Den Vorwurf, dass Epidemien durch Brunnenvergiftungen verursacht werden, gibt es schon seit der Antike. Das Wissen darum, wie Krankheiten übertragen werden und warum sie sich teilweise so schnell ausbreiten konnten, fehlte den Menschen damals. Die spezifische Beschuldigung von Jüdinnen*Juden als Brunnenvergifter ist erstmals 1321 in Südfrankreich dokumentiert. Seit dem Mittelalter ist der Vorwurf ein weit verbreitetes antisemitisches Stereotyp. Insbesondere im Zuge der Ausbreitung der Pest Mitte des 14. Jahrhunderts wurde Jüdinnen*Juden vorgeworfen, sie würden Brunnen vergiften und dadurch die Pest verbreiten, um Christ*innen zu töten. Dieser Vorwurf führte zur Verfolgung und Ausgrenzung von Jüdinnen*Juden und gipfelte in einer Pogromwelle, den sogenannten Pestpogromen. Diesen fiel ein Großteil der jüdischen Bevölkerung zum Opfer, ganze Gemeinden wurden zerstört.
Bis heute wird dieser Vorwurf immer wieder bemüht. 2016 etwa beschwor der Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, dieses Stereotyp in einer Rede im EU-Parlament.
Quelle: Jessica Hoyer, Sozialwissenschaftlerin und Sozialarbeiterin, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der OTH Regensburg im Rahmen des bayerischen Forschungsverbunds „ForGeRex“.
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