Die Bundesländer spielen eine wichtige Rolle in der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Frei von gesetzlichen Reglementierungen können sie Lücken der Förderpolitik der Agenturen für Arbeit und der Jobcenter füllen. Welche Einflussmöglichkeiten und Handlungsspielräume die Länder haben und welche Verfahren der Ressourcenverteilung sie nutzen, wird im Folgenden beschrieben.
Arbeitsmarktpolitik in Deutschland fällt unter die konkurrierende Gesetzgebung (Art. 74 GG), laut der die Bundesländer die Gesetzgebungskompetenz innehaben, solange und soweit der Bund nicht von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch macht (Art. 72 GG Abs. 1). Unter Berufung auf das Ziel der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse hat der Bund genau dies getan, so dass der gesamte Bereich der Arbeitslosenversicherung und Arbeitsvermittlung bundesweit einheitlich geregelt und die Bundesagentur für Arbeit (BA) der dominierende Akteur in diesem Bereich ist. Die Rolle der Bundesländer in der aktiven Arbeitsmarktpolitik ist deshalb eine freiwillige und ergänzende. Der gesamte Finanzrahmen fällt im Vergleich zu den Möglichkeiten des Bundes bzw. der Bundesagentur für Arbeit eher gering aus. Gleichwohl können die Bundesländer freier agieren als die Bundesagentur für Arbeit, denn diese ist streng an das im SGB III festgeschriebene Instrumentarium und an die aus dem Versicherungsprinzip resultierende Individualförderung gebunden. Die Bundesländer können dagegen gezielt Förderungslücken des SGB III bzw. des SGB II angehen und eigene Instrumente entwickeln. Da den Bundesländern außerdem die Kompetenz für Strukturpolitik obliegt, sind sie in der Lage, die besonderen regionalen Bedürfnisse "ihrer" Arbeitsmärkte zu berücksichtigen und eine koordinierte Verzahnung von Wirtschafts-, Struktur- und Arbeitsmarktpolitik zu verfolgen. Dabei setzen sie in unterschiedlichem Ausmaß die Mittel der europäischen Strukturförderung und eigene Haushaltsmittel ein, um eigene arbeitsmarktpolitische Akzente zu setzen.
Einflussmöglichkeiten der Länder
Die Länder haben im Feld der Arbeitsmarktpolitik verschiedene Einflussmöglichkeiten. Über den Bundesrat wirken die Länder an sie betreffenden Entscheidungen der Arbeitsmarktpolitik mit. Auch hinsichtlich der Gestaltung der Politik der Bundesagentur für Arbeit haben sie Einflussmöglichkeiten. Allerdings ist die Mitwirkung in der Selbstverwaltung der BA nur noch in der Zentrale in Nürnberg und in den Verwaltungsausschüssen der regionalen Arbeitsagenturen möglich. Auf der Ebene der Regionaldirektionen, die z.T. in mehreren Ländern gleichzeitig Ansprechpartner sind, seit 2005 nicht mehr. Denn mit den „Hartz-Gesetzen“ haben sich auch für die Bundesländer völlig neue Abstimmungs-, Aufsichts- und Kontrollaufgaben ergeben.
Vor dieser Zäsur hat es viele Ansätze und Erfahrungen mit Landesarbeitsmarktprogrammen und mit kommunaler Beschäftigungspolitik gegeben. Bis dahin waren insbesondere die neuen Länder wegen der transformationsbedingt hohen Unterbeschäftigung recht experimentierfreudig und innovativ. Sie setzten beträchtliche Landesmittel für eigene Programme, für die nötige Ko-Finanzierung der EU-Strukturfonds und für die aus ihrer Sicht politisch gebotene Ergänzung und Aufstockung von Bundes- und BA-Programmen ein. Im Prinzip gilt das heute auch noch, aber der Einsatz originärer Landesmittel wurde erheblich zurückgefahren. Der Externer Link: Europäische Sozialfonds (ESF) bleibt auf der Programm- und der Projektebene das wichtigste Budget und Instrument der Landesarbeitsmarktpolitik. In der Förderperiode 2014 bis 2020 stehen den Bundesländern insgesamt ESF-Mittel in Höhe von 4,8 Mrd. Euro zur Verfügung. Für weitere Informationen zur Rolle der Länder siehe u.a. den Artikel
Aktive Arbeitsmarktpolitik der Bundesländer
Die Bundesländer haben in der aktiven Arbeitsmarktpolitik Handlungsspielräume für innovative Instrumente und Maßnahmen, die sie unterschiedlich nutzen. In der Forschung wurden die Bundesländer häufig als "Laboratorien der deutschen Arbeitsmarktpolitik" bezeichnet.
InfoDie Bundesländer in der aktiven Arbeitsmarktpolitik
"Es wird experimentiert, initiiert und koordiniert und viele Länder erweisen sich dabei als durchaus innovativ und flexibel. Insofern besitzen die Länder, neben ihrer Bedeutung bei der Ergänzung bestehender Aktivitäten des Bundes und der BA, auch eine Bedeutung als "Experimentierfelder" und können wichtige Impulse in der Arbeitsmarktpolitik geben, die von anderen Ebenen in diesem Maße nicht ausgehen."
Blancke, S. / Schmid, J. (2000): Die Bundesländer in der aktiven Arbeitsmarktpolitik. WIP Occasional Paper Nr. 12; Tübingen, S. 20f.
Einige Bundesländer beschränken sich unterdessen allerdings überwiegend auf die Ko-Finanzierung des ESF, andere setzen darüber hinaus noch eigene Akzente, z.B. im Bereich Übergang Schule-Beruf oder der beruflichen und sozialen Integration besonders benachteiligter Gruppen. Der ESF legt in der aktuellen Förderperiode 2014-2020 seine Schwerpunkte auf Beiträge zur Sicherung des Fachkräftebedarfs, der Förderung der sozialen Inklusion und der Bekämpfung von Armut. Weitere Schwerpunkte bilden die Förderungen von Selbständigkeit, die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben sowie die Verbesserung des Bildungsniveaus und lebenslanges Lernen.
Landesverfahren der Ressourcensteuerung
Drei Verfahren der Ressourcenverteilung können unterschieden werden: Richtlinienförderung, Regionalbudgets und Ideenwettbewerbe. Je nach Verfahren können die Länder direkt über die Mittelverteilung entscheiden, oder sie haben diese Entscheidung an regionale Gremien verlagert, in denen die kommunalen Träger mitbestimmen können. Im Fall von Zuwendungen über Richtlinien kann die Bewilligungsbehörde die Mittelverteilung steuern. Im Fall von Regionalbudgets stehen allen Regionen, entsprechend dem jeweiligen Verteilungsschlüssel, vergleichbare Mittelvolumina zur Verfügung. Da zumeist die Kreise und kreisfreien Städte die Zuwendungsempfänger sind, können sie die Mittelverteilung selbst steuern und dabei die strategischen Überlegungen zur Umsetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende besonders berücksichtigen. Im Fall von Ideenwettbewerben hängt eine Einbeziehung einzelner kommunaler Träger von ihrer institutionellen Kapazität ab, flexibel und professionell auf derartige Ausschreibungen zu reagieren.