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Beschäftigung schaffende Maßnahmen | Arbeitsmarktpolitik | bpb.de

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Beschäftigung schaffende Maßnahmen

Frank Oschmiansky

/ 21 Minuten zu lesen

Beschäftigung schaffende Maßnahmen sind Teil aktiver Arbeitsmarktpolitik. Sie sollen zusätzliche Arbeit zur Verfügung stellen, Teilhabe am Arbeitsleben für besonders benachteiligte Personen ermöglichen, als Brücke in den „regulären“ „allgemeinen“ Arbeitsmarkt fungieren, aber auch wirtschafts- bzw. strukturpolitische Ziele erfüllen. Unter der Vielzahl unterschiedlicher Instrumente, die zu diesen Maßnahmen zu zählen sind, gehören Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) und Arbeitsgelegenheiten (AGH, Ein-Euro-Jobs) zu den bekanntesten.

Ein-Euro-Jobber bei der Reparatur eines Fahrrades. (© picture-alliance/dpa)

Maßnahmen dieser Art werden häufig auch als „zweiter“ oder „dritter“ Arbeitsmarkt bezeichnet. Andere Begriffe sind „Sozialer Arbeitsmarkt“ oder „öffentlich geförderte Beschäftigung“. Letztlich sind dies alles unscharfe Sammelbegriffe, die teils unterschiedlich, teils gar nicht abgegrenzt werden. De facto gibt es im engeren Sinne nur einen Arbeitsmarkt. Einige definieren als Zweiten Arbeitsmarkt den Teil des Arbeitsmarktes, in dem Arbeitsplätze oder Beschäftigungsverhältnisse nur mithilfe von öffentlichen Fördermitteln erhalten oder geschaffen werden können. Synonym bezeichnen andere dies als „öffentlich geförderte Beschäftigung“. Öffentlich geförderte Beschäftigung im wörtlichen Sinn gibt es aber in vielen Bereichen, beispielsweise wäre die gesamte Raumfahrt und die dortigen Arbeitsplätze ohne öffentliche Förderung nicht denkbar. Aber kaum einer würde einen Astronauten als Beschäftigten auf einem Zweiten Arbeitsmarkt ansehen.

Als Abgrenzung zwischen „zweiten“ und „dritten“ Arbeitsmarkt fungiert meistens der Zeitraum der Beschäftigung in diesem Bereich. Wenn diese Beschäftigung langfristig oder gar unbefristet angeboten wird, sprechen einige Autoren von einem „dritten“ Arbeitsmarkt.

Trotz der Unschärfe der Begrifflichkeiten haben Beschäftigung schaffende Maßnahmen eine lange Tradition. Sie wurden zudem so häufig reformiert wie kaum ein anderes arbeitsmarktpolitisches Instrument.

Arbeitsgelegenheiten und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sind die klassischsten aller Arbeitsförderinstrumente. So stehen Arbeitsgelegenheiten in einer Tradition, die bis in das 17. Jahrhundert zurückreichen. Im 19. Jahrhundert hatten Städte und Gemeinden bei Missernten, Teuerungen und Stockungen in Gewerbe und Handwerk gelegentlich versucht, Teile der erwerbslosen Armutsbevölkerung mit den damals als Notstandsarbeiten betitelten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen über Wasser zu halten. Notstandsarbeiten bzw. als "Wertschaffende Arbeitslosenhilfe" betitelte Maßnahmen waren auch im Vorgängergesetz des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG), dem "Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung" (AVAVG) im arbeitsmarktpolitischen Repertoire enthalten. Mit dem Arbeitsförderungsgesetz aus dem Jahre 1969 wurden die Notstandsarbeiten in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) umbenannt und neu gestaltet.

Beschäftigung schaffende Maßnahmen bis zu den „Hartz-Gesetzen“

Zielsetzung damaliger ABM war die zeitlich befristete Beschäftigung von registrierten Arbeitslosen durch finanzielle Unterstützung (hauptsächlich in Form von Zuschüssen, für Nebenkosten auch mit Darlehen) öffentlicher und gemeinnütziger Organisationen, die zur Durchführung ihrer Projekte Arbeitsplätze für Arbeitslose anboten. Voraussetzung für eine finanzielle Unterstützung war dabei, dass die Projekte zusätzlich zu den normalen Aufgaben durchgeführt und die Arbeitslosen vom Arbeitsamt zugewiesen wurden. Das Projekt musste ferner im öffentlichen Interesse liegen. Prinzipiell konnte jedes Projekt, das die angegebenen Kriterien erfüllte, unterstützt werden. Die "ABM-Ideenbörse" war sehr umfangreich. Allerdings wurden zur Bekämpfung struktureller Arbeitslosigkeit solche Maßnahmen präferiert, die der Arbeitsmarktlage durch Verbesserung der ökonomischen und sozialen Struktur einer bestimmten Region Rechnung trugen oder unbefristete Beschäftigungsmöglichkeiten für schwer vermittelbare, insbesondere ältere Arbeitslose oder Langzeitarbeitslose in Aussicht stellten. Für die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen betonte der Gesetzgeber ausdrücklich den Grundsatz, dass dieses Instrument erst nach den Möglichkeiten der Vermittlung in Ausbildungsstellen oder Arbeit, der Förderung der beruflichen Bildung und der verschiedenen Eingliederungshilfen eingesetzt wird. Es stand aber zugleich den Lohnersatzleistungen grundsätzlich voran. Anders als bei der wertschaffenden Arbeitslosenhilfe löste sich das AFG vom früheren Grundsatz, dass die Förderung die Aufwendungen für die alternativ notwendige Arbeitslosenunterstützung nicht übersteigen sollte. Zudem sollte die geförderte Arbeitsbeschaffungsmaßnahme in ein nicht gefördertes Dauerarbeitsverhältnis einmünden.

Im Gegensatz zu den Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung waren Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im AFG als 'Kann-Leistungen' installiert worden. Dies implizierte von vornherein die Gefahr, dass arbeitsmarktpolitische Notwendigkeiten von finanz- und haushaltspolitischen Zwängen überlagert werden konnten. Tatsächlich zeigte sich, dass neben der Entwicklung der Arbeitsmarktlage, die Finanzlage der Bundesanstalt / Bundesagentur für Arbeit Art und Umfang von ABM seitdem erheblich beeinflusste.

Nachdem ABM bis Mitte der siebziger Jahre praktisch bedeutungslos geblieben waren, wurden sie seit 1975 erheblich ausgeweitet. 1978 wurden erstmals 100.000 Personen einer ABM zugewiesen. Ende der siebziger Jahre setzte zugleich eine beinahe jährliche Änderung der Fördergrundsätze und Förderkonditionen ein, deren Aufzählung hier zu weit führen würde.

Werden die Förderzahlen betrachtet, zeigt sich, dass entgegen der sonstigen Konsolidierungspolitik die CDU/FDP-Regierung unter Helmut Kohl bei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen von Beginn an einen expansiven Kurs fuhr. Angesichts hoher Arbeitslosigkeit erschienen ABM als geeignetes Instrument, um die Auswirkungen der Beschäftigungskrise auf die Betroffenen abzumildern.

An der Zielbestimmung von ABM hatte sich trotz zahlreicher Gesetzesänderungen in den achtziger Jahren wenig geändert. ABM zeichneten sich durch die Präferenz sozialer Dienste und einen zielgruppenorientierten und regional differenzierten Einsatz aus. Gleichwohl wurden ABM nunmehr stärker "von unten", also von regionalen ABM-Akteuren in Gang gesetzt. Weit über die Hälfte der durch ABM geschaffenen Arbeitsplätze entfiel auf die Kommunen. Mit dieser "Kommunalisierung" der Arbeitsmarktpolitik gewannen sozialpolitische Intentionen an Bedeutung. Unter dem Druck der sozialen Verantwortung wurden ABM zunehmend zum Bestandteil einer kommunalen Strategie, die verschiedene Politikfelder – Beschäftigungs-, Struktur-, Umwelt- und Sozialpolitik – koordinierte und zu einer lokalen "Politikarena" zusammenführte. Aber gerade finanzschwache Kommunen waren häufig gezwungen, den Aufwand für ABM möglichst gering zu halten und die Maßnahmen in der Nähe zu kommunalen Pflichtaufgaben anzusiedeln. Dadurch kam es häufig zu Konflikten mit den Personalräten und der Gewerkschaft ÖTV.

Im Zuge der Vereinigung wurde neben Qualifizierungsmaßnahmen gerade Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen eine "Brückenfunktion" zugewiesen. Durch sie sollten das sprunghaft angestiegene Arbeitsplatzdefizit verringert, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach Möglichkeit qualifiziert und strukturpolitische Effekte bewirkt werden. Um dies zu erreichen, wurden Sonderregelungen des DDR-AFG übernommen und verlängert. Die Sonderregelungen bezogen sich zum einen auf die Fördersätze und –voraussetzungen von ABM und ABM-Trägern, zum anderen auf den Kreis der zugangsberechtigten Personen.

Gleichwohl blieb im Jahr 1990 das ABM-Volumen in den neuen Bundesländern weit hinter den Erwartungen und den verfügbaren Mitteln zurück, da dort nicht auf vorhandene Trägerstrukturen zurückgegriffen werden konnte und potentielle Träger aufgrund der angespannten Finanzlage und der unsicheren Wirtschaftslage vor einer Verschuldung zurückschreckten. Im Zuge des "Gemeinschaftswerks Aufschwung Ost" wurde deshalb im März 1991 nachgebessert. Gänzlich neu eingeführt wurde die Gewährung von Sachkostenzuschüssen, mit denen u.a. der Start großer ABM (so genannte "Mega-ABM") in infrastrukturellen Defizitbereichen ermöglicht wurde. Um die beruflichen Chancen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu verbessern, konnten bis zu 20 % der Arbeitszeit für Qualifizierung genutzt werden. Damit waren Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, wie der damalige Präsident der BA feststellte, nicht wie früher im Westen als Instrument zur Beseitigung individueller Arbeitslosigkeit zu verstehen, sondern sie erwiesen sich im Beitrittsgebiet als ein strukturpolitisches Instrument.

In der Folgezeit wurden ABM in vorher nicht gekanntem Ausmaß eingesetzt. Von Januar bis Dezember 1991 stieg die Zahl der ostdeutschen ABM-Beschäftigten von 34.000 auf 390.000 Personen an. Im Jahresdurchschnitt 1991 gab es 183.000 ABM-Beschäftigte und 1992 bereits 388.000. Die immense quantitative Bedeutung von ABM für den ostdeutschen Arbeitsmarkt wird deutlich in Relation zu den Arbeitsvermittlungen insgesamt. 1991 erfolgten 63 Prozent und 1992 noch 45 Prozent aller Arbeitsvermittlungen der Arbeitsämter in eine ABM.

Auch im weiteren Verlauf der 1990-er Jahre blieben die Teilnehmerzahlen hoch, mit Spitzen in den Wahljahren 1994 und 1998. Hier wurde der Einsatz von ABM nochmals verstärkt, um zumindest statistisch die Arbeitslosigkeit etwas zu verringern. Im sogenannten "Clever-Brief" (Peter Clever, damaliger Abteilungsleiter im Arbeitsministerium, später langjähriger Vertreter der Arbeitgeberbank im Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit) aus dem Bundesministerium für Arbeit an alle Arbeitsämter vom 13.02.1998 wurde der absolute Vorrang von "gewerblichen" ABM gelockert. Zielgruppenmaßnahmen, Frauen-Projekte und Qualifizierungsbestandteile wurden erleichtert und 600 Millionen DM zusätzlich für Sachkosten bereitgestellt.

1993 wurde für die neuen Länder ein ABM-ähnliches, neues Instrument in das AFG eingefügt ("produktive Arbeitsförderung Umwelt Ost" bzw. "Lohnkostenzuschüsse Ost"), das sehr schnell nach seiner Einordnung in die Paragraphenfolge als § 249 h - Maßnahme bezeichnet wurde. 1994 wurde die Förderung als § 242s AFG auch auf die alten Länder ausgedehnt, allerdings unter einengenden Vorgaben im Hinblick auf die Maßnahmefelder, die gebotene Zusätzlichkeit der Arbeiten, die Zielgruppenauflagen und die Förderhöhe, sodass dieses Instrument dort kaum an Bedeutung gewann. Mit dem Übergang vom AFG zum SGB III wurden die Maßnahmen der produktiven Arbeitsförderung unter Beibehaltung der Unterschiedlichkeit in den förderbaren Aufgabenbereichen in West und Ost zu Strukturanpassungsmaßnahmen (SAM) zusammengefasst.

Im Jahr 2002 wurde als weitere Maßnahme im Bereich öffentlich geförderter Beschäftigung die Beschäftigung schaffende Infrastrukturförderung (BSI) eingeführt. Mit dem Einsatz von Beschäftigung schaffenden Infrastrukturmaßnahmen sollte eine bessere Verzahnung der Infrastrukturpolitik mit der Arbeitsmarktpolitik erreicht werden. Im Vordergrund stand die Beschäftigung Arbeitsloser im Rahmen von Arbeiten zur Verbesserung der Infrastruktur. Öffentlich-rechtliche Stellen konnten Wirtschaftsunternehmen mit Infrastruktur- und Umweltmaßnahmen beauftragen, wenn dabei bis zu 35 Prozent der geförderten Arbeiten von zugewiesenen Arbeitslosen verrichtet wurden. Der Zuschuss sollte höchstens ein Viertel der Gesamtkosten betragen. BSI unterstützte die Finanzierung von wichtigen Infrastrukturprojekten, bei denen Eigen- und Drittmittel (z.B. Mittel der Städtebau-/Straßenbau-/Wirtschaftsförderung) sowie Mittel der Arbeitsförderung kombiniert eingesetzt werden konnten, wodurch eine Verbreiterung der Finanzierungsbasis erreicht werden sollte. BSI sollten zur Verbesserung der regionalen Infrastruktur sowie zum Ausgleich struktureller Defizite einer Region beitragen und Standortnachteile ausgleichen helfen. Dieses Instrument war zeitlich befristet und ist Ende 2007 ausgelaufen.

Reform durch die Hartz-Gesetze

Im Dritten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ("Hartz III") wurden 2004 die beiden Beschäftigung schaffenden Instrumente ABM und SAM grundsätzlich neu geregelt und zusammengeführt. Nach der Begründung des Gesetzgebers sollten ABM nunmehr veränderten Zielprämissen folgen und in erster Linie dem Erhalt bzw. der Wiederherstellung der Beschäftigungsfähigkeit sowie der Schaffung zusätzlicher temporärer Beschäftigung dienen, während die Verbesserung der Eingliederungschancen in den ersten Arbeitsmarkt nicht mehr im Zielfokus steht.

Eine der wesentlichsten Veränderungen durch "Hartz III" war zudem der Wegfall der Versicherungspflicht zur Arbeitslosenversicherung, so dass mit ABM keine neuen Ansprüche auf Entgeltersatzleistungen erworben werden konnten. Mit den Trägern wurde (weiterhin) ein üblicher Arbeitsvertrag abgeschlossen, aber lediglich in der Renten- und Krankenversicherung wurde eine vom Lohn abhängige soziale Sicherung gewährleistet. Zugleich war der Lohn nicht mehr an tariflichen oder ortsüblichen Entgelten orientiert, stattdessen wurden entsprechend den Qualifikationsanforderungen abgestufte Pauschalen eingeführt. Unter anderem die Arbeitslosenverbände kritisierten, dass die Reform eine reine Sparmaßnahme auf Kosten der Arbeitslosen sei.

Mit „Hartz IV“ wurden für Empfängerinnen und Empfänger der Grundsicherung Arbeitsgelegenheiten (häufig als „Ein-Euro-Jobs“ oder auch Zusatzjobs bezeichnet) dem Instrumentarium hinzugefügt. Wobei die Arbeitsgelegenheiten im Grunde eine Fortschreibung der Regelungen im Bundessozialhilfegesetz (BSHG) waren. Das BSHG sah die Förderung von Arbeitsgelegenheiten ohne bestimmte Zielsetzung sowie gemeinnützige und zusätzliche Arbeit vor. Der Einsatz dieser Maßnahme war regional sehr unterschiedlich, konkrete Daten gab es kaum. Der Deutsche Städtetag schätzte auf Basis von Befragungen, dass im Jahr 2002 rund 400.000 Personen durch kommunale Programme vorübergehend in Arbeit gebracht wurden; die Hälfte davon in Form von befristeten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen, die andere Hälfte in Form der so genannten gemeinnützigen Arbeit, einem öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis mit einer geringen Arbeitsprämie bei Weiterzahlung der Sozialhilfeleistungen. Sofern es sich um sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse handelte, zielte es auch darauf, arbeitslose Sozialhilfebezieherinnen und –bezieher wieder zeitweilig in den Arbeitsmarkt und damit in das Arbeitslosenversicherungssystem zu integrieren und den kommunalen Haushalt von Sozialhilfe zu entlasten (sog. Verschiebebahnhof).

Die Arbeitsgelegenheiten (AGH) im SGB II gab es zunächst in zwei unterschiedlichen Varianten: Der „Mehraufwandsvariante“ (AGH-MAE) und der „Entgeltvariante“ (AGH-E). Arbeitsgelegenheiten der Mehraufwandsvariante sind gemeinnützige Beschäftigungen, bei denen erwerbsfähige Leistungsberechtigte des SGB II neben der Fortzahlung der Kosten der Unterkunft und des Arbeitslosengeldes II eine Mehraufwandsentschädigung in Höhe von ein bis zwei Euro je geleisteter Arbeitsstunde erhalten. Bei den 2012 wieder abgeschafften Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante handelte es sich um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen (ohne Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um keine Verschiebebahnhöfe zu ermöglichen), bei denen der Leistungsberechtigte das übliche Arbeitsentgelt an Stelle des ALG II erhielt.

Wie bei den ABM auch, sind der Zielkanon sowie die Förderdetails der AGH fortlaufend verändert worden. Für die hier interessierten Leser verweisen wir auf die unten angeführte Literatur.

Mit der Implementierung des SGB II war von Beginn an geplant, Arbeitsgelegenheiten zum zentralen arbeitsmarktpolitischen Instrument des neuen Sozialgesetzbuches zu machen. Pläne des damaligen Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit gingen bereits im ersten Jahr von 600.000 Maßnahmenplätzen aus, die CDU/CSU sah sogar fast das Doppelte vor. Die höchsten Bestandszahlen erreichte das Instrument in den Jahren 2006 bis 2010 mit jeweils über 300.000 Teilnehmern (Jahresdurchschnittsbestände). Die Zugangszahlen (Jahressumme) übertrafen in den Jahren 2006 bis 2009 jeweils die Marke 800.000. Im Jahr 2019 lag der Jahresdurchschnittsbestand bei 73.722. Damit ist es bei Weitem nicht mehr das meistgenutzte arbeitsmarktpolitische Instrument. So lag der Jahresdurchschnitt bei Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung bei 159.154.

Zahlreiche Änderungen im letzten Jahrzehnt

In den letzten zehn Jahren wurden einerseits die vorhandenen „Beschäftigung schaffenden Maßnahmen“ immer wieder reformiert und andererseits das Spektrum der Maßnahmen, ihr genauer Name und ihre Stellung in den Sozialgesetzbüchern permanent geändert. Zum Teil liefen solche Maßnahmen auch außerhalb der Sozialgesetzbücher als Sonderprogramme des Bundes, teils wurden sie später in das SGB überführt. Einige der wichtigsten Entwicklungen werden im Folgenden dargestellt.

Mit der sogenannten Instrumentenreform 2009 (Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente) wurde das Instrument der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen auf den Rechtskreis SGB III beschränkt. Das heißt für den größeren Teil der Arbeitslosen, für die Bezieher des Arbeitslosengeldes II, war eine Förderung mit ABM fortan nicht mehr möglich. Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt wurden die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen 2012 auch aus dem SGB III gestrichen. Seither gibt es das traditionsreiche Instrument der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zumindest unter diesem Namen nicht mehr.

Auf Basis eines im kleinen Kurort Bad-Schmiedeberg in Sachsen-Anhalt durchgeführten Modellprojektes, dass später auf einige weitere Regionen ausgebaut wurde, startete bundesweit das Modellprojekt „Bürgerarbeit“ im Juli 2010. Das Konzept der Bürgerarbeit verfolgte eine Vielzahl von Zielen und wies sowohl Elemente von "Workfare" (siehe dazu den Text Interner Link: Aktivierender Staat und aktivierende Arbeitsmarktpolitik im Kapitel Normative Grundlagen) als auch eines "sozialen Arbeitsmarktes" auf. Die Bürgerarbeit sollte der sozialen Stabilisierung und der (Wieder-)Heranführung Langzeitarbeitsloser an den Arbeitsmarkt dienen. Durch sinnvolle und sinnstiftende Arbeiten sollen sich die soziale Teilhabe und das Wohlbefinden der Teilnehmerinnen und Teilnehmer verbessern. Bürgerarbeit sollte auch als Test für die Arbeitsbereitschaft von Leistungsempfängern und als ein Mittel der Bekämpfung von Schwarzarbeit eingesetzt werden.

Das Modellprojekt „Bürgerarbeit“ bestand aus zwei Phasen. Die erste sechsmonatige sogenannte Aktivierungsphase beinhaltete eine intensive Betreuung, beispielsweise durch Beratung/Standortbestimmung, Vermittlungsaktivitäten oder Qualifizierung und Förderung. Das Ziel dieser Phase war es, die Teilnehmenden sofort in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Wenn eine Integration nicht realisiert werden konnte, bestand für einen Teil der Teilnehmenden der Aktivierungsphase die Möglichkeit an der zweiten Phase, der Beschäftigungsphase, teilzunehmen. Diese Phase konnte bis zu 36 Monate dauern und umfasste eine öffentlich geförderte, zusätzliche und im öffentlichen Interesse liegende sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Umfang von 20 oder 30 Wochenstunden. Während der Beschäftigungsphase war für die geförderten Personen zusätzlich ein beschäftigungsbegleitendes Coaching vorgesehen. Dieses hatte zum Ziel möglichst viele Übergänge in eine ungeförderte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu erreichen. Knapp jedes zweite Jobcenter hatte an dem Modellprojekt teilgenommen, das zum Jahresende 2014 endete.

Mit der Abschaffung der Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante (und des Beschäftigungszuschusses durch das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt ist als Folgeinstrument die Förderung von Arbeitsverhältnissen (FAV) nach § 16e SGB II (a.F.) geschaffen worden. Das Instrument richtete sich an erwerbsfähige Leistungsberechtigte, deren Chancen auf eine Eingliederung als sehr gering eingeschätzt wurden. Um ein entsprechend gefördertes Arbeitsverhältnis aufnehmen zu können, mussten die erwerbsfähigen Leistungsberechtigen langzeitarbeitslos sein und durch mindestens zwei weitere, in ihrer Person liegenden Vermittlungshemmnisse (z.B. Alter, mangelnde Qualifikation) besonders stark beeinträchtigt sein. Der Entscheidung über eine Förderung musste eine mindestens sechsmonatige verstärkte vermittlerische Unterstützung vorausgehen. Im Anschluss daran wurde eine Prognose erstellt, ob eine Vermittlung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt für die Dauer der Zuweisung möglich ist oder nicht. Erst wenn diese Prognose negativ ausfiel, konnte ein gefördertes Arbeitsverhältnis begonnen werden.

Mit der Förderung von Arbeitsverhältnissen (FAV) wurden sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse (ohne Beiträge zur Arbeitslosenversicherung) durch Zuschüsse an die Arbeitgeber gefördert. Um zu verhindern, dass erwerbsfähige Leistungsberechtigte dauerhaft in geförderten Beschäftigungsverhältnissen eingesetzt werden, konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer innerhalb eines Fünf-Jahres-Zeitraums maximal zwei Jahre in geförderten Arbeitsverhältnissen tätig sein. Der Förderzuschuss betrug bis zu 75 Prozent zum Arbeitsentgelt, je nach Leistungsfähigkeit des Arbeitslosen. Die Leistungsfähigkeit wurde vor der Zuweisung von der Vermittlungsfachkraft eingeschätzt. Für die Höhe der Vergütung wurde keine tarifliche bzw. ortsübliche Entlohnung vorausgesetzt, sondern es galten die allgemeinen arbeitsrechtlichen Regelungen sowie die anwendbaren Tarifverträge. Arbeitgeber konnten aus allen Branchen kommen und es war unerheblich, ob sie öffentlich- oder privatrechtlich organisiert, erwerbswirtschaftlich oder gemeinnützig ausgerichtet waren. Im Gegensatz zu Arbeitsgelegenheiten mussten die geförderten Tätigkeiten nicht die Kriterien Zusätzlichkeit, öffentliches Interesse und Wettbewerbsneutralität erfüllen. Zur Finanzierung der geförderten Arbeitsverhältnisse erhielten die Jobcenter ein gemeinsames Budget für die Förderung zusätzlicher Arbeitsverhältnisse nach § 16e SGB II und die Freie Förderung nach § 16f SGB II von bis zu 20 Prozent der örtlichen Eingliederungsmittel. Mit dem Teilhabechancengesetz wurde der § 16e dann neu gefasst, aus der Förderung von Arbeitsverhältnissen wurde die „Eingliederung von Langzeitarbeitslosen“ (siehe hierzu den Text Förderung der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit). Neu eingeführt mit dem Teilhabechancengesetz wurde im SGB II der § 16i SGB II „Teilhabe am Arbeitsmarkt“.

Vor dem Teilhabechancengesetz zielte das Bundesprogramm „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“ auf die Verbesserung der sozialen Teilhabe von arbeitsmarktfernen Langzeitleistungsbeziehenden im SGB II, die entweder mit Kindern in einer Bedarfsgemeinschaft leben und/oder auf Grund von gesundheitlichen Einschränkungen besonderer Förderung bedürfen. Es wurde durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) durchgeführt und lief von Ende 2015 bis zum 31.12.2018. Über den gesamten Zeitraum nahmen an dem Bundesprogramm rund 21.000 Personen in 195 Jobcentern teil.

Der mit dem Teilhabechancengesetz zum 1.1.2019 in Kraft getretene § 16i SGB II (Teilhabe am Arbeitsmarkt) wird teilweise als Paradigmenwechsel in der Politik zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit bezeichnet. Gefördert werden sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse (wieder mit Ausnahme der Arbeitslosenversicherung) in Voll- oder Teilzeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, bei kommunalen Unternehmen und bei Trägern. Die geförderten Arbeitsplätze müssen nicht wettbewerbsneutral, zusätzlich und gemeinnützig sein. In den ersten beiden von bis zu fünf möglichen Förderjahren beträgt der Zuschuss 100 Prozent (im dritten Jahr 90, im vierten Jahr 80 und im fünften Jahr 70 Prozent). Der Lohnkostenzuschuss bemisst sich für tarifgebundene und tariforientierte Arbeitgeber sowie für Arbeitgeber, die nach kirchlichen Regelungen entlohnen, nach dem gezahlten Arbeitsentgelt – für andere Arbeitgeber nach dem gesetzlichen Mindestlohn. Auch Weiterbildungskosten können während des Arbeitsverhältnisses in Höhe von bis zu 3.000 Euro übernommen werden. Übernommen werden außerdem die Kosten einer beschäftigungsbegleitenden Betreuung (Coaching) für die Arbeitnehmerin bzw. den Arbeitnehmer. Gefördert werden Erwerbsfähige Leistungsbezieher ab 25 Jahren, die seit sechs oder mehr Jahren Grundsicherungsleistungen beziehen und in diesem Zeitraum nicht oder nur sehr kurz erwerbsfähig waren sowie (Allein-)Erziehende oder Schwerbehinderte erwerbsfähige Leistungsbezieher ab 25 Jahren, die seit 5 oder mehr Jahren Grundsicherungsleistungen beziehen und in diesem Zeitraum nicht oder nur sehr kurz erwerbsfähig waren.

Wirkungen

Zu allen beschriebenen Instrumenten gibt es Studien und Evaluationen. Insbesondere zu Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Arbeitsgelegenheiten gibt es hierbei eine Vielzahl von Studien. Dabei unterscheiden sich Datenbasis, Methoden, betrachtete Zeiträume, Fragestellungen und letztlich auch die Ergebnisse.

Die ersten größeren Studien zu Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre kamen zu überwiegend positiven Ergebnissen. ABM wurde als wirkungsvolles Instrument für eine unmittelbare Entlastung der Arbeitslosigkeit eingestuft. Die dadurch mögliche zusätzliche Beschäftigung mit öffentlichen Mitteln als Alternative zum Unterstützungsbezug sei vielen anderen Instrumenten überlegen. Auch der finanzielle Aufwand von Bund, Ländern und BA läge nur geringfügig über den Gesamtkosten der Arbeitslosigkeit. Auch Anfang der 1980er Jahre wurde auf die überwiegende Selbstfinanzierung von ABM verwiesen. Zudem seien ABM das einzige Instrument im AFG, das bei geeigneter Zielsetzung der Schaffung neuer Arbeitsplätze dienen könne (z.B. Erprobung und Anschubfinanzierung neuer Dienstleistungen). Nach einer damaligen Untersuchung waren allerdings 53 % der Teilnehmer nach der Maßnahme wieder arbeitslos. Dies wurde vor allem auf die Konzentration der Maßnahmen auf Zielgruppen und Problemregionen zurückgeführt. Zudem mussten auch die sozialpolitischen und gemeinwirtschaftlichen Funktionen berücksichtigt werden. Durch ABM wurde die Arbeitsfähigkeit von Arbeitslosen erhalten, und die meisten der mit ABM verbundenen Aktivitäten kamen der Allgemeinheit zugute. Und gerade in Bezug auf den Abbau konjunktureller Arbeitslosigkeit wurden ABM gegenüber anderen Instrumenten eine höhere beschäftigungspolitische Effektivität zugesprochen. Die Kritiker dagegen bezweifelten die Realitätsnähe der Kostenvergleiche von ABM und Arbeitslosigkeit. Sie betonten die Mitnahme- und Substitutionseffekte, empfanden die Tarifbindung von ABM blockierend für den nötigen Anpassungsprozess der Löhne und beklagten Fehlleitung und Verschwendung von Kapital.

Weitere Untersuchungen zu ABM in den 1980er Jahren ergaben, dass ABM zwar von allen arbeitsmarktpolitischen Instrumenten die Zielgruppen am besten erreichte, aber auch die geringsten Reintegrationserfolge aufwiesen. Nur 22 Prozent der Teilnehmer gelang unmittelbar im Anschluss der Sprung in ein nicht gefördertes Arbeitsverhältnis und zwar 9 Prozent infolge einer Übernahme durch den Träger. Rund 60 Prozent der Teilnehmer wurden wieder arbeitslos. Auch auf längere Sicht (drei Jahre) kamen nur rund 40 Prozent wieder in reguläre Arbeit.

Für Personen, die zwischen 2000 und 2002 in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen eingetreten sind und über einen Zeitraum von drei Jahren beobachtet werden konnten, kamen Forscher zu negativen Ergebnissen. Hier wurde in erster Linie die Übergangswahrscheinlichkeit in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt von ABM-Teilnehmern mit einer Kontrollgruppe von Nichtteilnehmern verglichen. Auch nach 35 Monaten wurden keine positiven Nettoeingliederungseffekte nachgewiesen. Es gab jedoch einige Personengruppen, die von der Teilnahme eher profitierten als andere. Die Eingliederungschancen wurden mittelfristig vor allem für arbeitsmarktferne Personen wie Langzeitarbeitslose, Personen mit Vermittlungshemmnissen und ältere Frauen in Westdeutschland verbessert. Diese Studien wiesen zudem auf hohe Einbindungseffekte ("lock-in") hin: Während der Förderung suchen Teilnehmer der geförderten Beschäftigung deutlich weniger intensiv nach Erwerbsarbeit. Datengrundlage dieser Studien waren prozessproduzierte Daten der Bundesagentur für Arbeit, mit denen die Grundgesamtheit der Teilnehmer sehr gut abgebildet werden kann.

Die bislang umfangreichste Evaluation fand im Rahmen der Evaluation der "Hartz-Gesetze" statt. Die Untersuchungen zur Zielerreichung erbrachten hier positive Befunde hinsichtlich der Ziele Beschäftigungsfähigkeit, Strukturwirksamkeit und Zielgruppeninklusion. In Bezug auf das Ziel der Arbeitsmarktintegration waren die Befunde ambivalent: Die Hartz-Evaluation bestätigte zunächst die negativen Beschäftigungseffekte für die Teilnehmerkohorten von 2000 bis 2003. Für die Teilnehmerkohorte des Jahres 2004 wurden hingegen positive Beschäftigungseffekte festgestellt, deren Signifikanz aber nicht gesichert ist. Für Personen, die von Mai bis Juli 2005 in eine ABM eingetreten waren, fanden die Forscher 36 Monate nach Förderbeginn für fast alle Gruppen positive Nettobeschäftigungseffekte, die aber sehr gering sind.

Die Wirkung von Arbeitsgelegenheiten ist in verschiedenen Studien, vor allem vom wissenschaftlichen Institut der Bundesagentur für Arbeit, dem IAB, evaluiert worden. Untersucht wurden die Arbeitsgelegenheiten u.a. hinsichtlich der Fragestellungen, ob sie die Beschäftigungschancen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer verbessern, also die Wahrscheinlichkeit eine reguläre Erwerbstätigkeit aufzunehmen und ob die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Hilfebedürftigkeit überwinden, also nach einer bestimmten Zeit keine Leistungen der Grundsicherung mehr beziehen. Dabei wurden Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Arbeitsgelegenheiten mit nicht teilnehmenden erwerbsfähigen Leistungsberechtigten verglichen, die ihnen möglichst ähnlich sind.

Die Studien kommen zu dem Ergebnis, dass die Förderung kaum zu sog. Einsperreffekten ("lock in“-Effekten) führt. Für Teilnehmer an AGH hätte das bedeutet, dass für sie das Absolvieren der Maßnahme Vorrang vor der weiteren Stellensuche hat. Diese würde folglich erst nach Abschluss der Maßnahme wieder aufgenommen. Laut den genannten Studien erhöht die Teilnahme an "Ein-Euro-Jobs“ jedoch die Wahrscheinlichkeit, eine Beschäftigung aufzunehmen, bereits innerhalb der ersten 20 Monate nach Beginn der Maßnahme. Das gilt aber nur für einige Teilnehmergruppen. Dazu gehören west- und ostdeutsche Frauen, Personen der Altersgruppen von 36 bis 50 und 51 bis 62 Jahren und insbesondere Personen, die mehrere Jahre lang nicht regulär beschäftigt waren. Die Wahrscheinlichkeit, eine reguläre Beschäftigung aufzunehmen, erhöht sich 20 Monate nach Beginn der Förderung um ein bis sechs Prozentpunkte.

Auch Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante, die in weitaus geringerem Umfang eingesetzt wurden, haben die Chancen der meisten Teilnehmergruppen auf eine reguläre Beschäftigung erhöht. Im Vergleich zu AGH in der Mehraufwandsvariante waren die Chancen jedoch besser und die Aufnahme einer Beschäftigung erfolgte schneller. Als mögliche Erklärung wurde angeführt, dass die Kriterien der Zusätzlichkeit und des öffentlichen Interesses nicht so streng ausgelegt wurden, sodass die Arbeiten näher am regulären Arbeitsmarkt angesiedelt waren und somit die Wahrscheinlichkeit erhöhten, eine reguläre Beschäftigung aufzunehmen.

Mit Arbeitsgelegenheiten wird nicht unmittelbar das Ziel verfolgt, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in reguläre Beschäftigung zu integrieren, sondern die Teilnahme soll als mittelfristige Brücke dienen, um arbeitsmarktferne Personen wieder an den ersten Arbeitsmarkt heranzuführen. Es gibt deshalb weitere Studien, die danach fragen, ob die Teilnahme die Lebenszufriedenheit, den sozialen Status und das Gefühl, an der Gesellschaft teilzuhaben, verbessert. Teilnehmerinnen und Teilnehmer an AGH schätzen vor allem die Tatsache, wieder mit anderen Menschen zu tun zu haben und darüber hinaus einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen. Sie fühlen sich weniger gesellschaftlich ausgegrenzt und die Teilnahme erhöht ihre Lebenszufriedenheit.

Die Ergebnisse der Wirkungsforschung zu Arbeitsgelegenheiten in der Mehraufwands- und Entgeltvariante fallen insgesamt leicht positiver aus als für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Zur Verbesserung der Beschäftigungschancen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer liegen robuste Ergebnisse vor, die für einige Gruppen positive Wirkungen identifizieren können. Die Herauslösung der Arbeitslosen aus dem Leistungsbezug wird durch die Teilnahme an einer AGH jedoch kaum erreicht. Zu sozialen Teilhabeeffekten liegen zwar auch einige Erkenntnisse vor, gleichzeitig gibt es hier noch vielfältige Forschungslücken.

Auch für die anderen beschriebenen Beschäftigung schaffenden Maßnahmen liegen in der Regel Evaluationen vor (siehe „Zum Weiterlesen“). Teilweise wurden Instrumente aber bereits wieder abgeschafft, ehe überhaupt ein Evaluationsabschlussbericht vorlag. Eine evidenzbasierte Weiterentwicklung Beschäftigung schaffender Maßnahmen würde sicherlich anders ausschauen.

Pro und Contra

Beschäftigung schaffende Maßnahmen wurden immer schon sehr kontrovers diskutiert. Dies begann bereits mit der Ausweitung der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre. Die Gewerkschaften (damals eher im Lager der ABM-Skeptiker) argwöhnten, dass im Öffentlichen Dienst Planstellen durch ABM-Arbeitsplätze ersetzt würden und liberale Marktwirtschaftler sowie, insbesondere als jahrzehntelanger Kritiker, der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung befürchteten, dass sie den Wettbewerb am Arbeitsmarkt beeinträchtigen und einen "zweiten Arbeitsmarkt" dauerhaft etablieren würden. Kritiker fordern daher seit vielen Jahren die Abschaffung Beschäftigung schaffender Maßnahmen. Für sie überwiegen bei diesem Instrument die "Einsperreffekte". Das bedeutet, sie gehen davon aus, die Arbeitsuchenden würden dadurch eher davon abgehalten, auf dem "regulären ersten" Arbeitsmarkt unterzukommen, als dass sie eine Hilfestellung erhielten.

Die Materialien zum Entwurf des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt, mit dem letztlich die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen endgültig abgeschafft wurden, bieten einen guten Überblick zu den unterschiedlichen Auffassungen der verschiedensten Akteure. Über 30 Verbände und Einzelsachverständige haben hier Stellungnahmen abgegeben [im Detail siehe Externer Link: hier).

So sah der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) die Abschaffung der ABM als nicht sachgerecht an, weil im SGB III auch Langzeitarbeitslose betreut werden und für diese Personengruppe letztendlich keine Beschäftigungsmaßnahme mehr zur Verfügung stehen würde. Anders beurteilten dies die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeber (BDA) und der Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH), die in der Abschaffung eine zwingende Konsequenz der Ergebnisse der Evaluation sahen, wonach Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für viele Teilnehmergruppen nicht nur nicht hilfreich sind, sondern sogar signifikant negative Eingliederungswirkungen auslösen sowie ggf. zur Stigmatisierung des Lebenslaufes bei folgenden Bewerbungen führen.

Die Arbeitsgelegenheiten standen von Beginn an sowohl im wissenschaftlichen als auch im (arbeitsmarkt-)politischen Diskurs unter Kritik. Allerdings sind die jeweils benannten Kritikpunkte höchst unterschiedlich: Aus dem eher linken politischen Spektrum und von Erwerbsloseninitiativen wird kritisiert, dass sich in ihnen die Umsetzung von "Workfare“ widerspiegelt. Demgegenüber monieren sowohl die interne Revision der Bundesagentur für Arbeit als auch der Bundesrechnungshof deren nicht gesetzesgetreue Umsetzung in der Praxis und die damit verbundenen Folgen (Verdrängung regulärer Beschäftigung), die auch im gewerkschaftlichen Umfeld und in der Wissenschaft als dringend zu überwindendes Problem thematisiert werden. Diese Gefahr ist deshalb besonders hoch, weil die Einsatzstellen ("Arbeitgeber") der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Arbeitsgelegenheiten diese Arbeitskräfte äußerst kostengünstig beschäftigen und "ihre" Ein-Euro-Kräfte außerdem nach Ablauf der Förderdauer durch neue, auf gleiche Weise geförderte Personen ersetzen können.

Bei den Wohlfahrtsverbänden, die vorrangig aufgerufen sind, Arbeitsgelegenheiten anzubieten, ist die Debatte widersprüchlich. In vielen Bereichen gibt es nach den Stellenreduktionen im öffentlichen Sektor sinnvolle, zusätzliche und auch gemeinnützige Betätigungsmöglichkeiten, die allerdings früher von regulär bezahlten Beschäftigten ausgeführt wurden und insofern reguläre Arbeitsplätze verdrängen. Kritiker vermuten aber auch, dass manche Beschäftigungsträger, darunter viele gemeinnützige, nach der Abschaffung und Reduktion anderer Arbeitsmarktinstrumente wie der ABM aus purem Überlebensinteresse zu diesem Strohhalm greifen.

Kritiker monieren zudem, dass die Arbeitsgelegenheiten insbesondere dazu dienen, die Arbeitsmarktstatistik zu schönen: Obwohl Teilnehmer an Arbeitsgelegenheiten weiterhin Leistungen zum Lebensunterhalt und Kosten der Unterkunft beziehen, werden sie statistisch nicht mehr als Arbeitslose erfasst, sondern gelten vielmehr als Erwerbstätige.

Einige Befürworter der Arbeitsgelegenheiten halten die geforderte Zusätzlichkeit der Maßnahmen für nicht notwendig. Betont wird bei diesen Befürwortern insbesondere die Möglichkeit, mit Arbeitsgelegenheiten kostengünstig die Arbeitsbereitschaft zu testen sowie der durch Arbeitsgelegenheiten verstärkte Anreiz, gering entlohnte Tätigkeiten im Niedriglohnbereich anzunehmen.

Befürworter aus dem arbeitsmarktpolitischen Umfeld betonen dagegen stärker, dass Arbeitsgelegenheiten für bestimmte Gruppen unter den Arbeitslosen ein sinnvolles Instrument sind, um Tagesabläufe zu strukturieren und die Beschäftigungsfähigkeit der Teilnehmer zu erhöhen. Mit Blick auf die sozialpolitischen Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitssuchende seien Arbeitsgelegenheiten häufig das einzige Instrument für arbeitsmarktferne Personen.

Der mit dem Teilhabechancengesetz und der Implementierung von § 16i SGB II eingeschlagene Weg soll insbesondere Menschen eine neue Perspektive eröffnen, die schon sehr lange arbeitslos sind. Anders als bei allen anderen arbeitsmarktpolitischen Instrumenten ist bei diesem Instrument die Verbesserung der sozialen Teilhabe den typisch arbeitsmarktpolitischen Zielsetzungen Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit und der Beschäftigungschancen übergeordnet. Die Lager der Gegner und Befürworter dieses Instrumentes sind denen bei ABM sehr ähnlich.

QuellentextZentralverband des Deutschen Handwerks e.V.

Es ist zu befürchten, dass die „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ gerade den geförderten Personen langfristig die Integration in reguläre Beschäftigung erschwert, denn eine fünf Jahre andauernde geförderte Beschäftigung mit einem Fördersatz von 100 Prozent und im letzten Jahr noch immer 70 Prozent des Lohns ist für potentielle künftige Arbeitgeber eher weiterhin ein Indiz für mangelnde Produktivität. In fünf Jahren Förderdauer werden sich Geförderte und Träger/Arbeitgeber im Förderbezug „einrichten“. Auch ist nicht anzunehmen, dass das Selbstvertrauen der Geförderten hinsichtlich ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit in Anbetracht der auch ihnen bekannten hohen Förderquote tatsächlich steigt. Sie erfahren Teilhabe am Arbeitsmarkt in einer „isolierten Blase“.

Zentralverband des Deutschen Handwerks e.V. (Schriftliche Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung; Ausschussdrucksache 19 (11) 170; 30.10.2018

QuellentextArbeitnehmerkammer Bremen

Wir unterstützen ausdrücklich den damit eingeschlagenen Weg, die arbeitsmarktpolitischen Zielsetzungen des zweiten Sozialgesetzbuchs um sozialpolitische Ziele zu ergänzen und dadurch den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Es wäre zu begrüßen, wenn weitere Schritte folgen würden. Dazu gehört auch, dass die Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben einer demokratischen Gesellschaft als Ziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende explizit verankert wird. (…) Es ist sehr zu begrüßen, dass das neue Regelinstrument Wirtschaftsunternehmen, gemeinnützigen oder öffentliche Arbeitgebern gleichermaßen offenstehen soll und dass auf die Zusätzlichkeit, das öffentliche Interesse und die Wettbewerbsneutralität als Fördervoraussetzungen verzichtet wird. An deren Stelle tritt die jährliche Stellungnahme des örtlichen Beirats. Durch diese Regelungen ergibt sich vor Ort eine Vielzahl von Beschäftigungsfeldern, was die Arbeitnehmerkammer ausdrücklich begrüßt. (…) Die Sozialversicherungspflicht nimmt bedauerlicherweise die Arbeitslosenversicherung aus. Auch das halten wir nicht für angemessen. Nach einer mehrjährigen Beschäftigung müssen auch öffentlich geförderte Beschäftigte den vollen Schutz der Sozialversicherungen in Anspruch nehmen zu können.

Arbeitnehmerkammer Bremen (Unaufgeforderte Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, Ausschussdrucksache 19 (11) 182; 31.10.2018.

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Fussnoten

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Frank Oschmiansky ist Diplom Politologe und Partner in der Partnerschaftsgesellschaft ZEP – Zentrum für Evaluation und Politikberatung. Seine Forschungsschwerpunkte sind Implementation und Evaluation der Arbeitsmarktpolitik; Geschichte der Arbeitsmarktpolitik; atypische Beschäftigungen; Entwicklung der Sozialpolitik und Übergangssystem Schule-Beruf.