Vermittlung von Arbeit ist nach dem Sozialgesetzbuch III eine Pflichtleistung, die niemandem, der sich an gewisse Regeln hält, verwehrt werden kann. Jeder darf sich an die für ihn zuständige Agentur für Arbeit bzw. an das zuständige Jobcenter wenden und Vermittlungsleistungen für sich in Anspruch nehmen. Die Vermittlungsaktivitäten der Agenturen für Arbeit und der Jobcenter erfolgen für Ratsuchende und Arbeitgeber in der Regel kostenlos. Die Agenturen für Arbeit und die Jobcenter sind bei der Arbeitsvermittlung an gewisse Grundsätze gebunden, die überwiegend in § 36 SGB III geregelt sind.
Quellentext§ 36 SGB III: Grundsätze der Vermittlung
(1) Die Agentur für Arbeit darf nicht vermitteln, wenn ein Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis begründet werden soll, das gegen ein Gesetz oder die guten Sitten verstößt.
(2) Die Agentur für Arbeit darf Einschränkungen, die der Arbeitgeber für eine Vermittlung hinsichtlich Geschlecht, Alter, Gesundheitszustand oder Staatsangehörigkeit des Ausbildungsuchenden und Arbeitsuchenden vornimmt, die regelmäßig nicht die berufliche Qualifikation betreffen, nur berücksichtigen, wenn diese Einschränkungen nach Art der auszuübenden Tätigkeit unerläßlich sind. Die Agentur für Arbeit darf Einschränkungen, die der Arbeitgeber für eine Vermittlung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung oder der sexuellen Identität des Ausbildungssuchenden und Arbeitssuchenden vornimmt, nur berücksichtigen, soweit sie nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz zulässig sind. Im übrigen darf eine Einschränkung hinsichtlich der Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft, Partei oder vergleichbaren Vereinigung nur berücksichtigt werden, wenn 1.der Ausbildungs- oder Arbeitsplatz in einem Tendenzunternehmen oder -betrieb im Sinne des § 118 Abs. 1 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes besteht und 2.die Art der auszuübenden Tätigkeit diese Einschränkung rechtfertigt.
(3) Die Agentur für Arbeit darf in einem durch einen Arbeitskampf unmittelbar betroffenen Bereich nur dann vermitteln, wenn der Arbeitsuchende und der Arbeitgeber dies trotz eines Hinweises auf den Arbeitskampf verlangen.
(4) Die Agentur für Arbeit ist bei der Vermittlung nicht verpflichtet zu prüfen, ob der vorgesehene Vertrag ein Arbeitsvertrag ist. Wenn ein Arbeitsverhältnis erkennbar nicht begründet werden soll, kann die Agentur für Arbeit auf Angebote zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit hinweisen; Absatz 1 gilt entsprechend.
Mit den „Hartz-Reformen“, die eine Reaktion auf den so genannten Vermittlungsskandal waren, hat die Bundesagentur für Arbeit (BA) die Arbeitsvermittlung in einen arbeitgeberorientierten Teil (umgesetzt in der Regel durch den Arbeitgeberservice; AG-S) und einen bewerberorientierten Teil aufgeteilt. Bei den Jobcentern sind vielfältige interne Organisationsvarianten für die Umsetzung der Arbeitsvermittlung vorzufinden.
Was war der so genannte "Vermittlungsskandal"?
Der Bundesrechnungshof hatte im Januar 2002 bei der damaligen Bundesanstalt für Arbeit gravierende Fehler in der Vermittlungsstatistik angemahnt. Nachprüfungen bestätigten dann, dass nur etwa ein Drittel der ausgewiesenen Vermittlungen der gesetzlichen Definition ("Vermittlung nach Auswahl und Vorschlag") entsprach, etwa ein Drittel befand sich in einer Grauzone des Interpretationsspielraumes ("Mitwirkung bei der Besetzung offener Stellen"), das letzte Drittel war nicht nachvollziehbar und teilweise fingiert. Dies trug der BA in der Presse und Öffentlichkeit den Vorwurf der Manipulation ein.
Die statistischen Manipulationen waren aber bereits vor der Prüfung des Bundesrechnungshofes bekannt. Ein Revisor der Bundesanstalt für Arbeit hatte mehrfach darauf hingewiesen. Er war bei seinen Prüfungen auf fiktive Stellenangebote und frisierte Daten gestoßen. In einem Prüfbericht schätzte er die Richtigkeit der Vermittlungsstatistiken auf nur 25 bis 30 Prozent. Ein zweiter, weniger medial begleiteter, Vermittlungs- oder Statistikskandal ereignete sich einige Jahre später. Im Juni 2013 berichtete die Zeitschrift Der SPIEGEL von einer erneuten Prüfung von sieben Arbeitsagenturen und sieben Regionaldirektionen (siehe hierzu den Text Interner Link: Zentrale Akteure im Feld der Arbeitsmarktpolitik) durch den Bundesrechnungshof. Dabei wurde der Arbeitsagentur vorgeworfen, mit Tricks ihre Statistik zu manipulieren. Der Bundesrechnungshof monierte, dass das System der Zielsteuerung (siehe hierzu den Text Interner Link: Neues Steuerungsmodell und Verwaltungsmodernisierung) die Arbeitsagenturen dazu verleiten würde, sich auf die potenzialträchtigen Kunden also auf die Kunden, die möglichst leicht zu vermitteln sind, zu fokussieren, da das Zielsystem jede Integration in Arbeit gleich wertet.
Unterschiedliche Vermittlungsstrategien
Grundsätzlich lassen sich in der Arbeitsvermittlung drei Vermittlungsstrategien unterscheiden:
bewerberorientierte Vermittlung,
stellenorientierte Vermittlung sowie
eine Mischform aus beidem.
Bewerberorientierung bedeutet vereinfacht, dass die Arbeitsvermittler vom Potenzial der Arbeitsuchenden ausgehend passende Stellen suchen. Stellenorientierung bedeutet, dass die Arbeitsvermittler vom Stellenangebot der Arbeitgeber ausgehend geeignete Bewerber suchen.
Das „Kundenzentrum der Zukunft“ (KuZ)
Das Kernstück der innerorganisatorischen Neugestaltung der Bundesagentur für Arbeit bei der Reform der Arbeitsvermittlung im Rahmen der Umsetzung der Vorschläge der Hartz-Kommission war das so genannte „Kundenzentrum der Zukunft“, kurz KuZ. Es ist der Name für ein neues Geschäftsmodell der deutschen Arbeitsagenturen, das die Prozessorganisation der Vermittlung maßgeblich bestimmt. Es wird von allen Arbeitsagenturen angewandt. Aber auch einige Jobcenter orientieren sich an vielen Grundprinzipien des KuZ. Das Funktionsprinzip des Kundenzentrums auf der Bewerberseite ist im Grunde sehr einfach: Durch die Vorschaltung von Bereichen zur Anliegensannahme (durch einen Empfang und eine Eingangszone) soll ein Großteil der zahlreichen einfachen Kundenanliegen bereits in diesen Bereichen abgearbeitet werden. In der Eingangszone (oder telefonisch durch Call-Center) werden auch die grundlegenden Daten der Ratsuchenden aufgenommen. Dadurch sollen sich die Arbeitsvermittler besser auf das eigentliche Vermittlungsberatungsgespräch konzentrieren können. Die Störung durch eingehende Telefonanrufe soll das Vermittlungsberatungsgespräch ebenfalls nicht mehr belasten. Anrufe laufen über die Call-Center (innerhalb der BA heißen diese Service-Center). Die Vorsprache bei den Arbeitsvermittlern erfolgt fast ausschließlich nur noch nach Terminvergabe. Ergänzende Hilfsmittel (wie das „Arbeitspaket“, ein schriftlicher Fragebogen zu vermittlungsrelevanten Fragen, der vor dem Ersttermin beim Vermittler abgegeben werden soll), sollen eine optimale Vorbereitung auf das Beratungsgespräch für Bewerber und Vermittler ermöglichen.
Im Rahmen des Erstgesprächs beim Arbeitsvermittler findet dann ein so genanntes Profiling statt. Dazu werden zunächst die beruflichen und übergreifenden Kompetenzen im Rahmen einer Stärkenanalyse erfasst. Ebenfalls werden die Dinge erhoben, die einer Vermittlung (vermeintlich) im Wege stehen und bearbeitet werden sollen. Als Ergebnis des Profilings im Erstgespräch soll ein matchingfähiges Bewerberprofil zur Verfügung stehen, das unmittelbar an sämtlichen Suchläufen bundesweit teilnehmen kann.
Bis vor wenigen Jahren wurde aufbauend auf dem Profiling die Arbeitsuchenden in so genannte Kundengruppen oder Profillagen zugeordnet. Die Einordnung hatte Auswirkungen auf das weitere Vorgehen und dem Einsatz von Unterstützungsinstrumenten. Dieses Vorgehen sollte einen zielgerichteten Ressourceneinsatz ermöglichen. Aus Wissenschaft und Gesellschaft wurde vielfältige Kritik an diesem Vorgehen artikuliert, so dass im Frühjahr 2017 die Profillagen abgeschafft wurden, um die „Integrationsprozesse zu vereinfachen“. Die Arbeitsvermittler sollen nunmehr mit den Arbeitsuchenden Handlungsstrategien erarbeiten, die auf vermittlungsrelevante Handlungsbedarfe rekurrieren und sich fünf Schlüsselgruppen zuordnen lassen.
Diese Handlungsstrategien wurden in das bereits länger bestehende so genannte 4-Phasen-Modell (4PM) der Integrationsarbeit, das die Geschäftsprozesse der arbeitnehmerorientierten Integrationsarbeit beschreibt, integriert. Handlungsleitend bei 4PM soll der individuelle Unterstützungsbedarf der Kundin bzw. des Kunden sein. Dieser Bedarf bestimmt die Strategie bei der (Re-)Integration, der Heranführung an den Arbeitsmarkt bzw. den Weg zur Reduzierung der Hilfebedürftigkeit. Alle Agenturen für Arbeit und die gemeinsamen Einrichtungen nutzen dieses Modell.
Im Rahmen von 4PM sollen alle Arbeitsuchenden ein Profiling durchlaufen, bevor anschließend zwischen Vermittlungsfachkraft und Arbeitsuchenden eine Zielfestlegung vorgenommen werden soll. Anschließend wird die Handlungsstrategie bzw. werden die Handlungsstrategien ausgewählt und vereinbart, auf welche Weise und mit welcher zeitlichen Perspektive die Ziele erreicht werden sollen. Die getroffenen Vereinbarungen werden in einer Eingliederungsvereinbarung schriftlich festgehalten. Die Eingliederungsvereinbarung bildet zugleich den verbindlichen Startpunkt für die Umsetzung und Nachhaltung der vereinbarten Vorgehendweise. In Folgegesprächen wird – wenn in der Zwischenzeit keine Arbeitsaufnahme erreicht wurde – der vereinbarte Integrationsplan überprüft und ggf. angepasst. Sobald eine Integration in Arbeit oder Ausbildung erfolgt, kann dieser zirkuläre Prozess verlassen werden und eine etwa sechsmonatige Phase der Nachbetreuung setzt ein, in der die Vermittlungsfachkraft sich z.B. nach weiterer notwendiger Unterstützung (z.B. am Arbeitsplatz) erkundigen soll.
Was bedeutet konkret Profiling?
Profiling ist grundsätzlich eine Methode, Leistungsprofile von Arbeitslosen – ihre Stärken und Schwächen – zu ermitteln. In der Regel wird durch eine individuelle Chanceneinschätzung das Risiko des Eintritts von Langzeitarbeitslosigkeit bestimmt, um ggf. rechtzeitig Interventionsmaßnahmen zur Vermeidung des Eintritts einzuleiten.
In Deutschland wurde das Profiling gesetzlich 1998 in das SGB III integriert. Danach hatte ein Profiling spätestens nach sechsmonatiger Arbeitslosigkeit zu erfolgen. Das Job-AQTIV-Gesetz aus dem Jahr 2002 zog diesen Zeitpunkt auf spätestens den Tag der Arbeitslosmeldung vor. Aktuell ist das Profiling unter dem Begriff Potenzialanalyse und Eingliederungsvereinbarung in § 37 SGB III verortet.
Quellentext§ 37 SGB III (Potenzialanalyse und Eingliederungsvereinbarung)
(1) Die Agentur für Arbeit hat unverzüglich nach der Ausbildungsuchendmeldung oder Arbeitsuchendmeldung zusammen mit der oder dem Ausbildungsuchenden oder der oder dem Arbeitsuchenden die für die Vermittlung erforderlichen beruflichen und persönlichen Merkmale, beruflichen Fähigkeiten und die Eignung festzustellen (Potenzialanalyse). Die Potenzialanalyse erstreckt sich auch auf die Feststellung, ob und durch welche Umstände die berufliche Eingliederung voraussichtlich erschwert sein wird.
(2) In einer Eingliederungsvereinbarung, die die Agentur für Arbeit zusammen mit der oder dem Ausbildungsuchenden oder der oder dem Arbeitsuchenden trifft, werden für einen zu bestimmenden Zeitraum festgelegt
1. das Eingliederungsziel,
2. die Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit,
3. welche Eigenbemühungen zur beruflichen Eingliederung die oder der Ausbildungsuchende oder die oder der Arbeitsuchende in welcher Häufigkeit mindestens unternehmen muss und in welcher Form diese nachzuweisen sind,
4. die vorgesehenen Leistungen der aktiven Arbeitsförderung. Die besonderen Bedürfnisse behinderter und schwerbehinderter Menschen sollen angemessen berücksichtigt werden.
(3) Der oder dem Ausbildungsuchenden oder der oder dem Arbeitsuchenden ist eine Ausfertigung der Eingliederungsvereinbarung auszuhändigen. Die Eingliederungsvereinbarung ist sich ändernden Verhältnissen anzupassen; sie ist fortzuschreiben, wenn in dem Zeitraum, für den sie zunächst galt, die Ausbildungssuche oder Arbeitsuche nicht beendet wurde. Sie ist spätestens nach sechsmonatiger Arbeitslosigkeit, bei arbeitslosen und ausbildungsuchenden jungen Menschen spätestens nach drei Monaten, zu überprüfen. Kommt eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande, sollen die nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 erforderlichen Eigenbemühungen durch Verwaltungsakt festgesetzt werden.
Siehe auch: Externer Link: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_3/__37.html
Die gesetzlichen Regelungen hatten allerdings lange Zeit kaum Auswirkungen auf die Praxis. Erst ab dem Jahre 2003 wurde ein gewisser Standard in den Arbeitsagenturen etabliert. Internationales Vorbild waren insbesondere die Niederlande. Hier wurde 1999 der „Kansmeter“ eingeführt, welcher eine Aufteilung der Kunden in vier Zielgruppen und entsprechend differenzierte Integrationsstrategien vornimmt. Er besteht aus einem Fragebogen mit ausgearbeitetem Bewertungsschema sowie ergänzende Beratungsgespräche.
Im aktuellen Profiling der Bundesagentur für Arbeit wird der kundenspezifische Handlungsbedarf in den Schlüsselgruppen (siehe Tabelle oben) Qualifikation, Leistungsfähigkeit, Motivation, Rahmenbedingungen und übergreifende Dimensionen erfasst. Jede Schlüsselgruppe wird durch Handlungsbedarfe konkretisiert, die eine spezifische Handlungsstrategie auslösen.
Das Vermittlungsberatungsgespräch
Ein „typisches“ Vermittlungsgespräch in einer Agentur für Arbeit besteht in aller Regel aus folgenden Basiselementen: Nach einem (zumeist anlassbezogenen) Gesprächseinstieg werden soweit nötig die Bewerberdaten im PC aktualisiert. Die Eigenbemühungen und die Motivation des Arbeitsuchenden werden überprüft, ebenso die zeitliche und räumliche Mobilitätsbereitschaft. Die Kenntnisse und Qualitäten des Arbeitsuchenden werden geprüft und ggf. aktualisiert. Abgeschickte oder sich in Arbeit befindende Bewerbungen werden gemeinsam durchgesehen bzw. besprochen. Stellensuchläufe werden durchgeführt und ggf. daran anschließend Vermittlungsvorschläge ausgehändigt. Zum Abschluss wird eine Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen.
Die Bedeutung des Stellensuchlaufs im Gespräch war dabei in den letzten Jahren lange abnehmend (aktuell gibt es hierzu keine neuen Studien; Eindrücke des Verfassers aus eigenen Studien deuten darauf hin, dass Stellensuchläufe wieder zunehmen). Zum einen soll der Arbeitsuchende eigenständig in den Internet-Stellenbörsen der BA und anderer Anbieter suchen. Zum anderen wird darauf verzichtet, wenn der Arbeitsuchende im Rahmen der „Bestenauslese“ ohnehin keinen Vermittlungsvorschlag erhalten würde oder sollte. Und schließlich wird gerade in den Arbeitsagenturen überwiegend stellenorientiert vermittelt, das heißt, die Arbeitgebervermittler aus dem Arbeitgeberservice (AG-S) besetzen von den eingehenden Stellen aus.
Förderung von Arbeitsvermittlung
Leistungen zur Förderung von Arbeitsvermittlung waren bis Ende 2008 in verschiedenen Einzelvorschriften geregelt. Das Leistungsspektrum umfasste beispielsweise Erstattung von Bewerbungskosten und Reisekosten bei Vorstellungsterminen, Mobilitätshilfen bei auswärtiger Arbeitsaufnahme (Reisekostenbeihilfe, Fahrkostenbeihilfe, Trennungskostenbeihilfe, Umzugskostenbeihilfe), Leistungen für Arbeitskleidung und Arbeitsgerät (Ausrüstungsbeihilfe) und vieles mehr. Diese Leistungen sind in einem so genannten Vermittlungsbudget (§ 44 SGB III) zusammengefasst worden. Die Entscheidung, ob und welche Hilfen gewährt werden, sollte damit stärker als vorher in das Ermessen der Vermittler gelegt werden. Während vormals im Gesetz genaue Leistungsbestimmungen enthalten waren, soll fortan die Agentur für Arbeit bzw. der zuständige Arbeitsvermittler über den Umfang der Leistungen entscheiden. Dieses Vermittlungsbudget soll die Grundlage für eine flexible, bedarfsgerechte und unbürokratische Förderung von Arbeitsuchenden sein. Nicht mehr die Frage, welche Leistungen beantragt werden können, sondern ob und welche Hemmnisse beseitigt werden müssen, soll im Vordergrund stehen.
Arbeitgeberorientierte Vermittlung durch den AG-S
Die Vermittlung in Ausbildung und Arbeit hat Vorrang vor Entgeltersatzleistungen bei Arbeitslosigkeit und vor den sonstigen Leistungen der aktiven Arbeitsförderung (§ 4 SGB III). Für den Bereich der Arbeitgeberbetreuung galt lange, dass die Arbeitsagenturen nur wenig aktiv waren. Aufgrund der hohen Kundenzahlen im Arbeitnehmerbereich war der Kontakt der Arbeitsvermittler zu den Arbeitgebern nach dem Verlust der Vollbeschäftigung 1975 zur Ausnahme geworden.
Nicht zuletzt galt die vorletzte große Organisationsreform der BA, das so genannte "Arbeitsamt 2000" in den Ämtern als eine Hauptursache für die allgemein konstatierte gesunkene Arbeitgeberorientierung bei der Vermittlung, da im Zuge der "Arbeitsamt 2000"-Einführung vor allem entsprechende Einrichtungen zur Pflege der Arbeitgeberkontakte und Stellenakquisition abgeschafft wurden. Dies betraf etwa die sogenannte Zentrale Auftragsentgegennahme, bei der ein oder mehrere Vermittler für die Aufnahme von Stellenangeboten und anderen Arbeitgeberanliegen verantwortlich waren und diese entweder selber unmittelbar abarbeiten konnten oder entsprechend weiterleiten.
Erst seit dem so genannten "Vermittlungsskandal" 2002 und verstärkt mit der Reorganisation der Bundesagentur für Arbeit in Folge der Vorschläge der Hartz-Kommission wurde die Arbeitgeberorientierung wieder verstärkt. Die Hartz-Kommission sah allein eine erhebliche quantitative Aufstockung des Arbeitgeberbereichs vor, der 50 Prozent aller Vermittlerkapazitäten betragen sollte.
Solche Dimensionen sind in der Umsetzung nie erreicht worden. Mit einem durchschnittlichen Anteil von 23 Prozent (Februar 2020) an allen Vermittlerkapazitäten in den Arbeitsagenturen ist gleichwohl eine erhebliche quantitative Aufstockung vollzogen worden.
Die Kernaufgaben des Arbeitgeberbereichs sind Stellenannahme, Stellenführung, Stellenbesetzung und Stellenakquise, aber auch beispielsweise die Beratung der Arbeitgeber zu Qualifizierungspotenzialen der Belegschaft und zu Förderleistungen, insbesondere von Eingliederungszuschüssen sowie Arbeitsmarktprüfungen im Rahmen von Arbeitserlaubnisprüfungen und für Saisonkräfte.
Die Arbeitgeberteams sollen dabei laut Konzept ihre begrenzten Vermittlerressourcen auf potenzialreiche Arbeitgeber fokussieren ohne alle anderen Arbeitgeber zu vernachlässigen, was einer Quadratur des Kreises gleicht.
Der Zugang offener Stellen erfolgt im Wesentlichen auf drei Wegen: Entweder (häufigster Fall) durch Meldung des Stellenangebots seitens des Arbeitgebers telefonisch, per Fax oder per E-Mail oder durch Auswertungen seitens der Agenturmitarbeiter der Stellenannoncen der lokalen Zeitungen oder durch aktive Akquise bei Betriebsbesuchen bzw. im Nachgang des Außendienstes. Bei jährlich über zehn Millionen begonnenen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen ist die Arbeitsvermittlung der BA zu nur knapp über einem Viertel (Einschaltungsgrad der Agenturen für Arbeit) beteiligt.
Betrachtet man allein die in der Tabelle abgebildeten Daten, zeigen sich auf Anhieb keine Reformgewinne. Die Zahl der eingehenden Stellen liegt nicht über dem Niveau vor dem Reformprozess. Dies könnte daran liegen, dass die Statistik in diesem Bereich nun „ehrlicher“ ist. Die in den wirtschaftlichen Boomjahren 2018 und 2019 abnehmende Zahl deutet aber eher darauf, dass der Anteil der der BA gemeldeten Stellen abnehmend ist. Zugleich zeigen qualitative Forschungsergebnisse, dass auch heute noch die Zahl der gemeldeten Stellen überzeichnet ist, da z.B. einzelne Stellen mehrfach (z.B. eine Stelle durch unterschiedlichste Leiharbeitsfirmen oder bei unterschiedlichsten Agenturen und Grundsicherungsstellen, ohne dass bemerkt wird, dass es die gleiche Stelle ist) gemeldet werden.
Die Vakanzzeit der gemeldeten Stellen ist stark konjunkturabhängig. In der Statistik der gemeldeten Stellen gibt sie an, wie viel Zeit zwischen der frühstmöglichen Besetzung einer Stelle und ihrer Löschung aus dem Stellenangebot vergangen ist. Dabei ist der Anlass für die Löschung einer Stelle unerheblich. Das Ende der Vakanzzeit muss also nicht zwingend durch eine erfolgreiche Stellenbesetzung verursacht worden sein. Generell ist jedoch zutreffend, dass bei einer geringen Zahl an Arbeitsuchenden und einer hohen Zahl an gemeldeten bzw. eingeworbenen Stellen eine schnelle Besetzung herausfordernder ist. Inwiefern dies eine Erklärung für die stark gestiegenen Vakanzzeiten ist, muss offen bleiben; nicht zuletzt, da zu diesen Bereichen der Arbeitsmarktpolitik kaum Studien vorhanden sind. Vereinzelt befasst sich das BA-eigene Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) mit einzelnen Aspekten, z.B. indem Zufriedenheitsbefragungen bei Arbeitgebern ausgewertet werden.
Laut einer jüngeren Studie (Befragung im zweiten Quartal 2018) gaben Arbeitgeber folgende Gründe für den Kontakt mit dem AG-S an:
Laut des IAB bewertet das Gros der Betriebe die Leistungen des Arbeiter-Service positiv.
Organisationsmodelle zwischen SGB III und SGB II
Seit der Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende können Arbeitgeber prinzipiell drei öffentliche Arbeitsvermittlungen einschalten: die Agenturen für Arbeit, die gemeinsamen Einrichtungen des SGB II und die zugelassenen kommunalen Träger des SGB II. Drei Kernvarianten der Umsetzung haben sich dabei herausgebildet:
ein gemeinsamer Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit mit der gemeinsamen Einrichtung unter Verwendung einer gemeinsamen Datengrundlage / IT,
ein jeweils eigener AG-S der Agentur für Arbeit und der gemeinsamen Einrichtung unter Verwendung einer gemeinsamen Datengrundlage / IT,
getrennte Arbeitgeberbetreuung von Agentur für Arbeit und zugelassenem kommunalen Träger.
Sehr vereinzelt finden sich weitere Varianten, wie der Verzicht eines Arbeitgeberservices in der Grundsicherung oder einer engen Zusammenarbeit des AG-S der Agentur für Arbeit und des zugelassenen kommunalen Trägers trotz unterschiedlicher IT-Systeme. Die zugelassenen kommunalen Träger verwenden unterschiedlichste IT-Systeme. Ihre Stellendatenbänke sind daher dort sehr eingeschränkt. Sie profitieren allerdings insbesondere von den allgemein zugänglichen Datenbanken der BA und auch von privat betriebenen Portalen.