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Die drei Sektoren der beruflichen Bildung – Einleitung

Kathrin Schultheis Stefan Sell Lena Becher

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Traditionell dominiert in der Mehrzahl der Länder Europas der Lernort Berufsbildende Schule das öffentlich-rechtlich standardisierte Angebot der Berufsausbildung. In Deutschland ist es die duale Berufsausbildung, eine Kombination aus betrieblichem und schulischem Lernort. Daneben entwickelte sich auch ein Schulberufssystem, in dem Berufsfachschulen eigenständig Ausbildungsgänge anbieten und durchführen. Als dritte Säule der Berufsausbildung kann das Übergangssystem genannt werden, das in den vergangenen drei Jahrzehnten an Bedeutung gewann.

Lehrwerkstadt der GLW in Siegburg. In der gemeinsamen Lehrwerkstatt von verschiedensten klein- und mittelständigen Firmen werden überbetriebliche Ausbildungsmaßnahmen in allen Metall- und Elektroberufen durchgeführt. (© picture-alliance, JOKER)

In den europäischen Staaten sind verschiedene Modelle und Strukturen der beruflichen Bildung vorhanden. Eine schulische Berufsausbildung wird insbesondere in den osteuropäischen, skandinavischen (Ausnahme Dänemark) und romanischen Staaten sowie Belgien und den Niederlanden bevorzugt. Die vollzeitschulische Berufsfachschule stellt dort die typische Vorbereitung für den Übergang in eine anschließende Facharbeiter- und Angestelltentätigkeit dar. Die angelsächsischen Länder sind hingegen durch den direkten Einstieg in ein Beschäftigungsverhältnis geprägt, um anschließend mittels "training on the job" Berufserfahrungen und Qualifikationen zu erwerben. In der Europäischen Union wird traditionell nur in Deutschland, Österreich und Dänemark das duale System praktiziert.

In Deutschland dominiert die duale Berufsausbildung. Daneben werden jedoch auch zahlreiche Berufe im Schulberufssystem ausgebildet. Für junge Menschen, die weder eine betriebliche noch eine schulische Ausbildung beginnen können, bietet das Übergangssystem eine Vielzahl von Bildungsgängen an, die jedoch nicht zu einem anerkannten Ausbildungsabschluss führen.

Im dualen System wird die Berufsausbildung an zwei Lernorten durchgeführt: Die praktischen Ausbildungsinhalte werden durch den Ausbildungsbetrieb vermittelt, die theoretischen Elemente werden in der Berufsschule erarbeitet. Die Berufsausbildung ist vertraglich zwischen dem Ausbildungsbetrieb und dem Auszubildenden geregelt. Im Ausbildungsvertrag werden u.a. Ausbildungsberuf, Ausbildungsort, Ausbildungsvergütung und die Rechte und Pflichten von Ausbildungsbetrieb und Auszubildendem schriftlich fixiert. Die Ausbildungsberufe des dualen Systems sind bundesweit einheitlich geregelt und enden mit dem Bestehen einer Abschlussprüfung, das dem Ausbildungsabsolventen die berufliche Reife für den erlernten Beruf bescheinigt.

Im Schulberufssystem dominiert der Lernort Schule. Die Auszubildenden sind nicht vertraglich an Betriebe gebunden und erlernen ihren Beruf im schulischen Kontext. Die Ausbildungspläne sehen häufig ergänzende praktische Übungen in Schullabors oder betrieblichen Praktika vor. Die Lehrpläne sind nicht bundesweit vereinheitlicht, sondern werden von den Bundesländern geregelt. Eine Besonderheit des Schulberufssystems stellen die Schulen des Sozial- und Gesundheitswesens dar. Sie sind historisch tradiert und ein Teil der zugehörigen Berufe sind bundesweit einheitlich geregelt (z.B. Gesundheits- und Krankenpfleger). Grundsätzlich erhalten die Berufsschülerinnen und -schüler keine Ausbildungsvergütung. Für an Privatschulen gelehrte Ausbildungsberufe wird durch die Schulen ein Schulgeld erhoben. Während einige Ausbildungen im Schulberufssystem analog zu den Ausbildungsberufen des dualen Systems angeboten werden, sind andere Berufe ausschließlich dual oder schulisch zu erlernen. Auch die Auszubildenden im Schulberufssystem beenden ihre Berufsausbildung mit einer Abschlussprüfung, deren Bestehen ihnen das berufliche Handlungsvermögen für den von ihnen erlernten Beruf attestiert.

Im Rahmen des Übergangssystems können Schulabsolventinnen und -absolventen, die weder im schulischen noch im dualen System einen Ausbildungsplatz gefunden haben, an einer Vielzahl von Bildungsgängen teilnehmen, um dort ihre beruflichen persönlichen Kompetenzen zu verbessern. So sollen sie im Folgejahr größere Chancen bei einer erneuten Bewerbung um einen Ausbildungsplatz haben. Die Bildungsgänge des Übergangssystems weisen jedoch bisher einen mangelhaften Grad der Standardisierung und Zertifizierung auf, sodass die dort erworbenen Kenntnisse häufig nicht oder nur in einem geringen Anteil auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt verwendet werden können.

In den folgenden Kapiteln werden für alle drei Sektoren der Berufsausbildung jeweils ein kurzer Überblick, die Darstellung ihrer historischen Entwicklung und ihre rechtlichen Rahmenbedingungen dargelegt. Für Auszubildende aller Systeme gilt: Bis zur Einmündung in eine qualifizierte berufliche Tätigkeit sind zwei Schwellen zu überwinden. Zunächst muss der Übergang zwischen allgemeinbildender Schule und Beruf gemeistert werden, nach Abschluss der Berufsausbildung ist der Übergang in eine qualifizierte Berufstätigkeit das Ziel. Wie gut dies den Auszubildenden der einzelnen Ausbildungssektoren gelingt und welche Diskurse sich um die verschiedenen Ausbildungsformen identifizieren lassen, wird jeweils zum Abschluss der drei Abschnitte erläutert.

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Fussnoten

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Kathrin Schultheis ist Sozialwissenschaftlerin und war von 2012 bis 2015 am Institut für Bildungs- und Sozialpolitik (IBUS) der Hochschule Koblenz beschäftigt. Seit August 2015 ist sie als Projektleiterin für das ESF-Bundesprogramm "Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier" am Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung tätig.

ist Professor für Volkswirtschaftslehre, Sozialpolitik und Sozialwissenschaften an der Hochschule Koblenz. E-Mail Link: sell@hs-koblenz.de

ist Politikwissenschaftlerin, seit Juni 2020 Beraterin in der Abteilung Arbeitsgestaltung und Fachkräftesicherung bei der G.I.B. mbH. Zuvor war sie von April 2017 bis Mai 2020 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sozialpolitik und Arbeitsmarktforschung der Hochschule Koblenz (ISAM) und verantwortliche Redakteurin von Externer Link: O-Ton Arbeitsmarkt.