschließlich kostenloser Filmdownloads, Social-Media-Funktionen und einem Spiel mit integriertem Bewertungssystem, in dem man zeigen kann, wie gut man im Denken Xi Jinpings ist.
Übersetzung vom Englischen ins Deutsche: Brigitte Höhenrieder
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Ros Holmes ist Dozentin für Chinawissenschaften an der Universität St. Andrews. Sie forscht zu Chinas Kunst und visueller Kultur im 20. und 21. Jahrhundert. Ihre Aufsätze und Kritiken sind im Oxford Art Journal, in The China Journal, ARTMargins und The China Quarterly erschienen.
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