Aufgrund der komplexen Regelungsstrukturen im Feld der Arbeitsmarktpolitik spielen zahlreiche Akteure eine wichtige Rolle. Besondere Bedeutung haben der Bund (Bundesregierung, Bundestag, Bundesministerium für Arbeit und Soziales etc.), der Bundesrat und die Länder, die Kommunen, die Bundesagentur für Arbeit, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, die Wohlfahrtsverbände aber auch internationale Organisationen wie beispielsweise die Internationale Arbeitsorganisation. Ebenfalls Einfluss nehmen die europäischen Beschäftigungsstrategien und die EU-Strukturfonds, insbesondere der Europäische Sozialfonds.
Der Bund
Der Staat ist insbesondere auf Grund seiner Funktion als Legislative der wichtigste Akteur im arbeitsmarktpolitischen Feld. Er definiert die Regeln für die Ausgestaltung der Tarif- bzw. Arbeitsbeziehungen. Hierzu zählen die Mitbestimmungsregelungen auf betrieblicher und überbetrieblicher Ebene genauso wie das Tarifvertragsgesetz und die Sozialgesetzbücher. Die Verabschiedung arbeitsmarktpolitisch relevanter Rechtsnormen fällt in den Kompetenzbereich der Gesetzgebungsorgane des Bundes und der Länder.
In seiner Funktion als Exekutive hat der Staat für die Umsetzung der arbeitsmarktpolitisch relevanten Rechtsnormen zu sorgen und in seiner Funktion als Judikative wacht der Staat über die Einhaltung der Rechtsnormen. Arbeitsmarktpolitik in Deutschland fällt unter die konkurrierende Gesetzgebung (Art. 74 GG), laut der die Bundesländer die Gesetzgebungskompetenz innehaben, solange und soweit der Bund nicht von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch macht (Art. 72 GG Abs. 1). Unter Berufung auf das Ziel der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse hat der Bund genau dies getan, so dass der gesamte Bereich der Arbeitslosenversicherung und Arbeitsvermittlung bundesweit einheitlich geregelt ist.
Fachlich zuständiges Ministerium ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Dem aktuellen Bundesminister für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil, stehen zwei parlamentarische und drei beamtete Staatssekretäre zur Verfügung. Ein aktuelles Organigramm des Ministeriums findet sich Externer Link: hier.
Das Ministerium sitzt zu Teilen in Berlin und in Bonn. Es gliedert sich aktuell in sieben Abteilungen:
Abteilung Z: Personal, Haushalt, Organisation
Abteilung DA: Digitalisierung und Arbeitswelt
Abteilung I: Grundsatzfragen des Sozialstaats, der Arbeitswelt und der sozialen Marktwirtschaft
Abteilung II: Arbeitsmarktpolitik, Ausländerbeschäftigung, Arbeitslosenversicherung, Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung III: Arbeitsrecht, Arbeitsschutz
Abteilung IV: Sozialversicherung, Alterssicherung
Abteilung V: Teilhabe Belange von Menschen mit Behinderungen, Soziale Entschädigung, Sozialhilfe
Abteilung VI: Europäische und Internationale Beschäftigungs- und Sozialpolitik, ESF
Bislang kamen die "Bundesarbeitsminister" immer entweder von der CDU oder der SPD. Mit deutlichem Abstand war Norbert Blüm der am längsten amtierende "Bundesarbeitsminister". Nach der Bundestagwahl 2013 hat die SPD wieder das Arbeitsministerium übernommen.
InfoListe der bisherigen "Bundesminister für Arbeit"
1949–1957: Anton Storch (CDU)
1957–1965: Theodor Blank (CDU)
1965–1969: Hans Katzer (CDU)
1969–1976: Walter Arendt (SPD)
1976–1982: Herbert Ehrenberg (SPD)
1982–1982: Heinz Westphal (SPD)
1982–1998: Norbert Blüm (CDU)
1998–2002: Walter Riester (SPD)
2002–2005: Wolfgang Clement (SPD)
2005–2007: Franz Müntefering (SPD)
2007–2009: Olaf Scholz (SPD)
Herbst 2009: Franz Josef Jung (CDU)
2009-2013: Ursula von der Leyen (CDU)
2013-2017: Andrea Nahles (SPD)
2017-2018: Katarina Barley (kommissarisch) (SPD)
seit 14.03.2018 Hubertus Heil (SPD)
Im Bereich der für die Arbeitsmarktpolitik im engeren Sinne beiden wichtigsten Gesetze, dem Sozialgesetzbuch III (SGB III; Arbeitsförderung) und dem Sozialgesetzbuch II (SGB II; Grundsicherung für Arbeitsuchende) ist die Rolle des BMAS unterschiedlich definiert. Im SGB III hat das BMAS die Rechtsaufsicht über die Bundesagentur für Arbeit (BA). Es kontrolliert also die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben. Darüber hinaus ist die BA der für die Durchführung der Aufgaben des SGB III zuständige Verwaltungsträger. Die Mittel zur Finanzierung der Aufgaben des SGB III kommen überwiegend aus von Arbeitnehmern und Arbeitgebern geleisteten Versicherungsbeiträgen (Arbeitslosenversicherung) sowie im Defizitfall aus Darlehen und Zuschüssen des Bundes.
Im SGB II ist die Grundstruktur komplexer, zum einen, weil das Gesetz Aufgaben des Bundes und Aufgaben der Kommunen verzahnt, .zum anderen, weil es zur Umsetzung des SGB II bis zum Jahresende 2010 drei unterschiedliche Organisationsvarianten gab: sog. Arbeitsgemeinschaften (ARGEn), sog. Optionskommunen (auch zugelassene kommunale Träger genannt) und die sog. getrennte Aufgabenwahrnehmung. Seit der Organisationsreform im Jahr 2011 existieren nur noch zwei Organisationsformen, die beide unter dem Namen Jobcenter firmieren. Die beiden Organisationsformen sind die gemeinsamen Einrichtungen (die ehemaligen Arbeitsgemeinschaften) und die zugelassenen kommunalen Träger.
Insgesamt sind die Rechte des Bundes gegenüber der BA im Rahmen des SGB II deutlich stärker ausgestaltet worden als im SGB III. Dies lässt sich bereits daraus erklären, dass der Bund den überwiegenden Teil der Leistungen des SGB II aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert. Im SGB III hingegen tragen die Arbeitnehmer über ihre Beiträge zur Arbeitslosenversicherung den größten Anteil an der Finanzierung der Arbeitsmarktpolitik.
Im Bereich des SGB III genehmigt der Bund den Haushalt der BA und ersetzt aufgrund des § 363 SGB III die Kosten der BA, welche aus den zusätzlich übertragenen Aufgaben (wie zum Beispiel Kindergeld oder Arbeitslosengeld II) entstehen.
Nicht zuletzt hat der Bund die Möglichkeit durch Bundessonderprogramme arbeitsmarktpolitische Akzente zu setzen. Dies nutzt der Bund insbesondere seit Einsetzen der Beschäftigungskrise Mitte der siebziger Jahre in unterschiedlichem Umfang. Mit diesen Sonderprogrammen konnten immer wieder wichtige Akzente in der Arbeitsmarktpolitik gesetzt werden. Wichtige Programme der letzten Jahre waren beispielsweise "Bürgerarbeit", "Kommunal-Kombi" und das „Bundesprogramm zur Eingliederung langzeitarbeitsloser Leistungsberechtigter nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt". Die Bundesprogramme werden häufig aus Mitteln des ESF und des Bundes finanziert.
Die Bundesagentur für Arbeit (BA)
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) ist eine rechtsfähige bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 367 SGB III). Sie unterliegt der Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (§ 393 SGB III), das über die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben wacht und Zielvereinbarungen mit der BA trifft. Kontrolliert wird sie durch den Verwaltungsrat, ein Selbstverwaltungsgremium, das drittelparitätisch besetzt ist mit Vertretern der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber und der öffentlichen Körperschaften. Der Verwaltungsrat überwacht die Arbeit des hauptamtlichen Vorstands der BA und berät ihn in allen aktuellen Fragen des Arbeitsmarktes. Im Jahr 2018 hatte die Bundesagentur für Arbeit 96.100 Beschäftigte.
Nach dem so genannten "Vermittlungsskandal" und anschließend insbesondere durch die "Hartz-Gesetze" ist die BA organisatorisch stark umgebaut worden. Die frühere Präsidialstruktur der Bundesbehörde BA wurde als eine der ersten Maßnahmen der Reform in eine Geschäftsführung umgewandelt, bestehend aus dem Vorsitzenden des Vorstandes und zwei weiteren Mitgliedern.
Aktueller Vorstandsvorsitzender ist Detlef Scheele. Den Vorstand komplettieren Christiane Schönefeld (Vorstand Ressourcen) und Daniel Terzenbach (Vorstand Regionen). Der dreiköpfige Vorstand leitet die Bundesagentur und führt deren Geschäfte. Er vertritt die Bundesagentur gerichtlich und außergerichtlich. Der Vorsitzende bestimmt die Richtlinien der Geschäftsführung, innerhalb derer die beiden Mitglieder des Vorstandes ihre Geschäfte selbstständig führen. Der Vorstand hat gegenüber dem Verwaltungsrat eine Berichts- und Auskunftspflicht über die Geschäftsführung. Die Zuständigkeit des Verwaltungsrats erstreckt sich allerdings nur auf den Bereich des SGB III.
InfoPräsidenten bzw. Vorstandsvorsitzende der Bundesanstalt / Bundesagentur für Arbeit
1952-1957: Julius Scheuble
1957-1968: Anton Sabel
1968-1984: Josef Stingl
1984-1993: Heinrich Franke
1993-2002: Bernhard Jagoda
2002-2004: Florian Gerster
2004-2017: Frank-Jürgen Weise
seit April 2017: Detlef Scheele
Die BA erfüllt im Rahmen des SGB III u.a. die folgenden Aufgaben:
Leistungsauszahlung des Arbeitslosengeldes sowie des Insolvenzgeldes,
Marktausgleich durch Arbeitsvermittlung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern,
Ausbildungs- und Berufsberatung für Jugendliche,
Vergabe von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen nach dem SGB III sowie nach Sonderprogrammen der Bundesregierung, der Länder und der EU,
ordnungspolitische Aufgaben, wie die Erteilung von Arbeitsgenehmigungen für Nicht-EU-Bürger,
Förderung der Chancengleichheit am Arbeitsmarkt und Zielgruppenprogramme für Jugendliche, ältere Arbeitnehmer und Geringqualifizierte,
die Erstellung von Arbeitsmarkt- und Ausbildungsmarktstatistiken sowie
die Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.
Außerdem ist die BA nach dem Sozialgesetzbuch II (Grundsicherung für Arbeitsuchende) gemeinsam mit den Kommunen in sogenannten "gemeinsamen Einrichtungen" für die Betreuung Langzeitarbeitsloser zuständig.
Die BA ist aber nicht nur im Arbeitsmarkt aktiv, sondern übernimmt auch andere Funktionen. So ist die Familienkasse der BA für die Berechnung und Auszahlung des Kindergelds zuständig.
Aktuell gliedert sich die BA in:
die Zentrale in Nürnberg,
10 Regionaldirektionen,
156 Agenturen für Arbeit und rund 600 Geschäftsstellen,
sowie 303 Jobcenter (gemeinsame Einrichtungen) in gemeinsamer, Trägerschaft mit Landkreisen und kreisfreien Städten.
Hinzu kommen die besonderen Dienststellen:
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg,
Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) in Bonn,
Führungsakademie der BA (FBA),
Hochschule der Bundesagentur für Arbeit (HdBA) - Staatlich anerkannte Fachhochschule für Arbeitsmarktmanagement,
IT-Systemhaus - Informationstechnik der BA,
BA-ServiceHaus - Servicedienstleister der BA und die
Familienkasse.
Auch auf der Mittelebene der BA ergaben sich durch die Hartz-Gesetze erhebliche Neustrukturierungen. Die vormaligen Landesarbeitsämter wurden umbenannt in Regionaldirektionen. Das Aufgabenspektrum der Regionaldirektionen unterscheidet sich vom Aufgabenspektrum der Landesarbeitsämter. Die Regionaldirektionen sollen als eigenverantwortliche Einheiten mit eigener Erfolgsverantwortung die Agenturen ihrer Region führen. Darüber hinaus sollen sie als Experten und Initiatoren regionaler Arbeitsmarktaktivitäten und in der regionalen Politikberatung gegenüber den Landesregierungen tätig werden. Auf dieser mittleren Ebene sind durch die Hartz-Gesetze die Verwaltungsausschüsse abgeschafft worden, was insbesondere eine Schwächung der Stellung der Länder im SGB III bedeutet, die über die Verwaltungsausschüsse vorher zumindest noch partiell in der Arbeitsmarktpolitik mitwirken konnten.
Auf örtlicher Ebene sind die Agenturen für Arbeit für die Umsetzung der Aufgaben der BA zuständig. Selbstverwaltungsorgane auf dieser Ebene sind die Verwaltungsausschüsse bei den Agenturen für Arbeit. Sie überwachen die Arbeit der Geschäftsführung und beraten diese in allen Fragen des Arbeitsmarktes.
Kernaufgaben der Agenturen für Arbeit sind insbesondere:
Vermittlung von Ausbildungs- und Arbeitsstellen,
Arbeitgeberberatung und Arbeitgeberservice,
Berufsberatung von Jugendlichen, Studienanfängern und Hochschulabsolventen,
Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung und der beruflichen Rehabilitation,
Gewährung von Leistungen zur Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
Zahlung von Lohnersatzleistungen bei Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit oder Insolvenz,
Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern,
Information über den Arbeits- und Ausbildungsmarkt sowie über die Dienste und Leistungen der Arbeitsförderung einschl. der Erstellung von Statistiken und
Zahlung von Kindergeld.
Die Bundesländer
Die Bundesländer sind gesetzlich nicht zur Erbringung arbeitsmarktpolitischer Leistungen verpflichtet. Arbeitsmarktpolitik ist für sie eine freiwillige Aufgabe. Dennoch haben alle deutschen Bundesländer in den vergangenen Jahrzehnten zusätzlich zu den Anstrengungen der Bundesregierung und der Bundesanstalt bzw. Bundesagentur für Arbeit (BA) eigene arbeitsmarktpolitische Aktivitäten entwickelt, und es wurden in manchen Ländern zudem innovative Projekte und Maßnahmen erprobt.
Möglich wurde die Expansion hauptsächlich durch die lange Zeit stark steigenden Mittel im Rahmen der Europäischen Strukturfonds (ESF). Der ESF weist den Bundesländern Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik unter der Bedingung zu, dass die Länder die Mittel kofinanzieren und bestimmte inhaltliche Vorgaben berücksichtigt werden.
Die Bundesländer können gerade aufgrund ihrer rechtlichen "Nichtzuständigkeit" freier agieren als die BA, denn diese ist an das im SGB III festgeschriebene Instrumentarium und an die aus dem Versicherungsprinzip resultierende Individualförderung gebunden. Die Bundesländer können gezielt Lücken des SGB III aufgreifen und eigene Instrumente entwickeln. Da den Bundesländern außerdem die Kompetenz für Strukturpolitik obliegt, sind sie in der Lage, die besonderen regionalen Bedürfnisse "ihres" Arbeitsmarktes zu berücksichtigen und eine koordinierte Verzahnung von Wirtschafts-, Struktur- und Arbeitsmarktpolitik zu verfolgen. In einigen Bundesländern sind Landesarbeitsmarktprogramme aufgelegt worden, die die arbeitsmarktpolitischen Schwerpunkte der Landesregierungen dokumentieren und teilweise zusätzliche Mittel für bestimmte Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik bereitstellen.
Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder treffen sich regelmäßig einmal jährlich zu einer Externer Link: Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK) bei der Vorhaben der Arbeitsmarktpolitik der Länder koordiniert werden. Die Bundesländer können über den Bundesrat Einfluss bei arbeitsmarktpolitischen Vorhaben des Bundes ausüben und die ASMK berät und beschließt deshalb über wichtige und grundsätzliche Angelegenheiten der Arbeits- und Sozialpolitik. Die Ergebnisse der Konferenzen werden in Ergebnisprotokollen veröffentlicht. Der Vorsitz wechselt jährlich zwischen den Bundesländern.
Die Einführung des SGB II hat auch die Rolle der Bundesländer in der Arbeitsmarktpolitik tangiert. Den Bundesländern sind im SGB II von Beginn an wichtige Aufsichtsfunktionen zugedacht worden. Durch die grundlegenden Änderungen in der Organisation der Grundsicherung, die zum 1.1.2011 in Kraft traten, ist diese Funktion noch weiter gestärkt worden.
Die Kommunen
Arbeitsmarktpolitik liegt originär in der Verantwortung der Bundesebene. Dennoch begannen die Kommunen in den 1980er Jahren angesichts anhaltend hoher Arbeitslosigkeit, dem Abbau der originären Arbeitslosenhilfe und hoher kommunaler Kosten für die Sozialhilfe, eigene arbeitsmarktpolitische Programme zu entwickeln. Rechtliche Grundlage bot das Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Die Sozialhilfe sollte auf der Grundlage von Bedürftigkeitsprüfung und Nachrangigkeit als steuerfinanzierte Leistung im Einzelfall „die Führung eines Lebens ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht“ (§ 1 Abs. 2 Satz 1 BSHG). Die §§ 18-20 BSHG boten die Möglichkeit, über die verschiedenen Instrumente der Hilfe zur Arbeit Beschäftigungsmöglichkeiten für Hilfeempfänger zu schaffen. Nach § 25 war eine Verpflichtung zur Arbeit festgeschrieben. Die Möglichkeiten der Einlieferung „arbeitsscheuer“ Menschen in geschlossene Anstalten fand über § 26 Eingang in das Instrumentarium des BSHG. Dieser Paragraph wurde erst 1974 abgeschafft.
Die beschäftigungspolitischen Instrumente des bis zur Einführung des SGB II im Januar 2005 geltenden BSHG waren in den §§ 18-20, 25 und 30 festgeschrieben. Darunter regelten die §§ 18-20 die verschiedenen Möglichkeiten der sog. Hilfe zur Arbeit für Sozialhilfeempfänger über die Instrumente:
Lohnkostenzuschuss an die Arbeitgeber nach § 18 Abs. 4,
Eingliederungszuschuss an die Arbeitnehmer nach § 18 Abs. 5,
Befristete reguläre Arbeitsgelegenheiten nach § 19 Abs. 1,
Befristete gemeinnützige und zusätzliche Arbeitsgelegenheiten nach § 19 Abs. 2; darunter sozialversicherungspflichtige Arbeitsverträge (Entgeltvariante) und Beschäftigungsmöglichkeiten, bei denen die Zahlung der Hilfe zum Lebensunterhalt beibehalten und durch eine Entschädigung für Mehraufwendungen (Mehraufwandsvariante), sowie
Prüfung der Arbeitsbereitschaft nach § 20 durch Schaffung von befristeten Arbeitsgelegenheiten, die der Gewöhnung an Arbeit dienen sollten.
Darüber hinaus ermöglichte § 30 BSHG die Hilfe zum Aufbau oder zur Sicherung der Lebensgrundlage durch eigene Tätigkeit für Personen, die auf Sozialhilfe angewiesen waren.
Die Instrumente nach § 18, § 19 Abs. 1 und § 19 Abs. 2 (Entgeltvariante) begründeten sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse. Dagegen gaben § 19 Abs. 2 (Mehraufwandsvariante) und § 20 in Kombination mit § 25, der Leistungseinschränkungen bei Verweigerung zumutbarer Arbeit regelte, der kommunalen Beschäftigungspolitik Instrumente an die Hand, gerade sozial weniger kompetente und weniger qualifizierte Hilfeempfänger auch in eine Arbeit zu bringen, die nicht der Entwicklung der Persönlichkeit oder der Verbesserung der Chancen am Arbeitsmarkt diente.
Zusätzlich standen den Kommunen über die Beschäftigungsprogramme der Europäischen Union und des Bundes zusätzliche Mittel für die Beschäftigungsförderung zur Verfügung. Später kamen auch darüber hinaus gehende Programme und in größerem Maßstab auch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) der BA zum Einsatz. Da letztere ein Beschäftigungsverhältnis begründeten, konnten deren Teilnehmer nach einem Jahr wieder in die Zuständigkeit der BA wechseln. Die zweigeteilte Zuständigkeit für Arbeitslose und die teilweise gezielte Strategie der Kommunen, sich auf diese Art ihrer wachsenden Kosten zu entledigen, wurde schließlich mit dem Begriff der "Verschiebebahnhöfe" belegt und heftig kritisiert.
Darüber hinaus entfalteten die Kommunen arbeitsmarktpolitische Maßnahmen für Jugendliche im Rahmen der Jugendberufshilfe. Diese ist über die Jugendsozialarbeit nach § 13 SGB VIII (früher Kinder- und Jugendhilferecht "KJHG") in der originären Zuständigkeit der Kommunen. Die Leistungen der Jugendsozialarbeit bestehen beispielsweise in Beratung und Förderung der Erlangung von Schul- und Ausbildungsabschlüssen. Nach § 13 Abs. 2 SGB VIII besteht darüber hinaus die Möglichkeit, spezielle kommunale Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen für sozial benachteiligte oder individuell beeinträchtigte Jugendliche zu schaffen, wenn die Maßnahmen anderer Institutionen nicht ausreichen.
Die Umsetzung des SGB III und landes- und bundespolitischer Sonderprogramme sowie europäischer Strukturförderungsprogramme zur Beschäftigungsförderung von Arbeitslosen liegt zwar weitestgehend in den Händen der lokalen Arbeitsagenturen. Die Kommunen sind aber in diese Umsetzung in verschiedenen Formen eingebunden. Sie können beispielsweise als Träger von oder Beteiligte an Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften direkt mit der örtlichen Arbeitsagentur bei der Schaffung von Arbeitsplätzen im öffentlichen Sektor kooperieren.
Über die Instrumente der direkten Ausbildungs- und Arbeitsförderung nach BSHG, SGB III und SGB VIII hinaus wurden die Kommunen vor Einführung des SGB II als korporative Akteure in ihrer Rolle als Arbeitgeber, Wirtschaftsförderer, Mitglieder der Selbstverwaltung der Arbeitsämter, Geldgeber für Projekte freier Träger und als Moderatoren zivilgesellschaftlicher Prozesse beschäftigungspolitisch aktiv. Welche Wege sie dabei gingen, wie sie die verschiedenen Instrumente einsetzten, welche Schwerpunkte sie setzten und welche beschäftigungspolitischen Ziele sie verfolgten, lag weitgehend in der Entscheidung der Akteure der kommunalen Selbstverwaltung.
Arbeitsvermittlung und aktive Stellenakquisition fand in den Kommunen selbst im weitesten Sinne dagegen nur in sehr geringem Umfang statt. Einige Kommunen nutzten die nach § 18 Abs. 4 und 5 BSHG möglichen Zuschüsse an Arbeitgeber bei Eingliederung von Sozialhilfeempfängern in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Andere Kommunen beauftragten Dritte mit der Vermittlung von Arbeitslosen. Ein weiteres Beispiel ist der Versuch von Kommunen, ihre kommunalen Beschäftigungsgesellschaften auch in der Arbeitnehmerüberlassung einzusetzen. Kernstück und eigenständiges Handlungsfeld der kommunalen Sozialpolitik blieb aber die Hilfe zur Arbeit und nicht die Arbeitsvermittlung in den Ersten Arbeitsmarkt. Kontaktaufnahmen von Sozialamtsmitarbeitern zu Betrieben waren die Ausnahme.
Der Umfang der im Rahmen der Hilfe zur Arbeit nach dem BSHG durchgeführten Maßnahmen ist schwer zu quantifizieren. Zwar veröffentlichte der Deutsche Städtetag seit Mitte der 1990er Jahre regelmäßig Ergebnisse einer Umfrage unter seinen Mitgliedern; inwieweit die dabei zugrunde gelegte Hochrechnung tatsächlich ein repräsentatives Bild vermittelt, bleibt unklar. Nach der letzten Erhebung aus dem Jahr 2002 hatten die Sozialämter hochgerechnet 390.000 arbeitslose Sozialhilfeempfänger im Rahmen der Hilfe zur Arbeit beschäftigt. Damit wurde jeder vierte nicht erwerbstätige Sozialhilfeempfänger im Rahmen der Hilfe zur Arbeit beschäftigt. Die mit Abstand am häufigsten angewendete Maßnahme waren Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung gefolgt von Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante.
Mit Einführung des SGB II ist die kommunale Ebene als arbeitsmarktpolitischer Akteur aufgewertet worden. Dies gilt insbesondere für die zunächst 69 und heute 108 Städte und Kommunen, in denen die kommunale Ebene allein für die Betreuung und Vermittlung von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuständig sind (sog. Optionskommunen oder zugelassene kommunale Träger).
Die kommunalen Interessen in der Arbeitsmarktpolitik werden auf Bundesebene vom Deutschen Städtetag, dem Deutsche Städte- und Gemeindebund und vom Deutschen Landkreistag vertreten. Der Deutsche Städtetag vertritt die kreisfreien und kreisangehörigen Städte in Deutschland und der Deutsche Landkreistag ist ein Zusammenschluss der 294 deutschen Landkreise auf Bundesebene. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund vertritt die Interessen der kommunalen Selbstverwaltung der Städte und Gemeinden in Deutschland und Europa. Da die Kommunen vor Ort vor allem von Folgen der Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind und für die damit verbundenen Kosten, wie die Leistungen für Unterkunft und Heizung, aufkommen müssen ist das Engagement der kommunalen Spitzenverbände gerade beim Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit besonders groß.
Neben den bundesfinanzierten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende enthält das SGB II auch kommunale Leistungen zur Eingliederung in Arbeit. Die kommunalen Eingliederungsleistungen werden in unterschiedlichen Strukturen erbracht. Kommunen können die Leistungen selber erbringen oder an Dritte übertragen. In den gemeinsamen Einrichtungen, bei denen die Kommunen mit der Bundesagentur für Arbeit zusammenarbeiten, werden die Leistungen in drei Vierteln aller Fälle auf die Kommune übertragen. Inwieweit das Jobcenter Einfluss auf die Leistungen nehmen kann, um sie mit seinen Leistungen zu verzahnen, hängt von den Abstimmungen der Akteure vor Ort ab. Die sozialintegrativen Leistungen der Kommunen sollen Vermittlungshemmnisse der Leistungsberechtigten wie Schulden oder Sucht, die einer Integration in den Arbeitsmarkt im Wege stehen, abbauen. Sie ergänzen damit die Leistungen der Bundesagentur für Arbeit.
§ 16a SGB II Kommunale Eingliederungsleistungen
Zur Verwirklichung einer ganzheitlichen und umfassenden Betreuung und Unterstützung bei der Eingliederung in Arbeit können die folgenden Leistungen, die für die Eingliederung der oder des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in das Erwerbsleben erforderlich sind, erbracht werden:
die Betreuung minderjähriger oder behinderter Kinder oder die häusliche Pflege von Angehörigen,
die Schuldnerberatung,
die psychosoziale Betreuung,
die Suchtberatung.
Die kommunalen Eingliederungsleistungen sind Ermessensleistungen, die erbracht werden können, wenn sie für die Eingliederung der oder des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in das Erwerbsleben erforderlich sind. Es besteht kein Rechtsanspruch. Die Erbringung der kommunalen Eingliederungsleistungen hängt davon ab, welche finanziellen Mittel die Kommune bereitstellt. Es besteht die Gefahr, dass gerade in finanzschwachen Kommunen, in denen sich die sozialen Problemlagen häufen, ein nicht ausreichendes Angebot bereitsteht. Meistens entscheiden über den Einsatz der Leistungen im Einzelfall die Fallmanager im Jobcenter. Da sich im SGB II häufig sehr komplexe Problemlagen der Personen finden, leisten die Kommunen durch die kommunalen Eingliederungsleistungen einen wichtigen Beitrag bei der Umsetzung der Grundsicherung. Gerade in der Grundsicherung finden sich viele Personen mit komplexen Problemlagen, die von den sozialintegrativen Leistungen wie Schuldnerberatung profitieren können. Schulden, Sucht, psychische Probleme oder fehlende Kinderbetreuung können Integrationshemmnisse sein, die zunächst überwunden werden müssen, bevor eine Person wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden kann. Belastbare Zahlen zur Inanspruchnahme der kommunalen Eingliederungsleistungen liegen nicht vor.
Die Gewerkschaften
Gewerkschaften sind Interessenvertretungen von abhängig beschäftigten Arbeitnehmern. Aus der in der Verfassung garantierten Koalitionsfreiheit leitet sich die Tarifautonomie ab, d.h. das Recht von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden, die Lohn- und Arbeitsbedingungen ohne Einmischung des Staates zu regeln. Die Gewerkschaften vertreten die Interessen der Arbeitnehmer u.a. in den Sozialversicherungen einschließlich der sozialen Selbstverwaltung.
In Westdeutschland wurde nach dem Zweiten Weltkrieg die Einheitsgewerkschaft gegründet, die nach dem Industrieprinzip ("ein Betrieb – eine Gewerkschaft") gegliedert ist. Im Oktober 1949 schlossen sich die Gewerkschaften der drei Westzonen zum Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) zusammen. Nach einigen Zusammenschlüssen insbesondere in den letzten Jahren sind unter dem Dach des DGB acht Einzelgewerkschaften versammelt.