Was sind Minijobs?
Was unter einer geringfügigen Beschäftigung zu verstehen ist, definiert § 8 SGB IV. Eine geringfügige Beschäftigung liegt demnach vor, wenn erstens das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 450 Euro nicht übersteigt, oder zweitens die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage (kurzfristige Beschäftigung) nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist. Eine Ausnahme besteht, wenn die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 450 Euro im Monat übersteigt.
Eine geringfügige Beschäftigung liegt nicht mehr vor, wenn aus mehreren geringfügigen Beschäftigungen insgesamt mehr als 450 Euro Arbeitsentgelt erzielt werden. Eine geringfügige Beschäftigung im Privathaushalt besteht, wenn diese durch einen privaten Haushalt begründet ist und die Tätigkeit sonst gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts erledigt wird. Geringfügige Beschäftigungen in Privathaushalten werden u.a. durch ermäßigte Abgaben und Steuervorteile besonders gefördert.
Für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, die seit den Hartz-Reformen auch Minijobs genannt werden, gelten sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten. Für Arbeitnehmer sind Minijobs überwiegend beitrags- und steuerfrei. In der gesetzlichen Rentenversicherung gilt seit dem 01. Januar 2013 eine Versicherungspflicht. Auf Antrag kann sich der Arbeitnehmer von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen. Wird dieser Antrag wirksam, bleibt der Arbeitnehmer komplett beitragsfrei.
Arbeitgeber im gewerblichen Bereich haben insgesamt höchstens 31,15 Prozent Abgaben. Diese setzen sich zusammen aus Pauschalbeiträgen zur Kranken- und Rentenversicherung, Umlagen für Aufwendungen bei Krankheit und bei Mutterschaft, einen individuellen Beitrag an den zuständigen Unfallversicherungsträger, einer Insolvenzgeldumlage und einer Pauschsteuer. Gewerbliche Arbeitgeber müssen monatlich per Beitragsnachweis der Minijob-Zentrale die Abgaben für alle Minijobber melden und diese bezahlen.
Für Arbeitgeber sind Minijobber im Vergleich zu regulären Normalarbeitsverhältnissen "teurer". Während in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis zusätzliche Kosten in Form der Sozialversicherungsbeiträge für die Arbeitgeber in Höhe von knapp 20 Prozent anfallen, sind es bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen über 31 Prozent. Der Flexibilitätsvorteil der geringfügigen Beschäftigung ist somit auf den ersten Blick mit höheren Kosten für die Arbeitgeber verbunden.
Die Abgaben bei Minijobs in Privathaushalten sind geringer. Hierfür zahlen Arbeitgeber seit dem 1. Juni 2019 nur maximal 14,69 Prozent des Verdienstes. Das sind je fünf Prozent zur Renten- und Krankenversicherung, 1,6 Prozent zur gesetzlichen Unfallversicherung, 1,09 Prozent Umlagen zum Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen bei Krankheit und Mutterschaft sowie gegebenenfalls zwei Prozent einheitliche Pauschalsteuer. Der Beitrag zu Krankenversicherung in Höhe von fünf Prozent ist nur zu zahlen, wenn der Minijobber in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist. Die Insolvenzgeldumlage U3 wird nicht erhoben. Bei Minijobs in Privathaushalten können Arbeitgeber auch noch Steuern sparen: 20 Prozent der Kosten, maximal 510 Euro können jährlich von der Steuer abgesetzt werden.
Alle Beiträge sowie Umlagen werden an die Minijob-Zentrale gezahlt. Beiträge zur Krankenkasse werden an den Gesundheitsfonds, Beiträge zur Rentenversicherung an den Rentenversicherungsträger und die Pauschalsteuer anteilig an Länder und Gemeinden, in denen die Steuerpflichtigen ihren Wohnsitz haben, nach den für die Verteilung des Aufkommens an der Einkommenssteuer maßgeblichen Vorschriften weitergeleitet.
Auch Rentner können neben dem Bezug einer Rente wegen Alters (vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze) oder wegen Erwerbsminderung 450 Euro abgabenfrei hinzuverdienen. Für den Bezug von sogenannten Teilrenten gelten individuelle Hinzuverdienstgrenzen. Beschäftigte Rentner nach Vollendung der Regelaltersgrenze können unbegrenzt hinzuverdienen. Eine Anrechnung auf die Rente findet nicht mehr statt.
Geringfügig Beschäftigten steht ein gesetzlicher Mindesturlaub von 24 Werktagen Urlaub im Jahr zu, der anteilig gewährt wird. Sofern für die entsprechende Branche ein Tarifvertrag existiert und dieser anwendbar ist, kann der Urlaubsanspruch auch höher sein. Wird im Betrieb allen anderen Arbeitnehmern ein zusätzliches Urlaubsgeld gezahlt, so ist dieses auch an geringfügig Beschäftigte zu zahlen. Gleiches gilt für andere Sonderzahlungen, beispielsweise Weihnachtsgeld. Grundsätzlich gilt, dass Mini- oder Midijobber wegen der geringfügigen Beschäftigung nicht schlechter behandelt werden dürfen als vergleichbare vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer (Grundsatz der Gleichbehandlung). Ausnahmen bilden sachliche Gründe wie z.B. Arbeitsleistung oder Qualifikation.
Kurze Historie der Regelungen zu geringfügiger Beschäftigung
Die Regelungen zur geringfügigen Beschäftigung wurden so häufig angepasst, dass im Folgenden nur auf einzelne besonders einschlägige Reformen eingegangen werden kann.
Maßgebliches Motiv für die Versicherungsfreiheit von Nebenbeschäftigungen oder Nebentätigkeiten bzw. von geringfügigen Beschäftigungen oder geringfügigen selbständigen Tätigkeiten war für die gesetzliche Rentenversicherung seit jeher die Vermeidung von Kleinstrentenansprüchen bzw. die Tatsache, dass derartige Tätigkeiten für die Alterssicherung ohne wesentliche Bedeutung sind.
Bereits mit der Entstehung der Sozialgesetzbücher Ende des 19. Jahrhunderts wurden diese Ausnahmen von der Versicherungspflicht eingeführt und existierten nach dem Zweiten Weltkrieg als Versicherungsfreiheit von der Kranken- und Rentenversicherung fort.
In den 1960er Jahren wurde die abgabenfreie geringfügige Beschäftigung angesichts akuten Arbeitskräftemangels attraktiver gestaltet, um Hausfrauen, Rentner, Studierende sowie Nebentätige auch stundenweise zur Erwerbsarbeit zu mobilisieren. Als Begrifflichkeit im Sozialgesetzbuch wurde die geringfügige Beschäftigung mit der Schaffung des SGB IV zum 1. Juli 1977 eingeführt. Am 1. April 1999 kam es unter der rot-grünen Bundesregierung zu einer grundlegenden Reform, die die zuvor diagnostizierte erhebliche Ausweitung dieser Beschäftigungsform eindämmen sollte. Es sollten sowohl die Verdrängung regulär sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze und die weitere Aufsplittung der Beschäftigungsverhältnisse reduziert als auch Einnahmeausfällen in der Sozialversicherung entgegengewirkt werden. Die Geringfügigkeitsgrenze wurde bundeseinheitlich auf 630 DM festgesetzt.
Durch diese Neuregelung wurde zum einen die Pauschalabgabe des Arbeitgebers in Höhe von 22 Prozent (zehn Prozent für Krankenversicherung, zwölf Prozent für Rentenversicherung) eingeführt, zum anderen wurden Nebentätigkeiten voll sozialversicherungspflichtig. Ein wichtiges Argument hierfür war, dass eine unterschiedliche Behandlung von zusätzlichen Einkünften aus einem Nebenjob gegenüber Überstunden, die im Hauptjob geleistet wurden, sachlich nicht zu rechtfertigen sei. Zudem wurde für die Arbeitnehmer die Option auf den Verzicht der Versicherungsfreiheit eingeführt, was freiwillige Einzahlungen in die Gesetzliche Rentenversicherung ermöglichte.
Die im Vorfeld dieser Reform vielfach gehegten Befürchtungen, einzelne Dienstleistungssegmente (Zeitungszustellung, Teilbereiche der Gastronomie, etc.) würden "zusammenbrechen", fanden keine Bestätigung. Insgesamt stieg die Zahl der geringfügig Beschäftigten sogar weiter an, wobei tendenziell geringfügig Nebenerwerbstätige durch ausschließlich geringfügig Beschäftigte ersetzt wurden, die Änderung insgesamt also zu einer Arbeitsmarktintegration beitrug. Zudem wurden den Sozialversicherungen durch die Reform Einnahmen zugeführt. Dem weiteren Ziel, verheirateten Frauen die Aufnahme einer Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigung zu erleichtern, kam man jedoch nicht näher.
Nachdem also die Reform aus dem Jahr 1999 versuchte, geringfügige Beschäftigung in die Sozialversicherung einzubeziehen und diese Beschäftigungsform langfristig zurückzudrängen, ging die Umgestaltung im Rahmen der „Hartz-Gesetzgebung“ zum 1.4.2003 genau den umgekehrten Weg. Ziel war es einerseits Schwarzarbeit zu reduzieren und andererseits den Arbeitsmarkt für geringfügig Beschäftigte zu flexibilisieren und so neue Arbeitsplätze in diesem Segment entstehen zu lassen. Die Vorschläge der Hartz-Kommission sahen eine Beschränkung der Minijobs auf haushaltsnahe Dienstleistungen vor, die somit bereits existierende Schwarzarbeit von Arbeitslosen in diesem Segment legalisieren sollte. Während des Gesetzgebungsverfahrens gelang es der CDU/CSU, im Vermittlungsausschuss ihre Vorstellungen zur Reform der geringfügigen Beschäftigung einzubringen. Beschlossen wurde, die Geringfügigkeitsgrenze für alle Wirtschaftsbereiche auf 400 Euro anzuheben. Die Begrenzung auf weniger als 15 Wochenstunden wurde abgeschafft, die Abgaben für geringfügige Beschäftigung neu geregelt und Midijobs (vgl. weiter unten) als Gleitzone von Beschäftigungsverhältnissen eingeführt.
Wieder eingeführt wurde auch die sozialversicherungsfreie geringfügige Nebenbeschäftigung. Damit wurden viele Kernpunkte der Reform von 1999 mit Wirkung ab 1. April 2003 wieder rückgängig gemacht.
Die Minijobs waren für die Beschäftigten wieder vollständig steuer- und abgabenfrei. Der Arbeitgeber hatte ab dem 1. April 2003 zunächst eine pauschale Abgabe in Höhe von 25 Prozent des Verdienstes zu entrichten (zwölf Prozent in die Rentenversicherung, elf Prozent gesetzliche Krankenversicherung, zwei Prozent Lohnsteuer). Im Zuge der Minijobreform 2003 wurden die Arbeitgeber geringfügig Beschäftigter in Privathaushalten gegenüber den Arbeitgebern im gewerblichen Bereich mit besonderen Vergünstigungen ausgestattet. Damit sollte eine Möglichkeit geschaffen werden, die in Privathaushalten vermutete Schwarzarbeit in eine legale Beschäftigung zu überführen.
Am 1. Januar 2013 wurden mit dem Gesetz zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung weitere Neuerungen eingeführt. Die Verdienstgrenze erhöhte sich von 400 auf 450 Euro. Neu aufgenommene Minijobs wurden ab dem 1. Januar zudem beitragspflichtig in der Gesetzlichen Rentenversicherung. Bestand das Beschäftigungsverhältnis bereits vor Jahresbeginn und überschritt das Arbeitsentgelt nicht 400 Euro pro Monat, so galt hier Bestandsschutz. Hinzu kam die Wahlmöglichkeit, sich von der Beitragspflicht befreien zu lassen. Diese Neuregelung entsprach der umgekehrten Herangehensweise der Reform aus dem Jahr 1999 und sollte die soziale Absicherung der Minijobber verbessern, die so jedoch nur minimale Rentenansprüche erwarben. Der Arbeitnehmeranteil zur Rentenversicherung betrug zunächst 3,9 Prozent des Bruttoarbeitsentgeltes und liegt aktuell bei 3,6 Prozent (Stand August 2020).
Der seit dem 1. Januar 2015 geltende Mindestlohn schließt auch Minijobs ein. Da sich geringfügig Beschäftigte bis dato überdurchschnittlich häufig unter dem bei Einführung bei 8,50 Euro liegenden Stundenlohn befanden, profitierten diese messbar. Der durchschnittliche Stundenlohn der untersten zehn Prozent stieg zwischen 2014 und 2016 um 15 Prozent an, wobei das durchschnittliche zweijährige Lohnwachstum zuvor bei rund einem Prozent lag. Die Auswirkungen auf den monatlichen Bruttolohn der Beschäftigten muss hierbei jedoch gesondert betrachtet werden, da der Mindestlohn gerade im Bereich der geringfügigen Beschäftigung dazu führte, dass Arbeitszeiten verkürzt wurden um die Entgeltgrenzen für Minijobs nicht zu überschreiten.
Als Reaktion auf die wegen der Pandemie des neuartigen Coronavirus COVID-19 in 2020 entstandenen Krise auf dem Arbeitsmarkt wurden auch die Regelungen für Minijobs angepasst. Für eine Übergangszeit von März bis Oktober 2020 ist ein fünfmaliges Überschreiten der Verdienstgrenze möglich, ohne dass dabei automatisch eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt. Darüber hinaus wurden die Zeitgrenzen für kurzfristige Beschäftigungen auf fünf Monate oder 115 Arbeitstage angehoben.
Daten und Fakten
Um Aussagen zur Verbreitung von Minijobs zu treffen liegen zwei Datenquellen vor, zum einen die Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit und zum anderen die Quartalsberichte der Minijobzentrale. Die Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit ist die amtliche Statistik und gegenüber den Quartalsberichten der Minijobzentrale auch aussagekräftiger.
Die Entwicklung der Minijobs war seit Einführung der neuen Regelungen im April 2003 sehr dynamisch. Unterschieden wird in der Statistik zwischen den ausschließlich geringfügig Beschäftigten und der geringfügigen Beschäftigung, die zusätzlich zu einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im Nebenjob ausgeübt wird. Es wird deutlich, dass die Gesamtzahl der geringfügigen Beschäftigungen seit 2014 relativ konstant bleibt. Jedoch nimmt die Anzahl der ausschließlich geringfügigen Beschäftigungen ab, während die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse als Nebenjob zunehmen. Im Jahr 2018 gab es rund 6,65 Millionen geringfügig Beschäftigte in Deutschland, von denen knapp drei Millionen diese Beschäftigung als Nebenjob ausübten.
Während im gewerblichen Bereich der Anteil der Frauen an Minijobbern bei 58,4 Prozent liegt, machen sie bei Minijobs in Privathaushalten über 90 Prozent aus. Drei Viertel der geringfügig Beschäftigten in Privathaushalten besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit und knapp 17 Prozent sind älter als 65 Jahre. Im gewerblichen Bereich liegt der Anteil der Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit bei knapp 86 Prozent und circa 16 Prozent der Beschäftigten sind älter als 65 Jahre. Der hohe Anteil von älteren Minijobbern wird von Kritikern als Indiz für die Verbreitung von Altersarmut gesehen. Viele Rentner wären gezwungen, ihre niedrigen Renten durch einen Minijob aufzubessern. Für viele Rentner ist die geringfügige Beschäftigung aufgrund der Beitrags- und Steuerfreiheit häufig der vorteilhafteste Weg über den Ruhestand hinaus erwerbstätig zu sein.
Eine weitere große Gruppe unter den Minijobbern bilden Arbeitslosengeld II-Empfänger. Von den 1,01 Millionen erwerbstätigen Empfängern von Arbeitslosengeld II arbeiteten im Jahr 2019 rund 323.000 ausschließlich in einer geringfügigen Beschäftigung. Die Hinzuverdienstmöglichkeiten im SGB II erlauben ein anrechnungsfreies Einkommen von bis zu 100 Euro. Bis zu einer Höhe von bis zu 1.000 Euro bleiben zusätzlich 20 Prozent anrechnungsfrei. Wird die Verdienstgrenze des Minijobs mit 450 Euro ausgeschöpft, so bleiben den Leistungsberechtigten 170 Euro zusätzlich zum Regelsatz. Auch für Personen im Bezug von Arbeitslosengeld bieten Minijobs eine attraktive Zuverdienstmöglichkeit. Ohne Abzüge können hierbei 165 Euro monatlich als Nebeneinkommen verdient werden.
Die Hinzuverdienstmöglichkeit wird nach einer Studie des RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung e.V. in Essen mit 65,3 Prozent als häufigster Grund für die Aufnahme eines Minijobs genannt. Weitere bedeutende Motivationen stellen flexible Arbeitszeiten und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf dar. Nur rund vier Prozent der Minijobber gaben an, dass sie einen Minijob in der Hoffnung auf eine Funktion als Sprungbrett in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufnahmen.
Geringfügig entlohnte Beschäftigte verdienten laut RWI im Jahr 2016 durchschnittlich 10,63 Euro brutto pro Stunde. Die durchschnittlich geleisteten Arbeitsstunden pro Woche werden seit 2008 geringer und lagen 2017 bei 11,8 Stunden pro Woche. Minijobber weisen die höchste Niedriglohnquote aller Beschäftigten auf, die 2018 bundesweit bei 81,8 Prozent lag. Die durchschnittlichen Stundenlöhne variieren je nach Tätigkeitsbranche.
Im ersten Quartal 2020 arbeiteten mit rund 1,1 Millionen Minijobber die meisten in den Bereichen Handel und Instandhaltung/Reparatur von Kraftfahrzeugen. Im Gesundheits- und Sozialwesen waren knapp 720.000 und im Baugewerbe rund 290.000 Minijobber beschäftigt.
Wirkungen
Zu den Wirkungen der Minijobs gibt es bereits eine Vielzahl von Untersuchungen. Ein zentrales arbeitsmarktpolitisches Ergebnis ist, dass sich Minijobs für Arbeitslose nicht als Brücke in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erweisen und sich gerade bei längerfristigem Verbleib negativ auf die gesamte Berufsbiografie auswirken. Für Beschäftigte haben Minijobs erhebliche negative Folgen für die soziale Absicherung. Sie sind nicht arbeitslosenversichert, erwerben nur geringe oder gar keine Ansprüche aus der Gesetzlichen Rentenversicherung und zahlen keine Beiträge zur Krankenversicherung. Die Aufnahme eines Minijobs ist deshalb vor allem für Personengruppen attraktiv, die bereits anderweitig abgesichert sind. Dazu gehören vor allem Schüler/Studenten, Hausfrauen, Arbeitslose und Rentner. Weitere Schwierigkeiten können durch die sogenannte „Geringfügigkeitsfalle“ der Minijobs entstehen. Soll die Arbeitszeit ausgedehnt werden ist durch die Abgabenfreiheit eine Überschreitung der Entgeltgrenze wenig attraktiv, da dann eine Einkommenssteuerpflicht bereits ab dem ersten Euro besteht. Zudem tritt bei verheirateten Paaren, vor allem bei stark variierenden Einkommen, durch das Ehegattensplitting mitunter ein sehr hoher Steuersatz für das geringere Einkommen auf, welcher zu einem deutlich niedrigeren Nettoeinkommen führt.
Den vermeintlich offensichtlichen Vorteil der geringfügigen Beschäftigung für Arbeitnehmer stellt der durch die Abgabenfreiheit entstehende Ansatz „Brutto gleich Netto“ dar. Durchgeführte Studien legen jedoch nahe, dass dieser Ansatz nicht immer der Realität entspricht und in der Praxis Lohnabschläge vorgenommen werden. Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse stellen für Arbeitgeber vor allem eine Möglichkeit dar, deren Personalkosten zu senken und eine höhere Flexibilität zu erreichen. Nicht selten werden darüber hinaus grundlegende Arbeitnehmerrechte und der Kündigungsschutz nicht eingehalten, Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall und Urlaubsansprüche nicht gewährt und trotz Verbot geringfügig gegenüber sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den Bereichen der Weiterbildungen, Zuschlägen und Sonderzahlungen, unbezahlten Überstunden und Arbeitszeiten ungleich behandelt. Die subjektiv wahrgenommene geringere Bedeutung des Arbeitsverhältnisses, Angst vor Jobverlust und auch Unkenntnis über Arbeitnehmerrechte führen dazu, dass Arbeitnehmer ihre Rechte häufig nicht adäquat durchsetzen. Weiterhin bestehen teils massive Lohnunterschiede zwischen geringfügig und sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die in den Bereichen Gesundheits- und Sozialwesen, Einzelhandel, Gastgewerbe und Gebäudereinigung bereits nachgewiesen wurden.
Die Einführung des Mindestlohns hatte verschiedene Effekte im Bereich der geringfügigen Beschäftigung. Er führte mitunter zur Erhöhung der Stundenlöhne im untersten Einkommensbereich. Kam es durch die Erhöhung des Stundenlohns jedoch zur Überschreitung der Entgeltgrenze, so wurden zum Teil Arbeitszeiten vermindert, um die Abgabenfreiheit weiter zu gewährleisten. Außerdem erfolgte durch die Überschreitung der Entgeltgrenze auch eine Umwandlung von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen in z.B. sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung
Die Auswirkungen auf die Sozialversicherungen differieren. Da die Beitragsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung nicht zu Zahlungsansprüchen führt und in der Rentenversicherung keine oder nur geringe Ansprüche erworben werden, sind hier kaum (negative) Effekte zu erwarten. Anders sieht es in der Kranken- und Pflegeversicherung aus. Minijobber könnten jedoch durch abgeleitete Ansprüche, wie die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern oder Ehepartnern, den vollen Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung genießen, ohne selbst Beiträge zu zahlen. Inwieweit Minijobs sozialversicherungspflichtige Beschäftigung verdrängen wird wissenschaftlich kontrovers diskutiert. Ergebnisse deuten darauf hin, dass geringfügige Beschäftigungsverhältnisse die Normalarbeitsverhältnisse eher ergänzen, als dass sie diese verdrängen. Studien, die die Entwicklung in einzelnen Wirtschaftsbereichen betrachten, kommen aber zum Ergebnis, dass im Bereich des Einzelhandels und der Gastronomie Hinweise darauf zu finden sind, dass geringfügige Beschäftigungsverhältnisse tatsächlich zu einer Verdrängung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führen.
Unklar bleibt, ob die Minijobreform eine Trendwende bei der Entwicklung der Schwarzarbeit bewirkt haben könnte. Hier gehen die Schätzungen weit auseinander. Während einige Wissenschaftler einen Erfolg der Minijobreform sehen, glauben andere, dass die Reform die Schwarzarbeit noch erhöht haben könnte, da hinter der Fassade eines Minijobs darüber hinaus gearbeitet werden kann, ohne dass dies bei Kontrollen auffallen würde.
Parteipolitische Positionen
In der Wissenschaft besteht weitgehend Konsens, dass Minijobs wieder eingegrenzt werden sollten, da sie für die Beschäftigen nicht bedarfsdeckend und armutsvermeidend sind, keine soziale Sicherung und Beschäftigungsperspektiven bieten. Parteipolitisch lassen sich dieser Position die Partei Die Linke sowie unterdessen auch die SPD und Bündnis 90/Die Grünen zuordnen. Zu den Befürwortern der Minijobregelung zählen die Arbeitgeberverbände und parteipolitisch die CDU/CSU, die FDP und die AfD. Argumentativ wird auf die unbürokratische flexible Regelung für Arbeitgeber hingewiesen, die auch für Arbeitnehmer Teilhabe am Arbeitsleben, Übergänge in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und Gelegenheiten zum Nebenverdienst ermögliche. Zudem betonen die Befürworter, dass Schwarzarbeit durch Minijobs eingedämmt werde.
Was sind Midijobs?
Midijobs sind Beschäftigungsverhältnisse, deren Arbeitsentgelt im sogenannten Übergangsbereich angesiedelt ist. Der Übergangsbereich wird im § 20 SGB IV als Bereich oberhalb des Minijobs (ab 450,01 Euro) bis 1.300 Euro regelmäßiges monatliches Einkommen definiert. Auch hier wird bei mehreren Beschäftigungen das insgesamt erzielte Einkommen zur Einordnung verwendet. Der Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung ist beim Midijob konstant, wohingegen der Arbeitnehmeranteil vom Bruttoverdienst abhängig ist und linear ansteigt. Somit soll ein weicherer Übergang der Abgabenhöhe zu einem regulären sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestaltet werden.
Kurze Historie
Midijobs wurden im Zuge der Hartz-Reformen am 1. April 2003 als „Gleitzone“ eingeführt und hatten zunächst eine Entgeltgrenze von 800 Euro monatlich. Sie sollten den Übergang in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung attraktiver gestalten, arbeitslosen Menschen einen weiteren Anreiz zur Aufnahme einer Beschäftigung bieten und nicht zuletzt durch die Beitragspflicht eine weitere Einnahmequelle erschließen. Zuvor stieg die Beitragspflicht beim Überschreiten der Entgeltgrenze für Minijobs von null Prozent auf circa 20 Prozent an.
Durch die linear ansteigende Beitragspflicht im Midijobbereich steigt diese nun zunächst von null Prozent auf rund elf Prozent beim Überschreiten der Entgeltgrenze und dann kontinuierlich mit steigendem Verdienst auf rund 20 Prozent, dem regulären Arbeitnehmeranteil, an. Die Sozialversicherungspflicht hat für die Arbeitnehmer den Vorteil, dass sie entsprechende Ansprüche erwerben. Für den Arbeitgeber ist der Midijobber erstmal attraktiver, da er in diesem Beschäftigungsverhältnis nur die Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge zahlt – beim Minijob muss der Arbeitgeber einen höheren Prozentsatz tragen.
Im Zuge der Anhebung der Entgeltgrenze für Minijobs zum 1. Januar 2013 auf 450 Euro, wurde auch die Regelung für Midijobs angepasst, indem die Entgeltgrenze auf 850 Euro erhöht wurde. Die am 1. Juli 2019 in Kraft getretene Midijob-Reform erhöhte die Entgeltgrenze auf 1300 Euro und regelte darüber hinaus die Rentenansprüche der Midijobber neu. Während sich die erworbenen Ansprüche zuvor am beitragspflichtigen, also deutlich reduzierten Einkommen orientierten, erwerben Midijobber nun Rentenansprüche entsprechend ihres vollen Bruttolohnes, trotz reduzierter Beiträge.
Daten und Fakten
Nach Einführung der Midijobs hat sich deren Anteil an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bis 2010 verdoppelt und ist seitdem wieder leicht abnehmend.
Nach einer Erhebung der Bundesagentur für Arbeit zum Ende des Jahres 2017 sind Frauen deutlich häufiger in einem Midijob tätig als Männer. Midijobberinnen machten 5,9 Prozent aller sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen aus, während dieser Anteil bei Männern nur bei 2,2 Prozent lag. Midijobs machen zudem mit steigendem Alter einen höheren Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus. Bei den 25 bis unter 55-jährigen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten übten 3,7 Prozent einen Midijob aus, bei den über 65-Jähren waren es 16 Prozent. Der Unterschied zwischen Ost- (4,1 Prozent) und Westdeutschland (3,9 Prozent) ist relativ gering.
Am häufigsten sind Beschäftigungsverhältnisse im Midijob-Bereich im Einzelhandel vorzufinden. 2017 waren rund 170.000 der insgesamt knapp 1,3 Millionen Midijobber in dieser Branche tätig. Auch in Gastronomie (ca. 138.000), Gebäudebetreuung und Garten- und Landschaftsbau (ca. 118.000), Gesundheitswesen (94.000) und Baugewerbe (44.000) sind viele Midijobber tätig. Während Midijobs im Gesundheitswesen, Großhandel und Dienstleistungen eher zunehmen, sind sie z.B. im Baugewerbe, der Gastronomie und im Einzelhandel eher abnehmend.
Knapp 49 Prozent der Midijobber verfügten über einen anerkannten Berufsabschluss, circa 18 Prozent hatten keinen und rund neun Prozent einen akademischen Berufsabschluss. Rund die Hälfte der Midijobber wurde als Fachkraft eingesetzt. Knapp 40 Prozent waren jedoch lediglich als Helfer tätig. Die restlichen 10 Prozent verteilten sich auf Beschäftigungen als Spezialist oder Experte. Die Entwicklung der Zahlen nach der Ausweitung der Entgeltgrenze im Juli 2019 ist noch nicht erfasst. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Anzahl der im Midijob-Bereich Beschäftigten auf insgesamt 3,5 Millionen ansteigen wird.
Pro und Contra
Die von der Großen Koalition vorgenommene Ausweitung der Midijobs durch die Erhöhung der Entgeltgrenze wurde auch von der FDP befürwortet. Letztere fordert eine Dynamisierung der Entgeltgrenze. Kritik an der Neuregelung kommt u.a. von der Deutschen Rentenversicherung, den Arbeitgeberverbänden und der AfD. Hauptkritikpunkt hier ist, dass die Beitragsäquivalenz in der Rentenversicherung nicht gegeben ist.
Aus dem Wissenschaftsbereich wies das Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen (IAQ) darauf hin, dass die Vergünstigungen im Midijob-Bereich nicht an die üblichen Anforderungen wie Versicherungszeiten gebunden sind und nicht zwischen Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigung unterschieden wird. Ebenso werde nicht berücksichtigt, ob es sich bei der ausgeübten Tätigkeit um einen Nebenerwerb oder das alleinige Einkommen handelt. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) befürchtet, dass die Anhebung der Entgeltgrenze niedrigere Löhne zur Folge haben könnte, da Arbeitgeber diese mit Verweis auf die Privilegien der Midijobs begründen könnten.